Wie ist es gelaufen? (Eigentlich eine ziemlich blöde Frage, oder?)
Es muss wohl eher heißen: wie war der Ablauf?
Liebe Freunde der hartnäckigen Zahlungsverweigerung,
ich war heute vormittag am Verwaltungsgericht Gießen. Dort fanden insgesamt drei Verhandlungen hintereinander in Bezug auf verwaltungsrechtliche Aspekte des Rundfunkbeitrages im privaten Bereich statt.
Ich möchte vorausschicken, dass sich die Kläger im Rahmen ihrer Möglichkeiten gut gewehrt haben. Darüber hinaus möchte ich anmerken, dass sich etwa 15 Personen im Auditorium befanden. Hieran sieht man meiner Ansicht nach, dass keineswegs Desinteresse an dem Thema "Rundfunkbeitrag" in der Bevölkerung herrscht.
Die Verwaltungsstreitsachen wurden einem Einzelrichter übertragen. Er führte die Verhandlungen zwischen den Klägern auf der einen und dem Hessischen Rundfunk als Beklagtem auf der anderen Seite.
Selbstverständlich kam in einer der Verhandlungen die Frage nach der finanzverfassungsrechtlichen Qualifikation der Abgabe zur Sprache, da vorgebracht wurde, es handele sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer. Der Kläger verwies diesbezüglich auf die Dissertation von Dr. Anna Terschüren. Der Richter merkte in diesem Zusammenhang an, dass es in der Vergangenheit sehr viele Entscheidungen gegeben hat, die zu dem Ergebnis gelangten, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer handele. Er schloß sich dieser Ansicht an. Ferner verwies er darauf, dass Frau Dr. Terschüren keine Juristin sei und man aus diesem Grund ihre juristische Argumentation nicht als sehr bedeutsam betrachten dürfe.
Obgleich sich die Kläger nach ihren Möglichkeiten zu wehren verstanden, wurde ihre Argumente doch recht schnell verworfen, insbesondere verwies der Richter an vielen Stellen auf die kürzlich ergangene Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes.
An einem Punkt in den Verhandlungen kam die Sprache auf ein Ruhen des Verfahrens, da bereits ein Verfahren vor dem Bundes
verfassungsgericht anhängig sei. Hierzu merkte der Richter an, dass die gerade stattfindende Verhandlung das Verwaltungsrecht beträfe und daher nicht über verfassungsrechtliche Fragen zu entscheiden sei. Ferner berichtete er davon, dass er zweieinhalb Jahre lang "in Karlsruhe war" und über 90 Prozent der Verfassungsbeschwerden abgewiesen werden würden. Leider wurde nicht zur Sprache gebracht, dass derzeit auch ein Verfahren vor dem Bundes
verwaltungsgericht anhängig ist - was meiner Ansicht nach der Frage nach einer Verfahrensruhe eine andere Wendung hätte geben können, da bekanntlich auch in anderen erstinstanzlichen Verfahren die Verfahrensruhe angeordnet wurde.
Der Richter zitierte oft aus anderen Entscheidungen, darunter auch aus der Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen. Obgleich er sein Verständnis dafür äußerte, dass die Kläger den Rundfunkbeitrag als ungerecht empfinden, zog er sich auf gerichtlich geprägten Mainstreamargumente zurück. An dieser Stelle hat es mich geärgert, dass die Kläger hiergegen nicht argumentieren konnten, obgleich eine substantiierte Gegenrede möglich gewesen wäre, denn es ist durchaus im Auditorium aufgefallen, dass es hier und da doch argumentative Unsicherheiten bzw. Schwachpunkte auf Seiten des Richters gab. Diese hätten die Kläger mit weiterer Argumentation ausnutzen müssen. Dann wäre mit Sicherheit ein spannender Schlagabtausch entstanden.
Insgesamt fand ich es bedauerlich, dass kein wirklich eingehender juristischer Schlagabtausch zu keinem einzigen Aspekt stattgefunden hat, sondern die Streitpunkte nur oberflächlich abgehandelt wurden. Was ich aus den heutigen Verhandlungen mitnehme ist:
- Der Protest gegen den Rundfunkbeitrag wächst.
- Die Kläger haben sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gut gewehrt.
- Ich fand es toll, dass die Kläger ein gut gefülltes Auditorium im Rücken hatten. Die Kläger wussten den moralischen Beistand zu schätzen.
- Der Beklagtenvertreter des Hessischen Rundfunks hätte von Seiten der Kläger weitaus mehr in die Erörterung des Sach- und Rechtsstandes eingebunden werden müssen. Er machte auf mich einen eher schmächtigen Eindruck, sowohl was die körperliche Statur als auch den mündlichen Sachvortrag anging, wenn er sich dann mal zu Wort gemeldet hat.
- Protest zu zeigen, indem man gegen den Rundfunkbeitrag klagt, ist meiner Ansicht nach ein sinnvolles Mittel. Jedoch sei jedem geraten, gute Argumente zum richtigen Zeitpunkt hervorzubringen, um wirklich Paroli bieten zu können, denn es ist für jeden ein unangenehmes Gefühl, vor Gericht ohne Gegenargumente zu stehen. Die Argumente der Gerichte und der Rundfunkanstalten kennen wir - und das ist unser Vorteil. Wir müssen diese Argumente angreifen, um sowohl die beklagte Rundfunkanstalt als auch die Gerichte in argumentative Bedrängnis zu bringen.
Soweit mein Situationsbericht. Die nächste Verhandlung am Verwaltungsgericht Gießen in Sachen "Rundfunkbeitrag im privaten Bereich" findet am 16.12.2015 statt. Sie ist bereits hier im Forum angekündigt worden. Ich habe die gute Hoffnung, dass zu diesem Termin ähnlich viele Zuschauer erscheinen werden wie heute.