Für dieses Thema wären viele Titel angebracht, denn insbesondere der Schlußantrag zu dieser Rechtssache geht in die Tiefe des Gemeinschaftsrechts, wenn sich nationale Gerichte über Unionsrecht hinwegsetzen; der unter
² verlinkte Schlußantrag einer weiteren Rechtssache, der hier aber nicht zitiert wird, führt in den Bereich der Staatshaftung.
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URTEIL DES GERICHTSHOFES
9. Dezember 2003(1)
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Gemeinschaftsrechtswidrige Auslegung eines nationalen Gesetzes durch die Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis - Voraussetzungen für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beträge“
In der Rechtssache C-129/00https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=48783&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1261048Rn. 25Nach ständiger Rechtsprechung ist in Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung über die Erstattung rechtsgrundlos erhobener nationaler Abgaben die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, wobei diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. insbesondere Urteil vom 16. Dezember 1976 in der Rechtssache 33/76, Rewe, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5, und vom 24. September 2002 in der Rechtssache C-255/00, Grundig Italiana, Slg. 2002, I-8003, Randnr. 33).
Rn. 29Eine Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats kann grundsätzlich gemäß Artikel 226 EG unabhängig davon festgestellt werden, welches Staatsorgan durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß verursacht hat, selbst wenn es sich um ein verfassungsmäßig unabhängiges Organ handelt (Urteil vom 5. Mai 1970 in der Rechtssache 77/69¹, Kommission/Belgien, Slg. 1970, 237, Randnr. 15).
Es ist also egal, wer im nationalen Rechtsgefüge die Mißachtung von Unionsrecht zu verantworten hat; ein Vertragsverletzungsverfahren bekommt alleine der Bund an die Backe, hätte er doch alle nationalen Maßnahmen zu ergreifen gehabt, die eine Mißachtung des Unionsrechts unmöglich werden lassen.
Rn. 30Die Bedeutung der nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ist unter Berücksichtigung ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte zu beurteilen (vgl. u. a. Urteil vom 8. Juni 1994 in der Rechtssache C-382/92, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1994, I-2435, Randnr. 36).
Rn. 33Können unterschiedliche gerichtliche Auslegungen einer nationalen Regelung berücksichtigt werden, von denen die einen zu einer mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbaren Anwendung dieser Regelung, die anderen zu einer damit unvereinbaren Anwendung führen, so ist festzustellen, dass diese Regelung zumindest nicht hinreichend klar ist, um eine mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbare Anwendung zu gewährleisten.
Führt der nationale Rechtstreit des einen Rechtsweges zu einer anderen Auslegung der gleichen Norm bei einem anderen Rechtsweg, ist die Norm unionsrechtlich nicht normenklar. Unabhängig des nationalen Rechtsweges darf eine Norm im Sinne des Unionsrechts also nur zu einer einheitlichen Auslegung führen.
Rn. 35Die Überlegungen in den angeführten Urteilen der Corte suprema di cassazione beruhen selbst auf einer Prämisse, die nur eine Vermutung ist, dass nämlich die indirekten Abgaben von den Wirtschaftsteilnehmern grundsätzlich auf die nächste Handelsstufe abgewälzt würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Die übrigen gegebenenfalls berücksichtigten Umstände, nämlich der gewerbliche Charakter der Tätigkeit des Abgabenpflichtigen und der Umstand, dass sich seine wirtschaftliche Lage nicht verschlechtert hat, sowie die Erhebung der in Rede stehenden Abgabe im gesamten Inland während einer beträchtlichen Zeit und ohne Beanstandung erlauben nämlich den Schluss, dass ein Unternehmen, das seine Tätigkeit in einem solchen Kontext betrieben hat, die in Rede stehenden Abgaben tatsächlich abgewälzt hat, nur dann, wenn von der Prämisse ausgegangen wird, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer so vorgeht, sofern keine besonderen Gegebenheiten wie das Fehlen der erwähnten Umstände vorliegen. Wie jedoch der Gerichtshof bereits entschieden hat (vgl. Urteile San Giorgio, Randnrn. 14 und 15, vom 25. Februar 1988 in den Rechtssachen 331/85, 376/85 und 378/85, Bianco und Girard, Slg. 1988, I-1099, Randnr. 17, Kommission/Italien, Randnr. 7, und Comateb u. a., Randnr. 25), entspricht aus den vom Generalanwalt in den Nummern 73 bis 80 seiner Schlussanträge angeführten wirtschaftlichen Gründen eine solche Prämisse unter bestimmten Umständen nicht den wirklichen Verhältnissen und stellt eine bloße Vermutung dar, die im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf Erstattung gemeinschaftswidriger indirekter Abgaben nicht zulässig sein kann.
Die Annahme, daß Wohnungsnutzende automatisch Rundfunkinteressenten wären, stellt eine unionsrechtlich unzulässige Vermutung dar.
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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
L. A. GEELHOED
vom 3. Juni 2003(1)
Rechtssache C-129/00https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=47900&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1261048Rn. 14Die Kommission beanstandet die Art und Weise, in der Artikel 29 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 428/1990 in der italienischen Rechtsordnung von den nationalen Gerichten ausgelegt und von der Finanzverwaltung angewandt wird. Diese Rechtspraxis stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den Voraussetzungen, unter denen sich ein Mitgliedstaat weigern könne, dem Steuerpflichtigen Abgaben zu erstatten, die unter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht erhoben worden seien.
Rn. 15Die Kommission weist insbesondere auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes hin, wonach Beweisregeln, die eine Erstattung der betreffenden Abgabe praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten, unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht seien(10). Insbesondere gehe es dabei um die Vermutung, dass die Abgabe auf Dritte abgewälzt worden sei, und darum, dass dem Abgabenpflichtigen die Beweislast dafür auferlegt werde, dass eine Abwälzung nicht stattgefunden habe. Das Gemeinschaftsrecht verwehre es einem Mitgliedstaat, die Erstattung gemeinschaftsrechtswidriger Zölle und Abgaben einer Voraussetzung wie der fehlenden Abwälzung dieser Zölle oder Abgaben auf Dritte zu unterwerfen, deren Erfüllung der Antragsteller zu beweisen habe(11). Sie verweist ferner auf das Urteil Comateb u. a., in dem der Gerichtshof festgestellt habe, dass die Frage der Abwälzung oder Nichtabwälzung eine Tatfrage sei, die in die Zuständigkeit des nationalen Gerichts falle, das die Beweise frei würdigen könne. Der Gerichtshof habe jedoch hinzugefügt, dass im Fall indirekter Abgaben nicht vermutet werden dürfe, dass die Abwälzung erfolgt sei, und dass es dem Abgabenpflichtigen nicht obliege, im Wege eines negativen Beweises das Gegenteil nachzuweisen(12).
Rn. 48Die Frage, ob es möglich ist, dass die Kommission gegen einen Mitgliedstaat aus Anlass von gemeinschaftsrechtswidrigen nationalen Gerichtsurteilen ein Vertragsverletzungsverfahren einleitet, ist seit vielen Jahren in der Lehre behandelt und dann auch grundsätzlich bejaht worden(22). Auch das Europäische Parlament hat bereits 1967, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung bemerkt hat, Aufmerksamkeit für diese Problematik verlangt. Bis vor kurzem hat der Gerichtshof allerdings keine Gelegenheit gehabt, sich ausdrücklich zu dieser Frage zu äußern, aber wie oben bereits erwähnt, sind derzeit drei Rechtssachen, darunter die vorliegende, beim Gerichtshof anhängig, in denen die Frage nach den Folgen einer gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden nationalen Rechtsprechung in verschiedener Weise eine Rolle spielt.
Auch die dt. Gerichte provozieren also Vertragsverletzungsverfahren gegen den Bund, wenn sie sich über materielles Unionsrecht hinwegsetzen, wozu sie gemäß
Das Gericht muß materiellem Unionsrecht entsprechen -> 1 BvR 1675/16https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30058.msg188159.html#msg188159nicht befugt sind.
Rn. 49In seinen Schlussanträgen in einer dieser Rechtssachen, Köbler, ist Generalanwalt Léger unlängst ganz ausführlich auf dieses Thema eingegangen(23)². Obwohl diese Rechtssache die verwandte, aber doch anders gelagerte Frage der Verantwortung eines Mitgliedstaats für ein dem Gemeinschaftsrecht widersprechendes Urteil eines höchsten nationalen Gerichts betrifft, ist seine Analyse auch für das vorliegende Vertragsverletzungsverfahren von Bedeutung. Da ich seine Analyse unterschreibe, die ganz in feststehende, vom Gerichtshof entwickelte Grundsätze des Gemeinschaftsrechts eingebettet ist, werde ich mich nachstehend darauf beschränken, einige Aspekte zu berühren, soweit sie für das vorliegende Vertragsverletzungsverfahren besonders relevant sind.
Rn. 50Vorab ist zu sagen, dass bezüglich der Erfüllung der Gemeinschaftsverpflichtungen die Mitgliedstaaten als Einheit zu betrachten sind. Der Mitgliedstaat als solcher hat dafür zu sorgen, dass das mit den maßgebenden Bestimmungen des Vertrages oder des abgeleiteten Rechts angestrebte Ziel in der nationalen Rechtsordnung erreicht wird. Die für die Mitgliedstaaten bestehenden Verpflichtungen gelten für die Mitgliedstaaten als solche, und die Verantwortlichkeit eines Mitgliedstaats nach Artikel 226 gilt „unabhängig davon, welches Staatsorgan durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß verursacht hat, selbst wenn es sich um ein verfassungsmäßig unabhängiges Organ handelt“(24).
Rn. 53Der Grundsatz, dass der Mitgliedstaat unter dem Blickwinkel der Gemeinschaft als Einheit betrachtet wird, liegt auch der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes zugrunde, wonach sich ein Mitgliedstaat zur Rechtfertigung einer Verletzung des Gemeinschaftsrechts nicht auf nationale Vorschriften, Praktiken oder Situationen berufen kann(28). Dieser Aspekt ist auch im Urteil Brasserie du Pêcheur und Factortame erwähnt worden, in dem der Gerichtshof aufgrund des fundamentalen Belanges der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts festgestellt hat, dass „die Verpflichtung zum Ersatz der dem Einzelnen durch Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstandenen Schäden nicht von den internen Vorschriften über die Verteilung der Zuständigkeiten auf die Verfassungsorgane abhängen [kann]“(29).
Der Bund kann sich unionsrechtlich nicht darauf berufen, daß er kraft Grundgesetz keine Gesetzgebungsbefugnis für den Bereich Rundfunk hat; die Verteilung der nationalen Gesetzgebungsbefugnisse spielt hier keine Rolle.
Rn. 54 Ich verweise ferner auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den Organen der Mitgliedstaaten, die Richtlinien durchzuführen haben und die bei Säumnis von Einzelnen dafür haftbar gemacht werden können. Für diese Situationen hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich die Einzelnen auf die betreffende Richtlinie gegenüber dem Staat berufen können oder „gegenüber Organisationen oder Einrichtungen ..., die dem Staat oder seiner Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die sich aus den für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden Vorschriften ergeben. Hierzu gehören Gebietskörperschaften oder Einrichtungen, denen unabhängig von ihrer Rechtsform durch Hoheitsakt die Erbringung einer Dienstleistung im öffentlichen Interesse unter der Aufsicht des Staates übertragen worden ist ...“(30)
Rn. 55Obwohl diese Grundsätze jedes Mal in verschiedenen Kontexten entwickelt wurden, gehen sie alle von ein und demselben Grundgedanken aus, dass nämlich der Staat als Einheit für die Erfüllung der Gemeinschaftspflichten haftet und für jede Säumnis Verantwortung trägt, ungeachtet des Organs, das innerhalb der Staatsorganisation säumig geworden ist, einschließlich der rechtsprechenden Gewalt. Der Mitgliedstaat hat als eigenständige Einheit für die Verwirklichung des mit der betreffenden Gemeinschaftsregelung verfolgten Zieles in der nationalen Rechtsordnung zu sorgen. Das ist auch Ausfluss des in Artikel 10 EG verankerten Grundsatzes der Gemeinschaftstreue.
Rn. 56Ich ergänze insoweit, dass die Unabhängigkeit der rechtsprechenden Gewalt der Feststellung einer Vertragsverletzung als Folge einer dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Rechtsprechung nicht im Wege steht. Die Unabhängigkeit bedeutet nämlich im Kern, dass die Gerichte Streitigkeiten ohne Beeinflussung von außen, insbesondere von anderen Staatsorganen, schlichten müssen. Im Übrigen aber funktioniert die rechtsprechende Gewalt als Teil des Staatsapparats innerhalb der Grenzen, die in der nationalen Verfassung und der nationalen Gesetzgebung vorgesehen sind. Wenn die nationale Gesetzgebung eine richterliche Auslegung zulässt, die auf gespanntem Fuß mit den Gemeinschaftspflichten steht, kann eine entsprechende Kurskorrektur mit Hilfe einer Änderung der betreffenden Gesetzgebung stattfinden. Unter dem Blickwinkel der Gemeinschaft betrachtet hat die nationale Rechtsordnung mit anderen Worten als Ganzes für die Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts zu sorgen und haben alle Staatsorgane die Verpflichtung, innerhalb der Grenzen ihrer eigenen Zuständigkeit, falls notwendig durch korrigierendes Auftreten gegenüber anderen Staatsorganen, aktiv dazu beizutragen. Ein solches Auftreten eines nationalen Gesetzgebers berührt die Unabhängigkeit der rechtsprechenden Gewalt nicht.
Rn. 58 Im System der richterlichen Kontrolle sieht der EG-Vertrag eine besondere Rolle für die höchsten nationalen Gerichte vor. Ausgehend von ihrer Verantwortung für die Überwachung der einheitlichen Auslegung des Rechts einschließlich des Gemeinschaftsrechts innerhalb der nationalen Rechtsordnung erlegt ihnen Artikel 234 EG die Verpflichtung auf, Fragen nach der Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen oder nach der Gültigkeit von Handlungen der Gemeinschaftsorgane dem Gerichtshof vorzulegen. Die Möglichkeit, hiervon in Fällen, in denen es um einen „acte clair“ geht, abzuweichen, ist von strengen Voraussetzungen abhängig(32). Diese Verpflichtung der höchsten nationalen Gerichte bezweckt, Unterschiede in der Art und Weise der Anwendung von Gemeinschaftsrecht in den Mitgliedstaaten dadurch zu verhindern, dass der Gerichtshof in die Lage versetzt wird, eine einheitliche und bindende Auslegung der betreffenden Gemeinschaftsvorschriften für die gesamte Gemeinschaft zu liefern. So wird erreicht, dass die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsuchenden ihre Tätigkeiten ausüben, jedenfalls soweit sie vom Gemeinschaftsrecht festgelegt werden, möglichst gleich ausfallen.
Rn. 60Eine unrichtige Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die nationalen Gerichte führt dazu, dass Einzelne nicht mehr in den Genuss ihrer aus dem Gemeinschaftsrecht fließenden Rechte kommen und dass mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbare Regelungen und Praktiken bestehen bleiben können. Dies kann sich wiederum auf die Stellung von natürlichen und juristischen Personen auf dem Binnenmarkt auswirken und so zu Verzerrungen im Wirtschaftsverkehr führen. Aus der Perspektive der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts kann daher auch nicht von einem Schutz des Mitgliedstaats vor einem Vertragsverletzungsverfahren die Rede sein, wenn die Verletzung von Gemeinschaftspflichten der fehlerhaften Auslegung oder Anwendung von Gemeinschaftsrecht durch die nationalen Gerichte zuzuschreiben ist.
Rn. 64Von Bedeutung scheint mir ferner zu sein, ob die Verletzung der gemeinschaftlichen Pflichten durch die nationalen Gerichte eine strukturelle Erscheinung darstellt. Handelt es sich um einen inzidenten oder isolierten Fall, oder kann geradezu gesagt werden, dass es um einen Trend in der nationalen Rechtsprechung geht, der in dem betreffenden Punkt den gemeinschaftlichen Pflichten zuwiderläuft? Hierbei dürfte es auch eine Rolle spielen, ob es um eine neue Entwicklung geht oder um eine Rechtsprechung, die seit längerer Zeit beibehalten wird. Im ersten Fall kann man sich vorstellen, dass das nationale Rechtssystem Gelegenheit zur Selbstkorrektur erhält, bevor von einer Vertragsverletzung gesprochen werden kann. Wenn eine solche Entwicklung in der Berufungs- und/oder Kassationsinstanz bestätigt wird, wobei es auch eine Rolle spielen kann, ob das betreffende Rechtsproblem mit einem Vorlagebeschluss dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde oder nicht, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine strukturelle Erscheinung handelt.
Rn. 65Der dritte und in meinen Augen wichtigste Anknüpfungspunkt für die Möglichkeit der Feststellung einer Vertragsverletzung im Zusammenhang mit nationalen Gerichtsentscheidungen, die gemeinschaftsrechtliche Pflichten verletzen, ist bereits im ersten Punkt mit enthalten. Es handelt sich um die Wirkung dieser nationalen Entscheidungen auf die Verwirklichung des Zieles der betreffenden Gemeinschaftsregelung. Wenn nationale Urteile bewirken, dass die Wirtschaftsteilnehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat unter anderen Voraussetzungen handeln müssen als die Wettbewerber oder (juristischen) Personen unter vergleichbaren Umständen anderswo in der Gemeinschaft, dann wird hier eindeutig die Einheit des Gemeinschaftsrechts angetastet, die praktische Wirksamkeit dieses Rechts untergraben und der Rechtsuchende um seine Rechte gebracht. Wird festgestellt, dass solche schädlichen Wirkungen infolge der betreffenden Rechtsprechung eingetreten sind, so ist die Feststellung einer Vertragsverletzung angezeigt.
Siehe Hervorhebung in Rot; was könnte treffender sein, als die reale Ungleichbehandlung der öffentlichen und privaten Rundfunkunternehmen in Deutschland? Während die einen, (ÖRR), sich offenbar am Finanzbudget der Bürger*innen frei bedienen dürfen, müssen die anderen, (PRR), darum kämpfen.
Zur Hervorhebung in Blau braucht sicher nix weiter geschrieben zu werden?
Rn. 68Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass ein Einzelner, dem der Staat zu Unrecht eine Geldleistung auferlegt hat, berechtigt ist, den entrichteten Betrag zurückzufordern. Abgaben dürfen nur dann auferlegt werden, wenn sie auf eine geeignete Rechtsgrundlage gestützt sind. Fehlt diese, ist die Abgabe a fortiori unrechtmäßig und zu erstatten.
Rn. 69Dieser Grundsatz ist auch in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben hat, Ausfluss und Ergänzung von Rechten, die den Rechtsuchenden aufgrund der Gemeinschaftsbestimmungen zustehen, die solche Abgaben verbieten. Der Mitgliedstaat ist somit grundsätzlich verpflichtet, unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobene Abgaben zu erstatten(34).
Rn. 70Abgesehen von der offenkundigen Regel, dass das, was zu Unrecht gezahlt oder unrechtmäßig erhoben worden ist, so rasch wie möglich erstattet werden muss, ergibt sich diese Folge auch aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit, die Störung der Wettbewerbsverhältnisse, die die Erhebung einer rechtswidrigen Abgabe verursacht, zu beheben.
Eine nationale Regel, die eine Erhebung unionsrechtswidriger Abgaben ermöglicht, muß umgearbeitet werden.
Die nächsten Rnn. betreffen die Frage der Erstattung einer zu leistenden Abgabe, die auf Dritte abgewälzt worden ist, was hier nicht weiter vertieft werden soll, zumal es dazu ebenfalls ein eigenständiges Thema hat:
EuGH C-398/09 - Ausnahme d. Erstattung rechtsgrundl. entr. Unternehmensabgabehttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35448.0¹Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1970.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien.
Rechtssache 77-69https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A61969CJ0077&qid=162715079227915/16 DIE VERPFLICHTUNGEN AUS ARTIKEL 95 DES VERTRAGES OBLIEGEN DEN STAATEN ALS SOLCHEN, UND DIE VERANTWORTLICHKEIT EINES MITGLIEDSTAATS NACH ARTIKEL 169 BESTEHT UNABHÄNGIG DAVON, WELCHES STAATSORGAN DURCH SEIN HANDELN ODER UNTERLASSEN DEN VERSTOSS VERURSACHT HAT, SELBST WENN ES SICH UM EIN VERFASSUNGSMÄSSIG UNABHÄNGIGES ORGAN HANDELT . DER EINWAND DER BEKLAGTEN KANN DAHER NICHT DURCHGREIFEN .
² SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
PHILIPPE LÉGER
vom 8. April 2003(1)
Rechtssache C-224/01https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=48192&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1319794
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)
Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;
- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;
- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;