und nun die E-Mail an Herrn Kurt Beck (
http://www.kurt-beck.de/index.php?id=3)
Betr. Ungerechtigkeit der neuen Rundfunkgebühr/Haushaltsabgabe und des ÖRR
Sehr geehrter Herr Beck,
unter
http://www.abgeordnetenwatch.de/kurt_beck-840-42389--f282569.html#questions sagen Sie, dass „die Politik keinen direkten Einfluss auf die Höhe der Rundfunkgebühr bzw. der künftigen Haushaltsabgabe hat. Die Festsetzung der Gebühr erfolgt durch die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Deren Mitglieder werden zwar von den 16 Ländern ernannt, die Kommission arbeitet aber unabhängig und unterliegt keinen Weisungen. Die KEF prüft also in eigener Verantwortung die Ausgaben der Anstalten (in der Regel prüft sie sehr kritisch), ehe sie alle vier Jahre eine Empfehlung ausspricht, ob und in welchem Umfang die Höhe der Gebühr anzupassen ist.“
Damit zementieren Sie ein Unrecht, weil die Kommission über die Höhe der Zwangsgebühren bestimmt, die von Bürgern zu zahlen sind, die Bürger jedoch nicht die Möglichkeit haben zu entscheiden was mit den Gebühren und in welchem Umfang geschehen soll. Die Kontrolle des ÖRR durch den Rundfunkrat bestehend aus Funktionären von Gewerkschaften, Fraktionen, Frauenverbänden und Kirchen spiegelt in keiner Weise die Meinung der Bürger wider.
Über die neue Haushaltsabgabe sagen Sie, es liege "ein ausgewogenes Modell für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vor" (
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,724529,00.html)
Mit der Haushaltsabgabe machen Sie alle gleichermaßen zahlungspflichtig, die bisher auf den Fernsehempfang oder Rundfunk insgesamt verzichtet haben oder sich diesen nicht leisten konnten. Sie befürworten damit ein noch größeres Zwangssystem und die Bevormundung der Bürger. Damit schaffen Sie eine Art Berliner Mauer.
Die Begründung zur Zwangsabgabe liest sich dann so:
„An dem Vorzug eines funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems für die Kultur, die Demokratie, die Urteilskraft und die Erwerbsbedingungen in einem Gemeinwesen hat jeder Inländer teil, mag er auch das Angebot individuell nicht nutzen oder nicht nutzen können. Er ist durch die medienbedingte oder mediengestützte Informationskultur mit begünstigt. … Der moderne Mensch ist auf das Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angewiesen, will er an der öffentlichen Debatte einer modernen Demokratie, an der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, an allgemeiner Kultur und Unterhaltung, an allgemein zugänglichen Quellen der Information teilhaben.“
Diese verquaste Argumentation könnte ebenso für die Eintreibung von Zwangsgebühren zu Gunsten von Großbäckereien herhalten, da diese die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicherstellen, an der alle Inländer partizipieren, auch wenn sie gar kein Brot essen oder es sich selbst backen: Brotflatrate für alle, um Hungeraufstände auszuschließen? Zudem ist der „moderne Mensch“ gerade im Internetzeitalter nicht im Geringsten „auf das Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angewiesen“. Mit derartigen Begründungen könnte auch die Einführung einer Internetgebühr gerechtfertigt werden, die allen Blogbetreibern und Erstellern von Internetseiten zugute käme und so manches Netzangebot von lästiger Werbung befreien dürfte. Immerhin zeugen die vielfältigen Angebote der Blogs von direkter Demokratie, von einfachen Möglichkeiten der Meinungsäußerung und -verbreitung sowie von der Mitbeteiligung der Bürger in Diskussionsprozessen. Die riesigen Apparate der Rundfunkanstalten hingegen sind hierarchisch strukturiert, ihre Räte von Parteibuchfunktionären besetzt, ihre GEZ gleicht einer Steuereintreibungsbehörde.
Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Element für das Funktionieren unserer Demokratie und muss deshalb bezahlt werden durch eine Gebühr, durch einen Beitrag, durch eine Abgabe?
Da stellt sich die Frage, wie Demokratie vor dem medialen Zeitalter überhaupt funktionieren konnte und ob die Deutsche Demokratische Republik angesichts zweier Fernsehkanäle doch – und nicht nur dem Namen nach – ein demokratisches Regime war.
Dass der Staatsfunk eine wichtige Säule der Administration (Herrschaft) moderner Führungskräfte (Machthaber) ist, das ist freilich nicht neu. Auch nicht, dass der Apparat sich quasi aus Steuern ernährt, die von den Bürgern (Beherrschten) als Gemeinlast entrichtet werden müssen. Grotesk sind allerdings die Legitimierungsversuche gerade unter der Floskel einer Demokratie, welche allein der Staatsfunk sicherstellen würde, offensichtlich jedoch nicht das basisdemokratische Internet oder die Presse. Bei letzteren werden die Angebote (Kultur und Informationen) vom Anbieter entweder frei zugänglich zur Verfügung gestellt oder kostenpflichtig nach Bedarf feilgeboten. Warum kann für die „öffentlich-rechtlichen“ Sendeanstalten nicht das gleiche Prinzip gelten, welches bei Pay-TV und Musikdownloads Anwendung findet? Natürlich: Weil dann im freien Wettstreit die Konsumentenschar weiter verringert und die Einflusssphäre des Staatsfunks minimiert würde.
Wer konsumieren will, der konsumiere, wer für seinen Konsum „pro Tag ein paar Cent“ ausgeben will, soll das machen. Jeder Bürger sollte das Recht haben, für eine von ihm frei gewählte Flatrate „gern zahlen“ zu dürfen.
Schöne Grüße
Viktor Grund