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Autor Thema: Wilhelm Nolting-Hauff zum "Rundfunkbeitrag als Verfassungsproblem"  (Gelesen 2313 mal)

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Der Rundfunkbeitrag als Verfassungsproblem

unter diesem Titel hat Wilhelm Nolting-Hauff einen kurzen vierseitigen Aufsatz geschrieben in einem Sammelband Geprägte Freiheit in Forschung und Lehre : 50 Jahre Institut für Finanz und Steuerrecht (Heidelberg 2016). Worin hier das Verfassungsproblem gesehen wird, verdient hier nachfolgend noch genauer dargestellt zu werden. Interessant ist, dass dieser Aufsatz in einem Band erschienen ist, der von den hinlänglich bekannten Personen wie Paul Kirchhof und Hanno Kube herausgegeben wurde.

Doch zunächst die vollständige Literaturangabe:

Nolting-Hauff, Wilhelm: Der Rundfunkbeitrag als Verfassungsproblem, in: Paul Kirchhof, Hanno Kube u.a. (Hrsg.), Geprägte Freiheit in Forschung und Lehre : 50 Jahre Institut für Finanz und Steuerrecht, Lehmanns Media, Berlin 2016 (Heidelberger Beiträge zum Finanz- und Steuerrecht 4), Seite 243-246.

Der Aufsatz ist als PDF zugänglich.

Siehe:

Katalogeintrag im Gemeinsamen Bibliotheksverbund
https://kxp.k10plus.de/DB=2.1/PPNSET?PPN=1549406817

DOI: https://doi.org/10.11588/hfst.2016.0.33612

URN (PDF): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:16-hfst-336123


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Er hat ja Recht, aber er singt doch im Grunde das Kostenlied das ich auch immer singe, nur nicht so umfassend wie die Argumente, die es schon gibt.

Und was sagt die Rechtssprechungbeugung dazu?
Zitat
Tenor: "Es darf nicht jeder meckern, nur weil jeder zahlen muss."
Für Kosten sind die Gerichte nicht zuständig, sondern die Rundfunkgremien. Falls die Gremien nicht funktionieren, wird das das BVerfG schon feststellen - Klage abgewiesen
Habe ich fast wörtlich so in einem Beschluss gelesen und nicht schlecht gestaunt.  :o


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Ersetze "Jones" durch Adolf, Patriarchat, Meeresspiegel oder irgendwas und Du hast eine woke "Debatte", die ohne Argumente reichlich Raum in den Medien einnehmen darf.

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Der Aufsatz beginnt damit, dass der ÖRR aus Artikel 5 des Grundgesetzes seine Berechtigung beziehe, da daraus angeblich auch "eine Verpflichtung des Staates, aktiv eine freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten" gefolgert werden könne. Dementsprechend soll der ÖRR die "sogenannte Grundversorgung sicherstellen" und damit auch die "Meinungsvielfalt". Die dafür notwendige Finanzierung darf "unbestritten" durch Gebühren bzw. Beiträge erfolgen. Das sind natürlich alles hinlänglich bekannte Argumentationsmuster des BVerfG und der Befürworter des ÖRR.

Dann rekapituliert der Autor die Umstellung auf den sog. "Rundfunkbeitrag" und bemerkt (Seite 244):
Zitat
Nicht überraschend hat sich in Teilen der Bevölkerung massiver Widerstand gegen diese Methodik der Finanzierung gebildet.

Nach einer kurzen Zusammenfassung einiger Einwände, formuliert der Autor dann seinen eigenen Einwand (Seite 245):
Zitat
Ein Aspekt, der aber möglicherweise noch nicht hinreichend in die Diskussion einbezogen worden ist, bezieht sich auf die Frage, ob die vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk verursachten Kosten nicht u.U. deutlich das für die Grundversorgung Erforderliche übersteigen und von daher nicht – jedenfalls nicht in voller Höhe – im Wege einer "Zwangsabgabe" auf die Bürger abgewälzt werden dürfen. Anders gewendet könnte man auch fragen, ob - wenn man die Kosten im Verhältnis zu den von den Rundfunkanstalten produzierten Leistungen überhaupt als angemessen  ansieht - dieses Leistungsangebot nicht die verfassungsrechtlich gebotene Grundversorgung deutlich übersteigt und es auch von daher an einer verfassungsrechtlichen Legitimation einer  zwangsweisen Beitreibung des Rundfunkbeitrages fehlen könnte.

Nachdem die durch die ÖRR verursachten Kosten kurz vorgerechnet werden, schließt der Aufsatz mit dem Fazit (Seite 246):
Zitat
Die erheblichen Kosten, die dieses System produziert, sprechen für sich. Es ist daher nicht nur eine Frage der Legitimität, sondern m.E. bereits eine Frage der (verfassungsrechtlichen) Legalität, ob der Staat tatsächlich ein derart extensives Angebot produzieren und anbieten und, noch drängender, ob er die dafür entstehenden Kosten zwangsweise auf alle Bürger abwälzen darf, namentlich auch auf diejenigen, die dieses  Angebot weder nutzen wollen noch - unter Umständen – nutzen können.
Angesichts dieser Fragen darf erwartet werden, dass der bereits zweistelligen Zahl von Rundfunkurteilen des Bundesverfassungsgerichts noch weitere, u.U. mit einschneidenden Folgen für das derzeitige System, folgen werden.


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Man könnte folgende Fragen stellen:

Zitat
Ist es rechtmäßig, diejenigen zu bebeitragen, welche objektiv keine Möglichkeit haben, den die
Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigenden individuellen Vorteil zu erzielen, der lt. BVerfG-
Urteil vom 18.7.2018 darin liegt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner Funktion nutzen zu
können, die vom Gericht beschriebene Aufgabe zu erfüllen, welche darin besteht, durch
authentische, sorgfältig recherchierte Informationen (welche Fakten und Meinungen
auseinanderhalten) die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in
den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes
Gegengewicht zu bilden?

Ist für die Feststellung des Vorliegens dieser Möglichkeit, die abhängt von der
Beschaffenheit des Angebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Lichte der vom BVerfG
aufgestellten Definition der Aufgabe und Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ein
individueller Maßstab ausschlaggebend oder muss allgemein ein Gutachter die Beschaffenheit
des Angebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf die Bebeitragungsfähigkeit hin konkret
prüfen
?


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Ist für die Feststellung des Vorliegens dieser Möglichkeit, die abhängt von der
Beschaffenheit des Angebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
im Lichte der vom BVerfG
aufgestellten Definition ...
Es wäre ja schon schön, wenn ein Gericht überhaupt mal den Punkt derart berücksichtigen würde, dass für eine Beitragspflicht auch eine Leistungspflicht entsteht. Ein fiktiver Kläger könnte einem fiktiven Gericht als Hilfestellung ein gefühltes Dutzend an Beispielmaßstäben definiert haben, doch schon auf die simple Tatsache, dass ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht bloß 24/7 Testbild ausstrahlen dürtfe, könnte sich das fiktive Gericht in der mündl. Verhandlung nicht festlegen wollen. Hier muss man weiter bohren, bis endlich das Offensichtliche festgestellt wird: 90% des Geldes für "Bildung, Kultur, Information und Unterhaltung" für überteuerte Krimis, Sport und Shows auszugeben erfüllt den Auftrag nicht.


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Der Aufsatz ist ja aus dem Jahre 2016, also noch vor dem berüchtigten "Bruderurteil" vom 18. Juli 2018 und der Autor endete erwartungsfroh:
Zitat
Angesichts dieser Fragen darf erwartet werden, dass der bereits zweistelligen Zahl von Rundfunkurteilen des Bundesverfassungsgerichts noch weitere, u.U. mit einschneidenden Folgen für das derzeitige System, folgen werden.

Diese Erwartung hat sich freilich bisher nicht erfüllt, das berüchtigte Urteil des BVerfG vom 18. Juli 2018 hat kaum "einschneidenden Folgen für das derzeitige System" der Rundfunkfinanzierung, vielmehr wurde das derzeitige Rundfunkbeitragssystem als im wesentlichen verfassungsgemäß beurteilt.

Die Kritik von Wilhelm Nolting-Hauff an der überzogenen 'Grundversorgung' darf auch als nicht sonderlich originell eingeschätzt werden. Bemerkenswert ist vielmehr, dass eine solche kritische Stellungnahme in einem Buch veröffentlicht wird, das von Paul Kirchhof und Hanno Kube herausgegeben worden ist. Beide sind die juristischen Meisterdenker des zwangsweisen Rundfunkbeitrags: Kirchhof mit seinem Gefälligkeitsgutachten für die ÖRRen, Kube, der die Nachfolge seines Meisters als Professor und Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg angetreten hat und die Rundfunkanstalten maßgeblich beim Gerichtverfahren vor dem Bundesverfassungsgerichtes vertreten hat.

Und bemerkenswert wie die Vordenker des Beitragszwanges immer wieder die Freiheit für sich in Anspruch nehmen möchten, wie hier bereits im Buchtitel "Geprägte Freiheit" ...

Geprägt ist die Freiheit seit dem Wirken der Professoren K & K vor allem von dem Makel des Zwanges und der Unfreiheit!


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Das Bruderurteil mag für die eigene, individuelle Beurteilung des Zustands der Bundesrepublik verheerend wirken. Die Existenz der Zwänge, denen die Richter offensichtlich unterlagen, erschreckt. Respekt, wer das im Vorfeld ahnte; für andere bestand Hoffnung, wohl auch für Wilhelm Nolting-Hauff. Ich denke jedoch, dass das Urteil selbst Anlass zur Hoffnung gibt.

Das Besondere ist ja, dass das BVerfG nun die Bebeitragung der Allgemeinheit für zulässig erklärt, solange dem zu bebeitragenden Individuum ein individueller Vorteil zugerechnet werden kann. Das Gericht führt aus, worin der die Bebeitragung rechtfertigende individuelle Vorteil liegt (RN81): in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner vom Gericht (in RN80) beschriebenen Funktion zu nutzen.

Im Urteil vom 18. Juli 2018 beschreibt das BVerfG ausdrücklich die Beschaffenheit des Angebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sie dient als Rechtfertigung für die Bebeitragung. Es hatte nur diese Möglichkeit, denn es musste den Beitragscharakter der Abgabe begründen. Dabei war das Gericht sehr deutlich (RN80). Es musste den individuell zurechenbaren Vorteil in einer Form beschreiben, die Bestandskraft entfalten kann.

Im Kontext stehen zwei Punkte:

1. Es ist jedoch derjenige (auf Antrag) von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien, der objektiv keine Möglichkeit hat, den individuellen Vorteil zu erzielen.

Es könnte (alternativ/fiktiv) ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden. Die Beiträge werden solange zurück behalten, bis die/der Intendant/in eine öffentliche Erklärung darüber abgibt, welche Teile des Angebots den Vorgaben des RStV und jenen des BVerfG entsprechen.

2. Das Gericht hat festgestellt, worin der die Bebeitragung rechtfertigende individuelle Vorteil liegt.

Die Frage nach der Bebeitragungsfähigkeit jedes einzelnen Teils des Angebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (die Kriterien des Urteils anlegend) ist nun Folge des den Beitrag rechtfertigenden Urteils. In diesem Lichte muss das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betrachtet werden. Was entsprang der Zeit der Gebührenpflicht? Welcher Teil des Angebots ist nun noch bebeitragungsfähig?


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