Zur (hoffentlich) weiteren Verdeutlichung möchte ich verweisen auf die
BVerfG-Entscheidung zu den "wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen":
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Juni 2014- 1 BvR 668/10 - Rn. (1-69),
http://www.bverfg.de/e/rs20140625_1bvr066810.htmlRn. 43: Es gibt zwar keinen eigenständigen vollständigen verfassungsrechtlichen Beitrags- oder Gebührenbegriff (vgl. BVerfGE 50, 217 <225 f.>); diese Vorzugslasten weisen jedoch Merkmale auf, die sie verfassungsrechtlich notwendig von der Steuer unterscheiden. Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken (vgl. BVerfGE 50, 217 <226>; 92, 91 <115>; 110, 370 <388>; 132, 334 <349, Rn. 49> m.w.N.; stRspr). Das gilt entsprechend für Beiträge, die im Unterschied zu Gebühren schon für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung erhoben werden (vgl. BVerfGE 9, 291 <297 f.>; 92, 91 <115>; 110, 370 <388>; 113, 128 <148> m.w.N.). Durch Beiträge sollen die Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligt werden, von der sie potentiell einen Nutzen haben (vgl. BVerfGE 38, 281 <311> m.w.N.). Der Gedanke der Gegenleistung, also des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten, ist der den Beitrag im abgabenrechtlichen Sinn legitimierende Gesichtspunkt (BVerfGE 9, 291 <298>). Während bei den Zwecksteuern die Ausgaben- und die Einnahmenseite voneinander abgekoppelt sind, werden bei den nichtsteuerlichen Abgaben in Form von Beiträgen die Rechtfertigung und die Höhe der Abgabe gerade durch den öffentlichen Aufwand vorgegeben (vgl. BVerfGE 108, 186 <212>; 110, 370 <384>; 124, 348 <364>; Birk/Eckhoff, in: Sacksofsky/Wieland, Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 54 <57>; P. Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 3. Aufl. 2007, § 119 Rn. 64).
Bemerkenswert ist hier, daß laut BVerfG die Beiträge von den
Interessenten einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden dürfen und sollen. Soweit ist das ja nachvollziehbar. Allerdings hat jemand, der keine Rundfunkgeräte hat, ganz offensichtlich gerade kein Interesse an den "Angeboten" der örR und kann, der Rechtsprechung des BVerfG vor dem 18.07.2018 zufolge, auch kein Beitragspflichtiger sein.
Und weiter aus der gleichen Quelle:
Rn. 51: Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Erfolgt die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen grundstücksbezogen, können nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet.
Hieraus geht klar hervor: Der Beitragspflichtige und der Nichtbeitragspflichtige müssen sich klar voneinander unterscheiden lassen. Nach § 2 Abs. 1 RBStV sind aber alle Wohnungsinhaber Beitrags-"Schuldner". Es gibt also keinen Unterschied mehr. Zudem werden sie nach § 2 Abs. 2 RBStV als "Gesamtschuldner" geführt - ein dem Steuerrecht entlehnter Begriff, der den Gesamtschuldnern allerdings die Option bietet, erst einen gemeinsamen Bescheid zu erhalten und dann einen Bescheid pro Person zu fordern, was in der Zwangsbeitragspraxis jedoch gerade nicht geschieht.
Auch muß sich der Beitragspflichtige klar von der nicht-beitragspflichtigen Allgemeinheit unterscheiden lassen. Hierauf wurde von den RA der Beschwerdeführer mehrfach und explizit hingewiesen.
Rn. 52: Die Erhebung von Beiträgen erfordert hiernach hinreichende sachliche Gründe, welche eine individuelle Zurechnung des mit dem Beitrag belasteten Vorteils (siehe oben B. I.) zum Kreis der Belasteten rechtfertigen. Wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>). Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, juris, Rn. 103).
Hier hat sich das BVerfG eine kleine Lücke geschaffen: Es kommt nicht auf die Anzahl der Beitragspflichtigen an, sondern darauf, ob diesen ein individuell-konkreter Sondervorteil zugerechnet werden kann. Dies ist beim Rundfunkbeitrag nicht mehr der Fall, da alle (pauschal, also gerade nicht individuell) als Beitragspflichtige definiert werden, nur weil sie wohnen (also ohne konkreten Bezug zum Nutzungsinteresse, das man am Bereithalten von Rundfunkgeräten festmachen könnte).
Ein unterstellter Vorteil ohne Hinweise auf ein Nutzungsinteresse sind eine willkürliche Zwangsbeitragsrechtfertigung.
Rn. 54: Weitergehende verpflichtende Anforderungen, wie zum Beispiel die Existenz eines „funktionalen Zusammenhangs“ zwischen Verkehrsanlagen und den mit einem Ausbaubeitrag belasteten Grundstücken sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit.
Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/06/rs20140625_1bvr066810.html
Und genau das wird jetzt, 4 Jahre später, plötzlich doch gemacht. Denn da zwischen Nutzer und Nichtnutzer nicht mehr unterschieden wird, da das Schutzgeld jetzt alle Wohnenden als Gesamtschuldner gleichermaßen trifft, hat sich der Sondervorteil, den man vorher noch irgendwie hätte an den Haaren herbeiziehen können in (stinkende) Luft aufgelöst. Es gibt keine nicht-beitragspflichtige Allgemeinheit mehr, der Beitrag wird allgemein erhoben.
Anscheinend kommt es nicht auf die Abgabenart an, sondern auf den Abgaben-Begünstigten, wie bezüglich der Zulässigkeit entschieden wird.
Und um es nochmal zu betonen: Genau darauf haben die RA der Beschwerdeführer mehrfach explizit hingewiesen, was man auch im Protokoll nachlesen kann unter
Verhandlungen BVerfG 16./17.05.2018 > Berichte/ Protokollehttps://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27411.msg175437.html#msg175437Was heißt das jetzt für die Zukunft?
Für jegliche - Entschuldigung! - hirnverbrannte Klüngelabgabe ist jetzt Tür und Tor geöffnet. Die Grundrechte der Bürger, die Abwehrrechte gegen den Staat sein sollen, bestehen auf dem Papier, werden aber in der Realität von unserer Gesetzgebung unterwandert unter den wachenden Fittichen der Grundrecht-Wächter (BVerfG).
BayernWiderspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)
BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.
BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.