Der Strafsenat des Bundesgerichtshofes bestätigt die Ausführungen der Vorinstanz zwar nicht vollständig, aber hinreichend weitgehend, daß sie hier mit Blick auf die ÖRR-spezifischen Meldatenübermittlungsverordnungen der Länder und deren reale Umsetzung zitiert werden sollten.
Urteil des 1. Strafsenats vom 4.6.2013 - 1 StR 32/13 -http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2013&Seite=61&nr=64789&pos=1852&anz=3204Rn. 54a) Allgemein zugänglich sind diejenigen Daten, die von jedermann zur Kenntnis genommen werden können, ohne dass der Zugang zu den Daten rechtlich beschränkt ist (Gola/Schomerus aaO § 43 Rn. 18). Über die Begrifflichkeit der „allgemein zugänglichen Daten“, die aufgrund Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze vom 18. Mai 2001 (BGBl. I 2001, S. 904) auch zum Zwecke der Vereinheitlichung des Sprachgebrauchs (vgl. BT-Drucks. 14/5793 S. 64) an verschiedenen Stellen des BDSG aufgenommen wurde (vgl. § 10 Abs. 5, § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BDSG) und auch im 5. Abschnitt des BDSG insoweit das frühere Merkmal „offenkundig“ ersetzte, soll der Informationsfreiheit desjenigen Rechnung getragen werden, der Daten erhebt und verarbeitet. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des von dieser Datenerhebung Betroffenen findet damit in dem Recht, sich aus Quellen, die jedermann offen stehen, zu informieren, seine Grenze (vgl. Gola/Schomerus aaO § 28 Rn. 45; vgl. auch Forgó/Krügel/Müllenbach, CR 2010, 616, 620 Fn. 39).
Meldedaten sind keine "allgemein zugänglichen Daten".
Rn. 55Rechtliche Schranken jedweder Art des Zugangs zu den Daten, auch wenn die rechtlichen Hürden nicht besonders hoch sind und mittels Falschangaben einfach umgangen werden können, schließen die allgemeine Zugänglichkeit aus. Auskünfte, die mittels einer einfachen Registerauskunft erteilt werden könnten, sind nicht „allgemein zugänglich“, wenn die Auskunft von rechtlichen Voraussetzungen abhängt. So setzt etwa die Erteilung von Auskünften nach § 39 Abs. 1 StVG die Geltendmachung eines berechtigten Interesses im Sinne von § 39 Abs. 1 Halbsatz 2 StVG voraus; dementsprechend sind die im entsprechenden Register enthaltenen Daten nicht „allgemein zugänglich“ (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2002 - 1 StR 150/02, NJW 2003, 226, 227, dort in Bezug auf das insoweit ausdrücklich gleich behandelte Merkmal der Offenkundigkeit im Zusammenhang mit § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB; Gola/Schomerus aaO § 43 Rn. 18; anders OLG Hamburg, NStZ 1998, 358 [ebenfalls zur „Offenkundigkeit“ im Zusammenhang mit § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB]; BayObLG, NJW 1999, 1727; vgl. auch Schaffland/Wiltfang, BDSG, Lfg. 2/11, § 43 Rn. 26). Die Ersetzung des früheren Begriffs „offenkundig“ durch die Wendung „nicht allgemein zugänglich“ in §§ 43, 44 BDSG bezweckte gerade auch, Fallgestaltungen, in denen der Zugang zu den Daten rechtlich beschränkt ist, eindeutig als strafbar zu erfassen (BT-Drucks. 14/4329 [Anl. II; Stellungnahme des Bundesrates] S. 59 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drucks. 14/5793, S. 67; vgl. auch Krauskopf in NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer, S. 40 f.; Gola/Schomerus aaO).
Rn. 56Eine strafrechtliche Ahndung ist somit nach dem Wortlaut der §§ 43, 44 BDSG (lediglich) in denjenigen Fällen ausgeschlossen, in denen es sich um Daten handelt, die von jedermann zur Kenntnis genommen werden können, ohne dass der Zugang aus rechtlichen Gründen beschränkt ist („Jedermanns-Dateien“, vgl. Weichert, NStZ 1999, 490).
Die strafrechtliche Ahndung ist also immer dann gegeben, wenn es sich um Daten handelt, auf die nicht jeder eh grenzenlos Zugriff hat.
Rn. 61a) Unbefugtes Handeln im Sinne des § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG liegt vor, wenn nicht Rechtssätze das Verhalten erlauben (vgl. Ambs in Erbs/Kohlhaas, 164 Lfg., § 43 BDSG Rn. 19; Sokol in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 4 Rn. 3; Gola/Schomerus aaO § 43 Rn. 20, 26).
* Siehe EuGH C-439/19 zur Verneinung der Zulässigkeit der Datenweitergabe durch den Staat an Wirtschaftsteilnehmer.
Rn. 62Das Datenschutzrecht ist zum Schutze des Rechts des Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, von dem Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt geprägt, d.h. die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten ist grundsätzlich verboten (Helfrich in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, 26. Lfg. Teil 16.1 Rn. 35 mwN). Befugt ist sie nur dann, wenn der Betroffene wirksam seine Einwilligung erklärt oder wenn das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift eine Erlaubnis beinhalten oder gar eine Anordnung zur Erhebung, Speicherung, Verarbeitung oder Weitergabe personenbezogener Daten enthalten. Als Erlaubnissätze kommen neben datenschutzrechtlichen Erlaubnissen auch allgemeine Rechtfertigungsgründe, wie etwa § 34 StGB, in Betracht.
Rn. 70cc) Der Senat braucht im Ergebnis nicht zu entscheiden, ob die Befugnis zu konkret auftragsbezogener Ermittlungstätigkeit von Detekteien in Fällen der vorliegenden Art anhand der sich aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG oder anhand der sich aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG ergebenden, nach dem Wortlaut der Vorschriften divergierenden Abwägungsmaßstäbe zu beurteilen ist.
Beide grundsätzlich in Betracht kommende Erlaubnissätze müssen im Hinblick auf die Voraussetzungen einer Befugnis zum Umgang mit „fremden“ personenbezogenen Daten anhand der unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 lit. f) der am 13. Dezember 1995 in Kraft getretenen Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG 1995 Nr. L 281 S. 31; im Folgenden: Datenschutzrichtlinie) ausgelegt werden. Um diese Auslegung anhand der Datenschutzrichtlinie vornehmen zu können, bedarf es keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) bezüglich des Verständnisses von Art. 7 lit. f) der Richtlinie selbst. Der EuGH hat mit Urteil vom 24. November 2011 (verbundene Rechtssachen C-468/10, C-469/10, LS veröffentlicht in ABl. EG 2012 Nr. C 25 S. 18, EuZW 2012, 37) die Bestimmung der Richtlinie eindeutig ausgelegt. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung, die sich als gesicherte Rechtsprechung zu der hier relevanten Rechtsfrage der aus dem Unionsrecht resultierenden Befugnis zur Datenverarbeitung erweist (acte éclairé), vermag der Senat die Auslegung des nationalen Rechts selbst vorzunehmen.
Zur Hervorhebung in Rot; inzwischen hat es die DSGVO. Was im Gültigkeitszeitraum der Datenschutz-Richtlinie evtl. rechtmäßig war, könnte ab In-Kraft-Treten der DSGVO nicht mehr rechtmäßig sein.
Rn. 73Das nationale Recht darf allerdings jedenfalls im Verhältnis zwischen dem auf der Grundlage von § 44 BDSG (möglicherweise) strafenden Staat und dem von Strafe bedrohten „Datenverarbeiter“ nicht hinter den durch Art. 7 lit. f) der Datenschutzrichtlinie gewährten Befugnissen zur Verarbeitung personenbezogener Daten der Betroffenen zurückbleiben. Dabei ist es für die Anwendung der Erlaubnissätze des nationalen Datenschutzrechts jedenfalls in ihrer Bedeutung als strafrechtliche Rechtfertigungsgründe unerheblich, ob in die Interessenabwägung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG die Interessen von Dritten, hier der Auftraggeber des Angeklagten, einbezogen werden oder auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG, der solche Drittinteressen ohnehin berücksichtigt, die Interessenabwägung anhand des durch die Datenschutzrichtlinie vorgegebenen Maßstabs („Überwiegen der Interessen des Betroffenen“) erfolgt. Auf beiderlei Weise trägt das nationale Recht dem insoweit bindenden Unionsrecht vollumfänglich Rechnung.
*Der EuGH entschied bekanntermaßen, daß der Staat nicht befugt ist, personen-bezogene Daten der Bürger Wirtschaftsteilnehmern zur Verfügung zu stellen.
EuGH C-439/19 - DSGVO - Datenübertragung an Wirtschaftsteilnehmer unzulässighttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35594.0Daß die ÖRR letztlich Wirtschaftsteilnehmer sind, ist im Forum bereits bekannt:
BGH KZR 31/14 - Dt. ÖRR = Unternehmen im Sinne des Kartellrechtshttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33155.0Damit fehlt den ÖRR-spezifischen Meldedatenübermittlungsverordnungen die Rechtsgrundlage, läßt doch die DSGVO in Auslegung durch den EuGH ein derartiges Vorgehen, wie es mit den ÖRR-spezifischen Meldedatenübermittlungsverordnungen praktiziert wird, außer jenen Fällen, bei denen die betreffenden Bürger*innen vor der Weitergabe ihrer Daten dieser Weitergabe schriftlich zugestimmt haben, nicht zu.
Zur damaligen Datenschutz-Richtlinie hat es überdies ja ebenfalls eine im Forum schon thematisierte Entscheidung, in der ging es um die Wahrnehmung des Widerspruchsrechts, das allen natürlichen Personen zusteht, und das nur vor der Weitergabe effektiv ausgeübt werden kann.
EuGH C-201/14 Ohne Kenntnis d. Bürger kein Datenaustausch zwecks Verarbeitg.https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=15947.0In Ergänzung dieses Themas sei noch angefügt, daß sich juristische Personen nicht auf die DSGVO berufen können, denn sie haben keine entsprechenden unionsrechtlichen Grundrechte.
EuGH C-620/19 - Jur. Pers. können sich nicht auf die DSGVO stützenhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=34888.0Edit "Bürger": Thread vorerst zwecks Klärung geschlossen. Aus obiger BGH-Entscheidung
geht nach erster Sichtung/ Suche nicht zweifelsfrei hervor, dass der BGH geurteilt hätte, dass es sich um eine "Straftat" handelt.
Dort steht was von "strafbar" - was so auch bezeichnet werden sollte.
Thread-Betreff und bereits gut 15 Querverweise im gesamten Forum müssen daher angepasst werden.
Bitte um etwas Geduld. Danke.
Edit @"pinguin":
Vorübergehend wieder geöffnet für weitere Ausarbeitungen bzgl. "strafbar"/ "Straftat" - siehe PM.
Anpassung des Threads/ Betreffs bleibt vorbehalten.
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)
Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;
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