Dieser Beitrag gehört eigentlich in die übergeordnete Serie
LG Tübingen > Urteil: eklatante Formfehler der Beitragserhebung/ -beitreibunghttp://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,10569.75.htmldoch diese ist leider geschlossen.
Zwischenzeitlich gibt es eine Reaktion vom SWR wenn man sich im Widerspruch auf die Argumentation des Tübinger Urteils beruft:
Ihre Widersprüche gegen den Gebühren-/Beitragsbescheid des Südwestrundfunks
vom ... weisen wir zurück.
Gründe:
Sie begründen die Widersprüche damit, dass die Bescheide formal fehlerhaft
seien, da sich den Bescheiden weder die Behörde entnehmen lasse noch eine Unterschrift vorhanden sei. Einen Beitragsbescheid für zukünftig fällige Beiträge hätten Sie nicht erhalten.
Sie verweisen hierzu auf einen Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 19.05.2014 (Az. : 5 T 81 /14).
[...]
Ihre Widersprüche sind zulässig, aber nicht begründet.
Die Bescheide sind formell rechtmäßig.
Die Bescheide sind auch ohne Unterschrift in rechtmäßiger Form erlassen
worden.
Gemäߧ 37 Absatz 5 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) können bei
einem schriftlichen Verwaltungsakt der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen.
Die Bescheide werden automatisch erstellt und sind demnach auch ohne
Unterschrift gültig.
Sie geben an, dass die Bescheide nicht erkennen lassen, wer Aussteller des
Bescheides sei. Dies ist nicht zutreffend.
Zuständig für die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge ist die
Landesrundfunkanstalt, der nach§ 10 Absatz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag die Beiträge anteilig zustehen. Die jeweils zuständige Landesrundfunkanstalt ist der Aussteller der Bescheide. Die Legitimation der Landesrundfunkanstalten,
ihre Aufgaben ganz oder teilweise durch eine gemeinsame Verwaltungseinrichtung selbst wahrzunehmen, ergibt sich aus§ 10 Absatz 7 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Da der Beitragsservice den rundfunkeigenen Beitragseinzug betreibt, werden entsprechende Beitragsbescheide ausdrücklich im Namen der jeweiligen Landesrundfunkanstalt erstellt.
ln den vorliegenden Bescheiden ist der Südwestrundfunk deutlich in der
Kopf- und Fußzeile auf der ersten Seite der Bescheide aufgeführt. Der Aussteller ist aus den Bescheiden demnach eindeutig zu erkennen.
Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist Art. 4
(Rundfunkbeitragsstaatsvertrag) des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.08.1991, zuletzt geändert durch 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15. - 21.12.2010.
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist durch die Ratifizierung in den
Länderparlamenten in allen Bundesländern zu geltendem Landesrecht geworden.
Nach § 2 Absatz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist im privaten Bereich für
jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.
Die Beitragspflicht besteht unabhängig von den tatsächlich vorhandenen
Rundfunkgeräten. Ob und welche Rundfunkempfangsgeräte vorhanden sind, ist unerheblich.
Sie sind Inhaber einer Wohnung und daher zur Entrichtung des Beitrags
verpflichtet.
Die Höhe und die Fälligkeit des Rundfunkbeitrags sind gesetzlich geregelt.
Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten
(§ 7 Absatz 3 Satz 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag). Aktuell beträgt der
monatliche Rundfunkbeitrag 17,98 EUR (§ 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag), im Dreimonatszeitraum 53,94 EUR.
Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen entrichten Sie die Rundfunkbeiträge
nicht.
Die Landesrundfunkanstalten sind nach§ 9 Absatz 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ermächtigt, Einzelheiten des Anzeigeverfahrens und des Verfahrens zur Leistung des Rundfunkbeitrags durch Satzung zu regeln.
Werden geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier
Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet, wird ein Säumniszuschlag von 1 % der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid festgesetzt (§ 11 Abs. 1 der Satzung der Landesrundfunkanstalt über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge).
Da die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen und deren Fälligkeit
gesetzlich geregelt ist, begründet nicht erst der Erlass eines Bescheids die Zahlungspflicht. Ein Festsetzungsbescheid wird nach § 1 0 Absatz 5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ausschließlich über bereits rückständige
Rundfunkbeiträge erlassen. Zu diesem Zeitpunkt war die Fälligkeit der
festgesetzten Rundfunkbeiträge längst verstrichen, so dass ein Säumniszuschlag zu erheben war.
Soweit das LG Tübingen im Ergebnis ausführte, durch die im Vollstreckungsersuchen aufgeführten Beitragsbescheide seien nur rückständige Rundfunkbeiträge festgesetzt worden und mangels vorhergehender Bescheide seien die Rundfunkbeiträge nicht fällig geworden, missachtet es die oben genannte ausdrückliche spezialgesetzliche Regelung in §7 Absatz 3 Satz
2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, wonach Rundfunkbeiträge in der Mitte eines Dreimonatszeitraums - dieser bestimmt sich nach dem in § 7 Absatz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelten Beginn der Beitragspflicht - zu leisten sind.
Danach sind, ebenso wie zuvor die Rundfunkgebühren, die Rundfunkbeiträge -
für die inhaltsgleiche Vorgängerregelung des § 4 Absatz 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag ist dies durch die einhellige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung anerkannt - kraft Gesetzes ohne vorhergehenden Leistungsbescheid fällig.
Dem entsprechend sind die Landesrundfunkanstalten in § 10 Absatz 5
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ausschließlich zur Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge ermächtigt. Diese spezialgesetzliche Ausgestaltung trägt dem Umstand Rechnung, dass insgesamt über 40 Millionen Beitragskonten bestehen und somit die Rundfunkanstalten ansonsten in jedem Jahr vier Mal 40 Millionen Beitragsbescheide erlassen müssten.
Die Rundfunkanstalten stehen eben über dem Gesetz, für sie gibt es "Spezialgesetze"!
Zur weiteren Diskussion:
Das LG Tübingen kritisierte konkret:
1. Daß die Rechtsform der Behörde nicht angegeben ist
2. Daß deren gesetzliche/r Vertreter nicht benannt ist/sind
3. Daß nicht klargestellt wird daß der Beitreibungsservice im Auftrag und
für den SWR tätig wird, bzw. wie das Verhältnis der beide zueinander
überhaupt ist.
Darauf gehen sie in ihrem Widerspruchsbescheid überhaupt nicht ein!
Das LG Tübingen sagt ja sinngemäß, man kann nicht erwarten daß sich jeder
selbst aus den Gesetzen und öffentlich verfügbaren Informationen die
nötigen Informationen zusammensucht, Ihr habt das gefälligst auf die Bescheide
draufzuschreiben.
Die Begründung "zu teuer, 40 Millionen Bescheide pro Quartal" kann man
auch nicht so stehenlassen, denn schließlich verschicken sie ja - wenn man
nicht zahlt - zuerst diese Bettelbriefe mit Überweisungsträger. ANSTELLE
DIESER sollten halt vernünftige Bescheide verschickt werden, dann bestünde
das Problem nicht.
Edit "Bürger":
Eine umfängliche Sichtweise der Rundfunkanstalten - quasi als "Arbeitsgrundlage" für die Gerichte und Vollstreckungsstellen herausgegeben - findet sich unter
Infoblätter für Gerichte (BY): Zwangsvollstreckung/Tübingen/Festsetzungsbesch.
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13418.0.html