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Autor Thema: Sind "im Auftrag"/ "in Vertretung" unterschriebene Schreiben rechtswirksam?  (Gelesen 7876 mal)

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Guten TagX,

ahhh ... hervorragende Fragen.
Rein fiktiv natürlich:

Vorab ist auf Anmerkung zum verwaltungsorganisationsrechtlichen Behördenbegriff;
II. Der eigene Name der Behörde/Zeichnungsberechtigung
http://www.saarheim.de/Anmerkungen/behoerde1.htm
hinzuweisen.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Unterzeichnenden befugt sind, eine "Widerspruchsentscheidung" als Beendigung des Vorverfahrens (§§ 68 ff. VwGO; Beachte Bestimmungen des Landesrechtes) zu erlasssen.

Es wird auch von der sog. "Verwaltungsaktbefugnis" gesprochen.
Bedeutung und Prüfung der sog. "Verwaltungsaktbefugnis"
http://www.saarheim.de/Anmerkungen/vabefugnis.htm

Als Beispiel wäre hier der Sachverhalt Verwaltungsgericht Sigmaringen
Beschluss vom 14.09.1994 - 9 K 1533/94 -

(weitere Fundstellen: NVwZ-RR 1995, 327 f.)
http://www.saarheim.de/Entscheidungen/VG%20Sigmaringen%20-%209%20K%201533aus94.htm
geeinget.

Entscheidend ist der Verwaltungsaufbau des jeweiligen Bundeslandes und welche Behörde ggf. (spezial)gesetzlich zuständig ist. Es reicht eben nicht aus, gesetzlich zur Zuständigkeit bestimmt zu sein, um dann Verwaltungsakte durch andere Amtsträger einer anderen Behörde, "im eigenen Namen" (s. Urteil Sigmaringen Blankoformular) durchführen zu lassen.
Es bedarf somit auch der Prüfung, ob es sich um einen "zuständigen Bediensteten" handelt. Der BFH spricht hier von "zum Erlass befugte Beamte"; BFH Urteil vom 28.5.2009, III R 84/06
http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht=bfh&Art=en&nr=19483

Hierzu siehe auch Aufbauhilfe für die Prüfung der Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes
http://saarheim.de/Anmerkungen/vawirksamkeit.htm

Dabei wird zwischen formellen und materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen unterschieden.

Bei den Wirksamkeitsvoraussetzungen wird auch zu prüfen sein, ob der / die unterzeichende Person befugt ist hoheitlich zu handeln, also "hoheitliche Befugnisse" ausüben darf (Art. 33 Abs. 4 GG) oder "in Vertretung" eines Berufsbeamten mit der Wahrnehmung betraut wurde (Behördenleitung ö.ä.).
Als Beispiel:

VG Ansbach, Urteil v. 25.11.2014 – AN 1 K 14.00297;
Satzung, Schmutzwassermenge, Abwasserentsorgung, Niederschlagswasser, Verwaltungshelfer, Einzelveranlagung, Dritter, Beamter, Luftbild
http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2014-N-59565?hl=true

Das erkennende Gericht führt aus:
Zitat
Zu Unrecht rügten die Kläger schließlich einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG. Zwar treffe es zu, dass auf Seiten der Beklagten in den Jahren 2005 bis 2012 nur zwei Beamte, seit Januar 2013 nur noch ein Beamter eingesetzt sei. Dieser Beamte sei - wie bereits erwähnt - der direkte Vorgesetzte der beiden Mitarbeiter der Beklagten, die mit der Bescheiderstellung betraut seien. Die Kläger berücksichtigten indes nicht hinreichend, dass der sogenannte Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG nur „in der Regel“ gelte.
Diese Regel-Vorgabe habe eine quantitative und qualitative Komponente. Die quantitative Dimension bedeute, dass von der Ausnahmemöglichkeit kein Gebrauch gemacht werden dürfe, der dazu führe, dass der vorgesehene Regelfall faktisch zum zahlenmäßigen Ausnahmefall werde (BVerfGE 130, 76, juris Rn. 144).
Sie sei für den hier relevanten Kommunalbereich nicht einschlägig. Dies habe das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich betont. Maßgeblich sei, dass sich unterhalb der Ebene der staatlichen Einheit (Bund oder Land) - um den es hier gehe - für den erforderlichen zahlenmäßigen Vergleich ein Bezugsrahmen willkürfrei nicht identifizieren lasse (BVerfGE 130, 76, juris Rn. 144 unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des OLG Schleswig-Holstein, B. v. 19.10.2005 - 2 W 120/05, juris Rn. 21 und des OVG Münster, U. v. 4.11.1970 - III A 434/68, ZBR 1971, 207, 210).
Darüber hinaus enthalte Art. 33 Abs. 4 nach seinem Sinn und Zweck auch eine qualitative Anforderung an die zugelassenen Ausnahmen. Die Möglichkeit von Ausnahmen sei demnach nur für Fälle zulässig, in denen der Sicherungszweck des Funktionsvorbehalts die Wahrnehmung der betreffenden hoheitlichen Aufgaben durch Berufsbeamte ausweislich bewährter Erfahrung nicht erfordere oder im Hinblick auf funktionelle Besonderheiten nicht in gleicher Weise wie im Regelfall angezeigt erscheinen ließen (BVerfGE 130, 76, juris Rn. 145).
Dies sei schon nach der Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG insbesondere für wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand der Fall; das Bundesverfassungsgericht erwähne in diesem Zusammenhang ausdrücklich staatliche und kommunale Einrichtungen der Daseinsvorsorge, zu denen vorliegend auch die Beklagte gehöre.

Dabei bezieht sich das erkennende Gericht u.a. auf BVerfGE 130, 76 - Vitos Haina
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv130076.html

Leitsatz 1:
Zitat
Art.  33 Abs.  4 GG gilt auch für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform.

Entscheidend ist daher auch, ob das hier handelnde "Organ" Dienstherrenfähigkeit besitzt.

Anhand dieses kurzen laienhaften Überblicks wird deutlich, dass die Rechtssache besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit aufweist (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und sofern Klage eingereicht wird, die Berufung zuzulassen ist.
Dies ergibt sich auch aus dem zugrundeliegendem "Verwaltungsakt" dem sog. "Festsetzungsbescheid" auf den sich die Widerspruchsentscheidung beziehen wird.
Dieser "Festsetzungsbescheid" wird - ausweislich der Historie - ohne menschliches Zutun von einer Datenverarbeitungsanlage "abgewickelt". Daher fehlt es schon am Willen einer natürlichen Person diesen vollautomatischen Verwaltungsakt (§ 35 a VwVfG [Bund]) bekanntzugegeben.

Von vollautomatischen Verwaltungsakten ist zu unterscheiden "mit Hilfe automatischer Einrichtungen" (§ 37 Abs. 3 [Unterschriftserfordernis] und Abs. 5 [keine Unterschriftserfordernis bei "mit Hilfe auotmatischer Einrichtungen" erlassenen Verwaltungsakten]).

Als Beispiel:
Bundesverwaltungsgericht Urt. v. 22.01.1993, Az.: BVerwG 8 C 57.91;
Pflicht zur Erbringung einer monatlichen Ausgleichszahlung durch den Inhaber einer öffentlich geförderten Wohnung im Sinne des Wohnungsbindungsgesetzes ; Maßgeblichkeit des tatsächlichen nicht nur vorübergehenden Bewohnens einer Wohnung; Leistungspflicht eines von mehreren Wohnungsinhabern als Gesamtschuldner; Formmangel eines Fehlbelegungsbescheides; Verzicht auf Unterschrift und Namenswiedergabe; Erfordernis hinreichender Bestimmtheit
https://www.jurion.de/urteile/bverwg/1993-01-22/bverwg-8-c-5791/
Zitat
Amtlicher Leitsatz:

1.

Eine mittels elektronischer Datenverarbeitung gefertigter Bescheid bedarf der Unterschrift oder der Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten, wenn er infolge manueller Änderungen oder Hinzufügungen der erlassenden Behörde aus der Sicht des Adressaten nicht mehr durch die Verwendung der elektronischen Datenverarbeitung geprägt wird.

...

4.

Bei der Auswahl eines gesamtschuldnerisch haftenden Wohnungsinhabers steht der zuständigen Stelle ein lediglich durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit begrenztes Ermessen zu.


Exkurs: Auswahlermessen Gesamtschuldner

Zitat
21
Die vom Oberverwaltungsgericht den Senat bindend festgestellte (§ 137 Abs. 2 VwGO) - auch im vorliegenden Fall gehandhabte - ständige Verwaltungsübung des Beklagten, regelmäßig die erste im Datensatz aufgeführte Person als Zahlungspflichtigen auszuwählen, trägt der mit der gesetzlichen Ermächtigung angestrebten Verwaltungsvereinfachung Rechnung. Gegen eine solche Ermessenshandhabung ist für den Regelfall nichts einzuwenden (vgl. etwa Urteile vom 22. Januar 1969 - BVerwG VI C 52.65 - BVerwGE 31, 212 <213 ff.>[BVerwG 22.01.1969 - VI C 52/65] und vom 16. Mai 1991 - BVerwG 2 A 1.91 - Buchholz 261 § 15 BUKG Nr. 4 S. 14 m.weit.Nachw.). Der erste im Datensatz genannte "Wohnungsinhaber" ist in der Regel einer der Mieter oder Bewohner, die die Wohnung die längste Zeit nutzen und durch die abzuschöpfende Mietsubvention am meisten begünstigt worden sind. Den ersten "gespeicherten" Wohnungsinhaber als Zahlungspflichtigen heranzuziehen ist jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls dies ausnahmsweise als unbillig erscheinen lassen und eine abweichende Ermessensausübung gebieten. Ermessenserwägungen in dieser Richtung sind nur veranlaßt, wenn Billigkeitsgründe geltend gemacht werden und tatsächlich vorliegen (vgl. Urteil vom 26. Juni 1987 - BVerwG 8 C 6.85 - Buchholz 454.32 § 25 WoBindG Nr. 9 S. 3 <13> m.weit.Nachw.; s. auch Urteil vom 20. Februar 1990 - BVerwG 1 C 42.83 - Buchholz 403.1 Allgemeines Datenschutzrecht Nr. 8 S. 2 <9 ff.>). Davon kann bei völliger Auskunftsverweigerung durch die Wohnungsinhaber und der sich daran knüpfenden gesetzlichen Vermutung der Überschreitung der Einkommensgrenze um mehr als 50 v.H. (§ 5 Abs. 2 Satz 1 AFWoG) keine Rede sein.

Direktanmeldung: nicht beliebig, doppelt oder dreifach möglich, sondern nur der 1. Datensatz, also diejenige Person, die zuerst in der Wohnung angemeldet (nach dem BMG) wurde. Bei zeitgleicher Anmeldung hat die "zuständige Behörde" ein Auswahlermessen (ggf. das Alter, um eine Anmeldung von erwachsenen Kindern zu vermeiden) und den Adressaten des Verwaltungsaktes zu bestimmen.

Für den Erlass von vollautomatischen Verwaltungsakten bedarf es einer gestattenden Rechtsvorschrift.
§ 35 a VwVfG spricht von:
sofern dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist und weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.

Fraglich ist daher, ob weder ein Ermessen noch ein Beurteilungspielraum besteht, da die WOHNUNGSINHABERSCHAFT des RBS TV im täglichen Leben viele Konstellationen aufweist und daher ein Blick in die PRIVATHEIT (Art. 8 EMRK) zwangsläufig erfolgt.


Die Rechtssache betrifft damit auch Rechtsgebiete, zu denen noch keine Rechtsprechung (§ 35 a VwVfG) eXistiert oder die Rechtsprechung sich erst entwickelt.

Als Beispiel:

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.03.2019, Az.: A 3 S 2890/18
Übermittlung von elektronischen Dokumenten zwischen dem besonderen elektronischen Behördenpostfach und dem elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach; Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE190000989&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all

Denkbar wäre jetzt, dass der SWR unter erheblichen Personalmangel in seiner "Behörde" leidet und ggf. Kameraleute oder Nachrichtenprecher_innen als "befugte behördliche Mitarbeiter_innen" einsetzt.
Dann wäre zu Prüfen, ob dieser Personenkreis fachlich qualifiziert (also eine entsprechende Berufsausbildung mit entsprechender Abschlussprüfung hat) ist und die Laufbefähigung besitzt.
Hierzu siehe Vorbereitungsdienst
https://de.wikipedia.org/wiki/Vorbereitungsdienst

Ick hoffe ick konnte hier einige erhellende "laienhafte" Hinweise geben.

 :)


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 06. April 2019, 00:29 von Bürger«

  • Beiträge: 170
  • Grossherzogtum Baden
Ja das sind mal Ansagen, Danke Profät für deine "einige erhellende "laienhafte" Hinweise"

PS: diese Sache wird in einem Antrag an das Gericht zur Klärung vorgebracht!
(wenn wer Zeit und Interesse hat, kann eine "Formulierung" für diesen Antrag gerne per PN zugeschickt werden)


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 04. April 2019, 19:45 von FKupp«
*Angst beginnt im Kopf. Mut auch.*

 
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