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Autor Thema: Nebenwohnung und Versagung einer rückwirkenden Befreiung?  (Gelesen 804 mal)

K
  • Beiträge: 2.246
Ein Freund des Hauses schildert so etwas gehört zu haben:
Zitat
Person X hat auf Anfrage des Beitragsservices im Februar 2023 die Nebenwohnung rückwirkend zum 01.01.2022 anmelden müssen.
Der gleichzeitige Antrag auf Befreiung gilt aber erst ab dem Antragsmonat (Februar 2023).
Die Nebenwohnung ist befreit, da Paar XY bei dem Hauptwohnsitz Gebühren zahlen.
Ist es rechtes, dass die Befreiung erst ab Februar 2023 gilt und Paar XY für das Jahr 2022 komplett alles nachzahlen darf, obwohl da die Voraussetzungen nachweislich schon seit 01.01.2022 vorlagen?
Oder lohnt sich ein Widerspruch? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
Die Bestätigung der Stadt, dass Paar XY ab 1.1.2022 keine Nebenwohnsitzsteuer zahlen hatte Person X dem Antrag beigelegt.


Es findet sich zu "rückwirkender Befeiung":


Soziale oder gesundheitliche Gründe:

Möglichkeit der rück­wirkenden Befreiung oder Ermäßigung für bis zu drei Jahre
https://www.rundfunkbeitrag.de/presse_und_aktuelles/hinweise/19_rundfunkaenderungsstaatsvertrag_tritt_am_112017_in_kraft/index_ger.html#collapsee4819
Zitat
Neuerung:
Die Ermäßigung und die Befreiung vom Rund­funk­beitrag für Bürgerinnen und Bürger ist rückwirkend für bis zu drei Jahre möglich.
Seit der Neuregelung gilt: Erbringen Bürgerinnen und Bürger den Nachweis, dass die Befreiungs- oder Ermäßigungs­voraussetzungen bereits vor der Antrag­stellung vorlagen, ist eine Befreiung oder Ermäßigung rück­wirkend bis zu drei Jahren ab der Antrag­stellung möglich.
Bisherige Regelung:
Bisher war eine Befreiung ab dem Leistungsbeginn möglich, falls die Antragstellung innerhalb von zwei Monaten nach Erstellung des Bescheids erfolgte.
Vorteil:
Diese Neuregelung stellt eine erhebliche Verfahrensvereinfachung für Beitragszahler dar, die die Voraussetzung erfüllen, und minimiert den Verwaltungsaufwand auf Seiten des Antragstellers sowie des Beitragsservice.

Innehaben einer Nebenwohnung:

Auf welcher Grundlage können sich Inhaber von Nebenwohnungen von der Rundfunkbeitragspflicht befreien lassen?
https://www.rundfunkbeitrag.de/presse_und_aktuelles/hinweise/aenderungen_im_befreiungsverfahren_fuer_inhaber_von_nebenwohnungen/index_ger.html?highlight=r%C3%BCckwirkend%20be%C2%ADfreiung%20befreiung
Zitat
Der Befreiungsantrag ist binnen drei Monaten nach Vorliegen der Befreiungs­voraussetzungen, also etwa dem Einzug in eine Nebenwohnung, beim Beitragsservice zu stellen. Wird der Antrag später gestellt, erfolgt die Befreiung nicht ab dem Monat des Einzugs, sondern erst ab dem Monat der Antragstellung. Eine rückwirkende Be­freiung ist nicht länger vorgesehen.
[..]
Mit dem geänderten Befreiungsverfahren für Inhaber von Nebenwohnungen trägt der Beitragsservice dem 23. Rund­funk­änderungsstaatsvertrag Rechnung. Diesen haben die Regierungschefs der Länder Ende Oktober unterzeichnet. Damit reagieren sie auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018. Darin hatte das Gericht unter anderem festgelegt, dass Inhaber von Nebenwohnungen den Rundfunkbeitrag nicht doppelt zahlen müssen und eine gesetzliche Neuregelung gefordert.

Ist das o. a. Verfahren tatsächlich im Sinne dieser beiden Entscheidungen des BVerfG bzw. des BVerwG?

BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 -, Rn. 1-157,
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html

BVerwG 6 C 6.21 - Urteil vom 25. Januar 2023
https://www.bverwg.de/de/pm/2023/6
Vorläufig nur Pressemeldung, Volltext noch ausstehend - siehe u.a. auch unter
BVerwG Pressemitteilung 25.01.2023 - Befreiung f. Zweitwohnungen gem. BVerfG (03/2023)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37060.0



Nach hiesiger Meinung: Nein.

Es gibt Fallkonstellationen mit rückwirkender Befreiungsmöglichkeit (soziale/ gesundheitliche Fälle).
Im Fall der Nebenwohnung wird eine rückwirkende Befreiungsmöglichkeit abgelehnt und somit wird in solchen Fällen "doppelt zur Kasse gebeten".

Gibt es dazu Meinungen, Vorgehensvorschläge die Kurt an den Freund des Hauses zur Weitergabe an Person X geben darf?


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 15. März 2023, 23:44 von Bürger«
"Deutschland, unendlich viele (ok: 16) Bundesländer. Wir schreiben das Jahr 2024. Dies sind die Abenteuer abertausender ÖRR-Nichtnutzer, die sich seit nunmehr 11 Jahren nach Beitragseinführung immer noch gezwungen sehen Gesetzestexte, Urteile usw. zu durchforsten, zu klagen, um die Verfassungswidrigkeit u. die Beitragsungerechtigkeit zu beweisen. Viele Lichtjahre von jeglichem gesunden Menschenverstand entfernt müssen sie sich Urteilen unterwerfen an die nie zuvor je ein Mensch geglaubt hätte."

  • Moderator
  • Beiträge: 11.744
  • ZahlungsVERWEIGERER. GrundrechtsVERTEIDIGER.
    • Protest + Widerstand gegen ARD, ZDF, GEZ, KEF, ÖRR, Rundfunkgebühren, Rundfunkbeitrag, Rundfunkstaatsvertrag:
Fixe Ideen/ Gedanken ohne "Tiefenprüfung":

Möglich wäre ggf. ein Antrag auf Rückerstattung "ohne Rechtsgrund bezahlter Beträge" gem.
§ 10 Abs. 3 RBStV - Beitragsgläubiger, Schickschuld, Erstattung, Vollstreckung
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/RBeitrStV-10
Zitat von: § 10 Abs. 3 RBStV - Beitragsgläubiger, Schickschuld, Erstattung, Vollstreckung
(3) 1Soweit ein Rundfunkbeitrag ohne rechtlichen Grund entrichtet wurde, kann derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, von der durch die Zahlung bereicherten Landesrundfunkanstalt die Erstattung des entrichteten Betrages fordern. 2Er trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast. 3Der Erstattungsanspruch verjährt nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die regelmäßige Verjährung.

Eine vorläufige Zahlung von rückzuerstattenden "Beiträgen ohne Rechtsgrund" könnte ggf. als "prozessökonomisch widersinnig" und der Ausschluss einer rückwirkenden Befreiung ggf. auch als gleichbehandlungswidrig(?) bzgl. anderer rückwirkender Befreiungen erachtet werden?

Der "Rechtsgedanke" der "Zweitwohnungsbefreiung" ist ja, dass man "nicht mit mehr als einem Beitrag" belastet wird.
Diesem "Rechtsgedanken" würde ja die Verweigerung einer "rückwirkenden Befreiung" entgegenstehen bzw. würde dieser "Rechtsgedanke" durch eine solche Versagung unterlaufen - zum einseitigen Vorteil der "Rundfunkanstalt".

Daher könnte (sollte?) man ggf. durchaus den Anfangsverdacht(?) einer möglichen strafrechtlich relevanten Gebührenüberhebung anklingen lassen...?
§ 352 StGB - Gebührenüberhebung
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__352.html
Zitat von: § 352 StGB - Gebührenüberhebung
(1) Ein Amtsträger, Anwalt oder sonstiger Rechtsbeistand, welcher Gebühren oder andere Vergütungen für amtliche Verrichtungen zu seinem Vorteil zu erheben hat, wird, wenn er Gebühren oder Vergütungen erhebt, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrag schuldet, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.

...und sich auch ausdrücklich die Prüfung und - ggf. mit anwaltlicher Unterstützung - auch Durchsetzung entsprechender Schadensersatzforderungen für materielle und immaterielle Schäden vorbehalten?

Es stellt sich vielleicht die (vertiefende) Frage, ob für eine Nebenwohnung tatsächlich eine "Befreiung" erforderlich nötig ist oder überhaupt sein darf - oder ob nicht stattdessen für eine Nebenwohnung ggf. schon "dem Grunde nach keine Beitragspflicht" besteht... (weshalb es dann auch keiner "Befreiung" bedürfte)?

Schließlich ist der "beitragsrechtfertigende Vorteil" ja bereits mit der Beitragszahlung für die Hauptwohnung abgegolten.
Ein darüber hinausgehender(!) "beitragsrechtfertigender Vorteil" für eine Nebenwohnung existiert ja der Sichtweise des BVerfG nach schon gar nicht.
Siehe dazu u.a. auch unter
"rundfunkbeitrags-rechtfertigender individ. Vorteil" gem. BVerfG 18.07.2018
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36340.0


Persönliche Nebenbemerkung: Diese verwaltungspraktisch-verwaltungsvervielfachend-verfahrensökonomisch-datenschutzrechtlich-irrsinnige "Anknüpfung an die Wohnung" ist der größte Bockmist überhaupt. Einfach unglaublich, wer diese Perfidität ausgeheckt hat - und welche Gerichte das bis hin zum BVerfG bislang(?) mitgetragen und somit mitverantwortet haben... arrrggghhh >:(
Aber bitte keine Neben-Kommentare zu dieser Nebenbemerkung... ::) - siehe u.a. unter
Die Wohnung - Wurzel allen Übels
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=18174.0


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G
  • Beiträge: 326
Ich halte die Bestimmung, dass eine rückwirkende Befreiung der Nebenwohnung nicht möglich sein soll, für verfassungswidrig.

Voraussetzung der Befreiung von Person ! ist ja nach der staatsvertraglichen Neuregelung, dass A für die Hauptwohnung zahlt und beim Beitragsservice als Zahler der Hauptwohnung registriert ist. Diese Voraussetzung kann aber durchaus rückwirkend vorliegen:

Es ist denkbar, dass zunächst ein Mitbewohner M beim Beitragsservice für die Hauptwohnung gemeldet ist. Nachdem dieser nicht zahlt und Vollstreckungsversuche erfolglos bleiben, wird M vom Beitragsservice abgemeldet und A rückwirkend angemeldet.  Das geht ja für mindestens 3 Jahre rückwirkend. Dann müsste Person A nicht nur für die  Nebenwohnung zahlen (was er bisher schon mangels Befreiung gemacht hat), sondern auch für die Hauptwohnung.

Ein rechtzweitig gestellter Antrag auf Befreiung für die Nebenwohnung wäre ja abgelehnt worden, weil zu diesem Zeitpunkt noch M für die Hauptwohnung angemeldet war.

Das ist natürlich eine Konstellation, die im Ausgangsfall nicht vorliegt. Ob man damit vor Gericht durchkommt, erscheint sehr unklar, Dann müsste man das Gericht (bis zum BVerfG) davon überzeugen, dass die Neuregelung aus abstrakten Gründen verfassungswidrig ist, auch wenn sich die Verfassungswidrigkeit im konkreten Fall nicht erkennbar ist.

Im konkreten Fall kann man Person A ja vorwerfen, dass er es unterlassen hat, seine Nebenwohnung unverzüglich anzumelden und die Befreiung rechtzeitig zu beantragen, was dann auch zur Befreiung geführt hätte.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 16. März 2023, 11:43 von Bürger«

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  • Sparquote 2013...2025: 13x(~210)=~2700€
 @Gesamtschuldner : Ja. Ist in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig.

Wer hat die Kompetenz, das durchzuboxen?
Rechtsanwalt genügt nicht gegen Politik- und Justizskandal.

Wer ist gewillt, wegen 200 Euro das Durchboxen zu finanzieren?
(So etwas nennt man unter Juristen eine "Kopfsache", wenn man siegen will gegen Unrecht, obgleich es rein finanziell nicht lohnt.)

Meinte mal jemand:
"Auf diese Problematik spekulieren die Gesetzesfabrikanten einer koordinierenden Staatskanzlei. Recht zu brechen ist nicht eine Panne, sondern ist der Plan. Bringt Geld, bringt Macht, bringt Bedarf von Juristen-Jobs. Recht zu brechen als Kampfsport, nicht Panne."

Über diese Meinung kann man streiten. Sei nicht als adoptiert erklärt.
Aber jedenfalls: Dem hat ein redliches Bürger-Forum nichts entgegenzusetzen.



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"Glücklich das Land, das Rechtsstaatsverteidiger hat. Traurig das Land, das sie nötig hat."   (Pedro Rosso)
Deine Worte weht der Wind ins Nirwana des ewigen Vergessens. Willst du die Welt wandeln, so musst du handeln. Um Böses abzuschaffen, Paragrafen sind deine Waffen.

 
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