Es gibt so viel mehr Ereignisse, die es wert wären live übertragen zu werden als Fussball. Staus auf den Autobahnen zu den Ferienzeiten zum Beispiel. Oder der morgentliche Stau in Richtung Innenstadt, gern auch als Serie oder mit Konferenzschaltung zu den Ein- bzw. Ausfallstrassen der Stadt. Wer dabei wegen des Stillstandes einschläft: wie wäre es mit illegalen Autorennen quer durch die Innenstadt, aufgepeppt durch schwere Unfälle und Verfolgungsrennen der Polizei? Bilder von den Toten ggf. inklusive. Wem das noch nicht spannend genug ist: die Stadt bietet auch Autofahrer, die erst mit ihrem Gerät Radfahrer jagen, sie in die Zange nehmen und sich dann mit zur Hilfe eilenden Passanten prügeln bis die Polizei kommt. So erst jetzt in Hamburg passiert. "Johnny unterwegs - mit 1,5 Promille durch die Stadt" könnte ich mir gut als Sitcom vorstellen.
Drei Stunden auf dem Notarztwagen mitfahren oder am Wochenende in der Ambulanz die Einlieferung von schwer alkoholisierten "Schnapsleichen" übertragen, unterbrochen durch junge Männer, denen am Samstagabend einfällt, dass sie Schnupfen und Halsschmerzen haben, - teils in Begleitung ihrer Mutter! - wäre mindestens eine wöchentliche Sendung wert. Dabei kann man noch live prüfen, ob die Krankenschwestern in deutschen Krankenhäusern wirklich den feschen Oberarzt so anschmachten wie im typischen Pilcher-Rührstück oder der x-ten Krankenhausserie.
Auch Tests und Erfahrungsberichte wären sicher spannend: wie lange hält der Reporter dem 10 bar Wasserwerfer stand? Wie wirkt ein Elektro-Schocker, sind Pflastersteine wirklich so leicht zu lösen und wo muss man die Schlacht mit der Polizei austragen, dass der Nachschub dieses Wurfmaterials gesichert ist? Die Serie "Unterwegs mit dem Autozündler" dürfte ebenso ein Renner werden wie der Ratgeber: "Geldautomaten sprengen - mit Profis unterwegs".
Überhaupt bietet der Großstadtdschungel deutlich mehr als im "Großstadtrevier" gezeigt. Man muss nur den Blickwinkel ändern, mehr die dunkle Seite zu Wort kommen lassen. Die kleine Gruppe von Serieneinbrechern, die durch die Villengebiete strolchen, die Rumänen, die gezielt ganze Geldschränke klauen, den U-Bahn-Schubser oder der Messerstecher, dem die Finger schon zucken, wenn einer vom Wetter zu erzählen anfängt, die Autodiebe, die Loddels, die mit ihren Fahrzeugen und Rolex-Uhren protzen, die frustrierten Quartalssäufer, die über alles Bescheid wissen und immer als letzter die Kneipe verlassen, die Typen, die meinen sich vor der Hochzeit noch einmal richtig die Kante geben zu müssen und die Amüsierviertel heimsuchen. Hinterher wundern sie sich, dass sie zwar einen gebrochenen Arm aber wenig Erinnerung an "ihre Nacht" haben. Auch im Puff in dem kleinen Heideort sind sicher noch ein paar "geile" Geschichten gut für eine Live-Übertragung. Wo sind die Sender, die das wirklich wahre Leben entdecken?
M. Boettcher
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.