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Autor Thema: "Funk" - Hand Drauf. Das Gehörlosenprogramm das keines ist.  (Gelesen 1641 mal)

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Ich interessiere mich immer wieder dafür, wenn der ÖRR versucht, etwas für Gehörlose auf die Beine zu stellen. Heute ist mir der Youtube Trailer von "Hand Drauf" zugeflogen.
HAND DRAUF - Der Kanal für die Deaf Community
https://www.youtube.com/watch?v=ztHAPkg5XmI

Dort wird der Kanal damit beworben, dass es jeden Tag ein Video für Gehörlose geben soll. Ich habe nun nicht überprüft, ob das wirklich jeden Tag passiert, jedoch ist festzustellen, dass es sich um bereits bei Funk veröffentlichte Videos anderer Kanäle handelt, denen eine Gebärdensprachendolmetscherin bildlich angefügt wurde - also etwas, was man bei jedem Video sowieso schon bei der Erstproduktion machen könnte. Dies nun als "Extrakanal für die Deaf Community" zu deklarieren (Dabei wird wohl auch ein volles Budget für einen eigenständigen Kanal anfallen) und zu verkaufen ist einfach falsch.

Beim Trailer selbst sind mir 2 Sachen aufgefallen: Erstmal die Hintergrundmusik und dann die wohlwollenden Kommentare. Die Musik soll positive Stimmung verbreiten. Aber bei wem? Das erkennt man an den Kommentaren aufYoutube: Alle 21 Kommentatoren sind positiv angetan von dem Vorhaben. Allerdings befindet sich in der überschaubaren Anzahl nicht ein Gehörloser, wenn man die Kommentare danach auswertet. Die Gebärdensprachdolmetscherin hat über das volle Video einen gleichbleibend freundlichen Gesichtsausdruck, was wohl dazu dienen soll, als "Wohlfühlprogramm" angesehen zu werden. Würde man den Trailer senden, wie er von Gehörlosen empfangen wird, so versteht ein Hörender erstmal keinen Pieps und würde dementsprechend auch zurückhaltend mit Positivkommentaren sein. Das Programm ist ein typisches Produkt aus dem Bereich des "Critical Hearness", bei dem die hörende Welt als "Das Normale" angesehen wird, die den "Behinderten" nahegebracht werden muss. Dabei wird auch noch vorausgesetzt, dass Gehörlose sich für Programme interessieren, egal wie unwichtig sie sind, nur weil ihnen dort ein Stückchen "Beteiligung" zugeworfen wird. Und: gibt es nicht auch Nicht-Jugendliche Gehörlose? Ach, ich vergaß: Für die linear orientierten gibt es ja "Sehen statt hören" einmal die Woche, das "Wochenmagazin"!

Gehörlose leben in einer selbstständigen kulturellen Umgebung, sagt auch der deutsche Gehörlosen-Bund. Faszinierende kulturelle  Nischen wie Gehörlosentheater sollten eher gefördert werden und der Mehrheit der Hörenden nahegebracht werden, nicht andersrum, das altbackene System der "Wir helfen Behinderten weils sonst keiner macht" aufrechtzuerhalten. Einfach mal die Gehörlosen selber machen lassen. Gerade visuelle Medien fordern dazu heraus.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 08. Oktober 2019, 01:28 von Bürger«
„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

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...und ich halte diese Kommentare (sind ja nur ca. 10 Originale, die anderen ca. 11 sind Antworten von der "Rundfunkseite" (F. Kirchhof) auf diese Originale) rein von der Stilistik her schon für bestellte Kommentare. Da hat jemand mal kurz in eine Sozialpädagogencommunitiy reingepostet, damit die dann ganz begeisterte Texte schreiben.

Dass selbst bei diesem Video Hintergrundmusik eingespielt wird, finde ich allerdings recht befremdlich. Damit wird dem interessierten Gehörlosen gleich mit signalisiert: "Hey, Du kriegst auch hier nicht alles mit, was wir hier präsentieren." -  und damit doch noch eine lange Nase gemacht. Kann mir gut vorstellen, dass bei funkens darüber keiner nachgedacht hat.

Und Videos für Gehörlose gibt es schon längst, natürlich! "Schön", dass der allmächtige deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk so schnell jetzt draufgekommen ist, während Millionen Euros in die Taschen besinnungsloser Intendanten fließen...


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  • Moderator
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Eine etwas verärgerte Anfrage über "Frag den Staat" ging soeben an den WDR raus.
https://fragdenstaat.de/a/168066

Zitat
Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte senden Sie mir Folgendes zu:
ich interessiere mich immer, wenn Medien in Deutschland versuchen, etwas für Gehörlose auf die Beine zu stellen. Allerdings wird dabei vom ÖRR immer kläglich versagt, weil nicht verstanden wird, dass Gehörlose eine eigene Kultur bilden. Der ÖRR in Deutschland versucht den "Behinderten" zu helfen, die hörende Welt zu verstehen. Die Krönung des Unverständnisses ist es nun, dass der Trailer des neuen Funk-Programms für Gehörlose mit positiv stimmender Musik unterlegt ist.
https://www.youtube.com/watch?v=ztHAPkg5XmI
Hier wird überdeutlich, dass das Programm nur eine Alibi-Funktion hat, denn nur Hörende können diese positive Stimmung aufnehmen. Im Grunde ist das Programm von Hörenden für Hörende gemacht, damit diese die "Bemühungen" - hier des WDR - "Behinderte zu integrieren", erkennen und die "Wichtigkeit" des zwangsfinanzierten Rundfunks zu erkennen glauben.

Meine Frage: Welch anderer Grund könnte sonst auf einem Gehörlosenportal die Hintergrundmusik haben als den, damit den Hörenden beim Zukucken nicht zu langweilig wird? Für die Zielgruppe wird es dadurch jedenfalls nicht "vollständiger"

Es gibt Gehörlosentheater, MASSENWEISE Gehörlosenvideos auf Youtube von Gehörlosen für Gehörlose und auch von Gehörlosen für Hörende. WARUM REITET DER WDR AUF DER ÜBERHOLTEN "WIR MÜSSEN DEN BEHINDERTEN IRGENDWIE DIE HÖRENDE WELT NAHEBRINGEN" Schiene herum? Reicht es finanziell nur für eine Gebärdendolmetscherin beim teuersten ÖRR der Welt?

Der öffentlich rechtliche Rundfunk scheint nur nicht keine Ahnung davon zu haben, was Gehörlose interessiert, er vermittelt sogar auch ständig Rückschläge für die inzwischen deutlich vorhandene und akzeptierte Kultur der Gehörlosen. Gebärdensprache ist kultureller Ausdruck, nicht "Übersetzung von "Hören" in "Nichthören"! Das wird aber permanent im ÖRR propagiert.

Ich bin in den späten Nachkriegsjahren mit einer gehörlosen Schwester aufgewachsen und habe die Problembewältigungsversuche der Zeit mit dem 3. Reich in Bezug auf "Behinderte" voll mitbekommen. So richtig hat das in Deutschland nie geklappt. In anderen Ländern hat sich die Gehörlosenkultur durch freie Medien und Unvoreingenommenheiten deutlich schneller entwickelt als hier in D. Ich halte den ÖRR hier als Bremsfaktor für mitschuldig.  Ich freue mich, dass es jetzt ein einigermaßen freies Internet gibt, in dem jeder Mensch sich in seinem eigenen "Normalsein" darstellen kann. So auch Gehörlose. Und zwar nicht als Passive sondern aktive Menschen mit gerade für Hörende meist faszinierenden Ideen. Der ÖRR in Deutschland ist da irgendwo in der 60er-Jahre-Problematik der "möglichst unauffälligen Integration Gehörloser in die hörende Welt steckengeblieben. Ich bitte um Verständnis, wenn mein Vortrag nicht sehr freundlich klingt und erwarte Ihre öffentliche Stellungnahme.


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„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

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Ich verfolge nun seit Jahren die "Bemühungen" des ÖRR, ein Gehörlosenprogramm zu etablieren. Es fing bei "Funk" mit "Hand drauf an" , wurde dann ziemlich schnell wieder dichtgemacht und nun auf Instagram umgestiegen.
Schon damals habe ich beim WDR bemängelt, dass die Moderatorin Iris Meinhardt eventuell "bis an gehörlosigkeit grenzend" schwerhörig sei, sie ist aber keinesfalls "von Geburt an gehörlos", wie behauptet. Ein Podcast des Stadtradio Nürnberg wies das nach, sogar der Moderator spricht dort davon, dass sie schwerhörig sei. Hört man ihre Stimme dann, merkt, so glaube ich jeder Hörende, dass sie nicht von Geburt an gehörlos sein kann. Da ich - mit einer von Geburt an gehörlosen Schwester aufgewachsen - das nach  eindeutigen Kriterien weiss, war das schon bei "Funk" glatt gelogen. Das Gemeine daran ist, dass die Zielgruppe - die Gehörlosen- das nicht nachvollziehen können, da der Schmu ja nur am Klang der Stimme zu erkennen ist. Der genannte Podcast
https://www.br.de/stadtradio-nuernberg/rubriken/interview-gaeberden-dolmetscher-100.html
wurde gelöscht. Die Datei wurde allerdings am 05.07.2019 im Webarchiv gespeichert:
https://web.archive.org/web/20190705213926/https://cdn-storage.br.de/MUJIuUOVBwQIbtCCBLzGiLC1uwQoNA4p_AQS/_-0S/_ANg5A8P571S/22c33fb7-0661-43bd-9e7b-80322d2ac6bb_3.mp3
Im Youtube Video zur Re:publica2021 wurde sie als "Iris Meinhardt ist seit ihrer Geburt taub" präsentiert. Fürchterlich für mich ist dort, wie sie (sich) als "Wohlfühl-Gehörlose präsentiert: tonlos, nur mit Gebärdensprache, obwohl sie sogar sehr gut sprechen kann.
Dazu etwas Geschichtliches: Meine gehörlose Schwester, Jahrgang 1959, wurde in dern 60er Jahren in der Schule dahingehend sozialisiert, die Lautsprache so gut wie möglich zu lernen (Was sehr sehr schwierig ist für von Geburt an Gehörlose, insbesondere fehlt bei von Geburt an Gehörlosen IMMER das Heben und senken der Tonlage in der Stimme beim Satzbau, das man nur per Hören lernt.). Diese Erziehung galt für alle schulpflichtigen Gehörlosen. Gebärdensprache war in ihrer Schule VERBOTEN! (Hamburg, Samuel Heinicke Schule) Das was hörende Schulkinder an "Kaspereien" hinter dem Rücken der Lehrer gemacht haben, nämlich sich was zuzuflüstern etc. haben die gehörlosen Kinder damals mit Gebärdensprache gemacht! Wurden sie dabei erwischt, bekamen sie eine Rüge.
Nun war meine Schwester vor einiger Zeit bei einer Behörde in Begleitung eines Gebärdensprachendolmetschers - der sie doch glatt dahingehend bat, die Stimme wegzulassen und stumm zu gebärden. Für meine Schwester war das wie ein Kommunikationsverbot. Sie kann zwar Gebärdensprache, aber die natürliche Kommunikation läuft bei ihr als Sender erziehungsbedingt hauptsächlich über Lautsprache bzw. als Rezipient über Lippenlesen und erst sekundär über Gebärden. Viele Menschen verbinden die tonlose Stimme von Gehörlosen immer noch mit einem geistigen Schaden. Das ist aber verständlicherweise rein lerntechnisch bedingt. Kopf und Körper funktionieren einwandfrei. Wenn das Trommelfell nicht funktioniert ist das kein Gehirnschaden, es ist eine nahezu unüberwindliche Barriere, die Tonlagen und Lautstärke abzugleichen.
Dieses Vorurteil wird mit solchen "cleanen" Gehörlosen wie Frau Meinhardt bestärkt: Gestylt, lächelnd und auf jeden Fall stumm. Alles andere wirkt störend (auf Hörende). Zum Kotzen.
Video Re:publica:
https://www.youtube.com/watch?v=ETVtBOzNo7Q  -Zitat aus dem oben angestellten Text "Zu den beiden Speakerinnen"
Auf dem YouTube Kanal "Funk" präsentierte sich Frau Meinhardt SELBST als von Geburt an gehörlos, der Kanal wurde stillgelegt - ich vermute auch auf meinen Hinweis, dass da was nicht stimmt, der Podcast vom Stadtradio Nürnberg, wo man ihre Stimme hört wurde gelöscht, und auf der neuen Plattform Instagram werden die Gehörlosen schamlos weiter mit den Angaben zu einer der Moderatorinnen in die Irre geführt.
Was mich wundert, ist, dass die "Deutsche Gehörlosen Zeitung" das nicht korrigiert. Seit 3 Jahren steht auf der Seite
https://gehoerlosenzeitung.de/hand-drauf-neuer-youtube-kanal-in-gebaerdensprache/
Zitat
Seit ihrer Geburt gehörlos, setzt sie sich schon länger für die Belange von Gehörlosen in den Medien ein.
https://www1.wdr.de/funk-hand-drauf100.html
Obwohl ich den Deutschen Gehörlosen Bund bat, diese Falschinformation im Interesse der Gehörlosen aufzuklären, bekam ich von dort die Antwort
Zitat
Sie erkundigen sich nach der Moderatorin Iris Meinhardt, die sich als "von Geburt an gehörlos“ bezeichnet und gleichzeitig eine (dem Podcast zufolge) recht gute lautsprachliche Kompetenz hat. Darüber wundern Sie sich, da Sie selbst eine gehörlose Schwester haben und daher Erfahrungen mit Gehörlosigkeit und Lautsprachkompetenzen.
Wir können (und wollen) hier nicht über den Hörstatus und die sprachlichen Kompetenzen von Personen urteilen, verzeihen Sie uns das. Jedoch können wir Ihnen aus unserer Erfahrung sagen, dass so viele Faktoren eine Rolle spielen, wie (laut-)sprachlich kompetent ein „gehörloser/hörgeschädigter“ Mensch ist. Vielleicht ist „von Geburt an“ auch eine Ertaubung mit wenigen Monaten gemeint? Schon das kann einen großen Unterschied machen. Vielleicht ist die Bezeichnung „gehörlos“ eher kulturell gemeint, d.h. sie ist gebärdensprachlich aufgewachsen und hat aber Hörreste? Auch spielt Sprachbegabung oder der (gebärden- und laut-)sprachliche Input im Elternhaus eine Rolle, die technische Versorgung etc. - alles das kann einen Unterschied machen.
Konnten wir Ihnen ein bisschen auf Ihre Frage eingehen? Sonst melden Sie sich gerne noch einmal bei uns!
Freundliche Grüße,
Dr. ...
Assistenz des Präsidiums
Deutscher Gehörlosen-Bund e.V.
Bundesgeschäftstelle
Prenzlauer Allee 180
10405 Berlin



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  • IP logged  »Letzte Änderung: 08. Dezember 2022, 00:44 von seppl«
„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

 
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