Anbei eine kleine fiktive Geschichte, wie sich der heutige Verhandlungstag hätte zugetragen haben können.
Die Termine waren ab 9:00 (oder 9:30?) Uhr angesetzt, wobei dem Erzähler dieser Geschichte nur Termine ab 10:00 Uhr bekannt waren. Die Termine waren im Halbstundentakt eingeordnet, in einem Fall sogar nur für eine Viertelstunde. Die Parksituation vor Ort könnte eher unbefriedigend genannt werden und die gründliche Einlasskontrolle, Schlüsselbund mit Wohnungsschlüssel wird gegebenenfalls einkassiert, Handy muss vorgeführt werden, und der Schlange am Eingang führt zu einer gerade noch punktgenauen Ankunft. Es könnten sich ungefähr acht Zuschauer eingefunden haben, von denen mindestens sechs konkret am Thema interessiert waren, zwei Jugendliche dagegen wahrscheinlich eher Gerichtssaalhopping betrieben haben. Auf dem Podium befinden sich fünf Personen, davon drei in richterlicher Arbeitskleidung.
Die erste Verhandlung beginnt nach Aufruf ohne weitere Vorstellung. Der Vorgang wird stichpunktartig zusammengefasst vorgetragen. Das Gericht könnte nun eher von sich aus ohne konkreten Anlass erklärt haben, keine Bundesverfassungsgerichtsentscheidung oder -verfahren im Sinne des Klägers zu kennen, sieht keine Aufhebungs- oder Aufschiebungsgründe, hat selbst auch keine Bedenken und sieht auch keine EU-Bedenken.
Anschließend könnte nachgefragt worden sein, ob ein Entscheid gewünscht wird, dies wird vom Kläger bejaht. Der Vorsitzende Richter redet nun ziemlich viel, Bedenken ja und nein, es handelt sich um eine politische Entscheidung. Eine Ungleichbehandlung sei politisch offensichtlich gewollt, könnte man eventuell gerechter machen. Die Beitragsbefreiung sei ein gutes Argument, aber der Vergleich Kino, Kinder ermäßigt, wird auch von allen Besuchern mitgezahlt. Es würde nur um kleine Beträge gehen, auch der Begriff Pille Palle könnte gefallen sein. Der Gesetzgeber dürfe typisieren. Es gibt keine absolute Gerechtigkeit.
Die Klägerin wendet nun ein, hier sei für jeden etwas dabei. Das Gericht verweist auf die Politik. Weitere Argumente der Klägerin könnten nun dem laienhaften Zuhörer nicht ganz schlüssig vorgekommen sein. Das Gericht verweist erneut auf die Pauschalisierung des Gesetzgebers und das der Gesetzgeber das Recht hätte zu verlangen, dass man den Rundfunk bezahlen muss.
Eine Ruhendstellung wird ins Spiel gebracht, nach Erfahrung des Gerichts hat die Gegenseite noch nie zugestimmt. Das Gericht sieht weiterhin keine Veranlassung, den Prozess auszusetzen. Die Masse der Bürger würde bezahlen. Unter dem Stichwort „ein offenes Wort“ sieht der Richter keine Chancen für einen Erfolg der Klägerin.
Der Vorsitzende Richter möchte die Verhandlung nun abschließen, die Klägerin möchte noch einen Antrag abgeben. Nach einem Disput wird die Abgabe zugelassen auf Fürsprache eines der Richter, ein anderer, entgegennehmender Richter könnte den Eindruck erweckt haben, leicht verärgert über die späte (spät unabhängig vom Status der Verhandlung) Abgabe zu sein. Damit ist die erste Verhandlung nun wirklich abgeschlossen.
Der nächste Kläger war ein Einzelkämpfer und könnte angesichts der bereits im Saal anwesenden Zuschauer überrascht und evtl. auch verunsichert gewesen sein. Möglicherweise ist ihm auch nicht bewusst gewesen, dass die Zuschauer überwiegend auf seiner Seite standen.
Das Verfahren beginnt mit einer kleinen Diskussion über die Zulässigkeit eines Laptops auf Seiten des Klägers. Der Kläger darf seinen Laptop nutzen, aber mit diesem keine Aufzeichnungen von Ton oder Bild anfertigen.
In diesem Verfahren könnte es um insgesamt fünf Gebührenbescheide gegangen sein. Diese verstoßen gegen geltendes Recht, wobei der Vorwurf eher schwammig bleibt. Der Kläger äußert Kritik am Inhalt der Programme, unterstellt Kriegshetze und unwahre Berichterstattung und hat dazu auch einen Paragraphen an der Hand. Weiterhin geht es um kleinere Beträge an Mahngebühren und darum, ob noch Eilrechtsschutz benötigt wird, würde ein weiteres Verfahren mit Kosten eröffnen.
Die Erzählung verschwimmt kurzzeitig etwas im Dunkel des Mysteriums. Irgendwelche Anträge wurden lt. Gericht bis jetzt immer abgelehnt und der Kläger beabsichtigt auch gar nicht, den Rundfunkbeitrag abzuschaffen.
Das Gericht erklärt, tendenziell ohne Anlass zu dieser Erklärung zu haben, nichts aufschieben zu wollen. Würde am Bundesverfassungsgericht etwas entschieden, wären dies sicher nur kleine Änderungen. Kriegshetze könne nicht erkannt werden, das wäre sicher alles im Rahmen normaler Berichterstattung, ansonsten könne auch gern Programmbeschwerde erhoben werden.
Der Kläger könnte nun geäußert haben, er möchte Präsenz zeigen.
Es könnte nun irgendwann möglicherweise vom Richter der Satz gefallen sein, 80 Millionen (Bürger?, Haushalte?) würden die Rundfunkgebühren bezahlen.
Die Kammer hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es folgen diverse, möglicherweise nicht völlig schlüssige Argumente von Seiten des Klägers. Es handelt sich lt. Gericht beim Rundfunkbeitrag um keine Steuer auf eine Wohnung.
Im Publikum entsteht möglicherweise leichte Unruhe im Sinne gelegentlichen Seufzens/leisem Stöhnen oder Ähnlichem, woraufhin der Richter den Ausweis des dafür für hauptursächlich gehaltenen Besuchers sehen und dessen Namen wissen will. Der Besucher verweigert Auskunft und verlässt die Veranstaltung.
Der Kläger bezieht sich nun auf verschiedene Gutachten, aber eher ohne konkrete Inhalte daraus zu zitieren, und hat damit wenig Erfolg. Gutachten sind für das Gericht nicht bindend, Professoren erzählen viel, Gerichte entscheiden anders als Gutachten, nur Gesetze und Gerichtsentscheidungen sind interessant. Darüber wird eine Weile diskutiert. Für den Kläger als Laien sind Gutachten verständlicher als Gerichtsurteile, und er hält sich vorwiegend daran. Der Kläger könnte nun zunehmend verärgert und unwirsch gewirkt haben. Vom optischen Auftreten des Klägers her kam dieser Verlauf etwas unerwartet. Aber überraschende Wendungen einer Geschichte sind bekanntlich das Salz in der Suppe. Damit wird auch diese Verhandlung abgeschlossen.
Bei der dritten Klage ging es erneut um mehrere Gebührenbescheide sowie daraus folgend die Ablehnung der Widersprüche. Der Kläger hat dazu einen bunten Strauß an Gesetzesverstößen zusammengesammelt. Der Vorgang wird wieder zusammengefasst durch das Gericht vorgetragen.
Als der Kläger das Wort erhält, könnte er den Herrn Vorsitzenden nach einer Vorstellung sowie Funktion der fünf Personen im Podium gefragt haben, da es bisher keine Vorstellung gegeben hat. Der Vorsitzende Richter könnte nun wiederum, für den Außenstehenden recht barsch wirkend, reagiert haben, der Kläger hätte sich selbst mit der Prozessordnung vertraut gemacht haben können und die Namen wären am Eingang zu lesen gewesen, wenn der Kläger den dort installierten Touchscreen genutzt hätte. Der Kläger wiederum könnte sich von dieser mutmaßlichen kleinen Machtdemonstration recht unbeeindruckt gezeigt haben, zumal nicht erwartet werden kann, dass an technischen Installationen im Gebäude durch die Gäste selbständig herumgespielt wird. Derartige mutmaßliche, vielleicht auch unbewusste Machtdemonstrationen blitzten bei allen Verhandlungen immer wieder auf und könnten das ansonsten souveräne Bild des Ablaufs (nicht des Inhalts) etwas getrübt haben.
Als erste Maßnahme zur Sache wurden drei Anträge gestellt: Antrag auf Vorlage beim Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 100 GG. Zweitens Antrag auf Ruhendstellung, den vorher gehörten Aussagen, dem wäre noch nie zugestimmt worden, wurde dahingehend entgegnet, dass sich die Rechtslage konstant weiterentwickelt. Vom Kläger wurde es als betrüblich empfunden, dass niemand von der Gegenseite anwesend war. Als dritter Antrag wurde die Ruhendstellung des Verfahrens beantragt, dabei wurde auf das Beispiel anderer Verwaltungsgerichte sowie laufende Verfahren am Bundesverfassungsgericht mitsamt sehr ähnlichen Fragestellungen und Argumenten verwiesen. Durch den Kläger wurde darauf bestanden, alle Anträge offiziell zu stellen unabhängig von den Erfolgsaussichten. Der Kläger soll nun auf Wunsch eines der Richter den ersten Antrag formulieren. Die bereits gewählte Formulierung wird wiederholt und um Unterstützung durch das Gericht gebeten. Ein wirklich nur kurzer Disput, der Antrag wird ins Protokoll aufgenommen. Zum dritten Antrag wurde ein Schriftsatz übergeben.
Danach erfolgte eine nähere Erläuterung des Klägers zu den Argumenten Grundgesetz Artikel 3, wobei auch auf die Pauschalisierung und Typisierung eingegangen und diese widerlegt wurde, sowie zum GG Art. 5. Im Unterschied zu den vorherigen Verfahren gab es dazu vom Gericht gefühlt relativ wenige Einwürfe, Gegenargumente und Unterbrechungen. Relativ ausführlich wurde auch die Sittenwidrigkeit nach BGB §138 erläutert und in diesem Zusammenhang wurden die Mahngebühren angesprochen. Dazu erspann sich eine Diskussion über das Vorgehen des MDR, die Reihenfolge seiner Anschreiben, Bescheide bereits mit Mahngebühren zu verknüpfen, die möglicherweise davon unabhängige Beitrags-Bezahlschuld des Klägers, die Höhe solcher Mahngebühren etc. Vom Gericht wurde die Meinung geäußert, der Kläger hätte auch zuerst bezahlen, dann das Geld vom MDR zurückfordern und danach klagen können. §241a BGB wurde vom Kläger nicht erneut aufgegriffen, da das Gericht bereits in seiner ersten Zusammenfassung sich davon überzeugt gezeigt haben könnte, dass dieser Paragraph nicht einschlägig wäre.
Abschließend fasste der Kläger zusammen, dass ihm das Grundgesetz als höchste Gesetzesgrundlage sehr am Herzen liegen würde und durch den Rundfunkgebührenstaatsvertrag dagegen und somit gegen höherrangiges Recht verstoßen würde und die Bescheide deswegen aufgrund ungültiger Gesetzesgrundlage erlassen wurden und damit nichtig sind.
Nach einem Blick des Kläger durch seine mitgebrachten Unterlagen wird vom Vorsitzenden Richter auch diese Verhandlung abgeschlossen.
Zum nächsten Termin erscheint niemand, so dass die Mittagspause folgt. Auf den praktischen Beweis, wie einfach man ein Messer aus der Kantine in den Verhandlungssaal hätte mitbringen können, wurde verzichtet, hätte unserer kleinen Geschichte aber sicher noch mal einigen Drive gegeben. Angesichts der flughafenmäßigen Eingangskontrollen jedoch ein Hohn, wenn man in house viel bessere Kampfmittel findet.
Nach der Mittagspause wird nach bekanntem Schema die nächste Verhandlung eröffnet. Der Kläger hält den Beitrag für nicht gerecht, den Beitrag zu hoch und fordert, die Aufgaben (und/oder Abgaben?) zu reduzieren. Das Gericht könnte nun erwidert haben, es wäre ihm nicht möglich... (die Erzählung driftet kurz ins Dunkle), ...absolute Gerechtigkeit ist nicht garantiert.
Es wird nun über die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten; Anmerkung des Verfassers) diskutiert, der Beitrag wäre höher als von der KEF empfohlen, darüber gibt es ein Streitgespräch.
Das Gericht sieht sich nicht als politische Institution, prüft nur, ob alles gesetzesmäßig ist. Das Gericht will nun wieder „offen miteinander reden“.
Die Gesamtveranstaltung (Öffentlicher Rundfunk) wird finanziert. Der Kläger meint, Sozialleistungen müssen durch Steuern finanziert werden. Möglicherweise kam nun wieder das Beispiel mit dem Kinobesuch, außerdem die Krankenkassen. Haushalte, die nicht zahlen müssen, minderbeteiligt sind an den Gebühren, das ist keine Sozialleistung. Das Gericht könne nun gemeint haben, man kann sich nicht gegen alles wehren. Das ist alles im Spielraum des Gesetzgebers.
Der Kläger macht einen ruhigen und besonnenen Eindruck, bleibt im Rahmen unserer Geschichte aber immer etwas unkonkret. Er läßt den Richter ausreden, bringt dann seine Gegenargumente vor, auch zurück zum ursprünglichen Punkt, wenn der Richter etwas vom Thema abgewichen ist. Es entsteht der Eindruck beim unbedarften Zuschauer, dass der Kläger mit seinen Argumenten nicht vollständig zum Gericht durchgedrungen sein könnte. Die Verhandlung wird nunmehr ebenfalls abgeschlossen.
Zum lt. der Infotafel folgenden und letzten Termin in Sachen Rundfunkgebühren erscheint wieder niemand, Erscheinen war auch nicht Pflicht. Damit endet ein Tag auf Gericht.