Die Redakteure bei der Welt scheinen ein humorbefreites Teiluniversum zu bewohnen. Es vergeht kaum ein Tag, eine Stunde, in der über das Coronavirus* kein Witz gerissen, kein witziges oder blödsinniges Bild verbreitet wird. In der heutigen Ausgabe des Hamburger Abendblatts ist ein Bild auf S. 2, in dem treffen sich zwei Personen in einer festlich dekorierten Halle. Die Frau sagt: "Ich gehe nur noch zu den abgesagtesten Partys." Der Mann, in einigen Metern entfernt: "ich auch." Witze wie "Warum gibt es zur Zeit zu wenig Klopapier? Einer niest, 500 machen sich in die Hose." machen die Runde. Dazu verbreiten sich Bilder und Sprüche mit mehr oder weniger lustigem Inhalt via Twitter und Whatsapp.
Lachen befreit, nimmt den Druck, gerade in der Krise. Das kann ein Redaktuer bei der Welt vielleicht nicht wissen, Teiluniversum s. o. Aber dass nicht nur im ÖR-Rundfunk versucht wird den dauernden Krisenmeldungen ein lachendes Gesicht zu zeigen, könnte sich durchaus bis in die Redaktionsräume herumgesprochen haben.
NB: Ich könnte ja eher heulen. Über die Mathematikschwächen von Journalisten und Politikern z. B., die offenbar weder Begriffe wie exponentielles Wachstum gehört haben noch von Seuchenausbreitung und -bekämpfung, und daher nicht in der Lage sind adäquat zu handeln. Ein bischen Grundwissen hätte genügt um nicht nur auf die wenigen Fälle zu Beginn zu schauen, sondern auf die Zuwachsraten in den Ländern, deren Erstinfektionen schon einige Wochen zurück lagen; dass die hier geringer sein würden, war eine unsinnige Vermutung. Sie wäre nur erreichbar gewesen, hätte man sich nicht in der Kunst des Abwiegelns geübt. In Hamburg hatten wir am 06.03.2020 acht bekannte Fälle. Gestern, am 13.03.2020 waren es schon 121. Bei den Steigerungsraten braucht es keine vier Wochen und man findet in Hamburg keinen mehr, der nicht infiziert wäre. Das Wesen solcher Epedemien ist es, dass man am Anfang massiv handeln muss, weil man es im weiteren Verlauf nämlich kaum noch kann. Die Politiker, Ärztevertreter und Sprachrohre in den Medien faseln lieber von "guter medizinischer Versorgung" und 30.000 Intensivpflegebetten und "gefährlich wie ein Schnupfen". Wie viele Tote gibt es eigentlich durch Schnupfen? Vor der Infektionswelle wurde gerade noch der massive Mangel an Pflegepersonal beklagt, die Abhängigkeit von China und Indien in der Arzneimittelversorgung ist neben anderen Mängeln lange bekannt. Nun ist plötzlich alles tacko, wir sind "gut vorbereitet". Die Betten sind aber nicht leer, sondern decken gerade so den täglichen Bedarf. Seit Jahren sind zwischen 250 und 300 Arzneimittel regelmäßig knapp, die Gefahr sich in Krankenhäusern mit Keimen zu infizieren ist in keinem europäischen Land so hoch wie in Deutschland. Was also sind die Länder, mit denen sich Deutschlan als "sehr gut" vergleicht?
Und die Politik lässt in dieser Situation Dummbatzen vorzugsweise von Problemen der Wirtschaft reden. So gut wie jedes Medium steigt in diese unsinnige Debatte ein. Klar, die Probleme gibt es. Aber vordringlich sind wir Menschen. Ohne uns gibt es keine "Wirtschaft", die Hilfen benötigt. Über die Folgenbeseitigung können wir hinterher noch nachdenken. Zwischendurch ein bischen zu lachen finde ich hilfreich.
M. Boettcher
* Es gibt eine Reihe von Corona-Viren, u. a. das MERS-Virus.
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.