Ich halte solche Zurechnungen für ziemlichen Quatsch. Leute, die im Rundfunk und anderen Medien ständig "Linke" am Werk sehen, behaupten z. B. auch, dass der Milliardär Soros oder Obama
links wäre. Links auf entsprechende Seiten findet man aktuell z. B. in der Debatte um das Framing im Rundfunk. - Kein interner Link, findet ihr auch so! - Soros hat sicher politische und wirtschaftliche Interessen, man darf aber bezweifeln, dass die "links" angesiedelt sind. Politik in den USA wird von Reichen für Reiche gemacht, egal von welcher Partei. Die Demokraten in den USA, eine Partei, die man irgendwo zwischen FDP und CDU ansiedeln kann, gilt dort zwar als "liberal", was dem Republikaner gleichbedeutend mit "links" gelten kann, ist aber Lichtjahre von dem entfernt, was in Europa überwiegend mit linken Positionen assoziert wird. Dass Parteien, die man früher dem eher linken Spektrum zuordnete, heute Positionen vertreten, die mit denen von früher nicht mehr viel gemein haben, ist sicher bei diversen Parteien in Europa zu beobachten. Hier hat das zum Niedergang der SPD geführt, weil die Bürger aus Enttäuschung entweder gar nicht mehr oder gleich das Original wählen, oder aber ihr Heil in neuen Parteien suchen.
Es gab früher deutlich klarere Ausrichtungen in den Sendern, bekannt als
Rotfunk und
Schwarzfunk. Siehe z. B. in der Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rotfunk bzw.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzfunk.
Rundfunk heute ist anders; er kommt an der Oberfläche nahezu unpolitisch im Vergleich zu früher; quasi einschläfernd. Heute kann man vor allem feststellen, dass es in den öffentlich-rechtlichen Sendern eine stärkere Ausrichtung gibt, als Sprachrohr der Regierungen und der Parteien, die man als etabliert bezeichnen kann, zu agieren. Kritische Fragen: Fehlanzeige; dafür Stichworte an den Interviewten, dass der die üblichen Versatzstücke absondern kann. Das schließt durchaus ein, dass den handelnden Personen im Sender ungeliebte Parteien (Linke, AfD) und Personen stärker kritisch angegangen werden, man quasi sein Potential als Journalist zeigt. Auch reine Diffamierung ist drin, wenn man sich über das ehemalige Mitglied der SPD Lafontaine abfällig äußert oder den frisch gewählten Labour-Chef als "linken Spinner" tituliert.
Zudem gibt es über alle Grenzen hinweg ein ziemlich einheitliches Wording, ziemlich verbreitet Anhänger neoliberaler Ideen und eine klare Ausrichtung in Richtung EU und USA. Danach sind bestimmte Regierungschefs z. B.
Machthaber, andere aber
Präsident,
Kanzler oder einfach
Regierungschef. Reiche Leute sind entweder
Oligarchen oder eben einfach
Gönner,
Mäzen oder Besitzer großer Vermögen (
Multimillionär, Milliardär), je nachdem, in welchem Land die wohnen. Man wird aber nie erleben, dass D. Trump in der Tagesschau als Machthaber oder Frau S. Klatten als Oligarchin bezeichnet wird. Der Ableger von Al Quaida in Syrien, eine im wortsinne mörderische Organisation, ist dem ÖRR schlicht "
gemässigte Rebellen", während die
Gelbwesten in Frankreich dem Sprecher als "
gewaltätiger Mob" auffallen, die sich gegen den ach so wunderbaren Präsidenten Macron auflehnen. Dass der ca. 75 Prozent der Franzosen zum Hals raus hängt, ist hier noch keinem Rundfunkmenschen aufgefallen. Überhaupt sind bei Demonstrationen angeblich vor allem Demonstranten gewalttätig, dann wird auch berichtet, die Polizei fast nie. Organisiert man von den USA aus einen Regimechange in Venezuela, so ist der Präsident - sicher kein Unschuldslamm - daran schuld, nicht der Wirtschaftskrieg der USA oder die außenpolitisch unübliche Anerkennung eines nicht gewählten Politikers, während anderswo die Diktatoren gute Menschen sind, weil sie
unsere Diktatoren sind, die unsere Waffen kaufen. Das deutsche Soldaten in treuer Gefolgschaft zu den USA an den Kriegen in der Welt beteiligt sind, wird im ÖR-TV als "
Einsätze" beschönigt; ein Präsident der das böse K-Wort ausspricht muss zurücktreten; Häme von der Mattscheibe für derlei Ungeschicklichkeit im politischen Geschägft inklusive. Wenn Bundeswehrsoldaten am Hindukush in die Piste beißen soll das angeblich hier die Demokratie sichern. Dass das ein deutscher Fernsehsprecher im ÖRR bezweifelt, hört man leider praktisch nie. Eher, dass sich die Opposition leider, leider wieder einmal als unzuverlässig erweist und die Verlängerung des
Einsatzes ein weiteres Mal ablehnt. Folgerichtig plappern die Sprecher im Fernsehen, ob in den Nachrichten oder den unsäglich Talkshows mit den immer gleichen Figuren, das nach, was die Flintenuschi sich von den Scharfmachern in den USA, der EU und der NATO vorsagen lässt. So geht Fernsehen und ÖR-Radio heute. Irgendwann, so hofft man wohl in den Länderregierungen und in Berlin, wird das Volk die Armut lieben und begeistert in den allerletzten Krieg ziehen. Daran arbeitet man im Fernsehen. Die Rundfritzen als Scharfmacher. Was an alledem links sein soll, verschließt sich mir. Eigentlich gibt es nur Vollidioten und Nicht-ganz-so-Idioten. Ich vermute aber, dass man auch über diese Einteilung trefflich streiten kann.
M. Boettcher