Zur Informationsfreiheit - auch für die Verwaltung der Rundfunkanstalten:Immer wieder niedlich, wie Beamte und Mitarbeiter (nicht nur im Rundfunkbereich) auf Anfragen nach Transparenz bzw. auf Informationszugang reagieren. Hier scheint sich entgegen klarer gesetzlicher Vorgaben immer wieder die Feststellung zum IFG zu bewahrheiten:
"
Vielen Beamten fällt es schwer, zu verstehen, dass die Akten nicht ihnen selbst gehören, sondern dass sie diese für die Öffentlichkeit verwalten [...] Der Kulturwandel ist in den Köpfen oft noch nicht vollzogen." (Manfred Redelfs vom Journalistenverein Netzwerk Recherche)
Es ist aber auch schwer zu verstehen, wenn man in der eigenen Beamten-/ Verwaltungs-Blase lebt und nicht differenziert denken - noch Inhalt, Sinn und Zweck der eindeutigen und mittlerweile gar nicht mehr so neuen gesetzlichen Vorgaben annähernd verstehen und umsetzen - kann oder will.
Dass dies ein weiterhin verbreitetes Phänomen ist, lässt sich alle zwei Jahre wieder in den Tätigkeitsberichten der Bundes-/ Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit auf teils süffisante Art nachlesen.
Nun denn konkret zu der im Eingangspost verlinkten Informationsfreiheits-Anfrage und Auskunft:
Also
erstens:
Auch das Informationszugangsgesetzes Sachsen-Anhalt (IZG LSA) verpflichtet die angefragte Stelle zur
unverzüglichen Auskunft gem. §7. Darüberhinaus gebietet die Soll-Vorschrift, dass eine Antwort
maximal nach einem Monat zu erfolgen hat, wovon nur in objektiv nachvollziehbaren und gerechtfertigten Ausnahmefällen abgewichen werden kann.
Gemäß der Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ist diese
"Beschleunigungsmaxime" des Gesetzes unbedingt einzuhalten, zur Abweichung von der Monatsfrist stellt sie darüberhinaus klar (Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für die Jahre 2014 und 2015, Bundes-IFG hier gleichlautend mit IZG LSA):
Bei umfangreichen und komplexen Anträgen habe ich Verständnis dafür, dass der Informationszugang nicht immer innerhalb der Monatsfrist erfolgen kann, wenn z. B. sehr große, mitunter ältere Aktenbestände durchgesehen werden oder andere Behörden beteiligt werden müssen. In solchen Fällen hat sich die z. B. auch beim Bundeskanzleramt geübte Praxis bewährt, den Antrag so zügig wie möglich mit Teilbescheiden „abzuarbeiten“. Gerade dann muss dem Antragsteller aber so schnell als möglich erläutert werden, dass nicht alle Informationswünsche innerhalb eines Monates befriedigt werden können. Das IFG sieht eine solche Zwischennachricht nicht ausdrücklich vor. Die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Fürsorgepflicht gilt aber auch für Verfahren nach dem IFG und gebietet in solchen Fällen die Information über den voraussichtlichen Verfahrensablauf.
Es handelt sich im u.g. vorliegenden Fall ganz offensichtlich um eine
einfache Auskunft. Warum der MDR/ Beitragsservice sich hier dem Unverzüglichkeitsgebot widersetzt, und diese kurze Antwort nicht bereits innerhalb von einer oder maximal zwei Wochen nach Eingang, sondern erst - nach nochmaliger Erinnerung bei Ablauf der Monatsfrist - nach
sechseinhalb (1) Wochen und damit Überschreitung von zweieinhalb Wochen der verbindlichen gesetzlichen Soll-Frist erbringt, ist weder gerechtfertigt, nachvollziehbar und erklärbar - noch angekündigt oder erläutert worden.
Nochmal, es geht tatsächlich um diese Auskunft:
1) zur Übernahme der Kosten des Vollstreckungsverfahrens:
Ein säumiger Beitragspflichtiger trägt die Kosten eines möglichen Vollstreckungsverfahrens grundsätzlich selbst. Die einschlägigen Normen finden sich in den verschiedenen Vollstreckungsgesetzen und Kostenverordnungen der Bundesländer. Können fällige Rundfunkbeiträge nicht beigetrieben werden, weil die Vollstreckung erfolglos geblieben
ist, trägt die Kosten die Rundfunkanstalt und damit letztlich die Gesamtheit der Beitragszahler. Bevor es zu einer Vollstreckung kommt, informiert der Beitragsservice säumige Beitragszahler umfassend über ihren Beitragsrückstand und
fordert sie mehrfach schriftlich zur Zahlung auf. Dazu werden Zahlungserinnerungen, Beitragsbescheide und Mahnschreiben versandt.
2) zu dem im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Budget für Mahnmaßnahmen und die Vollstreckung:
Im Rundfunkstaatsvertrag ist kein Budget für Vollstreckungsmaßnahmen vorgesehen.
3) zur Staatsferne der öffentlich-rechtlichen Anstalten angesichts von Vollstreckungsmaßnahmen:
Das Gebot der Staatsferne bezieht sich alleine auf die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Hinblick auf die Programmgestaltung. Beim Beitragseinzug geht es hingegen um die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben. Die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungshandelns wird von den hierfür zuständigen Verwaltungs- und Zivilgerichten
kontrolliert. Besondere Regelungen für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen gibt es nicht.
4) zu weiteren Maßnahmen zur Durchsetzung von Forderungen aus dem Rundfunkbeitrag:
Dem MDR stehen die gleichen rechtlichen Mittel zur Verfügung wie jedem anderen Gläubiger. Diese sind geregelt in den verschiedenen Vollstreckungsgesetzen und Kostenverordnungen der Bundesländer (vgl. Antwort 1)
(Im Grunde ist das bereits eine einfache Bürgerauskunft, der Inhalt ist von den Anstalten bereits so und in ähnlicher Form auf Ihren Kanälen selbst bzw. von ihnen via Medien kommuniziert worden, try google).
Zudem - falls nun jemand Beteiligung weiterer Stelle ruft - ist der Beitragsservice nicht Dritter sondern laut Selbstauskunft ja "Teil" des MDRs (Rundfunkanstalt). Ungenommen dessen können hier wohl selbst keine Anhaltspunkte dafür kreiert werden (noch sind sie vorgetragen worden), dass ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs existieren könnte (für den Fall einer Beteiligung Dritter). Darüberhinaus siehe Ausführungen unter
Drittens.
--> Es ist daher schon als Bürgerpflicht anzusehen, dass der Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit (zumindest vom Anfragenersteller) gemäß §12 angerufen und auf die vorliegende Verletzung des IZG LSA durch den MDR/ Beitragsservice hingewiesen und um Tätigwerden gebeten wird Zweitens: Auch die beteiligten Stellen scheinen noch immer nicht Sinn, Grund und Zweck von Transparenz, Informationsfreiheit und dem IZG LSA im speziellen verstanden zu haben. Was sonst soll uns bitte diese, der angeforderten Auskunft vorangehende Mitteilung sagen (falls jetzt jemand Urheberrecht ruft fangen nicht nur die Beauftragten für Informationsfreiheit an zu lachen):
"Vorab möchten wir Sie darauf hinweisen, dass wir ausdrücklich jeder wortgetreuen Veröffentlichung unserer Antwort, insbesondere auf der Internetseite von „fragdenstaat.de" oder anderen Online-Portalen, widersprechen."
Beim offenbar dringend erforderlichen Lernprozess ist man doch gerne behilflich:
Sofern nicht schon das gesamte IZG LSA an sich ganz offensichtlich Sinn und Zweck aufdrängt, so erläutern nicht zuletzt die Bundes- und Landesbeauftragten für Informationsfreiheit doch immer wieder fortlaufen, wofür die IFGs überhaupt da sind.
Schon die Intention von § 11 (Veröffentlichungspflichten) kann nicht anderes sein, dem Bürger den Zugang zur Anfrage bzw. Befreiung von Informationen aus diesen einzelnen in den Informationssammlungen und Aktenplänen zu vereinfachen und zu ermöglichen.
Hierzu stellt stellvertretend auch der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW in seinem letzten Tätigkeitsbericht (Zweiundzwanzigster Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht) unmissverständlich klar:
Vielfach weisen öffentliche Stellen darauf hin, dass sie einer Veröffentlichung der Informationen im Internet widersprechen. Dies läuft jedoch den Intentionen des Gesetzgebers zuwider, einen möglichst weitreichenden und (fast) voraussetzungslosen Informationsanspruch zum Zwecke der Informationsweitergabe um ihrer selbst willen zu schaffen. Wurde einem Informationsantrag entsprochen, steht es den Antragstellerinnen und Antragstellern grundsätzlich frei, wie sie mit diesen Informationen weiter verfahren. Eine Weitergabe im privaten Rahmen ist dabei ebenso zulässig wie die Einstellung der Informationen ins Internet. In diesem Sinne hat auch das OVG NRW bereits mit Beschluss vom 19. Juni 2002 (Az. 21 B 589/02) ausgeführt, es sei ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber die nahe liegende Möglichkeit der Verwendung erlangter Informationen – sei es zum rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil der oder des Informationssuchenden, sei es zum rechtlichen oder wirtschaftlichen Nachteil der öffentlichen Informationsfreiheit Stelle oder einer bzw. eines Dritten – nicht gesehen habe. Dies habe er jedoch nicht zum Anlass genommen, einen entsprechenden allgemeinen Ablehnungsgrund in das Gesetz aufzunehmen. Eine solche Untersagung ist somit unzulässig.
--> Es ist daher schon als Bürgerpflicht anzusehen, dass der Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit (zumindest vom Anfragenersteller) gemäß §12 angerufen und auf die unzulässige Untersagung durch den MDR/ Beitragsservice hingewiesen und um Tätigwerden gebeten wird Zudem - auch wenn von vielen Verwaltungsmitabeitern im Sinne der Affen die drei Sinne auch diesbezüglich weiterhin zwanghaft ausgeschaltet werden - darf doch auf die fortschreitende Entwicklung unserer Demokratie im Bereich Transparenz hingewiesen werden (siehe G8 Open-Data-Charta, digitale Agenda der Bundesregierung, Konferenzen der Informationsfreiheitsbeauftragten):
- Open (Government) Data
- proaktive Veröffentlichung von Informationen
- "GovData - Im Jahr 2015 befand sich das gemeinsame Datenportal von Bund, Ländern und Kommunen auf dem Weg in den Regelbetrieb"
Abschließend dazu auch noch mal Bundesbeauftragte für Informationsfreiheit in ihrem letzten Tätigkeitsbericht:
bin ich der Auffassung, die zum Informationszugang verpflichteten Institutionen sollten grundsätzlich von einer solchen Untersagung (einer öffentlichen Verbreitung von durch das IFG erlangten Informationen) absehen: Das IFG gewährt jedem das Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen, der einem ersten Antragsteller nach Prüfung von Ausschlussgründen gewährte Zugang könnte also späteren Antragstellern kaum verwehrt werden. Die unerwünschte Verbreitung würde dann durch parallele Antragstellung weiterer Interessenten eintreten.
Also dann lasst uns alle doch mal die selbe Anfrage stellen, der MDR/ Beitragsservice bittet ja förmlich um diesen zusätzlichen Aufwand Drittens: Es darf doch mehr als stark bezweifelt werden, dass die jetzt übermittelten Informationen nicht oder auch nicht nur teilweise dem MDR vorliegen und es zwingend erforderlich war, die Anfrage an seinen Beitragsservice weiterzuleiten und dass nur dieser Beantworten konnte.
Wie erwähnt ist diese Auskunft von den Anstalten (auch MDR) ganz und teilweise bereits so und in ähnlicher Form selbst bzw. via Presse kommuniziert worden (try google).
Die angefragte Stelle ist gemäß IZG LSA bei Vorliegen der Informationen zur Auskunft verpflichtet. Der MDR hat nicht vorgetragen dass ihm die Informationen nicht vorliegen. Eine zunächst auch nur teilweise Beantwortung des MDRs wurde unterlassen.
Dazu nochmal die Bundesbeauftragte für Informationsfreiheit in ihrem letzten Tätigkeitsbericht:
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen i. S. d. § 2 Nummer 1 IFG. Das
ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Auch diese Definition der amtlichen Information setzt allerdings wie bereits die den Informationszugang eröffnende Norm des § 1 Absatz 1 Satz 1 IFG voraus, dass die begehrten Informationen bei der Behörde überhaupt existieren, auch wenn eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung im Informationsfreiheitsgesetz des Bundes - anders als im VIG - insoweit nicht erfolgt ist.
Aus den weiteren Anfragen auf fragdenstaat.de geht hervor, dass die Rundfunkanstalten sehr wohl Auskünfte nach dem IFG selbst erteilen und diese Aufgabe nicht an den Beitragsservice weiterleiten.
Die Rechtmäßigkeit der Weiterleitung an den Beitragsservice darf daher insgesamt bezweifelt werden, mindestens hat sie die Informationspreisgabe ganz offensichtlich unnötig, die gesetzlich vorgeschriebene Beschleunigungsmaxime verletztend, verzögert.
--> Es ist daher schon als Bürgerpflicht anzusehen, dass der Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit (zumindest vom Anfragenersteller) gemäß §12 angerufen und auch auf die vorliegende Verletzung des IZG LSA durch den MDR/ Beitragsservice hingewiesen und um Tätigwerden gebeten wird FAZIT:--> Mehr IFG Anfragen an die Rundfunkanstalten und Beitragsservice!
--> Bereits im Anfrageprozess bei Schwierigkeiten die Landesbauftragten für Informationsfreiheit einschalten!
Aktuelle Tätigkeitsberichte (Auswahl):Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit:
http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Taetigkeitsberichte/TB_IFG/5TB06_16.html?nn=5217154Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW:
https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Aktuelles/submenu_Bericht/index.php (sehr amüsant: 12.2 Das "1 x 1 des IFG-Antrags" ab S. 97)