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Autor Thema: Argumentation bei Widerspruch  (Gelesen 2242 mal)

F
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Argumentation bei Widerspruch
Autor: 09. September 2014, 15:39
Hallo,

ich frage mich, was Ihr von folgender Argumentation haltet:

In dem Gerichtsurteil Az. 1 VB 65/13 vom 22.8.2013 weist das Staatsgericht Baden-Würtemberg die Klage ab mit der Begründung, bei dem „Rundfunkbeitrag“ handele es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine Vorzugslast.
Eine Vorzugslast beinhaltet den Ausgleich eines Vorteils, die durch eine öffentliche Einrichtung oder Tätigkeit erzielt wird.
Die Bereitstellung eines Vorteils aber kann ich für mich nicht erkennen, da ich aus guten Gründen schon immer den Besitz eines Fernsehers oder eines Radios – und überhaupt dem Konsum des Angebots der Öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten - abgelehnt habe. Denn wann immer ich bei Bekannten eines der Medien genutzt habe, ging es mir hinterher schlechter als vorher. I.d.R. fühlte ich mich nach dem Konsum leer und niedergeschlagen.
Wenn der Tatbestand des Vorteils nun aber nicht gegeben ist, kann auch nicht von einer Vorzugslast gesprochen werden, die aus der Bereitstellung entsteht. Wenn es sich nicht um eine Vorzugslast handelt, handelt es sich auch nicht um einen Beitrag oder eine Gebühr.
Wenn es sich nicht um einen Beitrag oder eine Gebühr handelt, haben Sie keine Legitimation, Geld von mir zu fordern.
Aus diesem Grund ist die Erhebung der „Rundfunkgebühr“ rechtlich nicht haltbar und ich verweigere die Zahlung derselben.

Ist das verwertbar? Ich freue mich über Antworten - besonders über juristisch versierte... :)

Ansonsten kann hier vielleicht auch ein Platz für neue Argumente entstehen?


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T
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Re: Argumentation bei Widerspruch
#1: 09. September 2014, 17:17
Lieber Freund der Freiheit,
diese Argumentation ist gut nachvollziehbar und wird sicherlich von mehreren Personen vertreten. Dass ein Beitrag als Vorzugslast einen individuell zurechnenbaren Vorteil gewähren muss, der zudem nur eine bestimmte Gruppe von Personen betreffen kann, ist ja eine der wiederkehrenden Argumentationen der zahlreichen Gutachten, u.a. von Professor Christoph Degenhart, vom Richter Thomas Exner und RA Dennis Seifarth und zuletzt nochmals von RA Thorsten Bölck.

Mehr zum Thema: Gutachten zum Rundfunkbeitrag/ Rundfunkbeitragsstaatsvertrag
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,5817.msg45115.html#msg45115

Mit diesen Publikationen lässt sich der fehlende individuell zurechnenbare Vorteil, der fehlende Gruppenbezug ("Rundfunkteilnehmer") und damit der rechtliche Status des Beitrags als Vorzugslast auch juristisch weiter untermauern. Also gute Lektüre!


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Re: Argumentation bei Widerspruch
#2: 09. September 2014, 19:43
Lieber TVFrei,

Danke für die Antwort und die Verweise auf die "Lektüre"!  :) Es gibt zu diesem Thema so viel zu lesen und zu entdecken - allein in diesem Forum - und mir fehlt leider die Zeit dazu, deshalb bin ich für jeden Hinweis auf wesentliche Quellen dankbar!

In der Tat führt Prof. Dr. Degenhart genau diesen Punkt auf, wie ich jetzt dank Ihnen weiß. Ich verstehe nur nicht, wie ein Staatsgericht weiterhin behaupten kann, der Rundfunkbeitrag wäre eine Vorzugslast!?!
Gibt es dazu irgendwelche Begründungen? Gerne würde ich die Gegenargumente besser kennen. Ich finde dazu nur:
"Dem Charakter einer Vorzugslast steht nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig sind. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen." (Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
vom 15. Mai 2014)
Aber das ist doch nur eine Behauptung und keine Begründung - oder übersehe ich da etwas? Ich meine: Wo ist denn der Vorteil, wenn ich keinen Vorteil (durch die Bereitstellung) habe???


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Re: Argumentation bei Widerspruch
#3: 09. September 2014, 21:46
Geschätzter Freund der Freiheit!
Die Gegenargumente sind in der Tat sehr schwach, um nicht zu sagen inexistent. Genau deswegen ist die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 auch bereits mehrfach als Schandurteil bezeichnet worden und es gab in der Presse heftige Reaktionen darauf, wie etwa in den beiden Artikeln von

* Michael Hanfeld: Diese Rundfunkurteile sind ein Witz, in: FAZ, vom 16.05.2014
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/verfassungsgerichtshoefe-diese-rundfunkurteile-sind-ein-witz-12941651.html

und

* Helmut Hein: Der Zwangsbeitrag stinkt zum Himmel, in: Mittelbayerische, vom 18.05.2014
http://www.mittelbayerische.de/nachrichten/kultur/artikel/der-zwangsbeitrag-stinkt-zum-himmel/1063624/der-zwangsbeitrag-stinkt-zum-himmel.html

"Einseitig, apodiktisch und von der Argumentation her oberflächlich" ist die zutreffende Einschätzung solcher "Rechtssprechung". Deswegen wurde hier im Forum auch bereits diskutiert, wie die abgewiesenen Klagen und der gesunde Menschenverstand sich zueinander verhalten. Die Frage ist, wie lange die Gerichte die offensichtlichen Argumente einfach ignorieren und abweisen können ohne sich damit völlig unglaubwürdig zu machen. Je mehr Kläger und Anwälter immer wieder die gutbegründeten Argumente vortragen, um so mehr ist zu hoffen, dass die Rechtsprechung sich des gesunden Menschenverstandes nicht vollends verschließt. Freiheit und Vernunft sollen sich nicht auf Dauer unterdrücken lassen. Freunde der Freiheit voran, vivat Libertas!


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 09. September 2014, 21:51 von TVfrei«

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Re: Argumentation bei Widerspruch
#4: 10. September 2014, 11:42
Lieber TVFrei,

vielen Dank abermals für die interessanten Links! Ich habe herzlich gelacht über den Schluß Ihrer Antwort!  :D
Aber nachdem ich die Artikel gelesen hatte, war mir garnicht mehr zum Lachen zu mute, weil meine Befürchtungen hier bestätigt wurden: Dass nämlich der Rechtsstaat, so wie ich ihn kennengelernt und zu schätzen gelernt habe, anfängt zu bröckeln. Und ich habe Angst, dass das Schule machen könnte. Mit dieser Art der Pauschalisierung (womit letztlich alle Gegenargumente abgeschmettert wurden in den Gerichtsurteilen) werden die Individualrechte ausgehebelt und das bedeutet ja nichts weiter, als dass das Grundgesetz ausgehebelt wird.
Nun, das ist ja auch der Grund, weshalb ich mich auf eine Klage einlassen werde... Das dürfen wir nicht durchgehen lassen! Und ich freue mich, hier so viele Gleichgesinnte zu finden!


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