Dieser Kommentar richtet sich auch an den Deutschen Presserat und die Presse allgemein.Nachdem ich nun die Antwort des Deutschen Presserats auf die Beschwerde vom 21.02.2016 gelesen habe, möchte ich einige Gedanken dazu äussern.
"Bei dem Begriff "Schwarzseher" handelt es sich um eine umgangssprachlich gebräuchliche Bezeichnung für Personen, die den Rundfunkbeitrag nicht zahlen."
Zu dieser Aussage muß man feststellen, daß sie unvollständig ist und der Begriff nicht korrekt interpretiert wurde. Der Begriff "Schwarzseher" ist kein Ausdruck neuerer Zeit. Dieses Wort kannte ich schon in meiner Kinder- und Jugendzeit.
Er wurde für Leute verwendet, die ein Rundfunkempfangsgerät besaßen und damit Rundfunk nutzten (damals gab es nur den öffentlich-rechtlichen Rundfunk), jedoch ohne dieses ordnungsgemäß anzumelden und dafür Rundfunkgebühren zu entrichten.
Keinesfalls wurde dieser Begriff für Leute verwendet, welche zwar ein Rundfunkempfangsgerät besaßen, dieses aber nicht zum Empfang von Rundfunk nutzten, und schon gar nicht für Leute, welche überhaupt keine Rundfunkempfangsgeräte besaßen.
In meinem damaligen Bekanntenkreis z.B. gab es mehrere Leute, welche zwar einen Fernseher besaßen, diesen aber nur zum Betrieb eines Videorekorders oder einer Spielekonsole verwendeten. Die damaligen Fernsehprogramme waren nichtmal eingestellt und ein Antennenkabel, ohne dem ein Empfang nicht möglich war, gab es erst gar nicht.
Aber niemand wäre damals auf die Idee gekommen, einen meiner Bekannten deswegen als "Schwarzseher" zu bezeichnen.
Seit dem 01.01.2013 wurde die alte Rundfunkgebühr durch den neuen Rundfunkbeitrag ersetzt. Dieser Rundfunkbeitrag ist von allen Wohnungsinhabern zu entrichten, und zwar völlig unabhängig davon, ob überhaupt Rundfunkempfangsgeräte vorhanden sind, oder eine Rundfunknutzung stattfindet.
Mittlerweile haben einige Millionen Haushalte die Zahlung des Rundfunkbeitrages eingestellt. Glaubt der Deutsche Presserat, oder die deutsche Presse allgemein, daß es sich bei all diesen Personen wirklich nur um tatsächliche "Schwarzseher" handelt, also Leute, welche zwar den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen, aber dafür lediglich nicht bezahlen wollen?
Es gibt Menschen in diesem Land, welche sich bewußt für ein Leben ohne Rundfunk entschieden haben und andere, welche zwar noch Rundfunk nutzen, aber dabei nur auf kommerzielle Angebote zurückgreifen.
Wenn all diese Menschen pauschal als "Schwarzseher" bezeichnet werden, dann findet hier eine einseitige Zweckentfremdung dieses Begriffes durch die Presse statt. Darüber hinaus wird diesen Menschen eine illegale Handlung unterstellt.
Für einen Nichtnutzer stellt dieses einen diskriminierenden und auch verletzenden Akt dar.
Dass der Begriff, den die Redaktion verwendet, eine negative Wertung enthält, ist presseethisch nicht zu beanstanden. Denn nach geltendem Recht handelt es sich um einen Pflichtbeitrag; wer ihn nicht zahlt, handelt - unabhängig von anderslautenden Rechtsauffassungen und entsprechenden Klagen - illegal.
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wer ihn nicht zahlt, handelt - unabhängig von anderslautenden Rechtsauffassungen und entsprechenden Klagen - illegal."
Ein Großteil dieser Leute nimmt nach geltendem Recht die Möglichkeit in Anspruch, ein Widerspruchsverfahren zu eröffnen. Dieses Recht ist - unabhängig von anderslautenden Rechtsauffassungen - nicht illegal.
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Dass der Begriff, den die Redaktion verwendet, eine negative Wertung enthält, ist presseethisch nicht zu beanstanden."
Ich muß gestehen, daß es mich zutiefst erschüttert hat, als ich diesen Satz gelesen habe, und das in einer Antwort vom Deutschen Presserat.
Hier werden Erinnerungen an eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte wach. Auch damals wurde eine bestimmte Gruppe Menschen gezielt durch die Presse diskriminiert, und alles nach damaligem geltenden Recht. Ich frage den Deutschen Presserat und auch die gesamte deutsche Presse: War das auch presseethisch nicht zu beanstanden?
Grundlage unserer Prüfung war Ziffer 2 (Sorgfalt) des Pressekodex. Danach sind die Redaktionen verpflichtet, zur Veröffentlichung bestimmte Informationen mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben.
Es sollte aber auch ein gewisses Maß an Objektivität und vorallem Neutralität geboten sein. Leider muß man immer häufiger feststellen, daß Artikel einseitig tendenziös verfaßt werden. Bestes Beispiel dafür waren die Berichte über die Berufungsverfahren am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Es wurde zumeist kurz über die Urteile berichtet und das alles rechtens ist. Mit den Hintergründen der Verfahren wurde sich so gut wie überhaupt nicht befaßt. Mir ist nicht ein einziger Bericht bekannt, wo z.B. einmal ein Interview mit einem der Kläger geführt wurde, um mehr über die Beweggründe der Kläger oder ihrer Argumentationen zu erfahren.
Diese Art der überwiegend einseitigen Berichterstattung kann nicht Aufgabe der Presse in einer Demokratie sein.
Diese Leute nehmen einen langen und beschwerlichen Weg durch die Instanzen auf sich, der höchstwahrscheinlich mehrere tausend Euro verschlingt. Glaubt der Deutsche Presserat und auch die Presse allgemein, daß es sich bei diesen Leuten um simple "Schwarzseher" handelt, welche sich lediglich 17,50€ im Monat sparen wollen?
Wer die finanziellen Mittel hat um diesen Instanzenweg zu bestreiten, für den sind 17,50€ im Monat ein Witz.
Es liegen zudem mehrere hochqualifizierte Gutachten vor, welche dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in seiner jetzigen Form eine Verfassungswidrigkeit bescheinigen. Mir ist nicht bekannt, daß die Presse sich bisher damit differenziert auseinandergesetzt hätte. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn die Presse sich eingehender mit den Hintergründen befassen und alle Seiten objektiv betrachten würde.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk war einstmals eine der Säulen unserer Demokratie. Am 01.01.2013 wurde diese Säule eingerissen. Noch haben wir die Säule der Presse. Deshalb meine dringliche Bitte an die gesamte deutsche Presse:
Lassen sie nicht zu, daß auch diese Säule einstürzt. Was soll dann aus unserem Land werden?