Zwei Interessenvertreter attackieren den Wettbewerb, wie originell. Ausgerechnet der Chef des Axel Springer Verlags, der uns so seriöse Blätter wie die BILD-Zeitung bescherte, die er neben der 'Welt' bis heute hält, wobei der Verlag sich 2013 vom größten Teil des Verlagsgeschäfts verabschiedete und längst erheblich mit digitalen Medien verdient, reklamiert für sein Unternehmen Schutz vor der digitalisierten Welt der anderen. Das ist einfach lächerlich. Daneben der Vertreter des Bundesverbands Musikindustrie. Die Industrie, die sich hartnäckig weigerte den Paradigmenwechsel überhaupt wahrzunehmen und Chancen solange ignorierte, bis die Nutzer zur Selbsthilfe griffen und Firmen wie Apple mit Musik gutes Geld verdienten. Diese beiden sind etwa so glaubwürdig wie Schlangenöl-Verkäufer. Das Lamento der Verleger kann ich schon nicht mehr hören. Die haben so großen Einfluss, dass sie entscheiden, wer hier wählbar ist und wer nicht, wer und was Top oder Flop ist, wessen Konterfei in der Zeitung erscheint usw. Und sie haben darauf hingewirkt, dass vom Zuschauer finanzierte Beiträge des ÖRR nach kurzer Zeit ohne Not aus dem Netz fliegen. Derzeit führen sie praktisch Krieg gegen Werbeblocker - sie werden ihn hoffentlich verlieren - und wollen Google zwingen, einerseits ihre Meldungen zu verlinken und im Index zu führen, andererseits genau dafür zu zahlen. Ein geiles Geschäftsmodell! So etwas will ich auch! - Aber das Leben ist ja kein Ponyhof! Als ich vor Jahren 'mal beim Arbeitsamt nachfragte, wie es denn mit Lehrstellen als Milliardär aussieht: totale Fehlanzeige. Ist das zu fassen?
Ernsthaft: Ja, auf den Seiten der ÖR-Sender gibt es Texte, z. B. zu den Nachrichten. Und das ist Konkurrenz. Ja und? Das belebt doch das Geschäft, oder? Nachrichten werden einerseits von den Sendern selbst erstellt, z. B. über das eigene Korrespondentennetz. Die wird man in jeder Form publizieren dürfen, ja müssen, weil wir nämlich dafür bezahlen (müssen). Daneben sind die Sender Nutzer von Agenturmeldungen, wie die meisten anderen Medien, Tageszeitungen usw. auch. So exklusiv ist das also nicht, und offenbar erwirbt man ja die Rechte an der Verwendung der Meldungen. Warum also sollten ausgerechnet die Sender diese nicht verwenden dürfen? Auf den Seiten jeder Dorfzeitung stehen die doch praktisch wortgleich, wenn sie von Reuters, dpa & Co kommen. In vielen Nachrichten der Sender, in der Tat nicht in allen, ist noch ein Video verlinkt oder eingebettet, wie übrigens gerade bei den Produkten des ASV auch. Herr Döpfner, das muss aufhören - ach egal, ich lese ja nie bild.de oder welt.de.
Mich störte und stört vielmehr, dass bis hinauf zum BVerfG niemand in Frage stellen wollte und will, dass die ÖR Sender neben Konserven auch Lifesendungen via Internet streamen und damit die PC-Rundfunkgebührenpflicht etablieren konnten. Zu Beginn waren das vor allem Radiosendungen, wobei man beim BR ziemlich schnell aus der Übertragung flog, weil die Kapazität der Leitungen zu gering war. Dennoch war die PC-Gebühr fällig, selbst für Server beim ISP. Man versuche einmal in das RZ eines ISP wie Strato zu gelangen. Viel Spaß beim Fernsehen an dem gemieteten, GUI-losen Server. Selbst ein unvernetzter PC war gebührenpflichtig, man könnte sich ja jederzeit ein Modem kaufen. Klar doch; selbst Nichtnutzer hätten sich ja jederzeit eine Gerät kaufen können. Mit der Logik landete man dann ohne große Bedenken bei der heutige Wohnungs- und Betriebsabgabe.
Ich habe nichts gegen die Selbstdarstellung der Sender im Web und nichts gegen den Zugriff auf eigene Beiträge soweit der Speicherplatz der Server das hergibt. Aber ich hatte und habe etwas dagegen, wenn vom Mobiltelefon bis zur vernetzten Dusche jede technische Innovation dazu führt, dass die ÖR-Sender Kohle abgreifen. Wenn es morgen gelänge Musik und/oder Video über die Abwasserleitung zu übertragen, die ÖR-Sender wären die ersten, die daraus ein Geschäft machen würden um noch jede Brache mit Siel abgabepflichtig zu machen. Hilfreich assistiert vom bezüglich des ÖR-Rundfunks stets recht willigen BVerfG.
In aller Kürze: das Lamento von Verlagsfuzzis und der Musikindustrie geht mir am Mors vorbei. Oder um es mit einem viel genutzten Spruch des Heise-Forums zu sagen: geht sterben.
M. Boettcher
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.