Hier noch der
Link zum Urteil des BVerfG vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 - zur
Bemessung der Grundsteuerhttp://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/04/ls20180410_1bvl001114.htmlsowie ein
kleiner Auszug aus der Begründung durch das BVerfG.
Tenor:
1. Der Gesetzgeber hat bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregeln einer Steuer einen großen Spielraum, solange sie geeignet sind, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen und dabei die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden.
2. Ermöglichen Bewertungsregeln ganz generell keine in ihrer Relation realitätsnahe Bewertung, rechtfertigt selbst die Vermeidung eines noch so großen Verwaltungsaufwands nicht ihre Verwendung. Auch die geringe Höhe einer Steuer rechtfertigt die Verwendung solcher realitätsfernen Bewertungsregeln nicht.
3. Das Aussetzen der im Recht der Einheitsbewertung ursprünglich vorgesehenen periodischen Hauptfeststellung seit dem Jahr 1964 führt bei der Grundsteuer zwangsläufig in zunehmendem Umfang zu Ungleichbehandlungen durch Wertverzerrungen, die jedenfalls seit dem Jahr 2002 weder durch den vermiedenen Aufwand neuer Hauptfeststellungen noch durch geringe Höhe der individuellen Steuerlast noch durch Praktikabilitätserwägungen gerechtfertigt sind.
Aus der Begründung, Rn. 94
Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 138, 136 <180 Rn. 122>, 139, 285 <309 Rn. 71>, stRspr).
Im genannten Urteil, Rn. 122 http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv138136.html erfolgt eine nähere Erklärung über einen Verweis unter anderem
auf --> BVerfGE 88, 87 [96], Beschluss BVerfG, Erster Senat vom 26. Januar 1993 - 1 BvL 38, 40, 43/92 - Vornamensänderung nach § 1 des Transsexuellengesetzes (
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv088087.html)
Darin heißt es in Rn. 35 bis Rn 37:Da der Grundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. BVerfGE 55, 72 [88]). Diese Bindung ist um so enger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je größer deshalb die Gefahr ist, daß eine an sie anknüpfende Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Die engere Bindung ist jedoch nicht auf personenbezogene Differenzierungen beschränkt. Sie gilt vielmehr auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 55, 72 [89]). Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 60, 123 [134]; 82, 126 [146]).
Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Kommt als Maßstab nur das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl. BVerfGE 55, 72 [90]). Dagegen prüft das Bundesverfassungsgericht bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 82, 126 [146]).
Die Erwägungen, die dieser Abstufung zugrunde liegen, sind auch für die Frage von Bedeutung, inwieweit dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Ausgangslage und der möglichen Auswirkungen der von ihm getroffenen Regelung eine Einschätzungsprärogative zukommt. Für die Überprüfung solcher Prognosen gelten ebenfalls differenzierte Maßstäbe, die von der bloßen Evidenzkontrolle bis zu einer strengen inhaltlichen Kontrolle reichen. Dabei sind insbesondere die Eigenart des jeweiligen Sachverhalts und die Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter zu berücksichtigen; außerdem hängt der Prognosespielraum auch von der Möglichkeit des Gesetzgebers ab, sich im Zeitpunkt der Entscheidung ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden (vgl. BVerfGE 50, 290 [332 f.]).
Auch dieses im vorstehenden Beschluss angeführte
Beschluss - (BVerfGE 82, 126 [146]), des BVerfG, Erster Senat, vom 30. Mai 1990 -- 1 BvL 2/83 u.a. -- über § 622 Abs. 2 BGB,
Kündigungsfristen für Arbeiter kürzer als für Angestellte (
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv082126.html) ...
... weist in
Rn. 85 und ab Rn. 102 interessante Begründung des BVerfGs auf. Lesenswert. Z.B. heißt es da (Rn. 85)
1. Eine ungleiche Behandlung mehrerer Gruppen von Normadressaten ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BVerfGE 55, 72 [88]; 58, 369 [373 f.]; 60, 123 [133 f.]; 60, 329 [346]; 62, 256 [274]; 72, 141 [150]). Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, ob eine Ungleichbehandlung Auswirkungen auf grundrechtlich gesicherte Freiheiten hat (vgl. BVerfGE 62, 256 [274]).
Weiter, ab
Rn. 102Unbedenklich ist eine Typisierung aber nur, solange eine verhältnismäßig kleine Gruppe benachteiligt wird und der Gleichheitsverstoß nicht sehr intensiv ist (BVerfGE 26, 265 [275 f.]). Es geht nicht an, eine größere Zahl von Betroffenen ohne rechtfertigenden Grund stärker zu belasten (vgl. BVerfGE 71, 39 [50]).
Für den
rechtfertigenden Grund (zur Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten und damals daraus resultierenden unterschiedlichen Kündigungsfristen) heißt es im Urteil weiter (
Rn. 107)
Auch dieser rechtfertigende Grund für die ungleichen Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten hat jedoch im Laufe der Entwicklung seine Unterscheidungskraft verloren. Früher mag es richtig gewesen sein, das Tätigkeitsfeld des Arbeiters mit dem produktiven Sektor weitgehend gleichzusetzen. Heute trifft das jedoch nicht mehr zu. […]
Sodann gibt es
ab Rn 111 einige Äußerungen zur Auswirkung festgestellter Nichtigkeit des Gesetzes, Unvereinbarkeit mit dem GG etc.
Steht eine Norm mit der Verfassung nicht im Einklang, so ist sie grundsätzlich für nichtig zu erklären (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 1 BVerfGG). Das gilt jedoch nicht, wenn sich ein Verfassungsverstoß aus dem Zusammenwirken mehrerer Vorschriften ergibt und eine Korrektur auf verschiedene Weise vorgenommen werden kann. So liegt es hier. Die für Arbeiter geltenden Kündigungsfristen sind mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar, weil sie ohne ausreichenden Grund die Arbeiter schlechter stellen als die Angestellten. Durch eine Nichtigerklärung von § 622 Abs. 2 BGB würde die bestehende Ungleichheit nur noch vertieft werden. Beseitigt werden kann der Verfassungsverstoß nur durch eine Neuregelung der einschlägigen Vorschriften durch den Gesetzgeber.
In einer solchen Lage muß das Bundesverfassungsgericht sich grundsätzlich darauf beschränken, die diskriminierende Bestimmung als unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären. Diese darf dann bis zur Neuregelung von staatlichen Stellen nicht mehr angewandt werden. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Rechtslage unverzüglich mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen. Gerichte müssen anhängige Verfahren, bei denen die Entscheidung von der verfassungswidrigen Norm abhängt, aussetzen, bis eine Neuregelung in Kraft tritt (vgl. BVerfGE 37, 217 [260 f.]; siehe auch Heußner, NJW 1982, S. 257).
Wenn ich das richtig verstehe,
darf man (auch) gespannt sein, wie das BVerfG die die Ungleichheit rechtfertigenden Gründe, die zum RBStV führten, einschätzt, ob diese noch zeitgemäß und ob sie alternativlos sind. Insofern ist es sicherlich wichtig, dass von Seiten der Kläger bzw. Beschwerdeführenden (m/w.) auch Argumente für eine alternative umsetzbare Neu-Regelung vorgetragen wurden/werden, die den Belangen des ÖR bzw. zumindest einer medialen Grundversorgung der Bevölkerung Rechnung trägt.
Interessant könnte auch der zuletzt vermittelte Gedanke sein, dass im Falle der Unvereinbarkeit laufende Verfahren von Fachgerichten bis zu einer Neu-Regelung auszusetzen sind...
In der Gesamtheit finden sich in allen genannten Urteilen eine Fülle interessanter Aspekte.
- Alles ohne Gewähr -