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Autor Thema: EuGH C-34/20 - Internet - Videostreaming - Rechtebegrenzungsverbot ggü Endnutzer  (Gelesen 876 mal)

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Hinweis:
Die im Titel verwendete Abkürzung ggü ist zu lesen als gegenüber

Diese Entscheidung betrifft die Bundesrepublik Deutschland direkt; sie war Beklagter auf Grund einer Klage durch die Dt. Telekom AG.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)
2. September 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektronische Kommunikation – Verordnung (EU) 2015/2120 – Art. 3 – Zugang zum offenen Internet – Art. 3 Abs. 1 – Rechte der Endnutzer – Art. 3 Abs. 2 – Verbot von Vereinbarungen oder einer Geschäftspraxis, die die Ausübung der Rechte der Endnutzer einschränken – Art. 3 Abs. 3 – Pflicht, den Verkehr gleich und ohne Diskriminierung zu behandeln – Möglichkeit, angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen anzuwenden – Zusätzliche Tarifoption zum sogenannten ‚Nulltarif‘ – Bandbreitenlimitierung“

In der Rechtssache C-34/20

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=245537&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=41795295

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 3 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ?diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union ist dahin auszulegen, dass eine auf der Aktivierung einer Tarifoption zum sogenannten „Nulltarif“ beruhende Bandbreitenlimitierung, die bei Videostreaming unabhängig davon zur Anwendung kommt, ob es sich um Videostreaming von Partnerunternehmen oder anderen Anbietern von Inhalten handelt, mit den Pflichten aus Art. 3 Abs. 3 unvereinbar ist.

Rn. 21
Zitat
Art. 3 Abs. 3 der Verordnung 2015/2120 schreibt zunächst in Unterabs. 1 vor, dass Anbieter von Internetzugangsdiensten den gesamten Verkehr unabhängig von den genutzten Anwendungen oder Diensten gleich behandeln, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung.

Rn. 22
Zitat
Sodann bestimmt Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung 2015/2120, dass Unterabs. 1 die Anbieter von Internetzugangsdiensten nicht daran hindert, angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen anzuwenden, und stellt klar, dass derartige Maßnahmen, um als angemessen zu gelten, erstens transparent, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sein müssen, dass sie zweitens nicht auf kommerziellen Erwägungen beruhen dürfen, sondern nur auf objektiven technischen Unterschieden zwischen bestimmten Datenverkehrskategorien, und dass mit ihnen drittens nicht der Inhalt überwacht werden darf und sie nicht länger als erforderlich aufrechterhalten werden dürfen.

Rn. 23
Zitat
Schließlich dürfen nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 3 der Verordnung 2015/2120 die Anbieter von Internetzugangsdiensten keine Verkehrsmanagementmaßnahmen anwenden, die über die Maßnahmen gemäß Unterabs. 2 hinausgehen; insbesondere dürfen sie nicht bestimmte Anwendungen, Kategorien von Anwendungen, Dienste oder Kategorien von Diensten blockieren, verlangsamen, verändern, einschränken, stören, verschlechtern oder diskriminieren, es sei denn, dies ist für gewisse Zeit erforderlich, um Gesetzgebungsakten der Union oder mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden nationalen Rechtsvorschriften oder Maßnahmen zur Umsetzung dieser Gesetzgebungsakte der Union oder dieser nationalen Rechtsvorschriften zu entsprechen, um die Integrität und Sicherheit des Netzes, der darüber erbrachten Dienste und der Endgeräte der Endnutzer zu wahren oder um eine Netzüberlastung zu verhindern oder deren Auswirkungen abzumildern.

Rn. 24
Zitat
Diese verschiedenen Bestimmungen dienen, wie sich aus Art. 1 der Verordnung 2015/2120 ergibt, zur Wahrung der gleichberechtigten und nicht diskriminierenden Behandlung des Verkehrs bei der Bereitstellung von Internetzugangsdiensten und der damit verbundenen Rechte der Endnutzer (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2020, Telenor Magyarország, C-807/18 und C-39/19, EU:C:2020:708, Rn. 23 bis 27).

Internet ist also unionsrechtlich eigenständig per Verordnung geregelt, zusätzlich zu den Verbraucherschutzbestimmungen der Richtlinie 2011/83/EU in Belangen "digitaler Inhalte"; diese Verordnung (EU) 2015/2120 hat es am Schluß des Beitrages verlinkt wie zitiert.

Die Vorlage an den EuGH unternahm das Oberlandesgericht Düsseldorf; es hat aber mit C-5/20 eine inhaltlich ähnliche Entscheidung mit ähnlichem Tenor, die auf einer Vorlage des Verwaltungsgericht Köln beruht; auch diese sei hier verlinkt, denn sie bezieht sich auf die gleiche Verordnung.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)
2. September 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektronische Kommunikation – Verordnung (EU) 2015/2120 – Art. 3 – Zugang zum offenen Internet – Art. 3 Abs. 1 – Rechte der Endnutzer – Art. 3 Abs. 2 – Verbot von Vereinbarungen oder einer Geschäftspraxis, die die Ausübung der Rechte der Endnutzer einschränken – Art. 3 Abs. 3 – Pflicht, den Verkehr gleich und ohne Diskriminierung zu behandeln – Möglichkeit, angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen anzuwenden – Zusätzliche Tarifoption zum sogenannten ‚Nulltarif‘ – Einschränkung des Tethering“

In der Rechtssache C-5/20

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=245535&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=42258452

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 3 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ?diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union ist dahin auszulegen, dass eine auf der Aktivierung einer Tarifoption zum sogenannten „Nulltarif“ beruhende Einschränkung des Tethering mit den Pflichten aus Art. 3 Abs. 3 unvereinbar ist.

Rn. 29
Zitat
Im Übrigen ist es unerheblich, ob eine solche Option auf eine Vereinbarung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung 2015/2120 zurückgeht (siehe oben, Rn. 23) oder ob sie eine tatsächliche Nachfrage des Kunden oder des Anbieters von Inhalten befriedigen soll

Rn. 30
Zitat
Schließlich können die für Managementmaßnahmen vorgesehenen Ausnahmen nicht berücksichtigt werden, da solche Maßnahmen nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung 2015/2120 nicht auf kommerziellen Strategien des Anbieters von Internetzugangsdiensten beruhen dürfen.

Diese beiden Entscheidungen binden also gleichermaßen sowohl den Rechtsweg, der bis zum Bundesverwaltungsgericht beschreitbar ist, als auch den, der bis zum Bundesgerichtshof führen kann.

Man könnte sich jetzt übrigens die Frage stellen, ob die Maßnahmen der Medienanstalt Berlin-Brandenburg gegenüber dem ehemaligen Mitarbeiter des RBB, siehe nachstehend verlinktem Artikel des Tagesspiegel, überhaupt rechtsmäßig war.

Online-Angebot existiert nicht mehr
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/online-angebot-existiert-nicht-mehr-kenfm-war-einmal-ken-jebsen-nicht/27740686.html

War das Angebot im Inhalt nicht strafbar, also rechtmäßig, darf keine Störung des Internetauftrittes stattfinden; siehe Art 3 Abs 1 der verlinkten Verordnung:

Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32015R2120&qid=1637008684445

Zitat
Artikel 3
Gewährleistung des Zugangs zum offenen Internet


(1)   Endnutzer haben das Recht, über ihren Internetzugangsdienst, unabhängig vom Standort des Endnutzers oder des Anbieters und unabhängig von Standort, Ursprung oder Bestimmungsort der Informationen, Inhalte, Anwendungen oder Dienste, Informationen und Inhalte abzurufen und zu verbreiten, Anwendungen und Dienste zu nutzen und bereitzustellen und Endgeräte ihrer Wahl zu nutzen.

Dieser Absatz lässt das Unionsrecht und das mit dem Unionsrecht im Einklang stehende nationale Recht in Bezug auf die Rechtmäßigkeit von Inhalten, Anwendungen oder Diensten unberührt.

Gemäß den weiteren Bestimmungen sind den Internetdiensteanbietern außerhalb strafrechtlicher Belange jede auch inhaltliche Störung der Endnutzer unionsrechtlich untersagt.

Zitat
(3)   Anbieter von Internetzugangsdiensten behandeln den gesamten Verkehr bei der Erbringung von Internetzugangsdiensten gleich, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, sowie unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten.

[...]

Anbieter von Internetzugangsdiensten wenden keine Verkehrsmanagementmaßnahmen an, die über die Maßnahmen gemäß Unterabsatz 2 hinausgehen; insbesondere dürfen sie nicht bestimmte Inhalte, Anwendungen oder Dienste — oder bestimmte Kategorien von diesen — blockieren, verlangsamen, verändern, einschränken, stören, verschlechtern oder diskriminieren, außer soweit und solange es erforderlich ist, um

a)
Gesetzgebungsakten der Union oder mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden nationalen Rechtsvorschriften, denen der Internetzugangsanbieter unterliegt, oder mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden Maßnahmen zur Umsetzung dieser Gesetzgebungsakte der Union oder dieser nationalen Rechtsvorschriften zu entsprechen, einschließlich Verfügungen von Gerichten oder Behörden, die über die entsprechenden Befugnisse verfügen;

b)
die Integrität und Sicherheit des Netzes, der über dieses Netz erbrachten Dienste und der Endgeräte der Endnutzer zu wahren;

c)
eine drohende Netzüberlastung zu verhindern oder die Auswirkungen einer außergewöhnlichen oder vorübergehenden Netzüberlastung abzumildern, sofern gleichwertige Verkehrsarten gleich behandelt werden.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 15. November 2021, 22:33 von Bürger«
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, der Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

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Nachtrag auf Grund aktueller Brisanz, das Handeln der Medienanstalt berührend, die ja zum Teil aus den Rundfunkbeiträgen finanziert wird.

Konsolidierter Text: Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32017R0745&qid=1637071394455

Zitat
Artikel 1
Gegenstand und Geltungsbereich


(1)   Mit dieser Verordnung werden Regeln für das Inverkehrbringen, die Bereitstellung auf dem Markt und die Inbetriebnahme von für den menschlichen Gebrauch bestimmten Medizinprodukten und deren Zubehör in der Union festgelegt. Diese Verordnung gilt ferner für in der Union durchgeführte klinische Prüfungen, die diese Medizinprodukte und dieses Zubehör betreffen. [...]

(16)   Diese Verordnung darf in keiner Weise die Pressefreiheit oder die Freiheit der Meinungsäußerung in den Medien einschränken, soweit diese Freiheiten in der Union und in den Mitgliedstaaten — insbesondere gemäß Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union — garantiert sind.

Würde die Medienanstalt also bspw. Webauftritte einschränken bzw. untersagen, in denen Medizinprodukte und ihre Folgen diskutiert werden, handelt sie u. U. strafbar, da die Union derartige Eingriffe in die Meinungsfreiheit gemäß der Hervorhebung in Rot mit unmittelbarer Bindungswirkung untersagt, womit der Medienanstalt die Rechtsgrundlage für der Verarbeitung der personen-bezogenen Daten der Webauftrittgestaltenden und Mitdiskutanten entzogen ist; die Verarbeitung personen-bezogener Daten ohne Rechtsgrundlage ist bekanntlich eine Straftat.

BGH 1 StR 32/13 - Verarbeitung pers.bez. Daten ohne Rechtsgrundlage ist Straftat
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35765.msg216267.html#msg216267

Insofern wäre sehr zu hinterfrasgen, ob es den rundfunkbeitragszahlenden Bürger*innen zuzumuten ist, die potentielle mögliche Begehung von Straftaten mitzufinanzieren.


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