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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: Viktor7 am 18. Juli 2018, 22:45

Titel: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 18. Juli 2018, 22:45
Widersprüche in den Urteilen des BVerfG


Zweites Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts:
http://www.telemedicus.info/urteile/Rundfunkrecht/81-BVerfG-Az-2-BvF-168,-2-BvR-70268-2.-Rundfunkentscheidung-Taetigkeit-der-Rundfunkanstalten.html

Zitat
Die Gebühren bezögen sich nicht auf die Sendungen, die unentgeltlich seien, sondern auf das Veranstalten der Sendungen. In Wahrheit seien die Sendungen nicht dazu bestimmt, Einnahmen zu erzielen, sondern dienten dazu, die den Rundfunkanstalten durch Gesetz zugewiesene öffentliche Aufgabe der "Nachrichtengebung im weitesten Sinne" zu erfüllen. (...)

Wie sehr der Rundfunk als eine Gesamtveranstaltung behandelt wird, ergibt sich insbesondere daraus, dass die Länder in verschiedenen Staatsverträgen die Zusammenarbeit der Anstalten, den Finanzausgleich und die gemeinsame Finanzierung eines Zweiten Deutschen Fernsehens vorgesehen haben. Der Teilnehmer seinerseits ist nicht auf die Anstalt seines Landes beschränkt, im Fernsehen schon wegen der Zusammenarbeit der Anstalten und im Rundfunk infolge der Reichweite des Empfangs. Die für das Bereithalten des Empfangsgeräts zu zahlende "Gebühr", die der Anstalt des betreffenden Landes zufließt, ist unter diesen Umständen NICHT Gegenleistung für eine Leistung, sondern das von den Ländern eingeführte Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung. (…)

Dies hat zur Folge, dass die Rundfunkanstalten als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts "gelten", obwohl sie in Wirklichkeit nicht Betriebe gewerblicher Art sind, und dass die Gebühren, obwohl sie NICHT als Entgelt für die durch den Rundfunk gebotenen Leistungen im Sinne eines Leistungsaustausches betrachtet werden können, der Umsatzsteuer unterworfen werden.“

Wenn die Abgabe eine "Finanzierungsfunktion" hat, kann sie nicht "Entgelt für eine Gegenleistung" sein!

Der Rundfunkbeitrag dient nach § 1 RBStV zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Den Rundfunkbeitrag als Gegenleistung für das Programmangebot zu betrachten bedeutet, ihm eine Entgeltfunktion zuzusprechen, die er jedoch nicht hat. Der Rundfunkbeitrag hat eine Finanzierungsfunktion. Er dient, wie in § 1 RBStV normiert, der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Mit dem Rundfunkbeitrag wird kein Nutzungsvorteil abgegolten. Zum einen setzt ein Nutzungsvorteil Nutzung voraus. Zum anderen ergibt sich erst gar kein Vorteil, weil Rundfunk nach § 2 RStV die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung ist. Wenn Rundfunk allerdings eine für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung ist, hat die Allgemeinheit als solche höchstens einen mutmaßlichen Vorteil aus der Existenz dieser Veranstaltung. Niemand aus dieser Allgemeinheit hat einen Vorteil gegenüber einem anderen. Der Sondervorteil ist jedoch für einen Beitrag erforderlich und hat sich durch falsche Abgabengestaltung in Luft aufgelöst.


Mit dem heutigen Urteil vom 18.07.2018 widerspricht sich das Bundesverfassungsgericht gewaltig:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/07/rs20180718_1bvr167516.html
Zitat
RZ 149
b) Auf dieser Grundlage hat das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen einer geklärten Rechtslage nicht willkürlich und nicht ohne sachlich einleuchtende Begründung bejaht. Von Verfassungs wegen ist nicht zu beanstanden, dass es eine Änderung im Kern verneint, weil der Rundfunkbeitrag ebenso wie die Rundfunkgebühr als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben wird, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12 -, NJW 2014, S. 3215 <3219 f. Rn. 90>). Dass nun auch weitere Personen abgabepflichtig sind, obwohl sie kein Empfangsgerät besitzen, hat das Bundesverwaltungsgericht wegen ihres geringen Anteils am Gesamtaufkommen als nicht wesentlich eingestuft. Auch dies leuchtet ohne weiteres ein.


Einmal heißt es: das Rundfunkprogrammangebot also die Sendungen seien unentgeltlich und dienen der Nachrichtengebung. Die Abgabe ist auch KEIN Entgelt für die durch den Rundfunk gebotenen Leistungen im Sinne eines Leistungsaustausches.

Dann phantasiert heute das BVerfG von einer Gegenleistung (als Leistungsaustausch) für das Rundfunkprogrammangebot, welches gegen den Nutzungswillen finanziell aufgedrängt werden kann. Das ist genauso wie eine Anordnung vom Staat, an ein zugewiesenes Restaurant Geld abzudrücken.


Edit "Bürger" - siehe u.a. auch unter

BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 - Rn. (1-157),

http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html

Pressemeldungen: Rundfunkbeitrag im Wesentlichen verfassungsgemäß
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28121.0.html

Urteil BVerfG 18.7.: RBeitr bis auf Zweitwohnungen verfassungsgemäß > Diskussion
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28119.0.html

BVerfG-Urteil vom 18.7.: Juristische Abhandlungen und Kommentare [Sammelthread]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28254.0.html

Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28153.0.html

Begründung Widerspruch/ Klage nach BVerfG-Urteil vom 18.07.2018?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28123.0.html

Stolperfalle für den ÖRR: Die Zweitwohnungsbefreiung. Die Ungereimtheiten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28203.0.html
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: unGEZahlt am 18. Juli 2018, 23:02
Ok, und jetzt?

Juristisch gesehen müssten sicher solche Widersprüche der 5. Instanz (Europagericht) vorgelegt werden.

Da sicher noch sehr viel mehr Widersprüche dazukommen werden:

Das hier ist aber ein Aufzählungsthema!
Bitte nur Widersprüche in den Urteilen des BVerfG hier hinein schreiben!

Markus
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: 907 am 18. Juli 2018, 23:11
so sieht es aus:

(http://abload.de/img/aufnahme23hqshl.jpg)
Quelle: Buch: "Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge"

Zitat
"Die Flugsicherheitsgebühr verstoße auch in materieller Hinsicht nicht gegen das Grundgesetz. Es sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, daß der Gesetzgeber die Kosten der Sicherheitskontrolle den Fluggästen und den Fluggesellschaften aufbürde. Denn diese hätten durch die Sicherheitsmaßnahmen einen besonderen Vorteil. Soweit auch die Allgemeinheit einen Vorteil aus der Sicherheitskontrolle im Flughafenbereich habe, werde dies dadurch berücksichtigt, daß keine gebührenmäßige Umlegung der übrigen Sicherheitskontrollen (Geländeüberwachung, Polizeieinsätze etc.) erfolge.
Quelle: Beschluss des BVerfG vom 11.08.1998, 1 BvR 1270/94

Willkür
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 18. Juli 2018, 23:29
Das Bundesverfassungsgericht hat Regeln zum Programmumfang und dem mittelbar verbundenen Geldbedarf aufgestellt:

BVerfG Urteil BvR 2270/05 des Ersten Senats vom 11.09.2007 Rn. 125:
Zitat
Das bedeutet aber weder, dass gesetzliche Programmbegrenzungen von vornherein unzulässig wären, noch, dass jede Programmentscheidung einer Rundfunkanstalt finanziell zu honorieren wäre (vgl. BVerfGE 90, 60 <92>). In der Bestimmung des Programmumfangs sowie in der damit mittelbar verbundenen Festlegung ihres Geldbedarfs können die Rundfunkanstalten nicht vollständig frei sein. Denn es ist ihnen verwehrt, ihren Programmumfang und den damit mittelbar verbundenen Geldbedarf (vgl. BVerfGE 87, 181 <201>) über den Rahmen des Funktionsnotwendigen hinaus auszuweiten.
Quelle: http://www.bverfg.de/e/rs20070911_1bvr227005.html
Urteil: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2007/09/rs20070911_1bvr227005.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Um 1980 gab es drei ö.-r. TV-Programme, heute sind es an die 23. Dazu gibt es über 60 ö.-r. Radioprogramme.

Wann ist es denn für den BVerfG genug? Jedes Programm verschlingt zusätzliches Geld. Wann tritt Eure Regel denn überhaupt ein?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: NichtzahlerKa am 19. Juli 2018, 00:35
Zitat
b) Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt eine spezifische Beziehung (Sachnähe) zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Aus dieser SachBVerfGE 55, 274 (274)BVerfGE 55, 274 (275)nähe muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen.
Quelle: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html


Ja und heute? Wo ist diese Gruppe dem Zweck evident näher als die Allgemeinheit der Steuerzahler?
Im Wortlaut heißt es heute:
Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Leitstatz 2
Auch eine unbestimmte Vielzahl oder gar alle Bürgerinnen und Bürger können zu Beiträgen herangezogen werden, sofern ihnen jeweils ein Vorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. BVerfGE 137, 1 <22 Rn. 52>). Bezugspunkt für die Feststellung eines besonderen Vorteils ist nicht die Stellung der Abgabepflichtigen im Vergleich zur Allgemeinheit;

In dem zitierten Urteil heißt es:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/06/rs20140625_1bvr066810.html
Zitat
Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden
Und wo ist nun bitte der Sondervorteil des Rundfunks wohnungsbezogen definiert?

Heute heißt es nur
Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Leitstatz 1
Der mit der Erhebung des Rundfunkbeitrags ausgeglichene Vorteil liegt in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können.
Ja wo ist denn da die WOHNUNG in der Vorteilsdefinition? So ein Bullshit, ehrlich. Wenn ich Kläger wäre, würde ich nach BVwVfG 44 (5) beim BVerfG beantragen das Urteil für nichtig zu erklären. Einfach schon deshalb, damit die den Bockmist nochmal erklären müssen und nicht so billig davonkommen.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: lex am 19. Juli 2018, 01:07
Der größte Widerspruch findet sich doch schon allein bei den Zweitwohnsitz.
Person A hat eine Wohnung, zahlt den Beitrag einmal
Person B hat zwei Wohnungen und zahlt den doppelten Beitrag

Jetzt sagen sie, dies verstößt gegen das Grundgesetz (klar, Person A und B werden ungleich behandelt-> Zweitwohnsitz)

Person C hat zusammen mit Person D eine Wohnung, beide zahlen nur den halben Beitrag
Person A zu C und A zu D sind dagegen aber mit dem Grundgesetz vereinbar (Single vs Mehrfachhaushalte).

Wie das?

Und wieso erweckt es den Anschein, als hätte das BVerfG als Massgabe für ihr Urteil die Haushalte herangezogen? Ist das Grundgesetz nicht für uns Bürger gedacht? Hätte das Gericht nicht prüfen müssen, ob es für den einzelnen Menschen unzumutbare Verletzungen gegeben hat? Wen interessieren Haushalte, wenn der deutsche Bürger das Opfer ist.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Peli am 19. Juli 2018, 01:19
*SEUFZ* es geht hier nicht um Widersprüche, es geht darum, dass alle ÖRR-Gegner heute eine Machtdemonstration erhalten haben. Man wollte Euch zeigen, wo der Hammer hängt und das der gezeigte Widerstand nicht geduldet wird. Es spielt keine Rolle, dass viele Widersprüche vorliegen. Besser haben die das beim Bundesverfassungericht halt nicht bekommen.

Was (für die..ÖRR und Politikfreunde) zählt, ist das Ergebnis. Das Ganze wurde abgebügelt, weil denen, welche die Macht haben, der wirklich gute Widerstand einfach zu weit ging. Ist denn dies so schwer zu verstehen? Ihr könnt noch weitere Jahre nach Widersprüchen suchen..und werdet diese auch finden...ändern wird sich daran aber nichts.

Wir haben einen Punkt erreicht, bei dem Widersprüche in der Rechtsprechung bewusst in Kauf genommen werden um den Bürger und Gegener des ÖRR kleinzuhalten.

LG Peli
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Besucher am 19. Juli 2018, 01:21
Interessante Feststellungen bzw. Fragen...

Der größte Widerspruch findet sich doch schon allein bei den Zweitwohnsitz.
Person A hat eine Wohnung, zahlt den Beitrag einmal
Person B hat zwei Wohnungen und zahlt den doppelten Beitrag

Jetzt sagen sie, dies verstößt gegen das Grundgesetz (klar, Person A und B werden ungleich behandelt-> Zweitwohnsitz)

Person C hat zusammen mit Person D eine Wohnung, beide zahlen nur den halben Beitrag
Person A zu C und A zu D sind dagegen aber mit dem Grundgesetz vereinbar (Single vs Mehrfachhaushalte).

Wie das?
...

Willkür ist auch im EU-Recht nicht gern gesehen. Vllt. wäre dafür zu sorgen, dass die Herren Richter des Ersten Senats Gelegenheit zur Einlassung ggü. den EU-Institutionen erhalten?!
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: observer am 19. Juli 2018, 02:03
Die 54 Seiten Urteilsbegründung waren eine schwere Probe. Aber alles heil geblieben :)
So generell Bemühungen bzgl. der Deutung von Zahlen und Statistiken hat man sich keine gemacht. Das ist frustierend.

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 95
aa) Die Gesetzgeber haben den bestehenden weiten Gestaltungsspielraum bei der Festsetzung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2013 nicht überschritten. Die Länder wollten sich bei der Festsetzung des Rundfunkbeitrags an den Berechnungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten orientieren. Die tatsächlichen Mehreinnahmen aus Rundfunkbeiträgen lagen auch nicht wesentlich über den von der Kommission prognostizierten Einnahmen. Im Übrigen werden Überschüsse am Ende der Beitragsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Periode abgezogen. Letztlich ist verfassungsrechtlich entscheidend, dass die Beiträge nicht für andere Zwecke erhoben werden als die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Finanzierung der Aufgaben nach § 40 Abs. 1 RBStV.
Das ist ganz schwer zu verdauen. Die Zahlen sprechen hier eine eindeutige Sprache. Die KEF ging (Ende 2012) von Beitragsmehreinnahmen für 2013 von 80 Mio. € aus. In Wirklichkeit waren es 190 Mio. € . Die Prognose für 2013-2016 lag bei Mehreinnahmen von 1,2 Mrd. €. Hat man sich mit 1,589 Mrd. € natürlich auch nur knapp vertan. Hätte es die Beitragssenkung 2015 nicht gegeben, wären die Beitragseinnahmen noch deutlich höher ausgefallen. Und die Beitragssenkung war im Übrigen ein Eingeständnis, dass der Gestaltungsspielraum bei der Festsetzung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2013 eben doch überschritten wurde!
Es spielt auch keine Rolle ob Überschüsse für die nächste Beitragsperiode abgezogen werden, eine Beitragssenkung für 2017-2020 hat es nicht gegeben. Somit werden weiterhin Millionen gebunkert.

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 104
Darin, dass sich mehrere Wohnungsinhaber den Beitrag untereinander aufteilen können und dadurch weniger belastet werden als Einzelpersonen, liegt zwar eine Ungleichbehandlung. Diese beruht jedoch auf Sachgründen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch genügen. Die Landesgesetzgeber stützen die wohnungsbezogene Erhebung des Rundfunkbeitrags darauf, dass der private Haushalt in der Vielfalt der modernen Lebensformen häufig Gemeinschaften abbildet, die auf ein Zusammenleben angelegt sind, und dass die an dieser Gemeinschaft Beteiligten typischerweise das Rundfunkangebot in der gemeinsamen Wohnung nutzen. An diese gesellschaftliche Wirklichkeit darf der Gesetzgeber anknüpfen.
Statistiken korrekt zu lesen scheint nicht so einfach zu sein. Gesellschaftliche Wirklichkeit, bei einem Verhältnis von 60:40?

Statistik 2006:
Mehrpersonenhaushalte: 24,3 Millionen
Einpersonenhaushalte: 15,4 Millionen

Statistik 2016:
Mehrpersonenhaushalte: 24,1 Millionen
Einpersonenhaushalte: 16,8 Millionen

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 104
Die Gemeinschaften unterfallen darüber hinaus vielfach dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG.
Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 105
Die Regelung ist vom weiten Einschätzungsspielraum der Landesgesetzgeber gedeckt. Die Ungleichbehandlung kann auch deshalb hingenommen werden, weil die ungleiche Belastung das Maß nicht übersteigt, welches das Bundesverfassungsgericht in vergleichbaren Fällen angelegt hat. Die Leistung des öffentlich-rechtlichen Programmangebots ist auch dann der Beitragshöhe äquivalent, wenn der Inhaber eines Einpersonenhaushalts zu einem vollen Beitrag herangezogen wird.
Wird dieser Absatz auch mit plausiblen Zahlen belegt? Vergleichbare Fälle erwähnen und dann nicht aufführen?
Die Ungerechtigkeit wird festgestellt, die Zahl der Einpersonenhaushalte steigt jährlich, die der Mehrpersonenhaushalte bleibt konstant. Belegbare Zahlen werden keine genannt.
Das ist die reinste Willkür!

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 135
Es wird weder unmittelbar noch mittelbar Zwang ausgeübt, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören
Absolut richtig und den Zahlungszwang vernachlässigen wir einfach. :laugh:
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 19. Juli 2018, 07:16
Urteil BVerfG 18.7.: RBeitr bis auf Zweitwohnungen verfassungsgemäß > Diskussion
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28119.msg177158.html#msg177158
Das BVerfG setzt sich anscheinend auch über den EuGH hinweg, wenn es nun von einer Gegenleistung schreibt, sagt der EuGH in C-337/06 zur damaligen dt. Rundfunkgebühr doch ganz eindeutig, dass es keine Gegenleistung aus der Zahlung hat, wenn die Zahlungspflicht ohne Zutun des Zahlungsleistenden entstanden ist.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: noGez99 am 19. Juli 2018, 09:40
Aber nicht doch, das würde das BVerfG doch nie tun:

Die Gebühr war keine Gegenleistung, der neue Beitrag ist eine - vom BVerfG festgestellte - Gegenleistung.
Daher eine Änderung im Kern!!!
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: mb1 am 19. Juli 2018, 10:02
Aus Rn. 61 des Urteils:
Zitat
Schließlich handelte es sich bereits bei der früheren Rundfunkgebühr um eine gegenleistungsbezogene Abgabe und nicht um eine Steuer (vgl. BVerfGE 90, 60 <91, 106>; BVerfGK 20, 37 <41>). Mit der Einführung des Rundfunkbeitrags wollten die Gesetzgeber daran erkennbar nichts ändern, sondern lediglich die Defizite der früheren Rundfunkgebühr im Hinblick auf deren Anknüpfung an das Bereithalten eines Empfangsgeräts vermeiden
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: drboe am 19. Juli 2018, 10:23
Ich finde ja vor allem das Geeiere um Maßstäbe entlarvend. Mal muss man sich an einem Wirklichkeitsmaßstab orientieren, mal reicht ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab oder gar ein Ersatzmaßstab. Keiner dieser Maßstäbe ist definiert, jeder kann darunter etwas anders verstehen, einen eigenen Ansatz zur Bemessung wählen. Das eröffnet auch völlig neue Möglichkeiten der Beitragsfinanzierung.

Ganz und gar willkürlich wird es dadurch, dass ominöse Ersatzmaßstäbe, von denen rein gar nichts bekannt ist, verwendet werden dürfen. Der Gesetzgeber hätte also die Größe der Schuhe ebenso zum zum Maßstab wählen können wie die Menge jährlich vertilgter Kartoffeln, die Ausgaben für Urlaub oder die Zahl der Haare auf dem Kopf. Damit wird selbst völlig sachfremden Erwägungen bei Belastungen Tür und Tor geöffnet. Konsistenz der Gesetzgebung, Rationalität, Notwendigkeit? Fehlanzeige. Das Urteil widerspricht vor allem den bisherigen Entscheidungen des BVerfG zu Abgaben.

Neben den erwähnten gibt es noch diverse andere Maßstäbe im Urteil. Siehe dazu:
BVerfG Urteil 18.7.18 > Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28140.0

Es scheint. als wären die Richter so verliebt in den Begriff, dass sie ihn zu einem wesentlichen Punkt ihrer Argumentation machen. Sie meinen wohl, sie hätten ihr ganz persönliches "Ei des Kolumbus" gefunden, bieten in der Konsequenz den Bürgern aber nur ungenießbaren Eiermatsch an.

M. Boettcher
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Nirgens am 19. Juli 2018, 13:04
Mal eine Frage:

In dem Urteil steht ~30% der Bevölkerung mittels Typisierung schlechter zu stellen wäre OK, damit wird die bisherige (vom Verfassungsgericht in verschiedenen Urteilen gesetzte) absolute Obergrenze von maximal erlaubten 10% 'Sonderfällen' bei Typisierung komplett ignoriert, bricht damit GG 20(3). Vorhergehende Entscheidungen bezüglich Vorteilsempfänger vs. Anknüpfungspunkt, Abgrenzung Vorteilsempfänger vs. Allgemeinheit im Angabenrecht, ... werden auch ignoriert.

GG 20(3)
Zitat
Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
Das Verfassungsgericht ist Teil der Rechtssprechung und damit an Gesetz und Recht gebunden, also logischerweise auch an seine eigenen vorherigen Beschlüsse (die ja nach bverfgg 31(2) Gesetzeskraft haben)

Wer wacht über die Einhaltung dieser Regelung, wie kann man gegen Verletzungen vorgehen?
Klage vor dem Bundesverfassungsgericht?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: pinguin am 19. Juli 2018, 13:20
Aus Rn. 61 des Urteils:
Zitat
Schließlich handelte es sich bereits bei der früheren Rundfunkgebühr um eine gegenleistungsbezogene Abgabe und nicht um eine Steuer (vgl. BVerfGE 90, 60 <91, 106>; BVerfGK 20, 37 <41>). Mit der Einführung des Rundfunkbeitrags wollten die Gesetzgeber daran erkennbar nichts ändern, sondern lediglich die Defizite der früheren Rundfunkgebühr im Hinblick auf deren Anknüpfung an das Bereithalten eines Empfangsgeräts vermeiden

Rn. 41, Rechtssache C-337/06
Zitat
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Gebühr, die die überwiegende Finanzierung der Tätigkeit der fraglichen Einrichtungen sicherstellt, ihren Ursprung im Rundfunkstaatsvertrag hat, also in einem staatlichen Akt. Sie ist gesetzlich vorgesehen und auferlegt, ergibt sich also nicht aus einem Rechtsgeschäft zwischen diesen Einrichtungen und den Verbrauchern. Die Gebührenpflicht entsteht allein dadurch, dass ein Empfangsgerät bereitgehalten wird, und die Gebühr stellt keine Gegenleistung für die tatsächliche Inanspruchnahme der von den fraglichen Einrichtungen erbrachten Dienstleistungen dar.

Rn. 45, Rechtssache C-337/06
Zitat
Die diesen Anstalten so zur Verfügung gestellten Mittel werden ohne spezifische Gegenleistung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgezahlt (vgl. in diesem Sinne Urteil University of Cambridge, Randnrn. 23 bis 25). Diese Zahlungen hängen nämlich nicht von einer vertraglichen Gegenleistung ab, da weder die Gebührenpflicht noch die Gebührenhöhe das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den Verbrauchern sind. Diese sind allein wegen des Bereithaltens eines Empfangsgeräts zur Zahlung der Gebühr verpflichtet, selbst wenn sie die Leistungen dieser Anstalten niemals in Anspruch nehmen.

Rn. 57, Rechtssache C-337/06
Zitat
[...] Nur Leistungen, die als Finanzhilfe ohne spezifische Gegenleistung die Tätigkeiten der betreffenden Einrichtung finanzierten oder unterstützten, könnten als „öffentliche Finanzierung“ eingestuft werden.

Rn. 59, Rechtssache C-337/06
Zitat
Auch der Staat erhält im vorliegenden Fall keine spezifische Gegenleistung, da die im Ausgangsfall in Rede stehende Finanzierung, wie das vorlegende Gericht zutreffend ausführt, dem Ausgleich der Lasten dient, die durch die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe entstehen, eine pluralistische und objektive Informationsversorgung der Bürger zu gewährleisten. Insoweit unterscheiden sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rundfunkanstalten nicht von einem anderen öffentlichen Dienstleister, der eine staatliche Finanzhilfe erhält, um seinen im öffentlichen Interesse liegenden Auftrag zu erfüllen.

Rechtssache C-337/06
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=71713&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=885999

Da der EuGH bereits hier auf eine seiner früheren Entscheidung zurückgreift, handelt es sich um gefestigte Rechtsprechung.

Keine Gegenleistung, wenn die Leistung nicht auf vertraglicher Basis zwischen Leistungserbringer und Leistungsnehmer erfolgt.

Das BVerfG mißachtet die Vorgabe des EuGH.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: noGez99 am 19. Juli 2018, 14:38
Peli hat recht. Es war die Feudalherrendemonstation.
Wir können nur eventuell Widersprüche für den EuGH daraus ziehen.

Das BVerfG hat grerade eine super Wahlwerbung für die AFD durchgezogen.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 19. Juli 2018, 14:40
Anmerkung zum Thread:

Die Widersprüche werden für den Gang nach EuGH/EGMR gesammelt.

Bitte deswegen nur Beiträge zum Thema.

Danke für die Berücksichtigung!
Viktor
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 19. Juli 2018, 21:13
Hat jemand der jetzt am BVerfG unterlegenen Kläger geplant, unabhängig der Vorlage des LG Tübingen Klage am EuGH einzulegen?

Immerhin bietet das BVerfG in seiner Entscheidung geradezu aufdringlich die Möglichkeit, da es sich über die Entscheidung des EuGH hinwegsetzt, das in Rechtssache C-337/06 zur damaligen dt. Rundfunkgebühr zur Auffassung gelangte, daß aus der Zahlung dieser weder für den Zahlungsleistenden noch für den Staat eine Gegenleistung erfolgt, da es der gefestigten Rechtsprechung des EuGH entspricht, daß eine Gegenleistung im europäischen Binnenmark nur auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Zahlungsleistendem und Zahlungsempfänger erfolgen kann.

Da es auch heute keine vertragliche Vereinbarung zwischen Zahlungsleistendem und Zahlungsempfänger hat, hat sich an der Grundstruktur des Gegenleistungslosen nichts geändert; daher ist nicht anzunehmen, daß der EuGH in Sachen Rundfunkbeitrag zu einer anderen Einschätzung kommt als in Sachen Rundfunkgebühr.

Weil wir nach den Widersprüchen für den Gang nach EuGH/EGMR  suchen, ist die nachfolgende Frage für die Wahl des zuständigen Gerichts wichtig. Die Antwort darauf muss berücksichtigt werden.

Meines Wissens kann man als einzelner Bürger nicht selbst vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Wie also soll das gehen?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: schnuller am 20. Juli 2018, 11:26
Aus meiner SIcht ergeben sich die folgenden Widersprüche aus dem Urteil des BVerfG und zur EuGH Rechtsprechung:

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 55
Durch Beiträge sollen diejenigen an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligt werden, die von dieser - jedenfalls potentiell - einen Nutzen haben.
Der Nutzen ist grenzüberschreitend, es ist nicht klar wieso nur diejenigen den Beitrag zu zahlen haben, die eine Wohnung in Deutschland innehaben, jedoch nicht diejenigen die im Ausland den potentiellen Nutzen ebenso haben. Wenn man unterstellt das in ganz Europa der Rundfunk genutzt werden kann, so ist nicht klar wieso nur Wohnungen in Deutschland mit dem Beitrag belastet werden.

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 86
Mit der Anknüpfung an die Wohnungsinhaberschaft (§ 2 Abs. 1 RBStV) haben die Gesetzgeber den Kreis der Vorteilsempfänger in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erfasst.
Die Wohnungsinhaberschaft knüpft an das Gebiet Deutschland, der Kreis der Vorteilsempfänger ist jedoch weltweit. Dies ist ein klarer Widerspruch.

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 88
Allerdings wäre auch ein anderer, insbesondere ein Pro-Kopf-Maßstab, verfassungsrechtlich zulässig gewesen, der jede und jeden in Deutschland Wohnhaften zu einem vollen Beitrag herangezogen hätte, vorbehaltlich von Befreiungen aus sozialen Gründen. Ein solcher Maßstab würde mindestens ebenso die Privatsphäre schonen, weil er eine Zuordnung von Personen zu Wohnungen entbehrlich machte.
Ein Pro-Kopf Maßstab und der aktuelle pro Wohnungsmaßstab seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden? Pro Kopf wäre durchaus gerechter, so würden Single Haushalte gerechter behandelt.

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 107
[...] Das Innehaben weiterer Wohnungen erhöht den Vorteil der Möglichkeit zur privaten Rundfunknutzung nicht, und zwar unabhängig davon, wie viele Personen in den jeweiligen Wohnungen zusammenwohnen. [...]
Nach der derzeitigen Regelung ist mit der Heranziehung einer Person in der Erstwohnung der Vorteil abgeschöpft, und kommt insoweit eine erneute Heranziehung einer Zweitwohnung nicht in Betracht.
Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 110
Denn in dem Moment, in dem Beitragspflichtige eine Wohnung als Erstwohnung innehaben, bleiben sie unabhängig von der zusätzlichen Präsenz von Zweitwohnungsinhabern gemäß § 2 RBStV zur Zahlung des Rundfunkbeitrags verpflichtet. Durch einen Meldeverstoß können auch Inhaber von Erstwohnungen der Beitragszahlung rechtswidrig entgehen; in diesem Fall können jedoch bewusst falsche Angaben als Ordnungswidrigkeit (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 BMG) oder gar als Straftat (§ 263 Abs. 1 StGB) verfolgt werden. Zudem ist der Rundfunkbeitrag nicht so hoch, dass er Anreiz für das missbräuchliche Halten einer Zweitwohnung bieten könnte.

Wie ist es mit Unionsrecht zu vereinbaren, wenn ein EU-Bürger 2 Wohnungen in 2 Staaten hat. Muss dieser dann in jedem Staat Rundfunktgebühren entrichten? Ist bei einer Erstwohnung im Ausland und Zweitwohnung in Deutschland die Zweitwohnung von der Rundfunkgebühr befreit?

Die Befreiung von der Gebührenpflicht macht für Zweitwohnung unter dem folgenden Aspekt wenig Sinn. Es existiert das Paar A und B mit Erstwohnsitz in Y und Zweitwohnsitz in Z. Das Paar C und D hat jeweils einen Erstwohnsitz von C in M und für D in N. Die Verteilung der Aufenthalte von A/B in Y und Z und von C/D in M und N ist ungefähr gleich. Es ist nicht klar, wieso C und D, nur weil es eine Wohnung nicht als Zweitwohnsitz deklariert, den doppelten Beitrag zahlen soll.

Dies verschärft sich auch deswegen noch, weil im Falle C und D die jeweils einen eigenen Erstwohnsitz haben und dieser Erstwohnsitz gleichzeitig Zweitwohnsitz des anderen ist, laut BVerfG für den Zweitwohnsitz keine Gebühr zu entrichten sei.

Weiterhin darf ein Wohnungsinhaber nicht höher belastet werden als mit einem vollen Beitrag. Sofern dieser nun für seiner Erstwohnung bereits bezahlt und einen Mietwagen mietet, in dem bspw. im Preis 2 Euro Rundfunkbeitrag enthalten ist, kann dieser dann dieser diese 2 Euro seinem Rundfunkbeitrag in Abzug bringen?

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 61
[...] Weiterhin soll im privaten Bereich ein zur Befreiung führender besonderer Härtefall nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV vorliegen, wenn es einem Rundfunkbeitragsschuldner objektiv unmöglich ist, Rundfunk zu empfangen (vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 15/197, S. 41), wenn also die Möglichkeit zur Nutzung objektiv ausgeschlossen ist; dementsprechend sind nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV taubblinde Menschen vom Rundfunkbeitrag befreit. Im nicht privaten Bereich gilt Entsprechendes, wenn die Betriebsstätte mindestens drei zusammenhängende volle Kalendermonate vorübergehend stillgelegt (§ 5 Abs. 4 Satz 1 RBStV) oder wenn in einer Betriebsstätte kein Arbeitsplatz eingerichtet ist (§ 5 Abs. 5 Nr. 2 RBStV). [...]
Hier wird auf den objektiven Empfang abgestellt. Dies setzt voraus, dass wenn keine Gerät zum Empfang vorhanden ist oder ein Anschluss fehlt, der Empfang auch objektiv - ähnlich zum taubblinden Menschen - unmöglich ist. Denn auch ein taubblinder Mensch kann mit Geräten den Rundfunk empfangen, zwar nicht konsumieren jedoch in seiner Wohnung empfangen. Hingegen ist ein Empfang für einen nicht taubblinden Menschen ohne Geräte unmöglich. Hier stellt das BVerfG anscheinend darauf ab, dass der Rundfunk den Menschen tatsächlich erreichen kann. Bei nicht taubblinden Menschen ohne Geräte wäre dieser Tatbestand auch erfüllt, jedoch könnte sich dieser mit Geräten versorgen. Hier liegt eine ungleiche Argumentation des BVerfG vor, denn der Vorteil soll im "Tatbestand der Wohnungsinhaberschaft erfasst" sein. Diesen Tatbestand erfüllen auch taubblinde Menschen. Hier werden unterschiedliche Maßstäbe angewandt, zum einen Wohnungsinhaberschaft und objektive Unmöglichkeit des Empfangs. Auf die Inanspruchnahme kommt es nach dem BVerfG nicht an -

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 82
Die Möglichkeit der Rundfunknutzung ist für alle Beitragspflichtigen realistisch, weil das flächendeckende Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei Vorhandensein geeigneter Empfangsgeräte jederzeit abgerufen werden kann. Es kommt daneben nicht darauf an, ob diese Nutzungsmöglichkeit tatsächlich weitgehend in Anspruch genommen wird.
Die Gebühr ist schon wegen der fehlenden staatsferne verfassungswidrig, nach dem Urteil des EuGH C-337/06 liegt in der ehemaligen Rundfunkgebühr eine Staatsfinanzierung vor. Dadurch kann keine staatsferne garantiert sein, wenn der Staat die Finanzierung sicherstellt. Die wäre nur durch eine unabhängige Stelle, frei von Gesetz und freiwillig möglich.

Hätte nicht bei Umstellung zur Wohnungsinhaberschaft eine Ausschreibung stattfinden müssen, wobei sich private Unternehmen zur Ausstrahlung des öffentlich rechtlichen Programms hätten bewerben können? Was spricht gegen die Ausstrahlung des öffentlich rechtlichen durch eine private Sendeanstalt, wenn die Bedingungen des Inhalts des Programms erfüllt werden und dieser Sender durch Gebühren finanziert wird? In vielen anderen Bereichen übernehmen auch private Unternehmen öffentliche Aufgaben.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: marx am 20. Juli 2018, 13:13
Rn 77
Zitat
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt im Rahmen der dualen Rundfunkordnung die Erfüllung des klassischen Funktionsauftrags der Rundfunkberichterstattung zu. Er hat die Aufgabe, als Gegengewicht zu den privaten Rundfunkanbietern ein Leistungsangebot hervorzubringen, das einer anderen Entscheidungsrationalität als der der ökonomischen Anreize folgt und damit eigene Möglichkeiten der Programmgestaltung eröffnet. Er hat so zu inhaltlicher Vielfalt beizutragen, wie sie allein über den freien Markt nicht gewährleistet werden kann [...]

1. These: Programmgestaltungskosten grenzen an Null. Der Nutzer der Grundrechte aus Artikel 5 GG (jeder) kann Programm gestalten und veröffentlichen und steht dem öffentlichen-rechtlichen und dem privaten Rundfunk gleich im Sinne des Artikels 5 GG.

2. These: Vielfalt ist dadurch gesichert, dass eine immer größere Anzahl Bürger die Grundrechte aus Artikel 5 GG nutzen. Einer Vielfaltsimulation bedarf es nicht.

3. These: Die individuelle Nutzung der Grundrechte aus Artikel 5 GG ist höherwertiger als jede staatlich organisierte.

4. These: Der in Rn 77 postulierten Aufgabe kommt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in fragwürdiger Weise nicht nach. Er hat dadurch seine Überflüssigkeit erzeugt.

5. These: Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner Aufgabe nicht gewachsen ist, ist er nicht nur verzichtbar, sondern aufgrund seiner aktuellen Beschaffenheit gefährlich.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Besucher am 20. Juli 2018, 13:41
Der folgende Punkt, @schnuller...

...
Der Nutzen ist grenzüberschreitend, es ist nicht klar wieso nur diejenigen den Beitrag zu zahlen haben, die eine Wohnung in Deutschland innehaben, jedoch nicht diejenigen die im Ausland den potentiellen Nutzen ebenso haben. Wenn man unterstellt das in ganz Europa der Rundfunk genutzt werden kann, so ist nicht klar wieso nur Wohnungen in Deutschland mit dem Beitrag belastet werden.

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 86
Mit der Anknüpfung an die Wohnungsinhaberschaft (§ 2 Abs. 1 RBStV) haben die Gesetzgeber den Kreis der Vorteilsempfänger in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erfasst.
Die Wohnungsinhaberschaft knüpft an das Gebiet Deutschland, der Kreis der Vorteilsempfänger ist jedoch weltweit. Dies ist ein klarer Widerspruch.
...

...ist jedenfalls dem Sinne nach ja bereits ein Gegenstand des v. Tübinger LG-Richter Dr. Sprißler beim EuGH eingereichten Vorabentscheidungsersuchens (müßte sich irgendwo hier im Forum finden). Das wird auf der Ebene vllt. noch interessant - aber hierzulande? Da können die sich beim BVerfG "dumm" stellen (& das haben sie ja schon getan) in dem Sinne, dass sie die Achseln zucken & sich sagen: "Unser Job ist, die Verfassungsgemässheit von Gesetzen und staatlichem Handeln hierzulande festzustellen, und im übrigen - was können wir denn für die Gesetze der Physik? Wir sind Juristen..."

Auch die vom BVerfG als rechtmäßig "abgesegnete" Mehrfachbelastung von Alleinlebenden / Alleinerziehenden ggü. Angehörigen von Wohnkollektiven jeder Art ist in der genannten Vorlage an den EuGH bereits enthalten.
 
...
Wie ist es mit Unionsrecht zu vereinbaren, wenn ein EU-Bürger 2 Wohnungen in 2 Staaten hat. Muss dieser dann in jedem Staat Rundfunktgebühren entrichten? Ist bei einer Erstwohnung im Ausland und Zweitwohnung in Deutschland die Zweitwohnung von der Rundfunkgebühr befreit?
...

Unter Verweis auf (1) würde von einem hiesigen Richter die Antwort vmtl. lauten: "Auf dieses Land bezogen - & nur das interessiert mich - ist die besagte Zweitwohnung eine Erstwohnung! Zahlen!" Ob man das auf EU-Ebene anders sehen würde? Fraglich.


...
Hätte nicht bei Umstellung zur Wohnungsinhaberschaft eine Ausschreibung stattfinden müssen, wobei sich private Unternehmen zur Ausstrahlung des öffentlich rechtlichen Programms hätten bewerben können? Was spricht gegen die Ausstrahlung des öffentlich rechtlichen durch eine private Sendeanstalt, wenn die Bedingungen des Inhalts des Programms erfüllt werden und dieser Sender durch Gebühren finanziert wird? In vielen anderen Bereichen übernehmen auch private Unternehmen öffentliche Aufgaben.
...

Das wiederum wird von der Beantwortung der Frage abhängen, ob es sich bei der Finanzierungsumstellung v. den ehem. Gebühren auf den sogenannten "Rundfunkbeitrag" (deren seinerzeit offiziell erklärtes Ziel ja gerade darin bestanden hatte, das Finanzaufkommen des ÖRR zu erhöhen - auch wenn diese Herrschaften heute tatsachenwidrig behaupten, das Aufkommen habe sich ja gar nicht verändert) im Wege einer Veränderung im Kern um einen notifizierungspflichigen Akt und mangels dessen um einen Verstoß gegen die AEUV-Bestimmungen gehandelt hat bzw. handelt oder nicht.

Ob bei den ersteren Fragen und bei der letzten in deren Folge auf EU-Ebene was anderes herauskommt als hier - zu wünschen wäre es ja, muss sich aber wohl auch zeigen.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Dauercamper am 20. Juli 2018, 13:49
kurze und deutliche Antwort: ein Zweitwohnsitz kann nur im Inland sein. Ein zweiter Wohnsitz im Ausland, ist ein zweiter Hauptwohnsitz

Ironie: ein zweiter Hauptwohnsitz ist nicht Zweitwohnungssteuerpflichtig, ein Zweitwohnsitz aber schon.  8)
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 20. Juli 2018, 21:33
Gegenleistung für einen „gesamtgesellschaft­lichen Vorteil“: Das BVerfG-Urteil.. (07/2018)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28175.0
verfassungsblog.de, 19.07.2018

Gegenleistung für einen „gesamtgesellschaft­lichen Vorteil“: Das BVerfG-Urteil zum Rundfunkbeitrag

Von Simon Kempny (Professor für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Universität Bielefeld)

Zitat
[…]
Auf drei Verfassungsbeschwerden von Privatleuten und eine von einem gewerblichen Kraftwagenvermietungsunternehmen hin erklärte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 18. Juli 2018, 1 BvR 1675/16 u. a., die Vorschriften über den Rundfunkbeitrag für im wesentlichen verfassungsgemäß. Lediglich die Höherbelastung von Inhabern von mehr als einer Wohnung hielten die Richter für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

Als erste Frage im Rahmen seiner Begründetheitsprüfung spricht der Senat die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die Vorschriften über die Erhebung des Rundfunkbeitrags an (Rn. 50 ff.). Das ist, streng genommen, nicht ganz kunstgerecht. Denn entscheidend für die Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde ist einzig und allein, ob der Beschwerdeführer durch den unmittelbaren Beschwerdegegenstand in seinen Grund- oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt ist (S. Kempny, Der Staat 53 [2014], 577 [614]). Diesem dogmatischen Befund Rechnung zu tragen versäumt der Senat in zweifacher Weise: Erstens prüft er den mittelbaren Beschwerdegegenstand (die Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages und die Zustimmungsmaßnahmen der Länder) vor dem unmittelbaren (den fachgerichtlichen Entscheidungen); zweitens prüft er die Gesetzgebungszuständigkeit wie bei einer Normenkontrolle, ohne die Verbindung zu einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht herzustellen, obschon doch ein Verstoß gegen Art. 70 ff. GG oder Art. 105 GG an sich keinesfalls zur Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde führt. […]

Rundfunkbeitrag keine Steuer
[…]
Gleichheitsgerechtigkeit mit Fragezeichen
[…]
Verfassungsrichterliche Wertschätzung des öffentlichrechtlichen Rundfunks
[…]

Weiterlesen auf:
https://verfassungsblog.de/gegenleistung-fuer-einen-gesamtgesellschaftlichen-vorteil-das-bverfg-urteil-zum-rundfunkbeitrag/ (https://verfassungsblog.de/gegenleistung-fuer-einen-gesamtgesellschaftlichen-vorteil-das-bverfg-urteil-zum-rundfunkbeitrag/)
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: gerechte Lösung am 21. Juli 2018, 20:43
Widersprüche in den Urteilen des BVerfG

Zitat
RZ 149
weil der Rundfunkbeitrag ebenso wie die Rundfunkgebühr als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben wird,
 
Dass nun auch weitere Personen abgabepflichtig sind,
obwohl sie kein Empfangsgerät besitzen, hat das Bundesverwaltungsgericht wegen ihres geringen Anteils am Gesamtaufkommen als nicht wesentlich eingestuft.
Auch dies leuchtet ohne weiteres ein.
Hierin liegt der Widerspruch, dass einmal von Gegenleistung gesprochen wird und dann aber "die Allgemeinheit" einbezogen wird, wenn die Nichtnutzer als Solche nicht berücksichtigt werden.

Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 149
Auch dies leuchtet ohne weiteres ein.

Mir leuchtet das nicht ein.
Das soll eine gerichtsfeste Darstellung eines Gerichtes sein?
Wo ist die Begründung?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Gee am 22. Juli 2018, 16:50
Hier: „geringer Anteil“

Rn 149, vorletzter Satz
Zitat
Dass nun auch weitere Personen abgabepflichtig sind, obwohl sie kein Empfangsgerät besitzen, hat das Bundesverwaltungsgericht wegen ihres geringen Anteils am Gesamtaufkommen als nicht wesentlich eingestuft.

Geht man von 3 % Nichtnutzer aus, ergibt das bei einer Anzahl von 35,1 Mio. Wohnungen  ohne Befreiung (Beitragsservice Jahresbericht 2017)
-   1.053.000 private Wohnungen ohne Empfangsgerät,
d.h. der Beitragsausfall würde nur 221.130.000 € jährlich betragen.

und bei

Rn 155, ab vorletztem Satz, zur Zweitwohnung
Zitat
Eventuelle Einbußen der verfassungsrechtlich geschützten Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind verfassungsrechtlich hinnehmbar, weil sie weit überwiegend nicht rückwirkend eintreten und damit für die Gesetzgeber kalkulierbar und kompensierbar sind. Im Übrigen machen sie nur einen niedrigen Anteil der Gesamterträge des Rundfunkbeitrags aus.

Gem. Statist. Bundesamt, Fachserie 15,  Sonderheft  1, Verfügbarkeit von Zweit- und Freizeitwohnungen privater Haushalte am 1.1.2013 gibt es in DE
-   1.870.000 private Zweit- und Freizeitwohnungen priv. Haushalte (s. S. 16),
d.h., der Beitragsausfall beläuft sich bei 392.700.000 € jährlich,
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Wohnen/EVS_HausGrundbesitzWohnverhaeltnisHaushalte.html (https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Wohnen/EVS_HausGrundbesitzWohnverhaeltnisHaushalte.html)

Bei beiden Sachverhalten kommt es zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand für eine Überprüfung des Sachverhalts hinzu. (s. hierzu auch Thema: Länder fordern Einzelfallprüfung von Rundfunkbeitrag in Zweitwohnung,  https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28162.msg177612/topicseen.html#msg177612 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28162.msg177612/topicseen.html#msg177612))

Bei a) fällt der Sachverhalt „wegen ihres geringen Anteils am Gesamtaufkommen“ aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität unter den Tisch, aber bei b) wird der Beitragsausfall mit „einen niedrigen Anteil der Gesamterträge des Rundfunkbeitrags“ bewertet und umgesetzt, obgleich der Verwaltungsaufwand aufgrd. der Anzahl wesentlich höher sein wird.

Des Weiteren ergibt jeder Befreiungsgrund, auch nach §  4 RBStV, einzeln gesehen wahrscheinlich einer  dieser  "niedrigen Anteil der Gesamterträge des Rundfunkbeitrags"!

Aber gem. BS, JB 2017, Seite 12, 2. Abs., beträgt die Anzahl der Wohnungen (nach §  4 RBStV) mit
-  gewährter Befreiung  = 2.778.851
- gewährter Ermäßigung  = 469.665
d.h.  der Beitragsausfall beläuft sich bei 616.416.473 € jährlich,
Insgesamt =    1.009.116.473 €  jährlicher Beitragsausfall 
(i.J. 2011, S.38, 2. Abs., betrug der j. Beitragsausfall 860.500.000 €)
hinzukommend: Anzahl der Befreiungen für Beherbergungsstätten ohne Empfangsgeräte

Auch hier kommt es zu einem höheren Verwaltungsaufwand als bei Beitragszahler via Bankeinzug.

Und wie wird der jährl. Beitragsausfall „kompensierbar“?
Dazu heißt es lediglich nunmehr im JB 2017 des BS, S. 13, 5. Abs.:
Zitat
Die Befreiungen und Ermäßigungen schmälern die Erträge aus Rundfunkbeiträgen, sind aber Bestandteil der Solidarfinanzierung.

Gesamtgesehen erzielen diese  'imaginären'  Maßstäbe zwar die Legitimierung  des ö-r Rundfunks aber verfehlen das Ziel der Belastungsgleichheit und verleiten zur Umgehung der Beitragspflicht!

Rn70:
Zitat
Zwar besteht keine Verpflichtung, den zweckmäßigsten, vernünftigsten, gerechtesten und wahrscheinlichsten Maßstab zu wählen.

Aber sollte insb. das BVerfG dieses nicht auch erkennen müssen, dass die durch den Gesetzgeber eingeführten Erhebungsregelungen dazu geführt haben, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg  verfehlt wird.
Denn, wenn die Norm nicht mehr gewährleisten kann, dass die Allgemeinheit - alle Volljährigen in DE lebenden - nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet werden; wäre sie dann nicht umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung? Vgl. BVerfGE 84, 239, Rn 111

Vgl. BVerfGE 84, 239, Rn 111, http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv084239.html
Zitat
„Wirkt sich indes eine Erhebungsregelung gegenüber einem“ (Beitrags)“tatbestand in der Weise   strukturell gegenläufig aus, dass der “(Beitrags)“anspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann, und ist dieses Ergebnis dem Gesetzgeber zuzurechnen, so führt die dadurch bewirkte Gleichheitswidrigkeit zur Verfassungswidrigkeit auch der materiellen Norm. Zuzurechnen ist dem   Gesetzgeber eine im Erhebungsverfahren angelegte, in der dargestellten Weise erhebliche Ungleichheit im Belastungserfolg nicht nur dann, wenn sie ihre Ursache in gesetzlichen Regelungen des  Erhebungsverfahrens hat, sondern auch, wenn sie auf Verwaltungsvorschriften beruht, die der Gesetzgeber bewusst und gewollt bei seiner Regelung hingenommen hat. Die Zurechnung setzt weiter voraus, dass sich dem Gesetzgeber  - sei es auch nachträglich - die Erkenntnis  aufdrängen musste,  dass für die in Frage stehende“ Abgabe „mit Blick auf die Erhebungsart sowie die nähere Regelung des  Erhebungsverfahrens  das  von Verfassungswegen vorgegebene Ziel der Gleichheit im Belastungserfolg prinzipiell nicht zu erreichen ist und er sich dieser Erkenntnis daher nicht verschließen durfte.  Drängt  sich ein struktureller Erhebungsmangel dem Gesetzgeber erst nachträglich auf, so trifft ihn die  verfassungsrechtliche Pflicht, diesen Mangel binnen angemessener Frist zu beseitigen“.
In Klammern Gesetztes wurde von mir ersetzt

Gruß
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: 907 am 22. Juli 2018, 19:19
Die ............abgabe belastet private Haushalte ebenso wie gewerbliche Verbraucher, die private ebenso wie die öffentliche Hand. Gemeinsam ist den Abgabeträgern nur ............ Die bloße Nachfrage nach dem gleichen Wirtschaftsgut aber formt die Verbraucher nicht zu einer Gruppe, die eine Finanzierungsverantwortlichkeit für eine bestimmte Aufgabe träfe. Die Nachfrage mag Anknüpfungspunkt für eine Verbrauchsteuer sein, taugt aber nicht als Grundlage für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, die den Nachfrager für eine bestimmte struktur-, ............................. Sicherung in Pflicht nimmt.

Der Kreis der ............... ist somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der Steuerzahler auf.

Quelle:
BVerfGE 91, 186 - Kohlepfennig
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Markus KA am 23. Juli 2018, 17:21
Willkürliche und verschleiernde Bedeutungsverschiebung in Rn. 66

Rn 66
Zitat
Die individuell-konkrete Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 137,1, Rn. 52).
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2018/07/rs20180718_1bvr167516.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2018/07/rs20180718_1bvr167516.pdf?__blob=publicationFile&v=2)

In BVerfGE 137,1, Rn 52, heißt es jedoch:
Zitat
Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten,
aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2014/06/rs20140625_1bvr066810.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2014/06/rs20140625_1bvr066810.pdf?__blob=publicationFile&v=1)

Das BVerfG zitiert sich selbst, unterschlägt dabei jedoch das inhaltlich eingrenzende Attribut "wirtschaftlich".

So werden aus "konkreten wirtschaftlichen Vorteilen", für welche die abgabepflichtigen Individuen zur Kasse gebeten werden sollen, schlicht "konkrete Vorteile".

Das Attribut "konkret" ist nun aber paradoxerweise gerade nicht zur Konkretisierung geeignet. Es erfolgt also eine Bedeutungsverschiebung. Dadurch werden die eingrenzenden Anforderungen an den Vorteil, für den die Abgabepflichtigen zur Kasse gebeten werden, erheblich gelockert. Somit kann künftig jeder x-beliebige Vorteil zum Anlass für eine Beitragspflicht werden.

Die Bedeutungsverschiebung von "konkreten wirtschaftlichen Vorteilen" hin zu "konkreten Vorteilen" wird vom BVerfG nicht begründet und ist somit willkürlich.

Der Eindruck der Willkür verstärkt sich durch die verschleiernde Art der Präsentation: Es wird die inhaltlich gelockerte Anforderung explizit präsentiert und dabei mittels Zitation auf einen früheren Beschluss verwiesen. Der frühere Beschluss enthält jedoch die strengere, durch das Adjektiv "wirtschaftlich" eingegrenzte Anforderung.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: drone am 24. Juli 2018, 20:25
Ich weiß, es gibt eine Historie dazu. Dennoch erschließt sich mir bis heute nicht, wie sich ...
Zitat von: Urteil des BVerfG, RN 153
[...] Demgegenüber wäre bei einer rückwirkenden (vgl. BVerfGE 1, 14 <37>; 7, 377 <387>; 8, 51 <71>; 132, 334 <359 Rn. 71>; 144, 369 <411 Rn. 111>) Nichtigkeit der Normen die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geforderte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährdet, wenn die als verfassungswidrig anzusehende Regelung nicht mehr angewendet werden dürfte und Beitragsschuldnern die Möglichkeit der Rückforderung bereits geleisteter Beiträge eröffnet wäre (dazu vgl. BVerfGE 108, 1 <33>; 132, 334 <359 f. Rn. 72>; 144, 369 <411 f. Rn. 112>). [...]
aus
Zitat von: GG Artikel 5 (1) Satz 2
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
irgendwie verständlich und vielleicht sogar logisch deduzieren läßt. Oder sind sie einfach nur Zauberkünstler? Illusionisten? Fabelerzähler?

Wird es durch dieses permanente Wiederkäuen etwa besser oder glaubwürdiger, oder gar wahrer? In jedem Fall ganz schön viel Rauch um 8 Mrd., der letztlich droht, mein Sprach- und Rechtsverständnis vollends zu ruinieren...

(Staatsfern könnte der ÖRR nur sein, wenn es ihn überhaupt nicht gäbe. Aber, ...nach dem Urteil ist vor dem Urteil...)
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: drboe am 25. Juli 2018, 12:57
@drone: dass sich aus Art. 5 (1) die Finanzierungspflicht für öffentlich-rechtlichen Rundfunk ergibt, ist eine seit Jahrzehnten permanent vom BVerfG wiederholte und von Politikern wie ÖR-Anstalten kolportiere Lüge. Da das GG an keiner Stelle die Errichtung von ÖR-Rundfunkanstalten fordert, kann das in GG 5 gar nicht geregelt sein. Historisch gab es allerdings die Anstalten unter Verwaltung der Siegermächte von WK2 schon vor dem GG.

M. Boettcher
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: hankhug am 26. Juli 2018, 13:05
Zur Ungleichbehandlung von Alleinlebenden- und Alleinerziehendenhaushalten schreibt das BVerfG in Rn 105:
Zitat
...Die Leistung des öffentlich-rechtlichen Programmangebots ist auch dann der Beitragshöhe äquivalent, wenn der Inhaber eines Einpersonenhaushalts zu einem vollen Beitrag herangezogen wird.
Was ist das denn für ein Argument?

Würde das BVerfG auch so argumentieren, wenn es beim Gleichbehandlungsthema z.B. um die schlechtere Entlohnung von Frauen im Vergleich zu Männern für vergleichbare Tätigkeiten geht?
Man stelle sich das mal bildlich vor: Die Bezahlung von Frauen dürfte dann ruhig schlechter als die von Männern sein, solange für die Leistung als solches noch ein angemessenes Gehalt gezahlt wird?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Besucher am 26. Juli 2018, 15:20
Argument, lieber @hankhug?

Zitat
Zitat
    ...Die Leistung des öffentlich-rechtlichen Programmangebots ist auch dann der Beitragshöhe äquivalent, wenn der Inhaber eines Einpersonenhaushalts zu einem vollen Beitrag herangezogen wird.


Was ist das denn für ein Argument?

Das ist gar kein Argument, sondern ein weiterer unsäglicher, hingeschwurbelter Versuch des Bundesverfassungsgerichts, selber "Recht" zu setzen, auf dass es den Herrschaften beim "öffentlich-rechtlichen" Rundfunk dieses Landes (= Privatfunk der Parteienoligarchie) zum weiteren Entzücken gereiche.

Der Punkt war ja bereits auch von Dr. Sprißler in seine Vorlage beim EuGH aufgenommen worden, mal schauen, ob man das dort auch so sieht. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Deutsche "Recht"-Sprechung von europäischen Gerichten ein bisschen korrigiert werden muss....
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Besucher am 26. Juli 2018, 15:40
Diese Aussage, lieber @drboe, sollte nicht untergehen...

Zitat
...
Da das GG an keiner Stelle die Errichtung von ÖR-Rundfunkanstalten fordert, kann das in GG 5 gar nicht geregelt sein. Historisch gab es allerdings die Anstalten unter Verwaltung der Siegermächte von WK2 schon vor dem GG.
...

...& verdient noch einmal eine kleine Anknüpfung: Wenn im Art. 5 GG überhaupt nichts derartiges steht, dann könnte man anstelle einer Lüge (obwohl auch das durchaus berechtigt ist) auch davon sprechen, dass es damit den aktuellen Verfügungen der einschlägig bekannten Herrschaften in Karlsruhe eindeutig an jedweder Rechtsgrundlage gebricht.

Oder gibt es etwa irgendwo irgendein ein aktuell  noch gültiges Statut der alliierten Siegermächte, das  so etwas zumal mit Ewigkeitsgarantie verfügt hätte ***?. Das hätte dann aber nichts mit dem GG zu tun, selbst wenn unser tolles Verfassungsgericht sich auf so etwas bezogen hätte.

Selbst wenn das Verfassungsgericht nun meint, es könne in das GG einfach etwas hereinlesen, was nicht drinsteht, müßte doch solch' ein Versuch der "Rechtsfortbildung" gewissen Kriterien genügen. "Gewohnheitsrecht" - vielleicht gekleidet in die harschen Worte des Bürokratenmantra #1: »Das haben wir immer schon so gemacht!« - oder die berühmte Normative Kraft des Faktischen, oder einfach Gefühl & Wellenschlag, und dass die "Anstalten" und deren Funktionäre sich ganz einfach künftig noch doppelt & dreifach mit dem Geld des Bürgers mästen dürfen sollen?

Was darf es denn sein, liebes Bundesverfassungsgericht?? Doch wäre das nicht alles ein bisschen dünn?!?

Auch der obige spezielle Punkt kann & wird hfftl. auf europäischer Ebene auf- bzw. angegriffen werden - unter zusätzlicher Berücksichtigung, dass zumindest bislang Länder wie NL, DK bzw. S sich noch keiner Zeihung ausgesetzt gesehen haben, sie seien "Unrechtsregime", da mit einem steuerfinanzierten Rundfunk ausstaffiert. 

***Edit "Markus KA":
Beitrag musste leider angepasst werden.
Begriffe die von Lesern falsch oder als Beleidigung interpretiert werden könnten, sollten vermieden werden.
Danke für das Verständnis und die zukünftige konsequente Berücksichtigung.

Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: jasonbourne am 26. Juli 2018, 16:13
Ich möchte mal einen Blick auf die Klage von Sixt werfen.

Das BVerfG sieht einen spezifischen Vorteil durch das Autoradio in den von Sixt vermieteten Autos - bejaht hier also einen Zusammenhang zwischen konkreter Empfangsmöglichkeit durch ein Empfangsgerät und einer entsprechenden Gebühr (1/3 Beitrag). Dies ist analog zur Radio bzw. PC Gebühr im alten System.
Der Wiederspruch ist eklatant zum Beitrag und in sich nicht konsistent, da es eben nicht auf Rundfunkempfangsgeräte ankommt sondern auf Wohnungsinnhaberschaft und Betriebsstätten, unabhängig davon ob Empfangsgeräte vorhanden sind oder nicht.
Dies ist eindeutig eine Ungleichbehandlung und rechtlich nicht gedeckt, wird aber vom BVerfG im Urteil als rechtens erklärt.
Entweder erhebt man einen geräteunabhängigen Beitrag (wie es das Gericht durch seine abstruse Erklärung zur Wohnung, der Realität und einem Wahrscheinlichkeitsmassstab getan hat, aber das wurde bereits erwähnt)  - dann sind dementsprechend die Beiträge über die Wohnung und die Betriebsstätten abgegolten, oder man besteht auf eine ebenso kritische Korrelation zum Empfangsgerät (den heutzutage ist wohl jedes Elektronische Gerät mit Display prinzipiell ein Empfansgerät, trotzdem werde ich auf meiner Waschmaschine und auch auf keinem anderen Gerät ÖRR konsumieren).
Sich aber nach dem Prinzip "wo gibt es mehr Beiträge" das jewilige heruaszusuchen ist Willkür.

Daran anknüpfend:
Die Kunden mit Wohnung in Deutschland zahlen ja bereits Beiträge - ausser sie sind bei uns >:D. Eine Doppelbelastung ist, siehe Zweitwohnung, ungerecht. Daher müsste es rein logisch eine Möglichkeit geben für Sixt Kunden die bereits Beitrag zahlen keinen Beitrag entrichten zu müssen.
Für Kunden aus dem Ausland muss man überlegen welcher spezifische Vorteil diese Kunden treffen soll. Die meisten werden die dt. Sprache nicht beherschen, ausser Musik werden sie wohl keine Informationen und Bildung erlangen können - und das ist ja der Hauptauftrag des ÖRR.

Ein spannendes Gedankenexperiment ist, zu überlegen wie Autos ohne Radio gewertet werden. Hier kommt auch der große Blitz (die Schule Kennzeichnet so Logikfehler) zu Hotels, Schlafkapseln etc. ohne Geräte - werden die nun nach dem Geräteprinzip (Sixt) oder dem subreal aufgrund von Wahrscheinlickeiten herangezogenen Beitrag beurteilt? Schliesslich wird Rundfunk ja - auch wenn es keine Statistik gibt, aber wenn das dt. höchste Gericht es so sagt wird es schon so sein - hauptsächlich innen genutzt.

Einen Allgemeinen Logikfehler sehe ich weiterhin in dem Thema Vollversorgung.
Der Auftrag laut ARD.de
Zitat
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den verfassungsrechtlich vorgegebenen Auftrag, einen Beitrag zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu leisten und so zu einem funktionierenden demokratischen Gemeinwesen beizutragen.
Nach diesem Auftrag folgt ein Blabla mit allerlei gerade aktuellen Buzzwords.
Steht hier geschrieben, das es über 20 TV Programme geben soll? Und über 60 Radioprogramme? Braucht es das zu diesem Auftrag?
Wo steht was von Wettbieten um Moderatoren wie Jauch, um Sportübertragungen, Unterhaltungen, etc.? Worin besteht dort der Zusammenhang mit dem Beitrag zur individuellen Meinungsbildung?
Zitat
"Innerhalb des Fernsehens bilden Sportübertragungsrechte den größten Kostenblock" aus Wikipedia
Hinaus will ich hier auf den spezifischen Vorteil, den das BverfG in seinem Urteil durch den ÖRR sieht - den kann man ganz klar angreifen, denn ich kann nunmal nicht 80 Programme zeitgleich schauen. Schon garnicht in diesem Umfang und mit diesem Auftrag. Somit ist der spezifische Vorteil in diesem Umfang niemals zu erkennen, wieso auch.

Ein weiterer Kritikpunkt an diesem Urteil ist das es neben dem Nutzer einen Nichtnutzer einfach garnicht gibt, bzw. das er mit der Umstellung von Gebühr auf Beitrag einfach abgeschafft wurde. Das BverfG nennt im Urteil jedoch Befreiungsmöglichkeiten für Wohnungen und Betriebsstätten in denen kein Rundfunk empfangen werden kann - z.b. mangels Stromversorgung, etc.
Auch hier besteht eine Verquickung zwischen Beitrag von allen Wohnungen  und den Empfangsgeräten.
Rein technisch kann keine Wohnung Rundfunk empfangen, sie braucht dazu Empfangsgeräte.
Warum wird eine Wohnung die im Funkloch liegt bzw. keinen Stromanschluss hat  - wir könnten natürlich auch ganz Detroit like in trailer parks oder Gartenlauben ziehen - anders behandelt wie eine Wohnung ohne Empfangsgeräte und anders wie ein Nichtnutzer?


Die logischste und klarste lösung wäre gewesen, den Beitrag in eine Kopfpauschale umzuwandeln - schließlich "dient der ÖRR der Demokratie" und die dient allen.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: MMichael am 26. Juli 2018, 16:41
dass sich aus Art. 5 (1) die Finanzierungspflicht für öffentlich-rechtlichen Rundfunk ergibt, ist eine
Erfindung der Bundesverfassungsrichter: Die Anstaltsrundfunkfreiheit.

Die mit dem Grundrecht nach Artikel 5 GG begründete Anstaltsrundfunkfreiheit wendet sich gegen (seit 18.7.18) alle Grundrechtträger mit der Zahlungspflicht auf Lebenszeit. >:(.
Aus dem Grundrecht (als Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat gedacht) wird eine Zahlungpflicht des Bürgers an den Staat bzw. von ihm begründete öffentlich-rechtliche Unternehmungen. 

Art 5 GG [...] müsste [...] stärker in den Blickwinkel.
Genau!

Zitat (nach Kratzmann):
Zitat
"... Die neuerliche Pflicht zur Zahlung des vom Gerätebesitz nicht mehr abhängigen Rundfunkbeitrages stellt für die herrschende Rundfunkgesetzgebung und -organisation eine Bagatelle dar, einen kleinen Schritt, welcher eine letzte Lücke bei der Gebühreneintreibung schließt. Für den verfassungsrechtlichen Betrachter im Allgemeinen und den „Fernsehmuffel“ im Besonderen bedeutet dieser Systemwechsel dagegen einen großen Schritt aus dem Grundgesetz heraus. Denn die sich institutionell, zeitlich und nun auch verfassungsrechtlich verabsolutierende „Anstaltsrundfunkfreiheit“ nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG wird mit dem Zwangsbeitrag zum Fremdkörper unter den Grundrechten und missachtet zugleich die negative Informationsfreiheit des "Fernsehmuffels“ gem. Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 GG.
Denn diese Zwangsmaßnahme "Rundfunkbeitrag" als Folge der Rundfunkfreiheit nach Art 5 richtet sich gegen die Informationsfreiheit nach Art 5 GG, den Gleichheitssatz nach Art 3 und andere Grundrechte
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Thejo am 26. Juli 2018, 23:32
Hinaus will ich hier auf den spezifischen Vorteil, den das BverfG in seinem Urteil durch den ÖRR sieht - den kann man ganz klar angreifen, denn ich kann nunmal nicht 80 Programme zeitgleich schauen. Schon garnicht in diesem Umfang und mit diesem Auftrag. Somit ist der spezifische Vorteil in diesem Umfang niemals zu erkennen, wieso auch.
Da werden sie Dir sagen, dass dies dem Auftrage der "Vielfalt"(tm) geschuldet ist. Du musst das ja auch nicht alles gucken, Du bekommst lediglich die Möglichkeit dazu...


Laut dem 20. KEF Bericht gab es 2014 10,1 Millionen Sendeminuten ausgestrahltes TV-Angebot [Tz 28 S.43]. Im Hörfunk sogar 32,4 Millionen Sendeminuten [Tz 37 S.50]. Ein Jahr hat 525.600 Minuten: 60 Minuten * 24 Stunden * 365 Tage.

Konsumiert ein Mensch "nur" 4 Stunden am Tag ein einzelnes Programm, so müsste er 177.083 Jahre alt werden, um nur ein einziges Jahr des örR komplett anzusehen und anzuhören. Wenn das jetzt noch großzügig durch 16 Bundesländer geteilt (regionales Programm) und davon nur ein Promille (selektive Auswahl) genommen würde, müsste man immer noch 11 Jahre lang konsumieren.

Wie groß war gleich noch der Anteil an Wiederholungen? Damit würd's ja auch weniger...  :P
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: schnuller am 28. Juli 2018, 00:31
Insgesamt fragwürdig ist doch, kann ein Gesetzgeber nur mit der Änderung von Begrifflichkeiten (Gebühr zu Beitrag) und einer Änderung des Anknüpfungsmerkmales der Zahlungspflicht (Empfangsgerät zu Wohnung), ohne das sich insgesamt am System etwas ändert, damit quasi jeden in Deutschland wohnenden Bürger zur Zahlung verpflichten? Es hat sich am System überhaupt nichts geändert, weder wurde die Grundversorgung erweitert, noch sonst irgendwas. Es wurden nur Begrifflichkeiten vertauscht. Empfangsgerät heißt jetzt Wohnung, "da dort" typischerweise Rundfunk empfangen wird. Früher war dies der Fernseher, "mit dem" typischerweise Rundfunk empfangen wird.

Es ist ein Urteil das vollkommen an der Wirklichkeit vorbei geht, dass mit Rundfunkfreiheit und Informationsfreiheit nicht zu tun hat. Es schafft dem Gesetzgeber durch bloße Änderung von Begrifflichkeiten neue Möglichkeiten der Finanzierung die zukünftig dann vom BVerfG durchgewunken werden müssten.

Wer entscheidet eigentlich über die Grundversorgung? Hat nicht jeder eine individuelle Grundversorgung? Für den einen sind Nachrichten Grundversorgung, für den anderen Filme, noch ein anderer deckt seine Grundversorgung über Printmedien oder über private Programme. Ist es überhaupt mit der Verfassung vereinbar, Bürger die in einigen Bereichen bereits grundversorgt sind eine weitere Grundversorgung anzubieten? Sowas ist Geldverschwendung. Es sollte sich an der Notwendigkeit orientieren und nach dem tatsächlichen Bedarf. Ich denke, eine Verfassungswidrigkeit lässt sich nur inhaltlich argumentieren, wirtschaftlich - Verschwendung von öffentlichen Geldern - und über die individuelle Grundversorgung. Rundfunk lässt sich nicht öffentlich gemeinschaftlich lösen, sondern ist sehr individuell.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: drboe am 28. Juli 2018, 10:31
@jasonbourne:

Zitat
Das BverfG sieht einen spezifischen Vorteil durch das Autoradio in den von Sixt vermieteten Autos - bejaht hier also einen Zusammenhang zischen konkreter Empfangsmöglichkeit durch ein Empfangsgerät und einer entsprechenden Gebühr (1/3 Beitrag). Dies ist analog zur Radio bzw. PC Gebühr im alten System.
Der Wiederspruch ist eklatant zum Beitrag und in sich nicht konsistent, da es eben nicht auf Rundfunkempfangsgeräte ankommt sondern auf Wohnungsinnhaberschaft und Betriebsstätten, unabhängig davon ob Empfangsgeräte vorhanden sind oder nicht.

Das ist richtig. Juristen wären aber keine, würde ihnen hierzu nicht die passende "Erklärung" einfallen. Denn selbstverständlich muss auch für solche Kraftfahrzeuge gezahlt werden, in denen gar kein Radio vorhanden ist. Damit fällt zwar die Behauptung der Apologeten des Vorteils und des sogn. Rundfunkbeitrags in sich zusammen, aber das ficht den richtig guten Juristen, solche sitzen unbedingt beim BVerfG, BVerwG und BGH, nicht an. Er erklärt dem staunenfen Publikum, dass man sich ja jederzeit ein Empfangsgerät einbauen (lassen) kann. Und zudem gehe es gar nicht um die Ausstattung, sondern darum, das Kraftfahrzeuge ein typischer Raum sind, in dem Rundfunk konsumiert wird.

Ich habe neulich übrigens laute Musik aus einem jener mobilen Baustellentoiletten gehört. Wer daraus schließt, dass man für jedes Scheißhaus Rundfunkbeiträge löhnen müsste, hat das Prinzip dieser Abzocke völlig richtig verstanden.

M. Boettcher
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Nirgens am 28. Juli 2018, 12:03
Ich denke, eine Verfassungswidrigkeit lässt sich nur inhaltlich argumentieren, wirtschaftlich - Verschwendung von öffentlichen Geldern - und über die individuelle Grundversorgung. Rundfunk lässt sich nicht öffentlich gemeinschaftlich lösen, sondern ist sehr individuell.
Verfassungswidrigkeit ist ausschließlich argumentierbar über:
- Verletzung subjektiver Grundrechte des Grundgesetzes
- Verletzung höherrangiger gesetzlicher Regelungen (z.B. Bundesrecht > Landesrecht)

Letzteres wurde mit dem Steuerargument versucht und ist gescheitert, es handelt sich par or­d­re du muf­ti (Urteil des BVerfG) um eine Vorzugslast.

Solch eine hat jedoch in unserem Rechtssystem eine sehr konkrete Definition, ein Blick in diese lohnt sich IMHO.

Randnote 66 des karlsruher Urteils:
Zitat
Denn wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Leistung: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>; 137, 1 <22 Rn. 52>).

Somit stehe ich vor der Frage: wo bzw. was ist der wirtschaftlichen Nutzen der besonderen Einrichtung für den Beitragspflichtigen?

Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: pinguin am 28. Juli 2018, 13:30
Somit stehe ich vor der Frage: wo bzw. was ist der wirtschaftlichen Nutzen der besonderen Einrichtung für den Beitragspflichtigen?
Den Nutzen hat, wer nutzt.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Nirgens am 28. Juli 2018, 13:39
Somit stehe ich vor der Frage: wo bzw. was ist der wirtschaftlichen Nutzen der besonderen Einrichtung für den Beitragspflichtigen?
Den Nutzen hat, wer nutzt.
Das soll eine rechtliche tragfähige Begründung für den Vorteil sein?
Ernst gemeint oder trollst Du?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: ope23 am 28. Juli 2018, 16:10
Den Nutzen hat, wer nutzt.
Das soll eine rechtliche tragfähige Begründung für den Vorteil sein?
Ernst gemeint oder trollst Du?
Deine Aggression geht hier völlig fehl. Unser pinguin dürfte zu denen gehören, denen am wenigsten Trollerei vorgeworfen werden könnte. Seine Beiträge zu EU-rechtlichen Sachverhalten sind schon jetzt Legion und könnten vielleicht schon in Bälde sich als ungemein fruchtbar erweisen.

Interpretationshilfe für Dich: In diesem Forum befinden sich (mutmaßlich:) nahezu ausschließlich Nichtnutzer. Das Problem ist, dass auch die Nichtnutzer diesen Beitrag entrichten sollen, andernfalls der Ruin der bürgerlichen Existenz erfolgt. pinguin hat es als Spiegelbild pointiert. Umgekehrt gesagt: Wer nicht nutzt, hat keinen Nutzen.

Zweitens gibt es im Zitat vom BVerfG das unwahrscheinlich biegsame Wörtchen können.
Und dem aktiven Nichtnutzer wird regelmäßig unterstellt, dass er einen wirtschaftlichen Nutzen
ziehen kann.

Drittens wäre es angeraten, in einem außerordentlich niveauvollen Forum wie diesem hier immer einmal mehr das Messer eingeklappt zu lassen. Als Newbie mit ca. 20 Beiträgen einen Oldie mit >3000 Beiträgen ankläffen zu wollen: das sollte doch einmal mehr überlegt werden.  ???
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: pinguin am 28. Juli 2018, 20:18
Das soll eine rechtliche tragfähige Begründung für den Vorteil sein?
Ernst gemeint [...]?
Freilich ernst gemeint; auch Du scheinst Dich bislang nicht eingelesen zu haben? Ist aber unabdingbar, um von der Gesamtfülle der geltenden, wie einzuhaltenden Bestimmungen höheren Rechts überhaupt rudimentäre Kenntnis zu erlangen.

Rundfunk ist im Rahmenrecht der Europäischen Union, dessen Mitglied Deutschland ist, als Dienstleistung eingruppiert;

eine Dienstleistung wiederum wird im Recht der Europäischen Union von dem bezahlt, von dem sie bestellt, bzw. konsumiert wurde, deswegen wurden die für diesen Rechtsbereich maßgeblichen Richtlinien korrigiert, als daß die Nichtreaktion des potentiellen Kunden nicht als Zustimmung zur Kontaktaufnahme, bzw. zur Anerkennung dieses Angebotes für das ihm vom kundensuchenden Unternehmen unterbreitete Angebot gewertet werden darf.

Solange Du als potentieller Kunde also nix nutzt und auch nicht kundtust, daß Du gerne nutzen würdest, dürfen sie Dich alle mal kreuzweise.

Nur Du als Kunde entscheidest, sonst niemand.

Ist im normalen Wirtschaftsleben der Fall und auch bei jeder Dienstleistung; ist für jeden eigentlich selbstverständlich; daß es bei den Medien auch so zu sein hat, dafür sorgt Art. 10 EMRK, bzw. Art. 11 Charta, wonach keine Person eine staatliche Einflußnahme in ihr individuelles Meinungs- und Informationsrecht zu dulden braucht.

Insofern gilt

"Den Nutzen hat, wer nutzt."

Daß Art. 10 EMRK, bzw. die EMRK insgesamt gilt; nun, gerne immer wiedergekäut;

EuGH C-260/89, mit seiner Kernaussage zum Rundfunk, daß in der Gemeinschaft keine Maßnahme rechtens ist, die sich über Art. 10 EMRK hinwegsetzt.

K e i n e   M a ß n a h m e

Nichts ist rechtens, was Rundfunknichtnutzer zur Finanzierung von Rundfunk heranzieht.

Die jetzige Entscheidung des BVerfG enthält übrigens keine Genehmigung an die einzelne, verantwortliche staatliche Stelle, sich über die Leitentscheidungen des BVerfG zur EMRK hinwegzusetzen, (siehe Thema zur EMRK), die da im Wesentlichen lautet, daß die EMRK einzuhalten ist und als einfaches Bundesrecht kraft Art. 31 GG jedes Landesrecht bricht. (Siehe dazu auch BVerfG 2 BvN 1/95 zur Geltung des Art. 31 GG).

Der Staat ist kraft Art. 10 EMRK, bzw. Art. 11 Charta in keinem Falle befugt, dem Adressaten von EMRK, bzw. Charta ein bestimmtes, von ihm, also dem Staat, präferiertes Medienverhalten vorzuschreiben.

Will der Staat etwas finanziert haben, bedarf es der Finanzierung auf Basis allgemeiner Steuermittel, die aber wiederum bei einem Wirtschaftsunternehmen, also einem Unternehmen mit Wettbewerbern, im Recht der Europäischen Union im Grunde unstatthaft sind, bzw. nicht für den laufenden Geschäftsbetrieb aufgewendet werden dürfen.

Jedes erfolgreiche Unternehmen trägt sich im Recht der Europäischen Union selbst und ist vom Staat finanziell unabhängig.

Deswegen gehen bspw. manche Kommunen dazu über, ihre Bürger in ihre Entscheidungen betreffs der Entwicklung der eigenen Kommune aktiv einzubeziehen.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Nirgens am 28. Juli 2018, 21:17
OK, Du siehst das also vom Europarecht her, aus dieser Perspektive macht Deine Antwort Sinn und mit dieser Sicht (und gesundem Menschenver- und anstand) hast Du möglicherweise (sicher) recht.

Bislang habe ich mich zugegebenermaßen, da ich sonst noch ein Leben habe, (noch) nicht ins Europarecht eingelesen. Der Tag hat nur 24 Stunden und für die mehr oder weniger freiwillige Weiterbildung in Sachen Verwaltungsrecht nehme ich hier und da schon mal die Nacht dazu.

Meine Überlegung bleibt daher erstmal in Deutschland und deswegen kam meine Nachfrage (die war überhaupt nicht böse gemeint): ich sah einfach keinen Zusammenhang zwischen meiner Frage und Deiner Antwort.

Um es etwas anders zu formulieren damit es vielleicht etwas verständlicher ist:

Soweit ich es verstehe hat das Verfassungsgericht bei der Frage Steuer oder Abgabe sich eben nicht weiter mit 'dem Vorteil' beschäftigt sondern lediglich die Argumentation der ÖR dass es 'den Vorteil' gibt wiedergekäut. Zumindest nicht im Privaten, nur im Gewerblichen gibt es den wirtschaftlichen Vorteil 'Verkehrsfunk' der den Vermietungswert eines Kraftfahrzeugs erhöhen soll.

In 'dem Vorteil' kann ich keinen wirtschaftlichen erkennen der sich individuell-konkret zurechnel lässt (und kann mich auch nicht erinnern mal irgendwo etwas dazu gelesen zu haben) - und dieses ist, zumindest soweit ich die gefestigte Rechtssprechung zu Vorteilslasten (Beiträge/Gebühren) verstanden habe, unabdingbar und damit auch für den Rundfunkbeitrag nicht irrelevant.

Daher interessiert in dem Zusammenhang ob das schon ausreichend geprüft wurde, denn wenn nicht dann könnte dies ein Ansatzpunkt sein um den Rundfunkbeitrag materiell rechtlich anzugehen: denn ohne individuell konkret zurechenbaren wirtschaftlichen Vorteil kann in Deutschland kein Beitrag existieren.

Gedankengang: Wenn die Nutzung(-smöglichkeit) von X einen wirtschaftlichen Vorteil ergibt dann muss muss aus dem Wegfall von X eine wirtschaftlicher Nachteil resultieren.

Probe: Ohne Straßenbau hätte ich höheren Verschleiß beim Auto, ohne Klärwerk müsste ich das Abwasser selber entsorgen lassen. Es gäbe einen wirtschaftlichen Nachteil wenn diese staatlichen Einrichtungen wegfallen würden, hierdurch ist ein wirtschaftlicher Vorteil der individuell konkret zurechenbar ist (selbst für den Beitragsfall, also lediglich die Möglichkeit der Nutzung) logisch begründbar.

Gegenprobe: Ohne ÖR hätte ich lediglich keine Rundfunkbeitragspflicht, aber keinen wirtschaftlichen Nachteil wenn diese staatliche Einrichtung wegfallen würde. Damit wird die Begründung des individuell konkret zurechenbaren wirtschaflichen Vorteils schwierig und es stellt sich die Frage ob die notwendige Grundlage für einen Beitrag gegeben ist.

Ich hoffe das macht es etwas klarer worauf ich hinaus will.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: pinguin am 29. Juli 2018, 07:57
OK, Du siehst das also vom Europarecht her,
Immer vom höheren zum niederen Recht, wenn das höhere Recht dem niederen verbindliche Vorgaben macht.

Und verbindliche Vorgaben enthalten nicht nur alle europäischen Verträge des Europarates, wie die EMRK, wenn sie, wie die EMRK, kraft Ratifizierung ins nationale Recht übernommen worden sind. (Europarecht als höheres Recht gegenüber dem nationalen Recht eines einzelnen europäischen Landes).

Verbindliche Vorgaben enthalten auch die Entscheidungen des BVerfG, bspw. ebenfalls zur EMRK. (Bundesrecht als höheres Recht gegenüber dem Landesrecht).

Und gerade in Bezug auf Medien sind die Rundfunkverträge nicht nur im Lichte der BVerfG-Entscheidungen zur EMRK zu betrachten, sondern auch im Lichte der bindenden Grundsatzentscheidung des EuGH C-260/89, wonach in der Gemeinschaft keine Maßnahme rechtens ist, die sich über Art. 10 EMRK hinwegsetzt.

Die einzige Lösung entlang dieser Betrachtungsweise ist, daß Rundfunknichtnutzer nicht zur individuellen Finanzierung von Rundfunk herangezogen werden können.

Auch wenn es zwar etwas ot führt, die einzigen, die bewirkt haben, daß der Rundfunkbeitrag seitens des EuGH als ungenehmigte, zurückzufordernde Beihilfe eingestuft werden könnte, sind die Rundfunkanstalten selbst.

Zitat
Meine Überlegung bleibt daher erstmal in Deutschland
Im Grunde wäre das ja auch ok, aber - Deutschland ist Bündnispartner sowohl im Europäischen Rat, (EU), als auch im Europarat und ist damit entsprechende Verpflichtungen eingegangen.

Mögen Verstöße gegen die Verträge des Europarates mangels Gericht nicht ahndbar sein; (Ausnahme: EMRK = EGMR in Straßbourg); Verstöße gegen die Verträge des Europäischen Rates, (EU), sind am EuGH in Luxembourg ahndbar. 
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: jasonbourne am 30. Juli 2018, 09:26
@jasonbourne:

Zitat
Das BverfG sieht einen spezifischen Vorteil durch das Autoradio in den von Sixt vermieteten Autos - bejaht hier also einen Zusammenhang zischen konkreter Empfangsmöglichkeit durch ein Empfangsgerät und einer entsprechenden Gebühr (1/3 Beitrag). Dies ist analog zur Radio bzw. PC Gebühr im alten System.
Der Wiederspruch ist eklatant zum Beitrag und in sich nicht konsistent, da es eben nicht auf Rundfunkempfangsgeräte ankommt sondern auf Wohnungsinnhaberschaft und Betriebsstätten, unabhängig davon ob Empfangsgeräte vorhanden sind oder nicht.

Das ist richtig. Juristen wären aber keine, würde ihnen hierzu nicht die passende "Erklärung" einfallen. Denn selbstverständlich muss auch für solche Kraftfahrzeuge gezahlt werden, in denen gar kein Radio vorhanden ist. Damit fällt zwar die Behauptung der Apologeten des Vorteils und des sogn. Rundfunkbeitrags in sich zusammen, aber das ficht den richtig guten Juristen, solche sitzen unbedingt beim BVerfG, BVerwG und BGH, nicht an. Er erklärt dem staunenfen Publikum, dass man sich ja jederzeit ein Empfangsgerät einbauen (lassen) kann. Und zudem gehe es gar nicht um die Ausstattung, sondern darum, das Kraftfahrzeuge ein typischer Raum sind, in dem Rundfunk konsumiert wird.

Ich habe neulich übrigens laute Musik aus einem jener mobilen Baustellentoiletten gehört. Wer daraus schließt, dass man für jedes Scheisshaus Rundfunkbeiträge löhnen müsste, hat das Prinzip dieser Abzocke völlig richtig verstanden.

M. Boettcher

Es ist unglaublich - im Grunde dreht man sich das Recht genau so auf Links wie man es gerade im jeweiligen Fall braucht.
Mit welcher Argumentation zahlt man dann Beitrag nur für die Wohnung, wenn doch ein Auto auch noch ein typischer Raum des Rundfunkkonsums ist.

Also, beim Privatmann ist es so: Du zahlst für die Wohung, denn jeder hat eine.
Beim Unternehmen ist es so: Du zahlst für die Betriebsstätten, denn die arbeiten dort nicht, sondern konsumieren Rundfunk.
Bei einer Autovermietung ist es so: Du zahlst für die Betriebsstätten, denn die arbeiten dort nicht sondern konsumieren
Rundfunk. Und für deine Mietautos, denn die könnten dort Rundfunk konsumieren wenn sie ein Radio einbauen würden.

Beiträge für Zweitwohnungen sind ein Verstoß gegen die Verfassung. Merkt jeder, oder? Mehrfachabzocke aber Zeitwohnung ausgeschlossen.

Beitragsoptimierung per BverfG - unglaublich.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Kurt am 30. Juli 2018, 12:38
Etwas OT  - oder doch nicht?

Zitat von: GG Artikel 5 (1) Satz 2
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Da werden 2 (ZWEI!) Dinge aufgeführt die zu gewährleisten sind:
1) Pressefreiheit
2) Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film

Das BVerfG setzt bei 2) "gewährleisten " mit "verfassungsrechtlich geforderter Finanzierung" gleich:

Zitat von: Urteil des BVerfG, RN 153
[...] Demgegenüber wäre bei einer rückwirkenden (vgl. BVerfGE 1, 14 <37>; 7, 377 <387>; 8, 51 <71>; 132, 334 <359 Rn. 71>; 144, 369 <411 Rn. 111>) Nichtigkeit der Normen die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geforderte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährdet, wenn die als verfassungswidrig anzusehende Regelung nicht mehr angewendet werden dürfte und Beitragsschuldnern die Möglichkeit der Rückforderung bereits geleisteter Beiträge eröffnet wäre (dazu vgl. BVerfGE 108, 1 <33>; 132, 334 <359 f. Rn. 72>; 144, 369 <411 f. Rn. 112>). [...]


Stellt man die Begrifflichkeiten etwas um:
1) Pressefreiheit = Freiheit der Berichterstattung durch die Presse
2) Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film

Mit gleicher Logik des BVerfG könnte dann ein "Pressebeitragsstaatsvertrag" initiiert werden!?

Gruß
Kurt

Aber zurück zum Thema: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: pinguin am 30. Juli 2018, 13:23
@Kurt

Das ist halt das Problem mit dem Verstehen(wollen) eines geschriebenen Textes.

Für mich heißt die Aussage im Lichte des ja ebenfalls einzuhaltenden Art. 10 EMRK eben, daß sich der Staat bei den Medien nicht einmischen darf, nicht in den Inhalt der Medien und eben auch nicht in deren Finanzierung.

Denn wie sollte das ja vom BVerfG daraus ebenfalls abgeleitete Gebot der Staatsferne anders zu realisieren sein?

Stellt sich dann die Frage, warum dieser elementare Widerspruch in der Aussage dem BVerfG nicht auffällt?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 04. August 2018, 23:22
Als Unternehmer nehme ich mal den Fall SIXT auseinander:

Die Begründung des Gerichtes, daß mit der Konsummöglichkeit von ÖRR für die Kunden ein Vorteil entsteht, der ja auch an die Kunden kostenmäßig weitergegeben wird, bringt gewisse Unlogiken mit sich, denn ein Auto ohne Radio (oder Motor, um es ganz absurd zu machen), kann ja nunmal leider nicht billiger an den Kunden vermietet werden, weil ja dennoch der Rundfunkbeitrag für das Auto fällig wird, völlig unabhängig vom Empfangsgerät.
Analog zur Zweitwohnung dürfte der Kunde dann den Beitrag des Unternehmens für den Wagen, den er ja mitbezahlt zurückverlangen, da ja ein Beitrag, der über den der Erstwohnung hinausgeht verfassungswidrig sein soll, denn die messerscharfe Logik des Bundesverfassungsgerichts, daß man ja nur an genau einem Ort ÖRR konsumieren könnte, träfe hierfür ja auch zu...
Der "Vorteil" für den Kunden wäre z.B. Verkehrsmeldungen empfangen zu können. Da fehlt aber eine Abgrenzung zu anderen Dienstleistern, wie Privatfunk oder intelligente Navigeräte, da müßten die Verkehrsmeldungen des ORR ja einen "besonderen" Vorteil haben.

Ich weiß ja nicht, inwieweit sich SIXT auch gegen die Betriebsabgabe gewehrt hat, aber was im Privaten Bestand hat, kann ja nicht für einen Gewerbebetrieb anders sein, so wäre also für den Hauptbetriebssitz Beitrag zu bezahlen, für jede weitere Filiale aber nicht.

Z ist Geschäftsführer eines Handwerksbetriebes. Da zahlt er für die Betriebsstätte, die Mitarbeiter und für die Firmenfahrzeuge, mit denen die Mitarbeiter zur Baustelle fahren.
Das Bundesverfassungsgericht postuliert einen Vorteil für den Betrieb ob der "Möglichkeit", ÖRR empfangen zu können.
"Vorteil" für Unternehmen heißt aber immer: Es wird damit Geld verdient oder Geld gespart.
Wie man mit einer "Möglichkeit" konkret Geld verdient, erschließt sich Z natürlich nicht und das Bundesverfassungsgericht verweigert hierzu eine (meinetwegen auch unlogische) Begründung.
Dazu kommt, daß ein Handwerksbetrieb, weil er ja dreifach abgezockt wird (wenn man Privat mitzählt ja sogar vierfach...) theoretisch ja auch einen dreifachen "Vorteil" haben müßte.
Also den Fall SIXT auf das Monteurfahrzeug übertragen und dem Kunden einfach noch die Kosten des Rundfunkbeitrages für das Monteurfahrzeug mit auf die Rechnung gesetzt, denn der Unternehmer (nee, der Kunde, nee der Monteur) hat ja einen "Vorteil" davon, wenn mit dem Firmenfahrzeug versus Privatfahrzeug des Monteurs, oder Betriebsfahrrad/Motorrad oder zu Fuß der Kunde aufgesucht wird.

Kommen wir zu den Einzelunternehmen oder BGB-Gesellschaften. Wird das Gewerbe innerhalb der Wohnung ausgeübt, so wird keine Betriebsabgabe auf Betrieb und Fahrzeuge fällig. Nur weil der Arzt oder Handwerker andere Räume mietet, soll er dafür doppelt bezahlen, wo doch das Gericht festgestellt hat, daß eine Doppelbelastung nicht zulässig ist.
Wenn das Unternehmen doch aber generell einen Vorteil ob der "Möglichkeit" des ÖRR-Empfanges hat, so ist zu hinterfragen, warum dieser Vorteil nicht auch innerhalb der Privatgemächer nicht abgeschröpft wird. Mit der kruden Begründung des Verfasungsgerichts wäre dieser Ausnahmetatbestand eigentlich auch verfassungswidrig...
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: PersonX am 04. August 2018, 23:46
genau über diese schwachsinnige Begründung des Gerichts wurde kürzlich am runden Tisch gesprochen und ungefähr sind wir zu einem ähnlichen ... gekommen ... Es gib mit Sicherheit keinen Vorteil den Beitrag im Preis umzulegen, wenn der Kunde bei einem Anbieter mieten kann, welcher das Gleiche ohne eine solche Umlage anbietet.

Nicht nur bei Sixt kommt noch etwas hinzu, sondern allen Unternehmen, welche versuchen einen Beitrag mit einem größeren Preis um zu legen.

Auto mit Radio - Preis X
Auto ohne Radio - Preis X minus Beitragsaufschlag, sonst würde Kunde es ja gar nicht mieten

Auto vom EU Wettbewerber ohne Büro und Geschäftsstelle in Deutschland. Anbieter vermietet Autos ohne Radio oder auch mit Radio aber ohne deutsche Zulassung an Kunden aus der EU in der EU somit also auch in Deutschland an Bürger mit Wohnsitz in Deutschland innerhalb Deutschlands, die Autos stehen in Deutschland oder werden zum Kunden gebracht. Siehe Fahrradverleih, wo die Fahrräder auf Plätzen stehen und am Fahrrad ein Code zu scanen ist. ... Warum sollte das nicht auch mit Autos möglich sein. Wer braucht schon Büros?

Auto mit Radio - Preis X minus Beitragsaufschlag, weil der EU Anbieter in Deutschland kein Büro hat und damit sein Betrieb keinen Rundfunkbeitrag zahlen muss
Auto ohne Radio - Preis X minus Radiozuschlag und minus Beitragsaufschlag ...

Wo mietet der Kunde? Das kommt auf den Kunden an.

Welche Fragen sich eine Rechtsabteilung vielleicht stellen muss.
Wird ein Anbieter mit Geschäftssitz in Deutschland gegenüber dem EU Anbieter im Wettbewerb benachteiligt?
Kann ein Anbieter in Deutschland einen größeren Gewinn erwirtschaften durch einen Rundfunkbeitrag, welchen der EU Anbieter nicht auf die Autos umlegen muss?

PersonX würde wohl auf EU Wettbewerbsrecht pochen und dem Staat mögliche Unterlassungsaufforderungen zukommen lassen.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: pinguin am 05. August 2018, 09:47
@Zeitungsbezahler

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet nicht in der Sache, sondern nur, ob eine Regelung mit der Verfassung, die wir Grundgesetz nennen, in Übereinstimmung zu bringen ist.

Aus keinem Stück Text des Rundfunkvertragswerkes geht hervor, daß Rundfunknichtnutzer irgendwelche Pflichten hätten, daß sich das Regelwerk selbst über die Grundrechte hinwegsetzt.

Das Problem besteht eher darin, daß die Begünstigten etwas in die Texte hineindeuten, was da nicht drinsteht, und sich die Nichtbegünstigten unwissend halten. Denn die Schickpflicht hat eben nur der Rundfunknutzer, denn gemäß des ebenfalls einzuhaltenden Art. 10 EMRK muß der Rundfunknichtnutzer keine staatliche Einflußnahme in sein mediales Verhalten dulden.

Es ist aber nunmal Sache des Rundfunknichtnutzers, sich selbst in seine Rechte einzulesen; keine Sache des einzelnen Rundfunknichtnutzers ist es aus EU-Sicht, weil es eine Form der unlauteren Geschäftspraktik ist, jemandem einzureden, er müsse etwas tun, was er bei Betrachtung der gesamten Rechtslage aber gar nicht tun müsste.

@PersonX
Zitat
Wird ein Anbieter mit Geschäftssitz in Deutschland gegenüber dem EU Anbieter im Wettbewerb benachteiligt?
Das zu klären ist Sache des EuGH.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 07. August 2018, 20:22
Zitat
Bundesverfassungsgericht - Beschluss vom 16. Juni 2016 - 1 BvL 9/14
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/06/lk20160616_1bvl000914.html (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/06/lk20160616_1bvl000914.html)

Rz. 20
Die Vorteile der Typisierung müssen im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit stehen (vgl. zur steuerlichen Belastung BVerfGE 110, 274 <292>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>; 123, 1 <19>). Die Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 63, 119 <128>; 84, 348 <360>; 126, 233 <263 f.>). Der gesetzgeberische Spielraum für Typisierungen ist umso enger, je dichter die verfassungsrechtlichen Vorgaben außerhalb des Art. 3 Abs. 1 GG sind. Er endet dort, wo die speziellen Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG betroffen sind (vgl. BVerfGE 39, 169 <194 f.>; 121, 241 <261 f.>; 133, 377 <412 f.>).

Rz. 21
bb) Diesen zum Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab stellt das vorlegende Gericht weder dar noch setzt es sich mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinander. Es benennt lediglich eine primär die Berufsausübungsfreiheit betreffende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Hamburgischen Passivraucherschutzgesetz (BVerfGE 130, 131) und zitiert daraus eine Randnummer. Auf die umfangreiche weitere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Konkretisierung des Maßstabs des Art. 3 Abs. 1 GG bei gesetzgeberischen Typisierungen und Generalisierungen geht das vorlegende Gericht dagegen nicht ein. Stattdessen begnügt es sich damit zu konstatieren, dass sich ein sachlicher Grund für die vorgenommene Differenzierung hinsichtlich der Belehrungstiefe beim Haustürbargeschäft einerseits und beim in einer Haustürsituation geschlossenen Ratenlieferungsvertrag (richtig: Teilzahlungsgeschäft) anderseits nicht finden lasse.

Der Vorwurf des BVerfG an das vorlegende Gericht ist bez. des Urteils vom 18.07.2018 in gleicher Weise an das BVerfG zu richten. „Auf die umfangreiche weitere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Konkretisierung des Maßstabs des Art. 3 Abs. 1 GG bei gesetzgeberischen Typisierungen und Generalisierungen geht das vorlegende Gericht BVerfG dagegen nicht ein.“ Wenn Mio. Nichtnutzer des ö.-r. Rundfunks wie Nutzer finanziell behandelt werden, so ist keine lediglich verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen. Lebenslange Zwangsabgabe, die eigene Informationsbeschaffung nach Art. 5 Abs. 1 GG behindert (s. auch Art. 10 EMRK), macht den Verstoß gegen den Gleichheitssatz sehr intensiv. Dem Nichtnutzer wird die Belästigung obendrein noch als Gegenleistung vom BVerfG angedreht.

Das Bundesverfassungsgericht und seine Differenzierungskriterien bez. Art. 3 Abs. 1 GG
Zitat
Werden Beiträge erhoben, verlangt der Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll.
Quelle: 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10, Beschluss vom 25. Juni 2014 , RZ 51

- Wie hat hier der Gesetzgeber differenziert?
Er hat er gar nicht differenziert. Seit dem 1.1.2013 wird die Allgemeinheit bebeitragt.

- Wo sind die nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils?
Die gibt es nicht.

- Wo ist der besondere Vorteil für die Nichtnutzer des Rundfunks?
Den gibt es nicht, es gibt höchstes nur die finanzielle Nötigung und Belästigung.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Shuzi am 07. August 2018, 21:22
[...]
Der Vorwurf des BVerfG an das vorlegende Gericht ist bez. des Urteils vom 18.07.2018 in gleicher Weise an das BVerfG zu richten. „Auf die umfangreiche weitere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Konkretisierung des Maßstabs des Art. 3 Abs. 1 GG bei gesetzgeberischen Typisierungen und Generalisierungen geht das vorlegende Gericht BVerfG dagegen nicht ein.“ Wenn Mio. Nichtnutzer des ö.-r. Rundfunks wie Nutzer finanziell behandelt werden, so ist keine lediglich verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen.
[...]

Das lässt sich ebenfalls auf die Ungleichbehandlung von ca. 16 Mio Singlehaushalten, die sich zumindest statistisch besser belegen lassen als Nichtnutzer, anwenden.

Siehe hierzu:
BVerfG Urteil 18.7.18 > Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28140.msg178678.html#msg178678
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: 907 am 07. August 2018, 21:55
Zitat
... und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist

Beim Solidaritätszuschlag ist es anders als beim Rundfunkbeitrag geregelt.
Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 Prozent der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer (§ 4 SolzG).
Für Bruttoeinkommen bis etwa 1.522 €/Monat in der Lohnsteuerklasse I und 2.878 €/Monat in der Lohnsteuerklasse III kein Solidaritätszuschlag zu zahlen.

 Der Rundfunkbeitrag wird genauso wie Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer als Ergänzungsabgabe erhoben.

Ich will den Solidaritätszuschlag nicht heiligsprechen aber Gleichheit bedeutet nicht unbedingt Gerechtigkeit. Mangelnde Chancengleichheit wird als ungerecht empfunden und kann den sozialen Frieden gefährden.
Stellt das Fehlen nur geringer Beträge wegen Solidaritätszuschlag eine spürbare Belastung dar und wegen Rundfunkbeitrag nicht?

 Im Verhältnis zum Einkommen stellt daher der Rundfunkbeitrag, auch wenn der Betrag absolut nicht sehr hoch ist, eine intensive und wiederkehrende Belastung dar.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Shuzi am 07. August 2018, 23:26
Zitat
... und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist
[...]
Beim Solidaritätszuschlag ist es anders als beim Rundfunkbeitrag geregelt.
Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 Prozent der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer (§ 4 SolzG).
[...]
 Der Rundfunkbeitrag wird genauso wie Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer als Ergänzungsabgabe erhoben.

Dazu ein Auszug eines relativ frischen Festsetzungsbescheids einer Behörde bzgl. einer Einkommensteuer.

Zitat
Die Festsetzung des Solidaritätszuschlags ist gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich
  - der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995

Hat jemand etwas ähnliches schon mal auf den maschinell erstellten Festellungsbescheiden vom BS im Auftrag einer Pseudobehörde erblickt? Vermutlich nicht. Denn da gibt es kein "vorläufig". Da wird direkt angemeldet, direkt vollstreckt und was erst einmal weg ist, gibts nicht zurück.

Und warum heißt die Abgabe eigentlich Solidaritätszuschlag und nicht Solidaritätsbeitrag? Fehlt da evtl. noch die nicht vorhandene individuell zurechenbare Gegenleistung?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: PersonX am 08. August 2018, 06:56
Zuschlag, Aufschlag, ... Vorläufig... Da gibt's kein Geld wieder, dass ist ebenfalls weg, warum wohl, weil ausgegeben. Wer sollte auch Millionen Bescheide rückwirkend bearbeiten. Somit verkommt der Satz in der Bedeutungslosigkeit. Nicht weil er vielleicht falsch ist, aber weil keiner gewillt ist es zu ändern. Warum Zuschlag, weil es zu Buche schlägt. Das ist wie der Mehrwertzuschlag, als wenn ein Ei danach mehr wert wäre. Der Staat greift oft mit Phantasie Namen, welche nichts mit der Realität zu tun haben ins Portmonee. Der Bürger schaut axel zuckend zu. An sich würde genau eine Steuer ausreichen. Das wäre transparent und einfach, aber dann wäre eine ganze Berufsgruppe arbeitslos und der Bürger würde wach sein.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 08. August 2018, 10:01
Zitat
Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an.
Quelle: Pkt. 3 im Leitsatz des Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/07/rs20180718_1bvr167516.html

Die Richter konstruieren eine Gegenleistung gegen den Nutzungswillen, wo eine Belästigung mit Unerwünschtem vorliegt.

In einem fachübergreifenden Sinne gehört zur Willensfreiheit die subjektiv empfundene menschliche Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können. Dazu gehört die Entscheidung über die Finanzierung selbst gewählter Quellen. Das Bundesverfassungsgericht spricht damit die bewusste Entscheidung bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten den Menschen in Deutschland ab. Das BVerfG handelt gegen die verfassungsmäßige Ordnung.

Ich erinnere an dieser Stelle an den Art. 20 Grundgesetz:

Zitat
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: 907 am 08. August 2018, 10:50
Die Richter konstruieren eine Gegenleistung gegen den Nutzungswillen, wo eine Belästigung mit Unerwünschtem vorliegt.

In einem fachübergreifenden Sinne gehört zur Willensfreiheit die subjektiv empfundene menschliche Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können. Dazu gehört die Entscheidung über die Finanzierung selbst gewählter Quellen.

Kannst du auch die Quelle der Norm nennen? Wurde die Norm formell ordnungsgemäß vom zuständigen Gesetzgeber in Kraft gesetzt? Eine höherrangige Norm verdrängt solche Normen, die in der Normenhierarchie unter ihr stehen. Darf das BVerfG sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben?
Wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt wurde und BVerfG objektiv nicht bereit war, sich Recht und Gesetz zu unterwerfen, dann ist es auch eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

Normenkonflikte ist ein kompliziertes Ding.
Wenn zwei oder mehrere Grundrechte miteinander kollidieren muss man eine Lösung finden.
Eine einschränkende Regelung muss immer einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgen, erforderlich und geeignet und insbesondere angemessen sein.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 08. August 2018, 11:18
Zitat
Die Richter konstruieren eine Gegenleistung gegen den Nutzungswillen, wo eine Belästigung mit Unerwünschtem vorliegt.

In einem fachübergreifenden Sinne gehört zur Willensfreiheit die subjektiv empfundene menschliche Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können. Dazu gehört die Entscheidung über die Finanzierung selbst gewählter Quellen.

Kannst du auch die Quelle der Norm nennen? Wurde die Norm formell ordnungsgemäß vom zuständigen Gesetzgeber in Kraft gesetzt?

Verfassungsrechtlich entspringt die Entscheidungsfreiheit der garantierten Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz, auch Art. 1 der Grundrechtecharta der Europäischen Union). Die Menschenwürde beruht nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts auf der Entscheidungsfreiheit:
 
Zitat
„Dem Schutz der Menschenwürde liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig–sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten.“

Lissabon–Entscheidung des BVerfG, 2 BvE 2/08 vom 30. Juni 2009, Absatz–Nr. (1–421), Absatz–Nr. 364; vgl. auch: BVerfGE 45, 187 ff., 227.


https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2009/06/es20090630_2bve000208.html  (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2009/06/es20090630_2bve000208.html)
Rz. 364


Im Urteil vom 18.07.2018 spricht das Bundesverfassungsgericht die finanzwirksame bewusste Entscheidung bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten den Bürgern ab.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: PersonX am 08. August 2018, 14:08
Der Logik folgend bedeutet, nicht frei ist wer das Urteil für sich annimmt.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Gee am 10. August 2018, 00:28
In Bezug auf „Die Rundfunkgebühr und die personenbezogene Medienabgabe unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten“, WD  3 - 432/06 ( https://www.bundestag.de/service/suche?suchbegriff=WD+3+-+432%2F06 (https://www.bundestag.de/service/suche?suchbegriff=WD+3+-+432%2F06))
nachstehend einige Punkte zum aktuellen Urteil des BVerfG:

Rn 76, 
Zitat
... individueller Vorteil für die Abgabenpflichtigen ...

vs.
WD  3 - 432/06, Seite 6, 1. Absatz, Fn 8: BVerfGE 31, 314 (330)
Zitat
Die Uneinigkeit über die Rechtsnatur der Rundfunkgebühr hängt damit zusammen, dass sie keine Gegenleistung für eine einzelne vom Rundfunkteilnehmer in Anspruch genommene, konkret messbare Leistung der  entsprechenden Landesrundfunkanstalt ist. Vielmehr dient sie der Finanzierung der Gesamtveranstaltung Rundfunk.


Rn. 93
Zitat
Ebenfalls unerheblich ist, ob einzelne Beitragsschuldner bewusst auf den Rundfunkempfang verzichten, …

vs.
evtl. WD  3 - 432/06, S. 8, Pkt. 4.2. Eigentumsgarantie, Art. 14 Abs. 1 GG
unter Berücksichtigung regelmäßiger Neuanschaffungen von Geräten und lebenslanger Zahlungspflicht.


Rn. 94
Zitat
Die Bemessung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich ist im Wesentlichen belastungsgleich ausgestaltet.

vs.
WD  3 - 432/06, S. 7, unverhältnismäßige Benachteiligung , Fn 19: Kirchhof, Paul …


Gruß
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 10. August 2018, 12:14
Zitat
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17

http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html (http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html)

Leitsatz 1:
"Der mit der Erhebung des Rundfunkbeitrags ausgeglichene Vorteil liegt in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können."


Zitat
Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 31, 314

Es darf indessen nicht außer acht gelassen werden, daß sich der Gesetzgeber nicht beliebig der Fiktion bedienen kann. Ihm sind unter anderem bestimmte Grenzen auch dadurch gesetzt, daß der Verfassungsgesetzgeber, wenn er direkt oder indirekt auf Begriffe Bezug nimmt, die er der allgemeinen Rechtsordnung entlehnt, diese nicht mit einem beliebigen Inhalt füllen kann.“

Der Vorteil, der angeblich in der redundanten Möglichkeit liegen soll, ist eindeutig eine Fiktion.

Wenn sich der Gesetzgeber nicht beliebig der Fiktion bedienen kann, dürfte das auch für das Bundesverfassungsgericht gelten.


Die Bebeitragung von Fiktionen führt zum Irrsinn. Beispiele:

Jeder Bürger kann

- einen Hund beschaffen
- einen zweiten Hund beschaffen
- weitere Hunde beschaffen (reines Problem des Platzes und der Tierschutzes)
- ein Motorrad beschaffen
- einen PKW beschaffen
- einen Zweitwagen beschaffen
- einen LKW beschaffen
- Benzin und/oder Diesel beschaffen
- ein Pferd beschaffen (in einigen Kommunen gibt es eine Art Pferdesteuer)
- ein Grundstück beschaffen
- eine Eigentumswohnung beschaffen
- eine Zweitwohnung beschaffen
- Zigaretten, Alkohol, Kaffee beschaffen

So viele Dinge, so viele Möglichkeiten. Na los Herr Paulus, Sie und Ihre Kollegen haben das Feld bereitet um den Ländern und dem Bund viele neue Beiträge zu gestatten. Hier ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab, dort ein Ersatzmaßstab, läuft. Richtig super: im Gegenzug fallen ganz viele Steuern weg, Deutschland stünde dann als wahre Steueroase dar.  Die Politiker könnten dennoch aus dem Vollem schöpfen, Beiträgen und beliebigen Maßstäben sei Dank.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Viktor7 am 10. August 2018, 12:35
Zitat
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17[/b]
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html (http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html)

Rz. 149
b) Auf dieser Grundlage hat das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen einer geklärten Rechtslage nicht willkürlich und nicht ohne sachlich einleuchtende Begründung bejaht. Von Verfassungs wegen ist nicht zu beanstanden, dass es eine Änderung im Kern verneint, weil der Rundfunkbeitrag ebenso wie die Rundfunkgebühr als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben wird, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12 -, NJW 2014, S. 3215 <3219 f. Rn. 90>).

Bis zum 18.07.2018 vertretene Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts:
Zitat
BVerfGE 31, 314/330:
"Die Rundfunkgebühr ist keine Gegenleistung für eine Leistung der Rundfunkanstalten, sondern Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung Rundfunk."

Für den "Beitrag" ist die Gegenleistung nötig. Was liegt da näher, als die Rechtsauffassung umzudrehen. Das dürfte den Tatbestand der Willkür erfüllen.

Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: boykott2015 am 10. August 2018, 12:41
Rn. 93
Zitat
Ebenfalls unerheblich ist, ob einzelne Beitragsschuldner bewusst auf den Rundfunkempfang verzichten, …
Das ist die falsche Annahme (Fiktion), dass der Rundfunkempfang generell immer da ist und man bewusst auf diesen verzichten kann.

Die Realität ist aber so, dass der Rundfunkempfang generell nicht da ist und man sich bewusst für den Rundfunkempfang entscheiden kann (bzw. muss) und alle mit dieser Entscheidung verbundenen Kosten (Strom, Geräte, Anbieter) dann ebenfalls tragen muss.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: ChrisLPZ am 13. August 2018, 22:31
Zitat von: Urteil des BVerfG, RN. 153
[…] Demgegenüber wäre bei einer rückwirkenden (vgl. BVerfGE 1, 14 <37>; 7, 377 <387>; 8, 51 <71>; 132, 334 <359 Rn. 71>; 144, 369 <411 Rn. 111>) Nichtigkeit der Normen die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geforderte Finanzierung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks gefährdet, wenn die als verfassungswidrig anzusehende Regelung nicht mehr angewendet werden dürfte und Beitragsschuldnern die Möglichkeit der Rückforderung bereits geleisteter Beiträge eröffnet wäre (dazu vgl. BVerfGE 108, 1 <33>; 132, 334 <359 f. Rn. 72>; 144, 369 <411 f. Rn. 112>).

Zitat von: Urteil des BVerfG, RN. 156
Eine Neuregelung durch die Gesetzgeber hat spätestens bis zum 30. Juni 2020 zu erfolgen. Ab dem 155 Tag der Verkündung dieses Urteils sind bis zu einer Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber ihrer Erstwohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nachkommen, auf ihren Antrag hin von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Wer bereits Rechtsbehelfe anhängig gemacht hat, über die noch nicht abschließend entschieden ist, kann einen solchen Antrag rückwirkend für den Zeitraum stellen, der Gegenstand eines noch nicht bestandskräftigen Festsetzungsbescheids ist. Bereits bestandskräftige Festsetzungsbescheide vor der Verkündung dieses Urteils bleiben hingegen unberührt (vgl. § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Eventuelle Einbußen der verfassungsrechtlich geschützten Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind verfassungsrechtlich hinnehmbar, weil sie weit überwiegend nicht rückwirkend eintreten und damit für die Gesetzgeber kalkulierbar und kompensierbar sind. Im Übrigen machen sie nur einen niedrigen Anteil der Gesamterträge des Rundfunkbeitrags aus.

Gemäß einer kleinen parlamentarischen Anfrage in Hamburg
Kleine Anfrage HH: Rundfunkbeitrag für beruflich genutzte Zweitwohnungen (I+II)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28336.msg178333.html#msg178333
ist die Anzahl der zur Zahlung des Rundfunkbeitrags herangezogenen Zweitwohnungen dem Beitragsservice nicht bekannt:
Zitat
Im  Bestand  des  Beitragsservice  von  ARD,  ZDF  und  Deutschlandradio  gibt  es  keine Erfassung  und  Kennzeichnung,  ob  es  sich  bei  Wohnungen  um  Erst-  oder  Zweitwohnungen  handelt.  Diese  Daten  werden  nicht  erhoben,  da  eine  gesetzliche  Grundlage zur  Erhebung  im  Rundfunkbeitragsstaatsver trag  fehlt.  Eine  Unterscheidung  zwischen Erst-  und  Zweitwohnung  war  für  den  Beitrags einzug  bisher  unerheblich.  Vor  diesem Hintergrund können aktuell keine konkreten Berechnungen zur Anzahl der Zweitwohnungen  und  entsprechend  auch  nicht  zu  den  Ertragsauswirkungen  erfolgen.  Im  Übrigen siehe Drs. 21/1071.

Woher hat das BVerfG die Information, dass eine rückwirkende Befreiung der Zweitwohnungen (Erstattung der bereits bezahlten verfassungswidrigen Rundfunkbeiträge) die Finanzierung des örR gefährden würde, eine nicht rückwirkende Regelung jedoch für den Gesetzgeber kalkulierbar und kompensierbar wäre?

Kann man aus dem Urteil des BVerfG somit nicht auch schlussfolgern, daß über
"eventuelle Einbußen der verfassungsrechtlich geschützten Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind verfassungsrechtlich hinnehmbar", solange "für die Gesetzgeber kalkulierbar und kompensierbar"
hinausgehende evtl. verfassungswidrige Beitragsregelungen möglicherweise als solche nicht erkannt werden (wollen) oder als solche hinzunehmen sind, da es die verfassungsrechtlich geschützte Finanzierung gefährden würde?

Steht somit die aus dem Grundgesetz nicht direkt herzuleitende, lediglich durch die Rundfunkurteile der letzten Jahrzehnte dogmatisch festgelegte und annähernd unbegrenzte Finanzierungs-, Bestands- und Entwicklungsgarantie des öRR über dem Grundgesetz?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Bürger am 14. August 2018, 01:37
Aus aktuellem (ggf. wiederholten) Anlasse:

Fachliche Bestätigung bisher herausgearbeiteter Widersprüche + u.U. Aufdeckung weiterer Widersprüche siehe u.a.
BVerfG-Urteil vom 18.7.: Juristische Abhandlungen und Kommentare [Sammelthread]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28254.0.html
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Markus KA am 17. August 2018, 13:42
Der größte Widerspruch findet sich doch schon allein bei den Zweitwohnsitz.
Person A hat eine Wohnung, zahlt den Beitrag einmal
Person B hat zwei Wohnungen und zahlt den doppelten Beitrag
Jetzt sagen sie, dies verstößt gegen das Grundgesetz (klar, Person A und B werden ungleich behandelt-> Zweitwohnsitz)

Hier, abgesehen von der widersprüchlichen inhaltlichen Begründung der Ungleichbehandlung, evtl. kurz zur besseren Verdeutlichung des "materiellen" Widerspruchs unter Rn 111 für die Konstellation Wohngemeinschaft und Zweitwohnungsinhaber, möglicherweise deswegen interessant auch für Wohngemeinschaften und in entsprechenden Klagebegründungen:

Zitat
(Satz 1):
"Dabei können sie auch für solche Zweitwohnungsinhaber von einer Befreiung absehen, die die Entrichtung eines vollen Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung durch sie selbst nicht nachweisen."

(Satz 2):
"Auf keinen Fall dürfen die Gesetzgeber aber von derselben Person Beiträge für die Möglichkeit der Rundfunknutzung über die Erhebung eines insgesamt vollen Beitrags hinaus verlangen."

Wenn Person A und B in einer Wohngemeinschaft leben, bezahlt Person B bereits die Hälfte des Zwangsbeitrages.
Wenn Person B zusätzlich Wohnungsinhaber einer Zweitwohnung ist, müsste er nach Auffassung des BVerfG
(Satz 1) zum vollen Beitrag für die Zweitwohnung, noch eine Hälfte zusätzlich für die WG, also insgesamt eineinhalb (1 1/2) Zwangsbeitrag bezahlen.

Aber laut Auffassung des BVerfG (Satz 2) darf der Gesetzgeber von Person B nur einen (1) Zwangsbeitrag fordern!

Möglicherweise kann dieser Sachverhalt nur gerichtlich geklärt werden.

Hierzu auch:
Befreiung für Zweitwohnung kann beantragt werden - Formular liegt nun vor
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28464.0


Zur weiteren Diskussion siehe auch:
Alternative (nach BVerfG): Hauptwhg. z.B. bei Eltern = Zweitwhg. beitragsfrei?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28157.0
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: noGez99 am 17. August 2018, 14:15
Rechnung 1
Wenn Person A und B in einer Wohngemeinschaft leben, bezahlt Person A den Zwangsbeitrag.
Wenn Person A zusätzlich Wohnungsinhaber einer Zweitwohnung ist, müsste er nach Auffassung des BVerfG
für die Zweitwohnung nichts bezahlen.
Fazit: fur zwei Wohnungen wird ein Beitrag bezahlt.

Rechnung 2
Wenn Person A und B in einer Wohngemeinschaft leben, bezahlt Person B den Zwangsbeitrag.
Wenn Person A zusätzlich Wohnungsinhaber einer Zweitwohnung ist, müsste er nach Auffassung des BVerfG (??)
für die Zweitwohnung den vollen Beitrag bezahlen?
Fazit: fur zwei Wohnungen werden zwei Beiträge bezahlt.

Rechnung 3
Wenn Person A und B in einer Wohngemeinschaft leben, bezahlt Person B bereits die Hälfte des Zwangsbeitrages.
Wenn Person B zusätzlich Wohnungsinhaber einer Zweitwohnung ist, müsste er nach Auffassung des BVerfG
(Satz 1) zum vollen Beitrag für die Zweitwohnung, noch eine Hälfte zusätzlich für die WG, also insgesamt eineinhalb (1 1/2) Zwangsbeitrag bezahlen.
Fazit: fur zwei Wohnungen werden 1.5 Beiträge bezahlt.

Welche Rechnung hat das BVerfG jetzt im Sinn?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: denyit am 17. August 2018, 15:40
Die Regeln:

Der Fall: In Wohnung (1) wohnen (A) und (B). In Wohnung (2) wohnt (A).

In Wohnung (1) schulden also (A) und (B) jeweils einen halben Beitrag. Wer das Geld überweist, ist egal.

Für Wohnung (2) kann (A) nur noch einen halben Beitrag schulden, da er ja nicht mehr als den vollen Beitrag schulden darf.

Dummerweise hat der BS aber für die Wohnung (1) nur die Daten von (A) oder (B) vorrätig (nämlich dem Zahler).

Also wäre es clever, wenn (A) die Gesamtzahlung für Wohnung (1) übernimmt. Über seinen Anspruch auf den halben Beitrag von (B) _darf_ der BS nichts wissen, da solche Daten gelöscht werden müssen. ;-)

Ansonsten, falls (B) für Wohnung (1) zahlt, dann muss (A) seine Schuld gegen (B) in Höhe eines halben Beitrags beim BS angeben, damit er nur den (übrigen) halben Beitrag für Wohnung (2) schuldet.

Edit "Markus KA":
Bitte das Thema „Wohngemeinschaften und weitere Strategien“
in diesem Thema nicht weiter vertiefen, das da lautet:
Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)“.
Das Thema Wohngemeinschaft und Gesamtschuldnerschaft wird in einigen Threads bereits diskutiert, bitte hierzu die Suche-Funktion nutzen. Zur weiteren Diskussion siehe auch:
Re: Alternative (nach BVerfG): Hauptwhg. z.B. bei Eltern = Zweitwhg. beitragsfrei?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28157.0
Dieser Thread sollte hauptsächlich der Übersicht und Sammlung gefundener Widersprüche im Bruder-Urteile des BVerfG vom 18.07.2018 dienen.
Danke für das Verständnis und die zukünftige konsequente Berücksichtigung.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Frühlingserwachen am 30. August 2018, 14:56
Wenn man die Aussagen des
- BVerfG vom 18.7.2018
und das
- Hotel- und Gästezimmer-Urteil des BVerwG vom 27.09.2017, Az. 6 C 32.16
miteinander vergleicht, wird einem erst der Irrsinn und die Widersprüchlichkeit beider Gerichte zum Rundfunkbeitragsthema bewusst.

BVerfG Rn 76 18.7.2018
Zitat
Erforderlich ist allein, dass für alle Abgabepflichtigen eine realistische Möglichkeit zur Nutzung der öffentlichen Leistung oder Einrichtung besteht. Ein solcher die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigender Vorteil liegt hier in der individuellen Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können.

BVerwG Rn 20, 27.9.2017
Zitat
Die berufungsgerichtliche Auffassung, dass jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an dessen Finanzierung zu beteiligen sei und nicht auf die Möglichkeit der demokratischen Teilhabe am Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung verzichten könne, verkennt, dass der abzugeltende Vorteil, öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramme empfangen zu können, nicht bereits durch die bundesweit flächendeckende Ausstrahlung dieser Programme vermittelt wird.

 
BVerfG Rn 82
Zitat
Die Möglichkeit der Rundfunknutzung ist für alle Beitragspflichtigen realistisch, weil das flächendeckende Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei Vorhandensein geeigneter Empfangsgeräte jederzeit abgerufen werden kann. Es kommt daneben nicht darauf an, ob diese Nutzungsmöglichkeit tatsächlich weitgehend in Anspruch genommen wird

BVerwG Rn 25
Zitat
4. Die verfassungsrechtlich erforderliche Rechtfertigung des Beherbergungsbeitrags nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV ist nur dann gegeben, wenn der Betriebsinhaber den Gästen den Rundfunkempfang in den Zimmern tatsächlich ermöglicht. Deren Ausstattung mit Empfangsgeräten oder Internetzugang darf nicht unwiderleglich vermutet werden

BVerfG Rn 90
Zitat
Die Gesetzgeber dürfen die Erhebung des Beitrags auch unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgeräts vorsehen. Zwar verschafft sich der Beitragsschuldner erst durch das Bereithalten eines Empfangsgeräts eine konkrete Nutzungsmöglichkeit (vgl. BVerfGE 90, 60 <91>; BVerfGK 20, 37 <41>). Ein Bezug zwischen dem in der Nutzungsmöglichkeit liegenden Vorteil und den Schuldnern des Rundfunkbeitrags besteht aber schon dann, wenn diese nicht über Empfangsgeräte verfügen.

BVerwG Rn 27
Zitat
Demgegenüber lässt sich die gesetzgeberische Annahme, in Hotel- und Gästezimmern sowie Ferienwohnungen finde typischerweise eine dem Inhaber der Betriebsstätte zurechenbare Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks statt, nicht durch eine nahezu lückenlose Ausstattung dieser Raumeinheiten mit Empfangsgeräten oder einem Internetzugang belegen.

BVerfG Rn 119
Zitat
Ebenso wenig wie im privaten Bereich kommt es im nicht privaten Bereich auf das tatsächliche Vorhalten von Empfangsgeräten im Einzelfall an. Maßgeblich ist allein, dass von der Nutzungsmöglichkeit in realistischer Weise Gebrauch gemacht werden kann, was dadurch gewährleistet ist, dass sich Empfangsgeräte ohne großen finanziellen Aufwand beschaffen lassen.


BVerwG Rn 32
Zitat
b) Hiervon ausgehend fehlt der tatbestandlichen Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV die für eine Vorzugslast erforderliche sachliche Rechtfertigung, soweit auch diejenigen Betriebsstätteninhaber beitragspflichtig sind, die ihren Gästen keine Möglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunkempfangs in den Zimmern und Ferienwohnungen zur Verfügung stellen. Die ihnen auferlegte Zahlungspflicht verletzt das Gebot der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG).

BVerfG Rn 126
Zitat
Insbesondere mussten die Gesetzgeber nicht zwischen solchen Kraftfahrzeugen unterscheiden, die der Betriebsstätteninhaber unmittelbar für die Zwecke des Betriebs einsetzt, und solchen, die wie die Fahrzeuge der Beschwerdeführerin zu III) an Kunden vermietet werden. Zwar werden die Kraftfahrzeuge im ersteren Fall nicht anders kommunikativ genutzt als innerbetrieblich, nämlich zur Information und Unterhaltung von Betriebsangehörigen, während im letzteren Fall der kommunikative Nutzen bei der Kundschaft liegt und der Betriebsstätteninhaber über die Vermietungs- und Serviceentgelte profitiert; die Gesetzgeber mussten diese Unterscheidung aber nicht in unterschiedliche Beitragsregelungen übersetzen.

BVerwG Rn 39
Zitat
bb) Das angefochtene Urteil verletzt revisibles Recht, weil es von der Verfassungsmäßigkeit der Beitragsregelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV ausgegangen ist. Die Regelung der Beitragspflicht verstößt indes gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie ohne sachlichen Grund auch diejenigen Inhaber von Betriebsstätten erfasst, die in ihren Zimmern bzw. Ferienwohnungen keine Rundfunkempfangsmöglichkeit bereitstellen.

Und so weiter und sofort. Hier zeigt sich die ganze Widersprüchlichkeit der Gerichtsbarkeit.

Wo ist der Unterschied zwischen einem Hostelzimmer, das keinen Internetzugang hat, und einem Betriebs-KFZ ohne Autoradio, sowie einer Privat-Wohnung ohne Internetanschluss, wie z.B bei meiner Nachbarin, die trotzdem den vollen Rundfunkbeitrag bezahlen muss.

Nach dem Urteilsspruch des BVerfG vom 18.7.2018 müsste insofern auch das Urteil des BVerwG vom 27.9.2017 hinfällig sein, wird doch dort von Befreiung der Rundfunkbeitragspflicht geredet, wenn keine Rundfunkempfangsmöglichkeit und Internet zur Verfügung steht.
Denn nach dem BVerfG-Urteil hat sich der Gesetzgeber, jetzt kommt der absolute Mysterie-Fantasialand-Hammersatz:

Zitat
Bei der beitragsrechtlichen Vorteilsbemessung hat sich der Gesetzgeber an einem Wirklichkeitsmaßstab oder zumindest an einem Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu orientieren. Zwar besteht keine Verpflichtung, den zweckmäßigsten, vernünftigsten, gerechtesten und wahrscheinlichsten Maßstab zu wählen.
Das BverfG hätte nur diesen Satz schreiben müssen, und hätte sich die 155 Randnummern sparen können.

Also dürften auch im Hotel- und Gaststätten-Urteil Empfangs-und Internetfreie Räumlichkeiten für eine Rundfunkbeitragsfreiheit keine Rolle mehr spielen.

Mich hatte an der BVerfG-Verhandlung im Mai gewundert, dass Degenhart und Jacobi die die Fa. Sixt vertraten, das Hostel- und Gaststätten-Urteil des BVerwG nicht als Vergleich herannahmen.
Denn wo ist der Unterschied zwischen einem Hostelzimmer ohne Empfangsmöglichkeit und einem Betriebs-PKW ohne Empfang, denn diese hat die Fa. Sixt auch zuhauf. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass beide, der Hostelbenutzer und der Mietwagennutzer, sowieso schon Rundfunkbeitrag bezahlen.

Fragen über Fragen, die einer Auklärung bedürfen.


Edit "Bürger":
Beitrag war mglw. versehentlich falsch gepostet unter
BVerfG und BVerwG Verfahrensübersicht in Tabellenform.
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19081.0.html
und musste hierher verschoben werden.
Bitte selbst darauf achten und jeweils nur in geeignetem Thread diskutieren.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 03. September 2018, 16:38
Leitsatz 1:
Zitat
Der mit der Erhebung des Rundfunkbeitrags ausgeglichene Vorteil liegt in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können.

Damit wird die Befreiung der Zweitwohnung unlogisch. Denn den angeblichen Vorteil habe ich ja unabhängig von meiner Anwesenheit. Wenn ich nie zu Hause bin, so muß ich ja dennoch für diesen Vorteil zu Hause bezahlen. Wenn ich zwei Wohnungen habe, dann habe ich diesen Vorteil in jeder Wohnung für sich, also ist die Bezahlung für jede Wohnung damit auch gerechtfertigt.

Denn bei der Betriebsstättenabgabe wird ja auch mehrfach bezahlt: Für den Laden selbst, für die Mitarbeiter und für die Fahrzeuge, mit denen die Mitarbeiter fahren, dreimal Vorteil sozusagen, die Mitarbeiter können sich aber eben auch immer nur jeweils an genau einem Ort aufhalten, und für zu Hause zahlen sie auch schon...
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: hankhug am 03. September 2018, 16:50
@Zeitungsbezahler: So ist es ja nicht: In der Logik des BVerfG ist die Rundfunkempfangsmöglichkeit zunächst ein personenbezogener Vorteil. Die Wohnung als Anknüpfungspunkt ist nur der 'Ersatzmaßstab' für die personenbezogene Beitragserhebung mit allen Ungerechtigkeiten, die damit verbunden sind. Mit dem Erstwohnungsbeitrag ist die stationäre und mobile Rundfunkempfangsmöglichkeit jeder Person im privaten Bereich abgegolten. Eine Zweitwohnung steigert diese Empfangsmöglichkeit nicht, denn bereits am Erstwohnsitz bzw. mobil kann man Rundfunk 24h am Tag empfangen.

Dieser Ansatz ist natürlich dann in keinster Weise -wie richtig angemerkt- mit der Betriebsstättenabgabe zu vereinbaren.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: weba am 03. September 2018, 22:01
Versteht jemand die Stellungnahme des Gerichts zu Rn 135?

Zitat
Ob das Grundrecht der Informationsfreiheit darüber hinaus auch gleichrangig im Sinne einer negativen Komponente davor schützt, sich gegen den eigenen Willen Informationen aufdrängen zu lassen (in diese Richtung BVerfGE 44, 197 <203 f.>), oder ob insoweit der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig ist (vgl. zusammenfassend Fikentscher/Möllers, NJW 1998, S. 1337 <1340> m.w.N.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Rundfunkbeitragspflicht begründet keinen Zwang zur Konfrontation mit den über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Informationen, so dass es jedenfalls an einem Eingriff fehlt. Es wird weder unmittelbar noch mittelbar Zwang ausgeübt, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören (vgl. zur Rundfunkgebühr auch BVerwGE 108, 108 <117>).

Wieso bedarf das keiner Entscheidung? Es muss doch untersucht werden, ob durch die Zahlungspflicht nicht die Mittel zur Beschaffung alternativer Informationen fehlen. So habe ich die Beschwerde unter Rn 25 verstanden.

Weiß jemand, wie die Literaturangaben zu verstehen sind, um welche Entscheidungen es sich dort handelt?

Zitat
BVerwGE 108, 108 <117>
BVerfGE 44, 197 <203 f.>

Die Volltextsuche auf den Websites der entsprechenden Gerichte hat mir nicht geholfen.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Thejo am 04. September 2018, 08:32
Zitat
[Rn 135]
Ob das Grundrecht der Informationsfreiheit darüber hinaus auch gleichrangig im Sinne einer negativen Komponente davor schützt, sich gegen den eigenen Willen Informationen aufdrängen zu lassen, oder ob insoweit der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Rundfunkbeitragspflicht begründet keinen Zwang zur Konfrontation mit den über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Informationen, so dass es jedenfalls an einem Eingriff fehlt. Es wird weder unmittelbar noch mittelbar Zwang ausgeübt, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören.

Das ist auch in der Hinsicht äußerst bedenklich, weil es als Totschlagargument gegen Programm- und inhaltiliche Kritik verwendet werden könnte, oder?

In Sinne von: Sie müssen es ja nicht anhören, wenn Sie meinen, die Inhalte wären falsch oder tendenziös, diese 'Freiheit' haben Sie ja. Denn es besteht kein Zwang (außer dem zu zahlen...).
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: drboe am 04. September 2018, 09:25
Wo ist der Unterschied zwischen einem Hostelzimmer, das keinen Internetzugang hat, und einem Betriebs-KFZ ohne Autoradio, sowie einer Privat-Wohnung ohne Internetanschluss, wie z.B bei meiner Nachbarin, die trotzdem den vollen Rundfunkbeitrag bezahlen muss.

Zunächst: der Empfang von Rundfunk setzt weder in einer Wohnung noch einem Beherbergungsbetrieb eine Ausrüstung mit Internetanschluß voraus.

Konzentriert man sich auf diesen Punkt, also der technischen Empfangsmöglichkeit, so hat das BVerfG in seiner unendlichen Weisheit dies bereits umfänglich und abschließend erläutert. Der Bewohner einer Privatwohnung kann sich nämlich, um in seiner Wohnung  vom Angebot der Möglichkeit des Rundfunkempfangs tatsächlich Gebrauch zu machen, jederzeit - vermutlich unter Beachtung der ortsüblichen Ladenöffnungszeiten - ein geeignetes Empfangsgerät beschaffen. Dies kann der Betreiber eines Hostels, Hotels, einer Pension oder von Ferienwohnungen ganz offensichtlich nicht. Der kann ja nicht einfach beim Elektronikfachhändler anrufen und ein paar TV- und/oder Hörfunkgeräte nebst Aufstellung und Anschluss ordern. Das ist völlig klar! Für diesen gilt daher, anders als für die armen Schweine, die in Privatwohnungen hausen müssen, statt wie vernünftige Menschen das örtliche 4-Sterne Hotel zu betreiben um von öffentlich-rechtlicher Rundfunkbelästigung freie Zimmer zu vermieten, dass die Ausstrahlung der ÖR-Programme für sich allein noch keine Empfangsmöglichkeit eröffnet, wie das BVerwG zutreffend festgestellt hat. Konsequenter Weise muss sich der Hotelier auch nicht den langatmigen Sermon des BVerfG zu Nutzen und Wert des ÖR-Rundfunks für die "Demokratie" reinziehen. Braucht er nicht, er vermietet ja nur Zimmer. Um solche in Hotels etc. macht Rundfunk bekanntlich einen Bogen.
Wer aus solchen Entscheidungen und ihren erkennbaren Widersprüchen den Schluß zieht, dass zwischen der unterstellten Weisheit von Richtern an den höchsten deutschen Gerichten und dem institutionalisierten, totalen Irrsinn nur haarfeine Unterschiede herrschen, der ist der Ursache der richterlichen Posse um den angeblichen Rundfunkbeitrag vermutlich ziemlich dicht auf der Spur.

M. Boettcher
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Markus KA am 04. September 2018, 09:46
Möglicherweise interessant gilt es nebenbei zu erwähnen, dass das BVerfG unter Rn 135 verharmlosend unterscheidet zwischen:

"RundfunkbeitragsPflicht" aber "Zwang zur Konfrontation"...ist es doch, wie wir alle wissen, ein "RundfunkbeitragsZwang"

Widersprüchlich dazu aber auch, wenn es keine Pflicht oder Zwang zur Konfrontation gibt, woher kommt dann die hochgepriesene Begründung der Förderung der Demokratie etc.?  Wenn niemand das öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramm nutzen muss, kann es auch zu keinem "Vorteil" oder "positive Auswirkungen" für die Gesellschaft führen, weil sie es nicht nutzt.

Zitat
[...] Daraus resultiert, dass Pflichtausübung stets einer Gewissensprüfung und einer sorgfältigen Risikoabschätzung bedarf. Beim Zwang hingegen wird etwas unbedingt abverlangt auch ohne Einverständnis oder Einsicht. [...]
Quelle: Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Pflicht (https://de.wikipedia.org/wiki/Pflicht)


Zitat
„Was passiert, wenn Sie nicht zahlen? Ihnen drohen Vollstreckungsmaßnahmen wie die Abgabe einer Vermögensauskunft, Kontopfändung, Pfändung des Arbeitseinkommens, der Rente oder auch Ihrer Mietkaution.“
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Besucher am 04. September 2018, 10:07
So klug das ganze analysiert ist...

Wo ist der Unterschied zwischen einem Hostelzimmer, das keinen Internetzugang hat, und einem Betriebs-KFZ ohne Autoradio, sowie einer Privat-Wohnung ohne Internetanschluss, wie z.B bei meiner Nachbarin, die trotzdem den vollen Rundfunkbeitrag bezahlen muss.
...
Konzentriert man sich auf diesen Punkt, also der technischen Empfangsmöglichkeit, so hat das BVerfG in seiner unendlichen Weisheit dies bereits umfänglich und abschließend erläutert. Der Bewohner einer Privatwohnung kann sich nämlich, um in seiner Wohnung  vom Angebot der Möglichkeit des Rundfunkempfangs tatsächlich Gebrauch zu machen, jederzeit - vermutlich unter Beachtung der ortsüblichen Ladenöffnungszeiten - ein geeignetes Empfangsgerät beschaffen. Dies kann der Betreiber eines Hostels, Hotels, einer Pension oder von Ferienwohnungen ganz offensichtlich nicht. Der kann ja nicht einfach beim Elektronikfachhändler anrufen und ein paar TV- und/oder Hörfunkgeräte nebst Aufstellung und Anschluss ordern. Das ist völlig klar!
...
Konsequenter Weise muss sich der Hotelier auch nicht den langatmigen Sermon des BVerfG zu Nutzen und Wert des ÖR-Rundfunks für die "Demokratie" reinziehen. Braucht er nicht, er vermietet ja nur Zimmer.
...
Wer aus solchen Entscheidungen und ihren erkennbaren Widersprüchen den Schluß zieht, dass zwischen der unterstellten Weisheit von Richtern an den höchsten deutschen Gerichten und dem institutionalisierten, totalen Irrsinn nur haarfeine Unterschiede herrschen, der ist der Ursache der richterlichen Posse um den angeblichen Rundfunkbeitrag vermutlich ziemlich dicht auf der Spur.
...

... und so prononciert die Einstufung zum Abschluß ausfällt - ich bin eindeutig dagegen, den Herrschaften vom Bundesverfassungsgericht mit letzterem so etwas wie  »mildernde Umstände« anhand gewisser geistiger Befindlichlichkeiten einzuräumen, und auch der etablierten Politik (Stichwort: institutionalisierter Irrsinn) nicht.

Das eine ist mit voller Absicht gestaltete Politik, und die Herren (oder »Brüder«) Bundesverfassungsrichter haben schlicht und einfach ein von Grund auf & praktisch in jeder beliebigen Hinsicht politisches Urteil gefällt und üben damit schlichte Willkür aus. Der angesprochene haarfeine Unterschied zwischen dem Handeln der Politik und dem der Herren (beiderlei Geschlechts) Bundesverfassungsrichter bzgl. deren Urteils besteht insofern nicht.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: PersonX am 04. September 2018, 10:37
BVerfGE 44, 197 <203 f.>
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv044197.html


BVerwGE 108, 108 <117>
meint wahrscheinlich
BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1998 - 6 C 13.97 - BVerwGE 108, 108 <113 f.>
https://www.jurion.de/urteile/bverwg/1998-12-09/bverwg-6-c-13_97/
angegeben mit Fundestellen
Müsste also in
BVerwGE 108, 108 - 122 enthalten sein
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: NichtzahlerKa am 04. September 2018, 11:58
Zitat
[Rn 135]
Ob das Grundrecht der Informationsfreiheit darüber hinaus auch gleichrangig im Sinne einer negativen Komponente davor schützt, sich gegen den eigenen Willen Informationen aufdrängen zu lassen, oder ob insoweit der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Rundfunkbeitragspflicht begründet keinen Zwang zur Konfrontation mit den über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Informationen, so dass es jedenfalls an einem Eingriff fehlt. Es wird weder unmittelbar noch mittelbar Zwang ausgeübt, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören.

Das ist auch in der Hinsicht äußerst bedenklich, weil es als Totschlagargument gegen Programm- und inhaltiliche Kritik verwendet werden könnte, oder?
Das ist ein wichtiger Punkt den ich am Verwaltungsgericht erfragen würde, wenn ich mal dahin käme. Die Fragen sind: Geht es nur um die Pflicht an sich (aber nicht um die Höhe)? Oder muss bei Nichtleistung Schadenersatz (vor dem Amtsgericht?) gefordert werden (aber die Zahlpflicht und Höhe besteht immer)? Aber was ist dann mit meinem indirekten Nutzen, darüber, dass alle anderen so gebildet sind? Der ist ja das Argument für die Zahlpflicht bei Nichtnutzen. Den kann es aber doch nur geben, wenn der Programmauftrag auch erfüllt wird!

Wieder ein Widerspruch in diesem Urteil.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Thejo am 04. September 2018, 12:22
Das ist ein wichtiger Punkt den ich am Verwaltungsgericht erfragen würde, wenn ich mal dahin käme.

Siehe dazu auch:
Neue Juristische Wochenschrift (NJW-Aktuell), 31/2018, S. 3
Dr. Christian Treffer: Glotzen als Bürgerpflicht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28622.0.html


Aber was ist dann mit meinem indirekten Nutzen, darüber, dass alle anderen so gebildet sind? Der ist ja das Argument für die Zahlpflicht bei Nichtnutzen. Den kann es aber doch nur geben, wenn der Programmauftrag auch erfüllt wird!
DAS frage ich mich auch! Kann ich nun darauf pochen und Zahlung verweigern, dass dieser idealistische Soll-Zustand, nicht den aktuellen und real-objektiven Ist-Zustand widerspiegelt? Siehe Rn 80+81:

Zitat
Rn 80
[..] Der einzelne Nutzer muss die Verarbeitung und die massenmediale Bewertung übernehmen, die herkömmlich durch den Filter professioneller Selektionen und durch verantwortliches journalistisches Handeln erfolgt. Angesichts dieser Entwicklung wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden. [..]

Rn 81
In der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Funktion zu nutzen, liegt der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende individuelle Vorteil. Dies entspricht sowohl nach der Gesetzesbegründung der Landesregierungen als auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung dem Willen der Gesetzgeber. [..]
Ich empfinde es als zynisch, wenn - im Gegensatz dazu - besonders hier im Forum Nutzer argumentieren, dass sie genau dies lieber selbst tun, weil sie glauben, der örR kommt dieser Aufgabe eben NICHT nach.

Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Gee am 04. September 2018, 15:00
Hier: „gesamtgesellschaftlicher Vorteil“

BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
Rn 76
Zitat
Ein gesamtgesellschaftlicher Vorteil schließt allerdings nicht aus, dass daneben auch ein individueller Vorteil für die Abgabepflichtigen besteht und deshalb eine nichtsteuerliche Finanzierung zulässig ist …

vs.

BVerwG,  22.11.2000 - BVerwG 6 C 10.99
Rn 10
Zitat
Der Verordnungsgeber hätte folglich  den  auf das Allgemeininteresse entfallenden Kostenanteil  der Höhe  nach festlegen  und bei der Beitragsbemessung berücksichtigen  müssen. Dies ist unterblieben und hat die  Nichtigkeit der gesamten Verordnung zur Folge.

M.E. hat nun das BVerfG mit Rn 76 festgelegt, dass ein Allgemeininteresse (=  gesamtgesellschaftlicher Vorteil) neben dem individuellen Vorteil des Beitragspflichtigen besteht.
Gem. Rechtsprechung des BVerwG müsste demzufolge in der Rundfunkbeitragsbemessung die Vorteile, welche die Allgemeinheit hat (dieses könnten die Vorteile der Nicht-Beitragspflichtigen sein), in der Beitragsbemessung Berücksichtigung finden.

Oder?
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Shuzi am 04. September 2018, 16:44
Zum einen versucht das BVerfG die Bebeitragung der Allgemeinheit durch die Anknüpfung der Abgabe an die Wohnung damit zu rechtfertigen, dass die Beschaffung eines Empfangsgerätes jederzeit möglich ist. Andererseits konstatiert das BVerfG, das kein Zwang zur Konfrontation mit den über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Informationen besteht, um vermutlich somit nicht mit Art. 5 GG in Konflikt zu geraten.

Wäre es aufgrund dieser Gesichtspunkte nicht angeraten gewesen, zumindest auch mal die Verschlüsselung der Inhalte des ÖrR in Erwägung zu ziehen? Schließlich muss man ja auch kein Sky-Abo abschließen, da die Möglichkeit der Empfangsgerätebeschaffung besteht. Das hätte  aus meiner Sicht noch die gerechteste Lösung sein können. Allerdings wäre dies wohl kaum im Sinne des ÖrR gewesen, denn dann hätte sich die wahre Akzeptanz bzw. Inanspruchnahme des ÖrR innerhalb der Bevölkerung gezeigt, was für den ÖrR vermutlich äußerst ernüchternd ausgefallen wäre. Auch hier zeigt sich wieder ein klares Indiz für eine politische Entscheidung des BVerfG zugunsten des ÖrR und gegen den Willen bzw. die Rechte vieler Bürger.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: NichtzahlerKa am 04. September 2018, 16:56
M.E. hat nun das BVerfG mit Rn 76 festgelegt, dass ein Allgemeininteresse (=  gesamtgesellschaftlicher Vorteil) neben dem individuellen Vorteil des Beitragspflichtigen besteht.
Gem. Rechtsprechung des BVerwG müsste demzufolge in der Rundfunkbeitragsbemessung die Vorteile, welche die Allgemeinheit hat (dieses könnten die Vorteile der Nicht-Beitragspflichtigen sein), in der Beitragsbemessung Berücksichtigung finden.
Oder?
Das kann man so sehen, insbesondere hat es sich dazu nicht ausgelassen. Auf jeden Fall ist das eine Nachfrage (bei anderen Gerichten?) wert. Wenn das Gericht darauf keine Antwort hat, muss es das Verfassungsgericht anrufen. Es gibt aber auch Stimmen, die meinen das BVerfG hat mit dem Urteil einfach das bisherige Beitragsrecht über den Haufen geworfen. Ich glaube das nicht, denn die Folgen wären immens.

Vielleicht ist das DIE Frage, die wir gesucht haben. So weit ich das sehe hat sich das Gericht nämlich gar nicht dazu ausgelassen. Es sagt ja in Rn 75 ausdrücklich, dass eine "Demokratieabgabe" usw. NICHT durch den Beitrag abgedeckt wird. Die "Möglichkeit des Empfangs" (Rn 76) begründet nämlich natürlicherweise noch keinen individuellen Nutzen, wenn das Angebot an meinem persönlichen Bedarf vorbei geht. Da Widersprechen sie sich oder öffnen das Tor zum Ausstieg aus dem Beitrag.
Dass es auf den Nutzen nicht ankommt, bezog sich nach meinem Verständnis nach nur auf die Anknüpfungsart der Wohnung (Rn 89), ansonsten sagt das Gericht nur etwas in Rn 81 (Satz 1) zu dem potentiellen Nutzen, der aber eine klare (funktionierende) Funktion verlangt (die nicht gegeben ist).
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Besucher am 05. September 2018, 06:27
Zum einen versucht das BVerfG die Bebeitragung der Allgemeinheit durch die Anknüpfung der Abgabe an die Wohnung damit zu rechtfertigen, dass die Beschaffung eines Empfangsgerätes jederzeit möglich ist. Andererseits konstatiert das BVerfG, das kein Zwang zur Konfrontation mit den über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Informationen besteht, um vermutlich somit nicht mit Art. 5 GG in Konflikt zu geraten.
...

Doch, das Bundesverfassungsgericht »gerät damit mit Art. 5 GG in Konflikt« (bzw. §10 EMRK). Man könnte es aber auch deutlicher sagen: Es scheisst (im bewussten Kontrast zur ansonsten üblichen, gekünstelten, verlogenen pseudo-höfischen Sprachattitüde so formuliert) gleich in mehrfacher Hinsicht darauf.

...
Wäre es aufgrund dieser Gesichtspunkte nicht angeraten gewesen, zumindest auch mal die Verschlüsselung der Inhalte des ÖrR in Erwägung zu ziehen? Schließlich muss man ja auch kein Sky-Abo abschließen, da die Möglichkeit der Empfangsgerätebeschaffung besteht. Das hätte  aus meiner Sicht noch die gerechteste Lösung sein können.
...
 Auch hier zeigt sich wieder ein klares Indiz für eine politische Entscheidung des BVerfG zugunsten des ÖrR und gegen den Willen bzw. die Rechte vieler Bürger.

Nein, es geht nämlich den zuständigen Herrschaften in Karlsruhe mit dem Urteil nicht um Gerechtigkeit, sondern die Zementierung von nichts anderem als einem als "öffentlich-rechtlich" getarnten Staatsrundfunk mit dem Ziel der Formierung der öffentlichen Meinung im Sinne der politischen Ziele der "Eliten" und Sicherung dessen Status als unhinterfragter »Erziehungsanstalt« der Nation.

Man vergegenwärtige sich dazu - der kleine scheinbare Schlenker möge erlaubt sein - auf einem anscheindend ganz anderen Gleis doch bitte das Wunderwerk dieses - vom »Atlantic Council« höchstgelobten - *** Maas mit seinem "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" oder auf dem nicht mehr ganz so anderen Gleis die im neuen "Mediendienste-Staatsvertrag" geplante RUNDFUNKLIZENZPFLICHT für Bürger/Kollektive/Organisationen, die im Internet letztlich ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nachgehen. Wie lange wird es bei diesem nur mittelmäßig getarnten Versuch der Zensureinführung wohl noch solche Plattformen wie die Nachdenkseiten, den Blauen Boten oder ähnliche geben, die wenigstens noch ein bisschen Gegenöffentlichkeit (zumal angesichts des Versuchs der Dominanzerlangung des ÖRR auch im Internet) sicherzustellen in der Lage sind. Bzw., wann werden diese zu blossen Transmissionsriemen bzw. zum Echo des deutschen"öffentlich-rechtlichen" Rundfunks »umfunktioniert« sein? Dann auf ausländische Server umzuziehen, dürfte höchstens einstweilen helfen...

...
 Auch hier zeigt sich wieder ein klares Indiz für eine politische Entscheidung des BVerfG zugunsten des ÖrR und gegen den Willen bzw. die Rechte vieler Bürger.

Dem ist nichts hinzuzufügen - oder doch: Die zuständigen Herren beiderlei Geschlechts des Bundesverfassungsgerichts mussten zusammenfassend - angesichts der auch schon von Herrn Dr. Winkler festgestellten schreienden Unlogiken und Inkonsistenzen - wohl mit diesem »Husarenstück« unbedingt demonstrieren, dass sie das juristische Instrumentarium aus Rechtsverdrehung, Rabulistik, dazu ganz nach Bedarf Rauchvorhänge aufzuziehen und Nebelkerzen zu zünden - kurz & gut:  das inzwischen sozusagen ad nauseam bekannte und durchexerzierte gerichtliche »Hase-und-Igel«-Spielchen mit dem Bürger - am besten von allen beherrschen.

Erst zu behaupten, der Bürger könne sich ja Geräte beschaffen, also den Gerätebezug wieder einzuführen - Wozu denn denn dann bitte? Um damit dem Wunsch der politischen Elite gemäß sich die »journalistischen« Meisterstücke des ÖRR eintrichtern zu lassen! Anders als so ergeben die ganzen Aussagen wie eben bzgl. der Möglichkeit der Gerätebeschaffung als individueller Konkretisierung des abstrakten angeblichen Vorteils der Empfangsmöglichkeit keinen Sinn, ebensowenig aber in diversen Randnummern die Lobpreissungen auf die angeblichen »Qualitäten« des "öffentlich-rechtlichen" Rundfunks im angeblichen Unterschied zu anderen Akteuren, ebensowenig die Aussagen, der Bürger habe die spezifischen  journalistischen Ergebnisse, die sinngemäß als das Ergebnis der »professionellen Arbeit und Organisation« der Anstalten vorlägen, eben so »zu schlucken« (vgl. dazu den durchgängig lesenswerten Artikel Herrn Winklers an entsprechender Stelle: » Freiheitlich-demokratisch denkende Menschen würden einen Gesinnungsrundfunk, wie er vom Bundesverfassungsgericht mit den Stichworten „Filter“ und „Orientierungshilfe“ postuliert wird (Rn. 80), eher als Nachteil bewerten.«
Dr. Kay E. Winkler: Zurück ins Funkhaus - Anmerkung zum Urteil des BVerfG
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28430.0.html

Ergänzend hatte auch Koll. Markus KA gestern noch dazu passend festgestellt:

Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28153.msg180066.html#msg180066
...
»Widersprüchlich dazu aber auch, wenn es keine Pflicht oder Zwang zur Konfrontation gibt, woher kommt dann die hochgepriesene Begründung der Förderung der Demokratie etc.?  Wenn niemand das öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramm nutzen muss, kann es auch zu keinem "Vorteil" oder "positive Auswirkungen" für die Gesellschaft führen, weil sie es nicht nutzt.«

Nun angesichts der eindeutig herauslesbaren Informationen und offenkundigen Bestrebungen der Gängelung des Bürgers i. R. der Indoktrination durch den "öffentlich-rechtlichen" Rundfunks als Bundesverfassungsgericht am Ende dieser ganzen Sentenzen abschliessend  zu behaupten, der Bürger müsse sich ja nicht mit dem konfrontieren, was der "öffentlich-rechtliche" Rundfunk ihm zu verabreichen trachte (sondern nur zahlen :->>>), er habe ja die Freiheit der Wahl - das stellt nichts anderes dar denn eine unsägliche, an Zynismus nicht zu überbietende Verhöhnung des Bürgers, die dem Ganzen abschliessend die Krone aufsetzt.

So etwas läßt an totalitäre Systeme (nein, im konkreten Zusammenhang ist nicht die DDR gemeint:->>>) und allgemein totalitäre Charakterzüge und Haltungen denken.

Allein schon dafür - oder gerade deswegen gehört dieses hanebüchene Urteil vor den EGMR. Der wird sich hoffentlich vom Bundesverfassungsgericht nicht in der Form auf die Schippe nehmen lassen, wie es  zumindest gegenwärtig noch mit dem dummen Bürger gemacht wird. & was der solchermassen schlicht vom Bundesverfassungsgericht verscheisserte Bürger selbst sonst noch tun kann, ist ja zum Glück Gegenstand der Diskussion, und mögliche Schritte in großem Massstab sind im ständigen Gespräch.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 05. September 2018, 08:16
@Zeitungsbezahler: So ist es ja nicht: In der Logik des BVerfG ist die Rundfunkempfangsmöglichkeit zunächst ein personenbezogener Vorteil. Die Wohnung als Anknüpfungspunkt ist nur der 'Ersatzmaßstab' für die personenbezogene Beitragserhebung mit allen Ungerechtigkeiten, die damit verbunden sind. Mit dem Erstwohnungsbeitrag ist die stationäre und mobile Rundfunkempfangsmöglichkeit jeder Person im privaten Bereich abgegolten. Eine Zweitwohnung steigert diese Empfangsmöglichkeit nicht, denn bereits am Erstwohnsitz bzw. mobil kann man Rundfunk 24h am Tag empfangen.

Dieser Ansatz ist natürlich dann in keinster Weise -wie richtig angemerkt- mit der Betriebsstättenabgabe zu vereinbaren.

Bei der Begründung zur SIXT-Beschwerde wird ja ganz dreist vom Gericht behauptet, die Möglichkeit des ÖRR-Empfanges ließe sich zum Geldverdienen des Unternehmens nutzen, weil der Wagen über Empfangsgeräte verfügt, er sich deshalb teurer vermieten ließe, wobei die Begründung außerst unlogisch ist, weil für ein Fahrzeug ohne Radio eben auch ein Beitrag zu bezahlen ist, es deshalb auch nicht "billiger" vermietet werden kann.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: weba am 06. September 2018, 21:58
Also Rd 135 verweist auf folgendes

https://www.jurion.de/urteile/bverwg/1998-12-09/bverwg-6-c-13_97/ (https://www.jurion.de/urteile/bverwg/1998-12-09/bverwg-6-c-13_97/)

nämlich
Zitat
dd) Eine Verletzung der individuellen (negativen) Informationsfreiheit des Klägers (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) liegt ebenfalls fern. Auf ihn wird ein Zwang, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören, nicht ausgeübt. Der Kläger muß sie nicht einschalten. Die "Gebühr" wird nur dafür erhoben, daß er sich mit der Bereithaltung des Empfangsgeräts die Möglichkeit verschafft hat, die Programmleistung in Anspruch nehmen zu können. Soweit er geltend macht, daß er private Programme den öffentlich-rechtlichen Programmen generell vorzieht, rechtfertigt dies keine andere Würdigung. Der Kläger übersieht insoweit, daß nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im dualen Fernsehsystem der private Rundfunk in seiner gegenwärtigen Form aus Gründen des Verfassungsrechts überhaupt nur bestehen kann, wenn die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch in finanzieller Hinsicht sichergestellt ist. Angesichts dieser Verknüpfung ist ihm der Zugriff auf das eine ohne die gleichzeitige Möglichkeit des Zugriffs auf das andere nicht eröffnet.

Nach altem Recht besteht immer noch die Möglichkeit, sich aus der ganzen dualen Veranstaltung rauszuhalten. Wie es mit dem Beitrag und der negativen Informationsfreiheit steht, ist im aktuellen Urteil gar nicht untersucht worden..
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 07. September 2018, 13:32
Bezüglich der negativen Freiheit - Ist denn das Budgetproblem für Mediennutzung beim Bundesverfassungsgericht vorgetragen bzw. begründet worden?
Wenn ich mich nunmal entschieden habe, mit meinem verfügbaren Budget ein Zeitungsabo abzuschließen und zu bezahlen, aber wegen der Möglichkeit, mir jederzeit ein Fernsehgerät anzuschaffen (auf dem ich keine Zeitung lesen kann) eine Zwangsabgabe leisten muß, die mir die Abbestellung der Zeitung aus finanziellen Gründen aufzwingt?

Ich sehe zunehmend ein, daß es sich tatsächlich nicht um ein verwaltungsrechtliches, sondern menschenrechtliches Phänomen handelt.
Immerhin soll das Grundgesetz mich ja vor staatlicher Willkür schützen, dazu gehört ja nicht nur das Handeln von irgendwann mal erschaffenen Institutionen ÖRR sondern auch der Schutz vor nachteiliger Gesetzgebung zugunsten anderer.
Interessant wird sein, wie die EU Polen drohen will, bezüglich Rechtsstaatlichkeit auf der Verfassungsebene und der Einführung eines Staatsrundfunks.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: pinguin am 07. September 2018, 14:21
Wenn ich mich nunmal entschieden habe, mit meinem verfügbaren Budget ein Zeitungsabo abzuschließen und zu bezahlen, aber wegen der Möglichkeit, mir jederzeit ein Fernsehgerät anzuschaffen (auf dem ich keine Zeitung lesen kann) eine Zwangsabgabe leisten muß, die mir die Abbestellung der Zeitung aus finanziellen Gründen aufzwingt?
Ist das ein Eingriff in Deine individuelle Informations- und Meinungsfreiheit, die Du gemäß Art. 10 EMRK nicht zu dulden brauchst.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: ope23 am 18. September 2018, 19:23
Hierzu vielleicht zwei Textschnipsel aus einem Artikel, der im Forum schon erwähnt wurde unter
Dr. Matthias Wiemers: Rundfunkfinanzierung ohne Lösung ... (NVwZ 2018, 1272)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28620.0.html

NVwZ Heft 17/2018, 01.09.2018
(NVwZ 2018, 1272)

Rundfunkfinanzierung ohne Lösung – auch nach der jüngsten Entscheidung aus Karlsruhe
von Rechtsanwalt Dr. Matthias Wiemers (Prof. Versteyl Rechtsanwälte, Berlin)

Der Artikel ist eher sachte geschrieben und bezieht deutlich härter Stellung gegen die Abgabe für Betriebsstätten als gegen die Abgabe im privaten Bereich.

Zitat
In betrieblich genutzten Fahrzeugen bestünde ein zusätzlicher erwerbswirtschaftlicher Vorteil, etwa durch die Möglichkeit des Abhörens von Verkehrsfunk. Der Senat sieht in der Empfangsmöglichkeit einen preisbildenden Faktor bei der Autovermietung. Diese Überlegungen verkennen jedoch einmal, dass Außendienstmitarbeiter heute typischerweise über Smartphones verfügen und sich auch hierdurch über Verkehrsmeldungen informieren können. Zudem weisen moderne Navigationssysteme entsprechende Funktionen auf. Man fragt sich vor diesem Hintergrund, für wen das Vorhandensein eines Radiogeräts in einem Mietfahrzeug wirklich noch einen geldwerten Vorteil darstellt. Eher noch als in Betriebsstätten laufen Radioempfangsgeräte auf Baustellen, wo mitunter ein Gewirr von unterschiedlichen Radioprogrammen für einen gewissen Lärmpegel sorgt. Die verantwortlichen Bauunternehmen dulden dies häufig, dürfen aber bei objektiver Betrachtung den Empfang gar nicht wünschen, weil Arbeitssicherheit und Qualität der Arbeit gefährdet werden. In keinem Fall besteht ein geldwertes Interesse an dieser Art des Rundfunkempfangs. Darüber hinaus dürfte es schlicht nicht jeder Unternehmenskultur entsprechen, Rundfunkempfang während der Arbeitszeit zu dulden oder gar zu fördern. Es fehlt hier an einer Basis für die Typisierung.


Eine allgemeine Einschätzung:
Zitat
In den rechtswissenschaftlichen Diskussionen der jüngsten Vergangenheit wurde bekanntlich auch vertreten, bei der Rundfunkgebühr handele es sich nicht mehr um eine Vorzugslast, sondern um eine durch Steuern zu finanzierende Gemeinlast. Das BVerfG ist dem zwar nicht gefolgt, aber der Begründungsaufwand, warum es sich hierbei um einen Beitrag nicht für jedermann, sondern nur für den jeweiligen Haushaltsvorstand handelt, ist auffällig aufwändig (Urteil Rn. 51 ff.).
Terschüren wird hier auch erwähnt.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: NichtzahlerKa am 26. Dezember 2018, 08:24
Ich sehe einen ganz wesentlichen Widerspruch für die Rechtspraxis darin, dass das BVerfG in seinem Verfahren Fragen zum Programm nicht zugelassen hat, aber dann schreibt [Rn 98]
Zitat
Ein Missverhältnis zwischen gebotener Leistung und Beitragshöhe besteht nicht. [...] Entgeltpflichtige Vollprogramme kosten deutlich mehr, andere entgeltpflichtige Programme hingegen erfassen lediglich Sparten und bieten nur einen Ausschnitt aus dem Leistungsspektrum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Den entscheidenden Satz habe ich Fett gedruckt. Was muss man geraucht haben? Das ist schlicht eine komplette und klare Falschbehauptung. Ich kenne jedenfalls kein Entgeltpflichtiges Programm, dass deutlich mehr als 8.000.000.000 € pro Jahr verschlingt. Mit dieser Falschbehauptung von ganz oben kann man nämlich das komplette Programm, egal wie das Geld veruntreut/missbraucht/verschwendet und vervetternwirtschaftet wird, einfach per Generalablass sündenfrei behaupten. Genau das tut gerade mein VG mit Berufung auf diese Zeilen.

Dass dabei ab 2015 ein von den Ministerpräsidenten frei erfundener Betrag von 17,50€ eingezogen wird, interessiert das BVerfG an der Stelle auch nicht, obwohl es vormals gegen die Ministerpräsidenten entschieden hat, als der Betrag zu klein gewählt wurde. Bei zu groß gewähltem Betrag scheint ein anderes Maß zu gelten...

Die Wahrheit klingt etwa so:
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland bietet das teuerste entgeltpflichtige Programm der Welt an und bringt zudem noch Werbung. Die Qualität ist im internationalen Vergleich objektiv als unterdurchschnittlich anzusehen (kaum Einnahmen durch Verkauf). Es besteht ein grobes Missverhältnis zwischen gebotener Leistung und Beitragshöhe.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: Spark am 01. Januar 2019, 02:27
Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 104
Zitat
Darin, dass sich mehrere Wohnungsinhaber den Beitrag untereinander aufteilen können und dadurch weniger belastet werden als Einzelpersonen, liegt zwar eine Ungleichbehandlung. Diese beruht jedoch auf Sachgründen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch genügen. Die Landesgesetzgeber stützen die wohnungsbezogene Erhebung des Rundfunkbeitrags darauf, dass der private Haushalt in der Vielfalt der modernen Lebensformen häufig Gemeinschaften abbildet, die auf ein Zusammenleben angelegt sind, und dass die an dieser Gemeinschaft Beteiligten typischerweise das Rundfunkangebot in der gemeinsamen Wohnung nutzen. An diese gesellschaftliche Wirklichkeit darf der Gesetzgeber anknüpfen.

Ich frage mich gerade, bis zu was für einen Prozentsatz es den "verfassungsrechtlichen Anforderungen noch genügt"?

Im Jahre 2017 gab es in Deutschland 41 304 000 Haushalte. Davon sind 17 263 000 Haushalte Einpersonenhaushalte. Es ist der häufigste Haushaltstyp in Deutschland.
Quelle: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/HaushalteFamilien/Tabellen/1_2_Privathaushalte_Bundeslaender.html


Das sind aber noch nicht alle:
Zitat
20 Prozent der Eltern in Deutschland sind alleinerziehend - Tendenz steigend. In Zahlen ausgedrückt sind demnach 1.500.000 Frauen (91%) und 157.000 Männer alleinerziehend.
Quelle: https://wir-sind-alleinerziehend.de/alleinerziehende-in-deutschland/

Diese 1 657 000 Alleinerziehenden haben zum größten Teil minderjährige Kinder. Da minderjährige Kinder aber noch nicht der Beitragspflicht unterfallen, kann man sie auch zu den Einpersonenhaushalten rechnen, da es nur einen beitragspflichtigen Zahler gibt.

Das macht dann rund 18 920 000 Einpersonenhaushalte (oder Einzahlerhaushalte).

Das sind rund 45,8% aller Haushalte in Deutschland.
Titel: Re: Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
Beitrag von: seppl am 01. Januar 2019, 13:35
Zitat von: Urteil BVerfG vom 18.07.18, Rn. 104
Zitat
Die Landesgesetzgeber stützen die wohnungsbezogene Erhebung des Rundfunkbeitrags darauf, dass der private Haushalt in der Vielfalt der modernen Lebensformen häufig Gemeinschaften abbildet, die auf ein Zusammenleben angelegt sind, und dass die an dieser Gemeinschaft Beteiligten typischerweise das Rundfunkangebot in der gemeinsamen Wohnung nutzen. An diese gesellschaftliche Wirklichkeit darf der Gesetzgeber anknüpfen.

Wenn Personen häufig Lebensgemeinschaften abbilden, die typischerweise das Rundfunkangebot gemeinsam nutzen, kann daraus keinesfalls vom Gesetzgeber geschlossen werden, dass nahezu alle Zusammenwohnende typisierend verpflichtet werden können, den Rundfunkbeitrag gesamtschuldnerisch zu tragen!

Die Gruppe, auf die dieser Sachverhalt zutrifft, soll es nun mal nur "häufig"geben. Daraus etwas Typisierendes für "alle" abzuleiten, widerspricht einfach schon rechnerisch der Statistik und der Lebenswirklichkeit.

Selbst in der Ehe, die eine viel eindeutigere Lebensgemeinschaft als eine Wohngemeinschaft darstellt (die klassische Ehe ist wohl in den meisten Fällen auf lange Zeit und mit gemeinsamer Haushaltsführung angelegt, was beim einfachen Zusammenwohnen überhaupt nicht der Fall sein muss), musste der Gesetzgeber/ das BVerfG den beteiligten natürlichen Personen trotzdem zugestehen, getrennte Finanzverhältnisse führen zu können. (AO § 268 ff.)