Der EuGH bleibt seiner bisherigen Rechtsprechung treu
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
11. November 2021(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Sozialpolitik – Leiharbeit – Richtlinie 2008/104/EG – Art. 1 – Anwendungsbereich – Begriffe ‚öffentliches Unternehmen‘ und ‚Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit‘ – Agenturen der Europäischen Union – Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) als ‚entleihendes Unternehmen‘ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie – Art. 5 Abs. 1 – Grundsatz der Gleichbehandlung – Wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen – Begriff ‚gleicher Arbeitsplatz‘ – Verordnung (EG) Nr. 1922/2006 – Art. 335 AEUV – Grundsatz der Verwaltungsautonomie der Unionsorgane – Art. 336 AEUV – Statut der Beamten der Europäischen Union und Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union“
In der Rechtssache C-948/19https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=249065&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=463569636 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Kontext des Wettbewerbsrechts zum einen den Begriff „Unternehmen“ so definiert hat, dass er jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung umfasst, und zwar unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Urteile vom 18. Juni 1998, Kommission/Italien, C-35/96, EU:C:1998:303, Rn. 36, und vom 6. Mai 2021, Analisi G. Caracciolo, C-142/20, EU:C:2021:368, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zum anderen hat er entschieden, dass eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ jede Tätigkeit ist, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (vgl. Urteile vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner, C-475/99, EU:C:2001:577, Rn. 19, und vom 11. Juni 2020, Kommission und Slowakische Republik/Dôvera zdravotná poist'ov?a, C-262/18 P und C?271/18 P, EU:C:2020:450, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Letztere Erwägung hat der Gerichtshof im Urteil vom 17. November 2016, Betriebsrat der Ruhrlandklinik (C-216/15, EU:C:2016:883), insoweit auf den Kontext der Richtlinie 2008/104 übertragen, als sich aus Rn. 44 dieses Urteils ergibt, dass eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie so zu verstehen ist, dass sie jede Tätigkeit betrifft, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten.
39 Hierzu geht aus der ständigen Rechtsprechung hervor, dass Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse grundsätzlich nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten einzustufen sind. Demgegenüber gelten Dienste als wirtschaftliche Tätigkeiten, die, ohne dass es sich um eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelte, im allgemeinen Interesse und ohne Erwerbszweck im Wettbewerb mit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden, die einen Erwerbszweck verfolgen (Urteil vom 6. September 2011, Scattolon, C-108/10, EU:C:2011:542, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Umstand, dass solche Dienstleistungen gegenüber vergleichbaren Dienstleistungen von Wirtschaftsteilnehmern, die einen Erwerbszeck verfolgen, im Wettbewerb benachteiligt sind, hindert nicht daran, die fraglichen Tätigkeiten als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner, C-475/99, EU:C:2001:577, Rn. 21).
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
18. Juni 1998 (1)
„Vertragsverletzungsklage — Kartell — Festsetzung einer Gebührenordnung — Zollspediteure — Rechtsvorschriften, die die Wirkungen des Kartells verstärken“
In der Rechtssache C-35/96https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=43942&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=465802336.
Nach ständiger Rechtsprechung umfaßt der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Urteile vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-41/90, Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 21, vom 16. November 1995 in der Rechtssache C-244/94, Fédération française des sociétés d'assurances u. a., Slg. 1995, I-4013, Randnr. 14, und vom 11. Dezember 1997 in der Rechtssache C-55/96, Job Centre, Slg. 1997, I-7119, Randnr. 21); eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (Urteil vom 16. Juni 1987 in der Rechtssache 118/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 2599, Randnr. 7).
Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juni 1987.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik.
Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen.
Rechtssache 118/85https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A61985CJ0118&qid=16667252631207 DIE IN DER SECHSTEN BEGRÜNDUNGSERWAEGUNG ERWÄHNTE UNTERSCHEIDUNG GEHT VON DER ANERKENNUNG DER TATSACHE AUS, DASS DER STAAT SOWOHL ALS ÖFFENTLICHE HAND ALS AUCH IN DER WEISE HANDELN KANN, DASS ER WIRTSCHAFTLICHE TÄTIGKEITEN INDUSTRIELLER ODER KOMMERZIELLER ART AUSÜBT, DIE DARIN BESTEHEN, GÜTER UND DIENSTLEISTUNGEN AUF DEM MARKT ANZUBIETEN . UM EINE SOLCHE UNTERSCHEIDUNG TREFFEN ZU KÖNNEN, IST ES DAHER ERFORDERLICH, IN JEDEM EINZELFALL DIE VOM STAAT AUSGEUEBTEN TÄTIGKEITEN ZU PRÜFEN UND ZU BESTIMMEN, ZU WELCHER KATEGORIE SIE GEHÖREN .
8 HIERBEI KOMMT ES NICHT DARAUF AN, DASS DER STAAT DIESE WIRTSCHAFTLICHEN TÄTIGKEITEN DURCH EINE ANDERE EINRICHTUNG AUSÜBT, AUF DIE ER NACH DEN IN ARTIKEL 2 DER RICHTLINIE GENANNTEN KRITERIEN UNMITTELBAR ODER MITTELBAR EINEN BEHERRSCHENDEN EINFLUSS AUSÜBEN KANN, ODER DASS ER DIE TÄTIGKEITEN UNMITTELBAR DURCH EINE STELLE AUSÜBT, DIE ZUR STAATLICHEN VERWALTUNG GEHÖRT . IM LETZTGENANNTEN FALL IST NÄMLICH AUFGRUND DER TATSACHE, DASS DIE STELLE IN DIE STAATLICHE VERWALTUNG EINGEGLIEDERT IST, ANZUNEHMEN, DASS EIN BEHERRSCHENDER EINFLUSS IM SINNE DES ARTIKELS*2 AUSGEUEBT WIRD . IN EINEM SOLCHEN FALL KÖNNEN DIE FINANZIELLEN BEZIEHUNGEN NOCH VIELSCHICHTIGER SEIN, UND DIE MIT DER RICHTLINIE ANGESTREBTE TRANSPARENZ WIRD DAHER NOCH NOTWENDIGER . IN DER VORLIEGENDEN RECHTSSACHE SCHLIESST DER UMSTAND, DASS DIE AAMS IN DIE STAATLICHE VERWALTUNG EINGEGLIEDERT IST, SOMIT NICHT AUS, DASS SIE ALS ÖFFENTLICHES UNTERNEHMEN IM SINNE DER RICHTLINIE 80/723 ANGESEHEN WIRD .
11 IN DIESEM ZUSAMMENHANG IST DARAUF HINZUWEISEN, DASS - WIE DER GERICHTSHOF IN STÄNDIGER RECHTSPRECHUNG HERVORGEHOBEN HAT - DER RÜCKGRIFF AUF BESTIMMUNGEN DER INNERSTAATLICHEN RECHTSORDNUNG, UM DIE TRAGWEITE DER VORSCHRIFTEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS EINZUSCHRÄNKEN, DIE EINHEIT UND DIE WIRKSAMKEIT DES GEMEINSCHAFTSRECHTS BEEINTRÄCHTIGEN WÜRDE UND DAHER NICHT ZULÄSSIG SEIN KANN . DIE FRAGE, OB EINE DURCH DAS INNERSTAATLICHE RECHT VERLIEHENE RECHTSPERSÖNLICHKEIT BESTEHT, DIE VON DERJENIGEN DES STAATES GETRENNT IST, IST FOLGLICH FÜR DIE ENTSCHEIDUNG UNERHEBLICH, OB EINE STELLE ALS ÖFFENTLICHES UNTERNEHMEN IM SINNE DER RICHTLINIE ANGESEHEN WERDEN KANN .
13 DAZU IST ZU BEMERKEN, DASS DER UMSTAND, DASS EINE STELLE, DIE WIRTSCHAFTLICHE TÄTIGKEITEN INDUSTRIELLER ODER KOMMERZIELLER ART AUSÜBT, IN DIE VERWALTUNG DES STAATES EINGEGLIEDERT IST, MIT DEM SIE EIN UND DIESELBE RECHTSPERSÖNLICHKEIT HAT, DAS BESTEHEN FINANZIELLER BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEM STAAT UND DIESER STELLE NICHT AUSSCHLIESST . DENN DER STAAT VERFÜGT MIT DER ZUWEISUNG VON HAUSHALTSMITTELN NATURGEMÄSS ÜBER DIE BEFUGNIS, EINEN EINFLUSS AUF DIE WIRTSCHAFTSFÜHRUNG DES UNTERNEHMENS AUSZUÜBEN, DER ES ERLAUBT, BETRIEBSVERLUSTE AUSZUGLEICHEN UND DEM UNTERNEHMEN NEUE MITTEL ZUR VERFÜGUNG ZU STELLEN, UND KANN ES DIESEM SOMIT ERMÖGLICHEN, EINEN BETRIEB AUSSERHALB DER REGELN EINER NORMALEN GESCHÄFTSFÜHRUNG WEITERZUFÜHREN, EINE SITUATION, DIE DURCH DIE RICHTLINIE GERADE SICHTBAR GEMACHT WERDEN SOLL .
Zur Hervorhebung in Blau: -> Das paßt doch genau zur Relation Staat <-> ÖRR?
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Eine Tätigkeit ist also stets dann eine "wirtschaftliche Tätigkeit", wenn sie in einer Wettbewerbssituation erbracht wird.
Entsprechend ist eine "öffentliche Stelle" dann ein "öffentliches Unternehmen", wenn ihre Dienstleistungen im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden.
In dem der Staat selbst als Marktakteur in Wettbewerb zu anderen Wirtschaftsteilnehmern tritt, handelt er nicht-hoheitlich.
Ob der klaren Aussagen des EuGH darf gefragt werden, ob die Rechtsform der ÖRR überhaupt die geeignete Rechtsform ist, wird doch ein öffentliches Unternehmen grundsätzlich offenbar dem Staat zugeordnet? Mit der in Deutschland notwendigen Staatsferne des Rundfunks hat das dann doch überhaupt nicht vereinbar?
Bundesfinanzhof wie auch Bundesgerichtshof haben hier ja nicht anders entschieden.
Weiterführend auch:
EuGH C-41/90 - Ö.-R.-Anstalt ist als Marktakteur ein Wettbewerbsunternehmenhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35201.0Keine hoheitl. Befugnis f. j.P.ö.R in Wettbewerb; gefestigte Rechtspr. des BFHhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30952.0BGH KZR 31/14 - Dt. ÖRR = Unternehmen im Sinne des Kartellrechtshttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33155.0
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