Moin Cairol,
das BVerfG hat zur Gleichbehandlung bei der Befreiung von Rundfunkgebühren mehrere Entscheidungen gefällt.
Eine Entscheidung des BVerfG betraf die von Dir bereits erwähnte Verfassungsbeschwerde eines Rentners (BVerfG, Beschluss vom 09.11.2011 - 1 BvR 665/10; Vorinstanzen: OVG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2010 - 4 Bf. 430/08, VG Hamburg, Urteil vom 02.09.2008 - 10 K 2919/07). Eine zweite Entscheidung des BVerfG betraf die Verfassungsbeschwerde einer alleinerziehenden HARTZ IV-Empfängerin (BVerfG, Beschluss vom 30.11.2011 - 1 BvR 3269/08, 1 BvR 656/10; Vorinstanzen: OVG Hamburg und VG Hamburg).
Tenor beider Entscheidungen: Die Entrichtung von Rundfunkgebühren darf nicht zur Armut führen!
Gegner der Verfassungsbeschwerde war in beiden Fällen die LRA NDR, die nach Zustellung der Verfassungsbeschwerden jeweils eine rückwirkende Befreiung von den Rundfunkgebühren veranlasst hat.
Näheres findet man in der Pressemitteilung Nr. 84/2011 vom 22.12.2011, die auf der Homepage des BVerfG veröffentlicht ist.
Auch die neuere Rechtsprechung (Verfahrensgegenstand Rundfunkbeitrag) bezieht sich auf beiden genannten Beschlüsse, z.B. VG Saarlouis, Urteil vom 10.07.2014 - 6 K 970/13.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sieht eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht in derartig gelagerten Fällen zwingend “bescheidgebunden“. Zitat: “Die Befreiung einkommensschwacher Personen von der Rundfunkbeitragspflicht ist “bescheidgebunden“ und setzt den Nachweis der Bedürftigkeit durch Vorlage einer Bestätigung oder eines Bescheids der hierfür zuständigen Behörde oder des Leistungsträgers voraus. Die nicht in dieser Weise nachgewiesene Bedürftigkeit ist auch nicht als besonderer Härtefall anzusehen.“ (BayVGH, Beschluss vom 03.12.2013 - 7 ZB 13.1817).
Person M vertritt die Ansicht, dass der Bürokratieaufwand hier lediglich vom BS auf die Behörden oder kommunalen Leistungsträger verlagert werden soll. Es bedarf keiner großen Rechtskenntnis, um den persönlichen Bedarf nach SGB II oder SGB XII zu berechnen. Das kann auch der BS. Der überwiegende Teil der Rentnerinnen und Rentner hat ein “Amt“ nach 45 Jahren Erwerbsleben noch nie betreten, und sollen, nur weil die Altersrente sich knapp über den HARTZ IV-Regelsätzen bewegt, zu Bittstellern werden, um eine Befreiung zu kommen??
Die Entscheidungen des BVerfG sind für JEDERMANN unmittelbar bindendes Recht. Wenn Person R zum genannten Personenkreis gehört und Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden, besteht zwingend eine Erstattungspflicht des BS/ der LRA. Person M würde ein Schreiben an die zuständige LRA Justitariat richten: Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG, Erstattungsanspruch nach § 10 III RBStV geltend machen, rechtsfähigen Bescheid anfordern (zur eigenen Sicherheit) UND eine FRIST von 14 Tagen setzen. Bei ausbleibender Reaktion: Wortlaut des Schreibens den Gegebenheiten anpassen und die Frist auf 10 Tage verkürzen, um so den Druck auf die LRA zu erhöhen. Bleibt eine Reaktion weiter aus: Nach drei Monaten (Untätigkeits-)Klage beim zuständigen VG einreichen (§ 75 VwGO)
Grüße aus Hamburg
"Ein guter Jurist kann nur der werden, der mit einem schlechten Gewissen Jurist ist." (Gustav Radbruch, deutscher Rechtsphilosoph, 1878-1949)