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Autor Thema: Literaturhinweis: "Finanzierungsverantwortung jenseits des Steuerstaats"  (Gelesen 3824 mal)

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Finanzierungsverantwortung jenseits des Steuerstaats - Überlegungen zu den Grenzen des Rundfunkbeitrags

Unter diesem Titel hat Klaus Meßerschmidt einen Aufsatz veröffentlicht, der 2015 in der Zeitschrift für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Die Öffentliche Verwaltung (abgekürzt: DÖV) erschienen ist.

Hier zunächst der zitierfähige Hinweis mit dem Nachweis der Zeitschrift in Bibliotheken

Klaus Meßerschmidt: Finanzierungsverantwortung jenseits des Steuerstaats - Überlegungen zu den Grenzen des Rundfunkbeitrags, in: Die Öffentliche Verwaltung, Band 68, 2015, Heft 6, Seite 220 bis 228.

http://gso.gbv.de/DB=2.1/PPNSET?PPN=860040178


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In diesem Aufsatz befasst sich Meßerschmidt kritisch mit dem Rundfunkbeitrag vor dem allgemeinen Hintergrund der Aufgaben der Finanzierung staatlicher Aufgaben. Der vorliegende Aufsatz bildet somit eine Grundlage für die spätere Publikation in der gleichen Zeitschrift, die hier im Forum bereits diskutiert wird:
"Rundfunkbeitragsrechtsprechung als Herausforderung d. Abgabenrechts" DÖV 2016/7
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19022.0.html

Dort auch weiterführende Informationen zum Autor


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Einleitend unterscheidet der Autor das Prinzip des Steuerstaates vom "Gebührenstaat". Der Gedanke vom Steuerstaat besteht eben darin, dass staatliche Aufgaben vor allem aus Steuern finanziert werden sollten. Der Steuerfinanzierung kommt verfassungsrechtlich ein Vorrang vor anderen Mitteln staatlicher Aufgabenfinanzierung zu, denn ihr ist das Prinzip der Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers immanent. Eine sozial ausgewogene Staatsfinanzierung legitimiert zugleich den Steuerstaat als Rechtsstaat und als Sozialstaat. Demgegenüber bemerkt der Autor, dass der Steuerstaat derzeit an seinen Rändern zu erodieren scheint, wofür der neu eingeführte Rundfunkbeitrag ein einschlägiges Beispiel bildet.

Zitat
Die jüngste Diskussion um das Verhältnis von Steuer- und Gebührenfinanzierung öffentlicher Aufgaben ist aufgrund der Umstellung der Rundfunkgebühr auf den neuen Rundfunkbeitrag ausgebrochen. Zwar scheinen fast alle Schlachten der Gegner des Rundfunkbeitrags vor den Gerichten bisher verloren gegangen zu sein, es lässt sich aber mindestens ein weiterer Einwand gegen den Rundfunkbeitrag formulieren, der bislang nicht ausreichend gewürdigt wurde: das erzwungene Aufkommen der Beitragszahler für die sog. Befreiungsquote, d. h. für diejenigen Beiträge, die aufgrund von Befreiungsregelungen von potenziellen Rundfunknutzern nicht geleistet werden müssen. In der nach dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium von Oktober 2014 erneut aufgeflammten Diskussion über Aufgaben und Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien könnte die im Folgenden aufgezeigte Ungereimtheit des Finanzierungsmodells ein weiteres Argument für dessen zunehmend geforderte grundlegende Reform liefern. Dabei beschränkt sich der vorliegende Beitrag auf die Bewertung dieses Beitragsanteils und sieht davon ab, die allgemeine Diskussion um die Rundfunkfinanzierung fortzuführen.


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Die Beitragsfinanzierung der Freistellungsquote stellt nun für den Autor den Stein des Anstoßes dar. Er untersucht die bestehenden Befreiungen und Ermäßigungen von der Beitragspflicht, wie sie in § 4 und 5 RBStV geregelt sind.

Zitat
Im vorliegenden Zusammenhang ist weder über die Feinabgrenzung dieser Ausnahmen noch über deren Rechtfertigung im Einzelnen zu richten. Es genügt vielmehr festzustellen, ob sich diese Ausnahmen mit den Regeln des Beitragsrechts vereinbaren lassen.
(...)
Für eine Freistellung der Sozialhilfeempfänger und anderer auf eine staatliche Grundversorgung angewiesener Personen von den Rundfunkbeiträgen sprechen sowohl das Sozialstaatsprinzip als auch deren Grundrechte. (...) Freilich geht diese Argumentation an der Realität vorbei. (...) Der Ausgleich der Beitragsausfälle durch die übrigen Beitragspflichtigen kommt daher, recht besehen, nicht den von der Beitragspflicht Freigestellten, sondern ausschließlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugute, die so gestellt werden, als gäbe es keine freistellungsbedingte Deckungslücke, weil diese von den Beitragspflichtigen geschlossen werden muss. Die in erster Linie zu beantwortende Frage lautet daher nicht, ob Sozialhilfeempfänger und andere sozial Schwache einen Anspruch auf beitragsfreien Rundfunkempfang haben sollten, sondern, wer für die Beitragsbefreiung einstehen soll. Diese Problematik wird selten thematisiert; vielmehr wird suggeriert, als folge aus der sozialstaatlich gebotenen Freistellung sozial Schwacher von der Beitragspflicht zwangsläufig eine Solidarhaftung der Beitragspflichtigen. Tatsächlich kommt alternativ zur Beitragsdeckung der Deckungslücke deren Ausgleich aus dem allgemeinen Staatshaushalt und damit durch die Gesamtheit der Steuerzahler in Betracht.


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In einem Zwischenfazit bemerkt der Autor:
Zitat
Wenn man schon keinen Anstoß daran nimmt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als "Leistung für die Allgemeinheit" eine "steuerähnliche Beitragsfinanzierung" genießt, so trägt das bislang alles rechtfertigende Argument des wenigstens hypothetischen Vorteils des Programmangebots für den Beitragszahler jedenfalls nicht so weit, dass es auch noch die solidarische Finanzierung der Freistellungsquote bzw. eine Einstandspflicht für aus sozialen und sonstigen Gründen beitragsbefreite Personen und Institutionen legitimieren könnte. Transferleistungen sind regelmäßig nur auf steuerfinanzierter Grundlage möglich; eine Gruppenverantwortung für allgemeine Staatsaufgaben lässt sich nicht konstruieren. Die Verfechter des Beitragsmodells wären gut beraten, vollends unhaltbare Positionen zu räumen. Man kann nicht beides zugleich haben: eine halbwegs glaubwürdige Deklaration der Rundfunkfinanzierung als Rundfunkbeitrag und einen sozialen Lastenausgleich, wie er jenseits enger Gruppenverantwortung im Sinne der Sonderabgabenjudikatur nur über den steuerfinanzierten Staatshaushalt geleistet werden kann. Zumindest insoweit handelt es sich um einen Fall der unzulässigen Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben durch Sonderlasten.

Und im abschließenden Fazit:
Zitat
Auch unter den Bedingungen von Privatisierung und Deregulierung sowie der Aktivierung der "Zivilgesellschaft" darf Solidarität nicht mit den Mitteln staatlichen Zwangs auf (und sei es auch große) Teilgruppen der Gesellschaft delegiert werden. Sozialtarife und Beitragsfreistellungen müssen daher unter Wahrung der Transfergerechtigkeit aus dem Staatshaushalt, mithin über Steuern und nicht über (...) Vorzugslasten oder neu­artige Sonderabgaben finanziert werden. Wenn man den Auswüchsen des Parafiskalismus nicht Einhalt gebietet, könnte das Beispiel des Rundfunkbeitrags Schule machen und zur Umdeklarierung weiterer Gemeinlasten als Sonderlasten führen. Die doppelte soziale Ungerechtigkeit, die darin liegt, dass einerseits eine von der individuellen Leistungsfähigkeit losgelöste Abgabe erhoben wird und andererseits die Freistellung der Transferleistungsempfänger und einzelner privilegierter Einrichtungen noch den schwächsten Beitragspflichtigen aufgebürdet wird, kann nur durch eine – große oder kleine – Steuerlösung überwunden werden. Die aufgezeigte Ungereimtheit liefert ein zusätzliches Argument für die jüngst vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen angemahnte grundlegende Reform des Rundfunk- und Rundfunkbeitragsrechts, duldet aber kein weiteres Zuwarten.


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