"Die Struktur des ÖRR ist grundsätzlich nicht geeignet, die Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags zu bewirken", so jedenfalls die Auffassung des NDR in einer Klageerwiderung. Und die Verwaltungsgerichte sehen das ebenso. Sie selbst bemühen sich ja auch nur um eine gut funktionierende Justiz. Wer in einem gewerblichen Beruf arbeitet und Werkverträge erfüllen muss, der kennt den Unterschied. Diese Leute werden alle für Bemühen, Kümmern, sich Sorgen machen bezahlt, aber eben nicht für objektivierbare Leistungen. Deshalb ist eine inhaltliche Diskussion vergeblich.
Kernfrage ist die Typisierung; das ist der Dreh- und Angelpunkt im Verwaltungsrecht. Die Verwaltungsrichter interessiert, ob man typisieren darf, weil es sonst einen immensen Aufwang gäbe? Das bejahen sie beim Rundfunkbeitrag und negieren dabei das Finnland-Modell (das vor Jahren die FDP favorisierte).
Der Grund, warum auch ARD und ZDF so auf die Quote schielen, liegt genau hier. "Typisierung" wird von Verwaltungsrichtern nur quantitativ betrachtet. Verwaltungsrichter werden sich nie mit Inhalten beschäftigen. Verwaltungsrichter würden den Beitrag nur kippen, wenn niemand mehr ARD und ZDF schaut! Die Quoten sind im Augenblick noch zu hoch.
Die Verwaltungsgerichte machen in diesem Punkt tatsächlich einen rechtstechnischen Fehler. Sie argumentieren pro Beitrag mit Anknüpfungspunkt Wohnung, indem sie das alte Gerätekriterium weiterverwenden: In jeder Wohnung steht ein TV-Gerät (bis auf ein paar Spinner), also darf man Typisieren. Ich werde in der Berufung schwerpunktmäßig damit argumentieren, dass es auf die Geräteverbreitung nicht mehr ankomme, sondern auf die Quote gemessen ander Gesamtbevölkerung, die ja den Beitrag entrichten soll. Und da sehen ARD und ZDF ja relativ schlecht aus. Die Leute unter 30 sind ja keine TV-Junkies mehr. Wenn die Nutzung der Inhalte, die ARD und ZDF produzieren, unter einen Nutzungsgrad von zwei Dritteln der Wohnbevölkerung fällt, dann sehe ich die Chance, dem Rechtsinstrument "Typisierung" erfolgreich zu Leibe rücken zu können. Nur unwahrscheinlicherweise wird dieser Wert vor dem BVerfG höher (die Hürde für uns also niedriger) liegen. Im Unterschied dazu stehen die Chancen beim EGMR besser, denn dort kann man das Rechtsistrument "Typisierung" möglicherweise erfolgreich an sich angehen.
Der Grund, warum die Zeitungen die ARD- und ZDF-Aktivitäten im Internet so stark kritisieren, basiert genau auf diesem Grundproblem; und genau deshalb kämpfen ARD und ZDF um die Quote und darum, möglichst viel im Internet machen zu dürfen. Und deshalb sind diejenigen, die ARD und ZDF zu Klickzahlen verhelfen, für uns so ein Problem. Und genau wegen diser Kernfrage heißt es in der Tagesschau zu einem Beitrag immer, dass man mehr auf tagesschau.de finden könne.
Man braucht für den weiteren Gang des Verfahrens seriöse Zahlen über die komplette konvergente Mediennutzung mit dem Ziel, die allseitige tatsächliche Nutzung des ÖRR relativieren zu können.