Das Urteil des VG Neustadt/Weinstraße ist sicherlich begrüßenswert. Darüber hinaus kann man Herrn Bölck zu diesem Erfolg gratulieren.
Allerdings scheint auch das VG Neustadt/Weinstraße vom Abschreibe-Virus infiziert zu sein, denn es schreibt:
Hingegen wären die irrtümliche Verwendung der früheren Bezeichnung "Rundfunkgebühren" in den Forderungsaufstellungen ebenso wie die falsche Gläubigerbezeichnung in der Anordnung vom 5. Mai 2015 - "Beitragsservice" statt "SWR" - für sich alleine unschädlich, sofern auf die konkret zu vollstreckenden Beitragsbescheide hingewiesen wird, aus denen sich hinreichend klar ergibt, dass sie durch die Rundfunkanstalt selbst erlassen wurden, für die nach § 10 Absatz 7 Satz 1 RBStV der nicht rechtsfähige Beitragsservice als rechtlicher Bestandteil der jeweiligen Rundfunkanstalt tätig wird (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 22. Mai 2013, 27 L 64.13; VG Gießen, Urteil vom 10. Dezember 2014, 5 K 237/14.GI, juris Rn. 15).
Das VG Berlin argumentiert im Beschluss v. 22.05.2013, Az. 27 L 64.13, der „Beitragsservice“ sei „Teil der Rundfunkanstalt“, weil „die Arbeitsverträge mit den Mitarbeitern des Beitragsservices zwischen diesen und allen die Gemeinschaftseinrichtung tragenden Rundfunkanstalten geschlossen“ sein würden und es „nicht notwendig sei, jeder Rundfunkanstalt jeweils andere Mitarbeiter zuzuordnen“. Dass die Arbeitsverträge mit sämtlichen Anstalten geschlossen werden, ist eine heute überholte Praxis, die auf eine bereits seit 2001 überholte Rechtsauffassung zurückgeht. In seiner Grundsatzentscheidung v. 29.11.2011 entschied der BGH, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) rechtsfähig ist, soweit es sich dabei um eine Außen-GbR handelt. Die sog. „individualistische“ Theorie, nach der eine GbR nicht rechtsfähig sein kann, sondern nur die hinter ihr stehenden Gesellschafter, wurde mit diesem Zeitpunkt durch die kollektivistische Theorie verdrängt, nach der eine Außen-GbR als Träger von Rechten und Pflichten anerkannt wurde. Das Pendant der GbR auf dem Gebiet des Privatrechts ist der Zweckverband auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Während eine GbR ein Zusammenschluss mehrerer (juristischer oder natürlicher) Personen mit einem gemeinsamen Zweck auf dem Gebiet des Privatrechts ist, ist der Zweckverband ein Zusammenschluss mehrerer juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit einem gemeinsamen Zweck auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Die Rechtsprechung des BGH zur Rechtsfähigkeit der GbR kann daher durchaus auf die Rechtsfähigkeit des (hier nicht-rechtsfähigen) Zweckverbandes übertragen werden. Dass die Arbeitsverträge der Mitarbeiter des „Beitragsservice“ mit allen Rundfunkanstalten abgeschlossen wurden/werden, sagt daher nichts darüber aus, dass die Mitarbeiter des „Beitragsservice“ Angestellte jeder einzelnen Rundfunkanstalten sind. Die Mitarbeiter des „Beitragsservice“ sind gegenüber der Geschäftsführung des „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ weisungsgebunden. Es muss ansonsten die Frage gestellt werden, welche Aufgaben die Geschäftsführung des „Beitragsservice“ erfüllt, wenn die elementare Aufgabe der Erteilung von Weisungen an die Mitarbeiter der Belegschaft nicht hierzu gehört. Mit anderen Worten: Die Ausführung des operativen Geschäftsbetriebs ist die originäre Aufgabe einer jeden Geschäftsführung, hierzu gehört die Weisungserteilung an die Mitarbeiter der Belegschaft. Das Handeln der Mitarbeiter des „Beitragsservice“ ist dem „Beitragsservice“ selbst und nicht den jeweiligen Rundfunkanstalten zuzuordnen. Ansonsten würde es keinerlei Sinn ergeben, davon zu sprechen, die jeweilige Rundfunkanstalt würde „durch den Beitragsservice“ handeln (vgl. §10 Absatz 7 Satz 1 RBStV). Im Ergebnis kann aus der Argumentation des VG Berlin, dass die Mitarbeiter des „Beitragsservice“ mit sämtlichen Rundfunkanstalten Arbeitsverträge abgeschlossen hätten, nicht hergeleitet werden, der „Beitragsservice“ sei ein „Teil der Rundfunkanstalt“ oder ein „rechtlicher Bestandteil der jeweiligen Rundfunkanstalt“.
Der "Beitragsservice" ist weder eine innerbehördliche Organisationseinheit einer bestimmten Rundfunkanstalt noch ein Eigenbetrieb einer bestimmten Rundfunkanstalt noch ein Eigenorgan einer bestimmten Rundfunkanstalt. Der Beitragsservice ist organisationsrechtlich ein Zweckverband und verwaltungsrechtlich eine eigenständige Behörde.