Aus der bereits im letzten Beitrag eingefügten BVerfG-Entscheidung:
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 04. Oktober 2011
- 1 BvL 3/08 - Rn. (1-72),
http://www.bverfg.de/e/ls20111004_1bvl000308.htmlRn 45
[...]Das Fachgericht hat daher vor einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zu klären, ob das Unionsrecht dem nationalen Gesetzgeber einen die verfassungsgerichtliche Prüfung ermöglichenden Spielraum belässt.
Rn 46
a) Über die Anwendbarkeit von Unionsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, übt das Bundesverfassungsgericht - jenseits des hier nicht in Rede stehenden Ultra-vires- und Verfassungsidentitätsvorbehalts (vgl. dazu BVerfGE 123, 267 <353 f.>; 126, 286 <302 f.>) - seine Gerichtsbarkeit nicht mehr aus [...], solange die Europäische Union einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Union generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 ff.>; 118, 79 <95>). Dies gilt auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 GG nicht nur für Verordnungen, sondern auch für Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV und an die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Beschlüsse der Kommission nach Art. 288 Abs. 4 AEUV (früher: Entscheidungen der Kommission nach Art. 249 Abs. 4 EGV). Auch eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie oder einen Beschluss in deutsches Recht umsetzt, wird insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 f.>; 125, 260 <306 f.>).
Europäische Rechtsakte wie Beschlüsse, Verordnungen und Richtlinien haben sich national am europäischen Grundrecht zu orientieren, wie es verbindlich in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt ist. Das nationale Grundrecht darf dafür nicht Maßstab sein; daneben sind freilich auch die in der Europäischen Menschenrechtskonvention niedergelegten Grundrechte gleichfalls für alle nationalen Behörden und Gerichte insofern bindend, als daß sie in einem völkerrechtlichen Vertrag genannt werden, der gemäß Grundgesetz Vorrang vor nationalem Recht hat.
Grundgesetz https://www.bundestag.de/ggArtikel 25
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Artikel 1
[...]
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Auch hier haben wir übrigens wie in der Verfassung des Landes Brandenburg zur Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention das Wörtchen "unmittelbar". Da bekanntlich auch ein nationaler Beamter Bewohner des Bundesgebietes ist, kann er schon kraft Grundgesetz auf die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet werden. Wie es übrigens auch für alle Mitarbeiter von LRA und BS gilt.
Rn 47
b) Stellt sich einem Fachgericht die Frage der Vereinbarkeit eines für sein Verfahren entscheidungserheblichen, aus dem Unionsrecht abgeleiteten Gesetzes mit den Grundrechten, ist es daher zunächst seine Aufgabe - gegebenenfalls durch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) nach Art. 267 Abs. 1 AEUV - zu klären, ob das Unionsrecht dem deutschen Gesetzgeber einen Umsetzungsspielraum belässt. Erst wenn dies feststeht, kann das den Umsetzungsspielraum ausfüllende Gesetz der Prüfung seiner Verfassungsmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen und damit eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Betracht kommen.
Wie schon geschrieben, ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erst dann zulässig, nachdem das mit einer Klage befasste Fachgericht, in dem europäisches Recht auch nur annähernd genannt wird, entweder eine Vorlage an den EuGH durchgeführt hat und die Entscheidung des EuGH dem nationalen Gericht einen Spielraum in seiner Entscheidung läßt, oder selber bei seiner Auswertung bestehender europäischer Rechtsakte eine vernünftige Klärung des der Klage zugrundeliegenden Sachverhaltes herbeiführen kann. Kommt der EuGH hingegen zur Entscheidung, daß das nationale Gericht im Sachverhalt keinen eigenen Entscheidungsspielraum hat, ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unzulässig.
Hier wartet auf nationale Richter eine Menge Arbeit.
Zu den Grundrechten:
Die in der Europäischen Menschenrechtskonvention niedergelegten Grundrechte haben als völkerrechtlicher Vertrag Vorrang vor dem Grundgesetz; diese Rechte gelten für natürliche wie juristische Personen;
die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegten Grundrechte gelten für Unionsbürger, mithin also für natürliche Personen, nicht für juristische Personen;
das Grundgesetz gilt für alle; auf Art 1 bis 17 dürfen sich allerdings juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht berufen - siehe u.a. unter
jurist. Personen d. öffentl. Rechts > kein Anspruch auf Grundrechte Art 1-17 GGhttp://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21498.0.html
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)
Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;
- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;
- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;