Es macht wahrscheinlich wenig Sinn, wenn wir versuchen uns auf eine konkrete Zahl dafür zu einigen, wie viele regionale Programme angemessen sind. Denn egal was im direkten Kontakt zwischen uns herauskommt, wird es immer Menschen geben, die mit guten oder weniger guten Argumenten zu einer anderen Anzahl von ö-r Programmen kommen, die ihrer Meinung nach nötig sind.
Netter Versuch, aber wir sollten bei der Diskussion von der jetzigen Situation ausgehen. Diese sieht heute so aus, dass wir zu viele Fernseh- und Radioprogramme haben; eine Überversorgung eben. Eure Argumentation lasse ich nicht gelten, denn egal welche Zahl bei einer Verschlankung nun rauskäme, die wäre besser als das heutige Überangebot, welches in großen Teilen aus noch sehr schlecht ist. Letzteres nur am Rande.
Immer vor Augen halten, dass der Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen die GRUNDVERSORGUNG ist.
Aber das soll natürlich keine Abwertung der Ansicht sein, dass es eine "Überversorgung" an regionalen Programmen gibt! Wir haben die Kritik durchaus gehört und verstanden und umgekehrt versucht, unseren Standpunkt für die vielfältigen regionalen Programme darzulegen und zu zeigen, dass wir in der ARD schon an vielen Stellen gemeinsame Projekte umsetzen, so dass keine unnötige doppelte Arbeit gemacht wird.
Wenn es eine Überversorgung an regionalen Programmen gibt, dann muss man sie eben abschaffen. Aber Ihr könnt nicht so argumentieren, dass die Überversorgung dadurch gemindert wird, dass man gemeinsame Ressourcen nutzt. Das erwartet man sowieso und es geschieht viel zu selten. Überversorgung bleibt eben Überversorgung und wenn es zu viele Sender gibt, dann muss man schauen, das es weniger werden.
Wir kennen natürlich auch den Kritikpunkt, dass in den ö-r Programmen Unterhaltung überhaupt eine Rolle spielt. Allerdings bedeutet "Grundversorgung" eben auch Unterhaltung, also nicht nur Information, Bildung und Beratung. Das hat übrigens auch das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung bestätigt.
Wo kann ich mehr über diese Rechtsprechung verbindlich erfahren?
Wem dieses Argument zu formal, zu juristisch oder beides ist, kann vielleicht mit diesem Gedanken mehr anfangen: Grundversorgung bedeutet, dass wir solche Programme anbieten müssen, mit denen wir möglichst viele Menschen erreichen - Mehrheiten und Minderheiten. Es bedeutet aber nicht, dass jede Sendung allen Leuten gefallen muss (wäre wohl auch ziemlich unmöglich...), sondern dass wir insgesamt Angebote haben, bei denen für jeden etwas dabei ist.
Ein hohes Ziel, welches sich gut liest. Trotzdem dürft Ihr nicht vergessen, dass Euer Auftrag lediglich die Grundversorgung ist. Dieser Auftrag wurde zu einer Zeit erteilt, in der es noch keine Privaten gab. Die Zeiten haben sich allerdings geändert und reine Unterhaltung gibt es heute frei empfangbar bei den Privaten und im Internet. Abgesehen davon und gerade im Unterhaltungsbereich, gibt es bei den Öffentlich-Rechtlichen ein zu großes und qualitativmäßig schlechtes Angebot.
So hat dann jeder selbst die Wahl, ob er oder sie lieber einen Kulturbeitrag, den Tatort, die Nachrichten oder ein Polit-Magazin sieht. Oder eben eine Vorabend-Serie.
Stelle alles nicht in Frage. Dafür muss man aber nicht gleich ein Arsenal an Unterhaltungssendungen in 23 Programmen präsentieren. Der Tag hat 24 Stunden und die Woche 7 Tage. Da ist Raum genug für Kultur, Information, Sport und ein WENIG Unterhaltung. Für den Rest sorgen die Privaten.
Wir erfüllen unseren Auftrag zur Grundversorgung aber ganz sicher nicht bzw. nur schlecht, wenn wir nur elitäres Bildungs- und Kulturprogramm anbieten und damit eine Art "Fern-Volkshochschule" sind. Gute Information und verlässliche Nachrichten sowie Verbraucher- und Ratgebersendungen sind wichtig, schließen aber die Unterhaltung nicht aus.
Da hat sich jemand wirklich gute Gedanken gemacht, nur die angeblichen Vorteile und Highlights schön vorzustellen und die groteske Anzahl an Programmen unter den Teppich zu kehren.
Mit einem oder maximal zwei Fernsehprogrammen (und kein einziges mehr), lässt sich alles bewältigen. Wie wäre es mit einer (schlankeren) ARD und einem ZDF und alle anderen wie Arte, Phönix, Spartenkanäle und die Regionalen ersatzlos abschaffen? Keiner kann behaupten, dass alle diese „systemrelevant“ sind.
Außerdem ist Unterhaltung an sich ja auch nichts Schlimmes oder Verwerfliches, sondern kann sogar dazu führen, dass man sich über aktuelle Themen Gedanken macht, die auch in den Nachrichten vorkommen und in unserer Gesellschaft eine Rolle spielen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Tatort. Das ist eindeutig Unterhaltung, aber in den einzelnen Folgen werden häufig Themen aufgegriffen, die gerade aktuell sind und in der allgemeinen Diskussion stehen. Der SWR hat z.B. einen Tatort gebracht, der sich mit dem Thema "Ehrenmorde" beschäftigt hat. Das ist natürlich ein total schwieriges Thema und deshalb gab es rund um die Ausstrahlung auch die Möglichkeit, sich über ein swr-Forum auszutauschen und zu diskutieren.
Steht nicht zur Diskussion. Der Tatort kann ruhig in der ARD laufen und ganz Deutschland kann ihn empfangen. Das rechtfertigt aber in keinster Weise die Programmvielfalt und die dafür notwendigen 7,2 Milliarden im Jahr. Die wären in echter Bildung besser angelegt.
Auf diese Art haben sich vielleicht Menschen mit diesem Problem beschäftigt, die am reinen Nachrichten-Schauen gar kein großes Interesse haben, sondern sich bewusst auf Filme beschränken. Die hätten wir über die Nachrichten also von vorne herein gar nicht erreicht. Aber weil der Tatort eine ziemlich beliebte Serie ist, haben wir hier auch eine Chance, Menschen zum Diskutieren und Nachdenken anzuregen und das ist sicher eine der Aufgabe, die in unserem Grundversorgungsauftrag enthalten ist.
Ich werde nicht müde, immer das gleiche zu wiederholen: Ein bzw. maximal zwei Programme sind für eine GRUNDVERSORGUNG vollkommen ausreichend. Und da ist Platz mehr als genug für den Tatort, die Nachrichten, mehrere Ratgeber, Filme, Lindenstraße, Marienhof, Sturm der Liebe usw. Die Bevölkerung wäre damit grundversorgt.
Hier wird versucht, mit schönen Formulierungen, aber an der heutigen Realität vorbei, ein Dinosaurier zu rechtfertigen, der eigentlich keinen Platz mehr in der modernen Zeit hat. Wir leben in einer Informationsgesellschafft, in der Information allgegenwertig und immer griffbereit ist. Wir haben heute viele Privaten und das Internet. Warum müssen wir dann für zusätzlich 23 Fernseh- und 69 Radiosender Monat für Monat bezahlen, wenn man von diesem Angebot gar nicht Gebrauch machen möchte und nicht einmal von uns bestellt wurde?
Wie wäre es bei einem schlanken System, welche vielleicht nur ein Zehntel kostet? Dann hätten wir jährlich über 6 Milliarden übrig, die z. B. in Bildung investiert werden könnten. Das wäre ein schöner Auftrag.