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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:03

Titel: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:03
Rechtsprechung zur
Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten vom Landes-VwVfG



Es taucht seit Anbeginn der Rundfunkbeitrags-Problematik vermehrt und immer wieder die Frage auf, was es bedeutet und welche Konsequenzen es hat, wenn in den Landes-VwVfG die "Tätigkeit" der jeweiligen Rundfunkanstalt expliztit "ausgenommen" ist.

Hier nun ein Versuch - lange vorgenommen - die aktuellen Erkenntnisse zusammengetragen.

Dank an alle, die dazu gemeinschaftlich und solidarisch "beigetragen" haben... ;) ;D
...und noch werden.

Alle Angaben hier wie überall im Forum ohne Gewähr! Keine Rechtsberatung!





1) Bundes-VwVfG (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133445.html#msg133445)

2) Landes-VwVfG (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133446.html#msg133446)

3) Rechtsprechung zur Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten vom Landes-VwVfG (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133447.html#msg133447)

3.1) Entscheidungen, die die Ausnahme der jeweiligen Rundfunkanstalt vom Landes-VwVfG auf die "Verwaltungstätigkeit" des Beitragseinzugs bezogen sehen (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133447.html#msg133447)
- Baden-Württemberg
- Nordrhein-Westfalen

3.2) Entscheidungen, die die Ausnahme der jeweiligen Rundfunkanstalt vom Landes-VwVfG lediglich auf den Bereich der "Rundfunktätigkeit"/"Rundfunkfreiheit", nicht aber auf den Bereich der "Verwaltungstätigkeit" des Beitragseinzugs bezogen sehen wollen (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133448.html#msg133448)
- Saarland
- Sachsen

3.3) weitere Entscheidungen (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133449.html#msg133449)
- Berlin
- BVerfG

4) Beschluss des LG Tübingen vom 16.09.2016 zum (Nicht-)Behördenstatus des SWR i.V.m. dem wörtlichen Bezug aller VwVfG auf "Behörden" (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133450.html#msg133450)

5) Zwischen-Fazit...? (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133451.html#msg133451)





Tangierende Diskussionen hierzu u.a. unter

Verwaltungsverfahrensgesetz NRW "Dieses Gesetz gilt nicht für ... [LRA]"
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=13800.0
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13800.msg93022.html#msg93022

"gilt für [...] Behörden" > Satzbau Bundes-/Landes-VwVfG/VwVG variiert/irritiert
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20398.0

Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften für Bescheide nach dem VwZG
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20337.0

Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=13827.0
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13827.msg118426.html#msg118426

Gilt für den RBB in Berlin das VwVfG? Wenn nein, gilt analog ein anderes Gesetz?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=15525.0
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15525.msg118427.html#msg118427

LRA = "Tendenzbetrieb" > Art 5 GG verbietet "justizförm. Verw.-Verfahren"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=27187.0

Weitere Links zu spezifischen Beiträgen im Forum und außerhalb siehe nachfolgende Ausführungen.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:04
zum Startbeitrag/ Inhaltsverzeichnis (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133444.html#msg133444)

1) Bundes-VwVfG

Das Bundes-VwVfG entfaltet aus sich allein heraus augenscheinlich keine Geltung für die Rundfunkanstalten - allein schon, da diese keine "bundesunmittelbaren" Stellen sind...
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__1.html
Zitat
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden
1. des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2. der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.
(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.
(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.
(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

Weitere, sehr interessante Ausführungen hierzu u.a. auch unter
"gilt für [...] Behörden" > Satzbau Bundes-/Landes-VwVfG/VwVG variiert/irritiert
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20398.0.html

Hinweis:
Einige Landes-VwVfG verweisen auf das Bundes-VwVfG und erklären dieses als "anzuwenden" für die im Landes-VwVfG bestimmten Stellen auf Landesebene.
Wenn die Tätigkeit der jeweiligen Rundfunkanstalt aus dem Landes-VwVfG jedoch explizit ausgenommen ist, dann dürfte demgemäß auch nicht das Bundes-VwVfG greifen.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:04
zum Startbeitrag/ Inhaltsverzeichnis (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133444.html#msg133444)

2) Landes-VwVfG

Eine gute Gesamt-Übersicht aller Landes-Verwaltungsverfahrensgesetze findet sich unter
Landesverwaltungsverfahrensgesetz
https://de.wikipedia.org/wiki/Landesverwaltungsverfahrensgesetz

Zu finden sind sie auch in den angepinnten Threads
"Verwaltungsverfahrensgesetz/Verwaltungsvollstreckungsgesetz [Bundesland]"
im jeweiligen Bundesland des Vollstreckungs-Boards
Vollstreckungen von Rundfunkbeiträgen (nach Bundesländern sortiert)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?board=77.0
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:04
zum Startbeitrag/ Inhaltsverzeichnis (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133444.html#msg133444)

3) Rechtsprechung zur Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten vom Landes-VwVfG

3.1) Entscheidungen, die die Ausnahme der jeweiligen Rundfunkanstalt vom Landes-VwVfG auf die "Verwaltungstätigkeit" des Beitragseinzugs bezogen sehen



- Baden-Württemberg

VGH Baden-Württemberg
Beschluss Az. 2 S 1431/08 vom 19. Juni 2008

https://openjur.de/u/350314.html
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VGH%20Baden-W%FCrttemberg&Datum=19.06.2008&Aktenzeichen=2%20S%201431%2F08
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=10455
VwVfG BW gilt - auch - nicht für den Bereich des Gebühreneinzugs des Südwestfunks
Zitat
Leitsätze
Die in § 2 Abs. 1 LVwVfG angeordnete Nichtgeltung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des Südwestfunks betrifft auch den Bereich des Gebühreneinzugs.
[...]
5 - § 80 BVwVfG ist danach nicht im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Für § 80 LVwVfG gilt das Gleiche, da § 2 Abs. 1 LVwVfG die Tätigkeit des Südwestrundfunks vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausnimmt. Die vom Kläger gewünschte teleologische Reduktion dieser Vorschrift ist nicht möglich. Die inhaltliche Tätigkeit des Rundfunks ist schon deshalb vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen, weil sie nicht auf den Erlass eines Verwaltungsakts oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags abzielt (vgl. § 9 LVwVfG). Die in § 2 Abs. 1 LVwVfG getroffene Regelung kann daher nicht oder zumindest nicht allein mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit erklärt werden. Ein entsprechender Zusammenhang wird auch in der Begründung des Entwurfs des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes nicht hergestellt. Die Nichtgeltung dieses Gesetzes auf die Tätigkeit der im Land ansässigen Rundfunkanstalten (seinerzeit: Süddeutscher Rundfunk und Südwestfunk) wird vielmehr damit gerechtfertigt, dass die Anwendung des Gesetzes Schwierigkeiten bereiten würde, soweit die Anstalten über die Landesgrenzen hinaus tätig werden müssten. Als weiterer Grund wird angeführt, dass das Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt sei (LT-Drs. 7/820, S. 69). Diese Ausführungen lassen keinen Zweifel daran, dass mit "Tätigkeit" in § 2 Abs. 1 LVwVfG nicht nur die inhaltliche Tätigkeit des Rundfunks gemeint ist, sondern auch - oder gerade - das Verfahren des Gebühreneinzugs.

6 - Die zitierte Begründung ist allerdings insoweit fragwürdig, als die spezialgesetzliche Regelung über den Gebühreneinzug schon damals und auch heute noch Lücken aufweist. Das Vorhandensein einer solchen Lücke rechtfertigt es jedoch nicht, das Landesverwaltungsverfahrensgesetz unmittelbar oder entsprechend anzuwenden, um diese Lücke zu schließen. Ein Rückgriff auf das Landesverwaltungsverfahrensgesetz ist vielmehr nur insoweit möglich, als in ihm allgemeine rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze zum Ausdruck kommen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 2 Rn. 1; Meyer in Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 2 Rn. 14; Ziekow, VwVfG, § 2 Rn. 2). [...]
Erwähnungen im Forum u.a. unter
Fiktive Begründung Bundesland Berlin / RBB
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19751.msg128146.html#msg128146
sowie auch im Beschluss des LG Tübingen
LG Tübingen Beschluß vom 16.9.2016, 5 T 232/16 (dort Rn 22)
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=21332




- Nordrhein-Westfalen

OVG Nordrhein-Westfalen
Beschluss Az. 16 A 49/09 vom 14. Juli 2010

https://openjur.de/u/144853.html
Zitat
[...]
31 - § 80 VwVfG findet aber im Rahmen von Streitigkeiten über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht keine Anwendung. Denn nach § 2 Abs. 1 VwVfG NRW gilt das nordrheinwestfälische Landesverwaltungsverfahrensgesetz unter anderem nicht für die Tätigkeit des Westdeutschen Rundfunks Köln, also des Beklagten. Eine den eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW außer Acht lassende unmittelbare oder analoge Anwendung des § 80 VwVfG NRW kommt, wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht in Betracht.

32 - Insbesondere kann § 2 Abs. 1 VwVfG, soweit darin auch der Beklagte genannt wird, nicht aus der Erwägung heraus unbeachtet gelassen werden, dass diese Vorschrift lediglich für den unter besonderen verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 GG gestellten Kernbereich der Tätigkeit des Westdeutschen Rundfunks, also für die Produktion und Ausstrahlung von Rundfunk und Fernsehprogrammen, nicht aber für die begleitende originäre Verwaltungstätigkeit wie etwa den Einzug der Rundfunk und Fernsehgebühren zum Tragen kommen solle.

33 - Denn dem Gesetz kann kein Anhaltspunkt für eine solche Differenzierung nach den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen entnommen werden; vielmehr stellen die Tatbestände des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW anders als diejenigen des § 2 Abs. 2 VwVfG gerade nicht auf bestimmte Funktionen, sondern umfassend auf die dort genannten Funktionsträger ab. Außerdem vollzieht sich die grundrechtlich abgesicherte "eigentliche" Rundfunktätigkeit des Beklagten jedenfalls typischerweise von vornherein nicht in verwaltungsverfahrensrechtlichen Formen, etwa dem Erlass von Verwaltungsakten. Die Aufnahme des Beklagten in den Ausschlusskatalog des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW kann daher nur so verstanden werden, dass der Gesetzgeber die Tätigkeiten des Westdeutschen Rundfunk umfassend von der Geltung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes ausnehmen wollte, auch und gerade bezogen auf dessen originäre Verwaltungstätigkeit.

34 - So auch Schliesky, in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 2 Rn. 9.
[...]
Erwähnungen im Forum u.a. unter
Fiktive Begründung Bundesland Berlin / RBB
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19751.msg128146.html#msg128146



faktisch wortgleich nochmals bestätigt im Jahre 2013
OVG Nordrhein-Westfalen
Urteil Az. 16 A 1873/12 vom 25. April 2013

https://openjur.de/u/626723.html
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OVG%20Nordrhein-Westfalen&Datum=25.04.2013&Aktenzeichen=16%20A%201873/12
Zitat
[...]
34 - § 80 VwVfG findet aber im Rahmen von Streitigkeiten über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht keine Anwendung. Denn nach § 2 Abs. 1 VwVfG NRW gilt das nordrheinwestfälische Landesverwaltungsverfahrensgesetz unter anderem nicht für die Tätigkeit des Westdeutschen Rundfunks Köln, also des Beklagten. Eine den eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW außer Acht lassende unmittelbare oder analoge Anwendung des § 80 VwVfG NRW kommt, wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht in Betracht.

35 - Insbesondere kann § 2 Abs. 1 VwVfG, soweit darin auch der Beklagte genannt wird, nicht aus der Erwägung heraus unbeachtet gelassen werden, dass diese Vorschrift lediglich für den unter besonderen verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gestellten Kernbereich der Tätigkeit des Westdeutschen Rundfunks, also für die Produktion und Ausstrahlung von Rundfunk? und Fernsehprogrammen, nicht aber für die begleitende originäre Verwaltungstätigkeit wie etwa den Einzug der Rundfunk? und Fernsehgebühren zum Tragen kommen solle.

36 - Denn dem Gesetz kann kein Anhaltspunkt für eine solche Differenzierung nach den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen entnommen werden; vielmehr stellen die Tatbestände des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW anders als diejenigen des § 2 Abs. 2 VwVfG gerade nicht auf bestimmte Funktionen, sondern umfassend auf die dort genannten Funktionsträger ab. Außerdem vollzieht sich die grundrechtlich abgesicherte "eigentliche" Rundfunktätigkeit des Beklagten jedenfalls typischerweise von vornherein nicht in verwaltungsverfahrensrechtlichen Formen, etwa dem Erlass von Verwaltungsakten. Die Aufnahme des Beklagten in den Ausschlusskatalog des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW kann daher nur so verstanden werden, dass der Gesetzgeber die Tätigkeiten des Westdeutschen Rundfunks umfassend von der Geltung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes ausnehmen wollte, auch und gerade bezogen auf dessen originäre Verwaltungstätigkeit.

37 - So auch Schliesky, in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 2 Rn. 9.
[...]
Erwähnungen im Forum u.a. im Folgekommentar unter
Fiktive Begründung Bundesland Berlin / RBB
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19751.msg128147.html#msg128147
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:04
zum Startbeitrag/ Inhaltsverzeichnis (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133444.html#msg133444)

3.2) Entscheidungen, die die Ausnahme der jeweiligen Rundfunkanstalt vom Landes-VwVfG lediglich auf den Bereich der "Rundfunktätigkeit"/"Rundfunkfreiheit", nicht aber auf den Bereich der "Verwaltungstätigkeit" des Beitragseinzugs bezogen sehen wollen



- Saarland
VG Saarlouis Urteil vom 16.12.2010, 3 K 2162/09
Anspruch auf Rücknahme eines Bescheides, mit dem eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht abgelehnt worden ist
http://www.jusmeum.de/urteil/vg_saarlouis/63e8650c062c500a038b485df84d92123f4c513b958b0dc0ee0d94af7ccc60ca
Zitat
Leitsätze
Zitat:
(…) Wird die Rechtswidrigkeit eines Bescheides über die Ablehnung einer Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht geltend gemacht, ist für die Entscheidung über die Rücknahme des betreffenden Bescheides § 48 SVwVfG einschlägig, obgleich das Saarländische Verwaltungsverfahrensgesetz nach § 2 Abs. 1 SVwVfG für die Tätigkeit des Saarländischen Rundfunks nicht gilt, da der Saarländische Rundfunk - wie auch andere öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten - bei der Heranziehung der Rundfunkteilnehmer zu Rundfunkgebühren eine nicht vom Normzweck des § 2 Abs. 1 SVwVfG erfasste originäre Verwaltungstätigkeit ausübt. (…)

(…) § 48 SVwVfG ist anwendbar, obgleich nach § 2 Abs. 1 SVwVfG das Saarländische Verwaltungsverfahrensgesetz für die Tätigkeit des Beklagten nicht gilt. § 2 Abs. 1 SVwVfG bedarf insoweit nach seinem Sinn und Zweck, den Schutz des Kernbereichs der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gewährleisten, einer einschränkenden Auslegung, da der Beklagte bei der Heranziehung der Rundfunkteilnehmer zu Rundfunkgebühren nicht in diesem vor staatlichem Einfluss zu schützenden Kernbereich der Rundfunkfreiheit tätig wird, sondern eine originäre Verwaltungstätigkeit ausübt (…)
Quelle: LG Tübingen 16.9.2016, 5 T 232/16 spricht Klartext zum Behördenstatus des SWR
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20296.msg131206.html#msg131206
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20296.msg131213.html#msg131213




- Sachsen

Sächsisches Oberverwaltungsgericht Bautzen

SächsOVG, Urteil vom 09.10.1997, 2 S 265/95
https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/document.phtml?id=977
Volltext
https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/2s265_95.pdf
Zitat von: SächsOVG, Urteil vom 09.10.1997, 2 S 265/95
Leitsatz:
1. Zur Frage der Geltung des Verwaltungsverfahrensgesetzes für die Tätigkeit des Mitteldeutschen Rundfunks.
[...]

SächsOVG, Beschluss vom 06.07.2012, Az. 3 A 663/10
https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/document.phtml?id=2810
Volltext
https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/10a663.pdf
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OVG%20Sachsen&Datum=16.07.2012&Aktenzeichen=3%20A%20663%2F10
Zitat von: SächsOVG, Beschluss vom 06.07.2012, Az. 3 A 663/10
[...]
11 - Der Anwendbarkeit von § 53 VwVfG steht § 2 Abs. 3 SächsVwVfG nicht entgegen, wonach das Verwaltungsverfahrensgesetz - abweichend von dem in § 1 SächsVwVfG geregelten Grundsatz der entsprechenden Anwendung - für die Tätigkeit des Mitteldeutschen Rundfunks nicht gilt. Diese Vorschrift hindert die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht, weil sie nach dem Normzweck einschränkend dahin auszulegen ist, dass sie sich auf den Kernbereich der Rundfunkfreiheit bezieht, in dem Rundfunk in Unabhängigkeit und Staatsferne gewährleistet ist, nicht aber auf Bereiche, in denen die Rundfunkanstalt - wie hier bei der Gebührenerhebung - typische Verwaltungstätigkeit ausübt. Dies hat der Senat mit Beschluss vom 22. März 2012 (3 A 28/10) bereits zu §§ 41, 48 und 49 VwVfG entschieden und hieran hält er zu § 53 VwVfG auch mit Blick auf die Rügen der Klägerin fest.
[...]

SächsOVG, Urteil vom 17.12.2015, 3 A 582/14
https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/document.phtml?id=4250
Volltext
https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/14A582.U01.pdf
Zitat von: SächsOVG, Urteil vom 17.12.2015, 3 A 582/14
Leitsatz:
§ 2 Abs. 3 SächsVwVfZG ist nach seinem Normzweck einschränkend dahin auszulegen, dass er sich nur auf den Kernbereich der Rundfunkfreiheit bezieht, nicht aber auf Bereiche, in denen die Rundfunkanstalt typische Verwaltungstätigkeit ausübt. Insoweit ist dann das Ver-waltungsverfahrensgesetz anwendbar.


Erwähnungen im Forum u.a. unter
Fiktive Begründung Bundesland Berlin / RBB
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19751.msg128147.html#msg128147
Klage VG Leipzig (Einzelrichter) 1 K 2372/14 in Verbindung mit 1 K 1242/15
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17714.msg116143.html#msg116143
Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg116281.html#msg116281
sowie bezogen auf Sachsen/ "Mitteldeutscher Rundfunk"
LRA = "Tendenzbetrieb" > Art 5 GG verbietet "justizförm. Verw.-Verfahren"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27187.0.html
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:05
zum Startbeitrag/ Inhaltsverzeichnis (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133444.html#msg133444)

3.3) weitere Entscheidungen



- Berlin
("Sonderfall", da hier mglw. durch Nachlässigkeit des Gesetzgebers vergessen wurde, nach Auflösung des SFB und Verschmelzung mit ORB zum RBB der nicht mehr existente SFB weiterhin im VwVfG Bln benannt ist, und nicht durch "RBB" ersetzt wurde)

Zitat
A.   Doppelfunktionales Handeln Landesrundfunkanstalt / Pflichtenkollision Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG mit Aufgabe der „gemeinnützigen rechtsfähigen Sonderbehörde Beitragseinzugswesen“.
[...]
Der RBB handelt im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung  außerhalb seiner verfassungsrechtlichen Stellung Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Unzweifelhaft handelt es sich hier nicht um eine journalistische, kulturelle etc. Tätigkeit, innerhalb der dualen Rundfunkordnung.
Entsprechend der Rechtsauffassung des OVG Berlin-Brandenburg v. 26.05.2015, OVG 11 S 28.15 gilt für diese Tätigkeit des Beklagten das VwVfG Bln und damit das VwVfG.
[...]
Quelle: Beschwerde an EU-Kommission wg. Verletzung des Datenschutzes
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18101.msg118588.html#msg118588


Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
Beschluss vom 26.05.2015, Az. OVG 11 S 28.15

Umfang der Ausschlussregelung in § 2 Abs. 4 VwVfG Bln (juris: VwVfG BE)
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/117/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE150009923&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint
Zitat
[...]
4 - Soweit hiermit geltend gemacht wird, das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Berlin (VwVfG Bln) gelte nach dessen § 2 Abs. 4 nicht für die Tätigkeit des Senders Freies Berlin, so dass entgegen der verwaltungsgerichtlichen Annahme auch nicht über dessen § 5a das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes (VwVG) Anwendung finden könne, und für den Antragsgegner als Rechtsnachfolger von SFB und ORB könne nichts anderes gelten, ist dem nicht zu folgen.

5 - Denn die Ausschlussregelung in § 2 Abs. 4 VwVfG Bln betrifft, wie schon ihr Wortlaut deutlich macht, nur die Tätigkeit des früheren Senders Freies Berlin (SFB). Dieser existiert jedoch bereits seit vielen Jahren nicht mehr. Vielmehr ist seit Inkrafttreten des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juni 2002 (RBB-Staatsvertrag) am 1. Dezember 2002 an dessen Stelle aufgrund des Zusammenschlusses mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) der RBB getreten (vgl. §§ 40 und 41 RBB-StV). Für dessen Tätigkeit gilt, soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt - was für den vorliegend maßgeblichen Bereich zu verneinen ist -, gemäß § 35 RBB-StV das Recht des Landes Berlin. Diese Regelung würde jedoch, was seitens beider Bundesländer bei Abschluss des Staatsvertrages nicht gewollt gewesen sein kann, in dem hier wesentlichen Bereich leerlaufen, wenn sich § 2 Abs. 4 VwVfG Bln auch auf die Tätigkeit des RBB erstrecken würde. Erfasst wäre hiervon zudem auch eine entsprechende Tätigkeit des RBB im Land Brandenburg, obwohl sich diese Regelung des VwVfG Bln räumlich nie auf Brandenburg und gegenständlich nie auf den früheren ORB bezog. Davon kann ohne ausdrückliche, gerade auf den RBB bezogene Regelung im VwVfG Bln nicht ausgegangen werden.
[...]



- BVerfG

BVerfG, 03.09.1957*** - 2 BvR 7/57
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv007099.html
Zitat
[...]
BVerfG Beschluß des Zweiten Senats vom 3. September 1957 - 2 BvR 7/57 -

B.
I.
3. …
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Maßnahme des Norddeutschen Rundfunks. Dieser ist nach § 1 des Staatsvertrags zwischen den Ländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Hamburg vom 16. Februar 1955 eine "gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts", die "das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Bestimmungen dieses Vertrags" hat. In entsprechender Rechtsform sind auch die übrigen öffentlichen Rundfunkanstalten der deutschen Länder errichtet. Nach deutschem Rundfunkrecht gehören die den Rundfunkanstalten obliegenden Aufgaben zum Bereich der öffentlichen Verwaltung. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben bedienen sich die Rundfunkanstalten überwiegend der Mittel des Privatrechts. Als Träger öffentlicher Gewalt können sie aber auch hoheitlich tätig werden.
[...]
Quelle: Fiktive Begründung Bundesland Berlin / RBB
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19751.msg128147.html#msg128147


***Hinweis:
Im Jahre 1957 (bis in die Mitte der 1970er Jahre!) war noch die Deutsche Bundespost als damalige staatliche Behörde mit dem Gebühreneinzug betraut. Die (mglw. rechtswidrige) "Selbsteintreibung" per "Gebühreneinzugszentrale" durch die Rundfunkanstalten wurde erst Mitte der 1970er Jahre eingeführt. Siehe u.a. unter
Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg116973.html#msg116973
Insofern bleibt fraglich, inwiefern diese Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1957 unter gänzlich anderen Randbedingungen überhaupt 1:1 auf die heutige Situation übertragbar ist.

Auch wäre der Kontext näher zu beleuchten - und ob dieser auf die Frage der Gültigkeit der VwVfG überhaupt übertragbar wäre... denn in der Entscheidung ging es um Sendezeiten für Parteien - es heißt dort einleitend:
"BVerfGE 7, 99 -
1. Einer politischen Partei steht der Weg der Verfassungsbeschwerde offen, wenn sie behauptet, durch eine Verwaltungsmaßnahme in ihrem Recht auf gleichberechtigte Benutzung einer Anstalt des öffentlichen Rechts verletzt zu sein.    
2. Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts können als Träger öffentlicher Gewalt hoheitlich tätig werden; bei der Zuteilung undBVerfGE 7, 99 (99)BVerfGE 7, 99 (100) Verweigerung von Sendezeiten an politische Parteien übt die Rundfunkanstalt öffentliche Gewalt im Sinne des § 90 Absatz 1 BVerfGG aus. [...]"
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:05
zum Startbeitrag/ Inhaltsverzeichnis (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133444.html#msg133444)

4) Beschluss des LG Tübingen vom 16.09.2016 zum (Nicht-)Behördenstatus des SWR i.V.m. dem wörtlichen Bezug aller VwVfG auf "Behörden"


Man führe sich die Ausführungen des LG Tübingen zu Gemüte...

LG Tübingen 16.9.2016, 5 T 232/16 spricht Klartext zum Behördenstatus des SWR
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20296.0.html
Volltext u.a. unter
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=21332

...und bringe diese in Verbindung mit den Erkenntnissen unter

"gilt für [...] Behörden" > Satzbau Bundes-/Landes-VwVfG/VwVG variiert/irritiert
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20398.0.html

Wenn sich demgemäß der Wortlaut der VwVfG explizit auf
Zitat
"Behörden [...] der Anstalten des öffentlichen Rechts"
bezieht, die Rundfunkanstalten jedoch gem. LG Tübingen keinerlei "Behörden"-Charakteristik aufweisen, stellt sich die Frage, ob nicht
- sowohl die Landes-VwVfG
- als auch das Bundes-VwVfG
schon allein deswegen keine Geltung für die Rundfunkanstalten entfalten - und zwar
egal, ob in den jeweiligen Landes-VwVfG die Rundfunkanstalten nun
- explizit ausgenommen oder
- nicht ausgenommen
sind.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 04:05
zum Startbeitrag/ Inhaltsverzeichnis (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg133444.html#msg133444)

5) Zwischen-Fazit...?


Es ist beim besten Willen nicht ersichtlich, dass diejenigen VwVfG, von denen die Tätigkeit der Rundfunkanstalten "ausgenommen" ist, dennoch für die Rundfunkanstalten gelten sollen.

Die (kühne) Auslegung einiger Gerichte (u.a. VG Saarlouis, SächsOVG Bautzen), dass sich diese "Ausnahme"
- lediglich auf den Bereich der "Rundfunktätigkeit" (und damit vor staatlichen Einflüssen zu schützende "Rundfunkfreiheit"),
- nicht jedoch auf den Bereich der "Verwaltungstätigkeit" beziehe,
entbehrt jeglicher Logik und steht im krassen Widerspruch zum klaren Wortlaut des Gesetzes sowie auch den Intentionen des Gesetzgebers (vgl. u.a. VGH BaWü, OVG NRW).

Sofern eine Einschränkung auf einzelne Bereiche beabsichtigt wäre, müsste dies im Gesetz selbst auch so formuliert sein - allein schon der Normenklarheit/ Bestimmtheit wegen.

Da "Rundfunktätigkeit" nichts mit "Verwaltungsrecht" zu tun hat, verbietet sich schon allein deswegen die geradezu obskure Auslegung, dass sich die Ausnahme innerhalb des VwVfG auf einen Tätigkeitsbereich beziehe, der von selbigem Gesetz erkennbar nicht tangiert wird.

Es braucht innerhalb eines Gesetzes keine "Ausnahme" von diesem Gesetz, für eine Angelegenheit, die von dem Gesetz gar nicht erfasst wird.

Insofern erscheinen die Darlegungen des LG Tübingen, des VGH BaWü sowie des OVG NRW einleuchtend:

Wenn die Rundfunkanstalten von einem VwVfG ausgenommen sind, dann gilt diese Ausnahme vom VwVfG auch - und gerade - für die "Verwaltungstätigkeit" des "Beitragseinzugs".
Eine "analoge"/"entsprechende" oder gar "unmittelbare" Anwendung des jeweiligen VwVfG verbietet sich.

Die möglichen Konsequenzen davon?

Mögliche Auswirkungen auf das Erhebungs-/ Beitreibungs-/ Vollstreckungsprozedere (einschl. der derzeitigen "Amtshilfe" der Vollstreckungsstellen) einiger, in Folge ggf. sogar aller Rundfunkanstalten und schließlich mglw. weitere "Kaskadeneffekte" auf die Art und Weise der Rundfunkfinanzierung insgesamt.

Im Übrigen wäre aber noch die Entscheidung des BGH im zwischenzeitlich augenscheinlich angestoßenen Beschwerdeverfahren des SWR gegen die Entscheidung des LG Tübingen abzuwarten.

Von Interesse wären aber insbesondere auch Entscheidungen auf der verwaltungsgerichtlichen Ebene. Dies könnte - fundiert argumentiert - bereits von jetzigen und zukünftigen Klägern in ihren Verfahren vor den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten angestoßen werden.
Dann wäre irgenwann auch das BVerwG mit dieser Thematik beschäftigt... ;)


Siehe u.a. unter

LG Tübingen 16.9.2016, 5 T 232/16 spricht Klartext zum Behördenstatus des SWR
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20296.0.html

LG Tübingen 5 T 232/16 (16.09.2016) > Welche Folgen für andere Bundesländer?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20351.msg131657.html#msg131657

örR ohne Behördeneigenschaft > Was sind die möglichen Konsequenzen?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20360.msg131661.html#msg131661



All dies stellt nur eine Meinung dar.
Alle Angaben ohne Gewähr! Keine Rechtsberatung!



Hier bitte - wie überall im Forum - konzentriert und zielgerichtet am Kern-Thema dieses Threads diskutieren und nicht in ledigliche Floskeln, Unmutsbekundungen o.ä. abdriften.
Danke für das Verständnis, die Mitwirkung und Berücksichtigung.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: sommerflieder am 23. Oktober 2016, 08:15
Seit 01.05.2016 gilt in Berlin das geänderte
Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung:
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=14130.0

Zitat
(4) Das Verwaltungsverfahrensgesetz gilt nicht für die Tätigkeit des Rundfunks Berlin-Brandenburg.

... somit nunmehr kein "Sonderfall" mehr!
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Markus KA am 23. Oktober 2016, 10:50
Von Interesse wären aber insbesondere auch Entscheidungen auf der verwaltungsgerichtlichen Ebene. Dies könnte - fundiert argumentiert - bereits von jetzigen und zukünftigen Klägern in ihren Verfahren vor den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten angestoßen werden.
Dann wäre irgenwann auch das BVerwG mit dieser Thematik beschäftigt... ;)

...wird umgehend beim zuständigen VG angestoßen ;)

Man darf gespannt sein... 8)
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: pinguin am 23. Oktober 2016, 12:34
@Bürger
Zitat
Wenn die Rundfunkanstalten von einem VwVfG ausgenommen sind, dann gilt diese Ausnahme vom VwVfG auch - und gerade - für die "Verwaltungstätigkeit" des "Beitragseinzugs".
Eine "Ausnahme" gilt grundsätzlich für den ganzen Gesetzesbereich, so sie nicht explizit im selben Gesetz vom Gesetzgeber eingeschränkt wird.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: PersonX am 23. Oktober 2016, 13:20
@Bürger
Zitat
Wenn die Rundfunkanstalten von einem VwVfG ausgenommen sind, dann gilt diese Ausnahme vom VwVfG auch - und gerade - für die "Verwaltungstätigkeit" des "Beitragseinzugs".
Eine "Ausnahme" gilt grundsätzlich für den ganzen Gesetzesbereich, so sie nicht explizit im selben Gesetz vom Gesetzgeber eingeschränkt wird.

Dann dürften die Entscheidungen, welche eine Auslegung vornehmen und eine Abweichung herbei konstruieren falsch sein.

Wenn das so ist und es keine andere Möglichkeit gibt nach dem VwVfG zu handeln, dann dürften sehr viele Briefe in welchen Bezug dazu genommen wird (z.B. bei Vollstreckung) falsch sein.
Jetzt wäre zu prüfen ob außerhalb von Vollstreckung auch irgendwo Bezug auf das VwVfG genommen wird.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: TVfrei am 23. Oktober 2016, 14:10
Zitat
Wenn die Rundfunkanstalten von einem VwVfG ausgenommen sind, dann gilt diese Ausnahme vom VwVfG auch - und gerade - für die "Verwaltungstätigkeit" des "Beitragseinzugs".

Da ein Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) explizit das Verfahren der Verwaltung regeln soll, ist es derart offenkundig und klar, dass auch im Falle der Anwendung oder Nicht-Anwendung bei Rundfunkanstalten nur deren Verwaltungstätigkeit von dieser gesetzlichen Regelung betroffen sein kann.

Bei Gerichten, welche die unter Punkt 3.2 genannte Variante folgen, wäre die Eignung* der Richter zu prüfen!


*Edit "Bürger":
Wortwahl vorsorglich abgemildert.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: gerechte Lösung am 23. Oktober 2016, 19:29

- Sachsen

Zitat
[...]
11 - Der Anwendbarkeit von § 53 VwVfG steht § 2 Abs. 3 SächsVwVfG nicht entgegen, wonach das Verwaltungsverfahrensgesetz - abweichend von dem in § 1 SächsVwVfG geregelten Grundsatz der entsprechenden Anwendung - für die Tätigkeit des Mitteldeutschen Rundfunks nicht gilt. Diese Vorschrift hindert die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht, weil sie nach dem Normzweck einschränkend dahin auszulegen ist, dass sie sich auf den Kernbereich der Rundfunkfreiheit bezieht, in dem Rundfunk in Unabhängigkeit und Staatsferne gewährleistet ist, nicht aber auf Bereiche, in denen die Rundfunkanstalt - wie hier bei der Gebührenerhebung - typische Verwaltungstätigkeit ausübt. Dies hat der Senat mit Beschluss vom 22. März 2012 (3 A 28/10) bereits zu §§ 41, 48 und 49 VwVfG entschieden und hieran hält er zu § 53 VwVfG auch mit Blick auf die Rügen der Klägerin fest.
[...]

@Bürger - gute Arbeit und verständlich. Hier sieht man, wie so Vieles immer wieder verbogen wird, damit es einigen Wenigen in deren Kram passt.

"... weil sie nach dem Normzweck
einschränkend dahin
auszulegen
ist, dass sie sich auf den Kernbereich der Rundfunkfreiheit bezieht, ... "

Mr.X sieht das, wie bereits erwähnt so, dass hier lediglich vom Gericht
a) Einschränkungen gemacht werden, die so aber nicht im Gesetz zu finden sind.
b) Nach eigenem Ermessen etwas auslegen, damit es deren Vorstellungen entspricht. (Vorgabe von Oben)

Es handelt sich um die Meinung einiger Richter, was aber so im eigentlichen Gesetzestext nicht steht.
Im Gesetzestext sind keinerlei Einschränkungen eingearbeitet, wie bereits hier geschrieben wurde. Damit zählt doch das, was im Gesetzestext steht.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: cecil am 03. November 2016, 01:42
...
Von Interesse wären aber insbesondere auch Entscheidungen auf der verwaltungsgerichtlichen Ebene. Dies könnte - fundiert argumentiert - bereits von jetzigen und zukünftigen Klägern in ihren Verfahren vor den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten angestoßen werden.
Dann wäre irgenwann auch das BVerwG mit dieser Thematik beschäftigt... ;)

gefunden für Bayern:

http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2015-N-53904?hl=true

VG München, Urteil v. 29.06.2015 – M 6b K 15.2

aus dem Urteil:

Zitat
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom ... September 2014 Widerspruch, den sie im Wesentlichen damit begründete, der Beitragsservice sei nicht befugt, rechtswirksame Beitragsbescheide zu erstellen, die erlassende Behörde sei weder zu erkennen noch gebe es einen Hinweis auf die fehlende Unterschrift. Im Übrigen sei der Rundfunkbeitrag als Zwecksteuer einzustufen. Hierfür fehle den Ländern jedoch die Gesetzgebungskompetenz.
Mit Widerspruchsbescheid vom ... November 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit Schreiben vom ... Dezember 2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am ... Januar 2015, erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag,
den Beklagten zur Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom ... November 2014, eingegangen am ... November 2014, zu verurteilen.

Entscheidungsgründe:
...
Auch wesentliche Verfahrensvorschriften, auf denen der Widerspruchsbescheid beruht, sind nicht verletzt.

Eine Verletzung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist schon deshalb nicht möglich, weil das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 für die Anstalt des öffentlichen Rechts „Bayerischer Rundfunk“ nicht gilt. Darüber hinaus  [??  :o ] sind auch keinerlei Verletzungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG ersichtlich. Der Widerspruchsbescheid vom ... November 2014 lässt den Beklagten als die den Bescheid erlassende Stelle ohne weiteres erkennen. Des Weiteren trägt er die Unterschrift von zwei beauftragten Personen des Beklagten. Weitere Anforderungen an den Widerspruchsbescheid formeller Art - wie beispielsweise die Nennung der Rechtsform des Beklagten - sind rechtlich nicht erforderlich. Die ausführliche und zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung macht es den Adressaten des Bescheides ohne weiteres möglich, zu erkennen, dass als Rechtsbehelf die Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den Bayerischen Rundfunk, Rundfunkplatz 1, 80335 München erhoben werden kann.

Wie kann das sein, dass einerseits festgestellt wird, das Verwaltungsverfahrensgesetz gelte nicht für die LRA, und andererseits aber mit VwVfG und VwGO weiter argumentiert wird? Welche gesetzliche Grundlage hätte denn sonst ein Bescheid der "Behörde"... ? Wäre es nicht logischer gewesen, das Gericht hätte das Urteil zugunsten der Klägerin gesprochen?

Ich bin nicht ganz sicher, ob das hier in diesen thread gehört - bitte notfalls verschieben bzw. mir ggfs. mitteilen, wohin ich den Beitrag setzen kann - ich finde das Urteil erwähnenswert.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: boykott2015 am 03. November 2016, 11:00
NRW
Datum: 19.09.2016
Gericht: Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper: 8. Kammer
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 8 K 1897/14
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_aachen/j2016/8_K_1897_14_Urteil_20160919.html

Rz. 57
Zitat
Die Beratungspflichten des § 25 VwVfG NRW gelten für die Tätigkeit der Landesrundfunkanstalt bei der Erhebung der Rundfunkgebühren- oder -beiträge schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsverfahrensgesetz NRW nach § 2 Abs. 1 VwVfG NRW auf die Tätigkeit des Beklagten grundsätzlich nicht anwendbar ist. Lediglich einzelne Rechtsgedanken, die im Verwaltungsverfahrensgesetz zum Ausdruck kommen, sind auch auf die Tätigkeit des Beklagten anwendbar. [...]


Edit "Bürger":
Thread musste leider moderiert/ bereinigt werden von lediglichen Unmutsbekundungen, die nichts konstruktiv zum Thema beitragen.
Hier bitte - wie überall im Forum - konzentriert und zielgerichtet am Kern-Thema dieses Threads diskutieren und nicht in ledigliche Floskeln, Unmutsbekundungen o.ä. abdriften.
Danke für das Verständnis, die Mitwirkung und Berücksichtigung.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 18. November 2016, 23:55
Siehe u.a. auch neue Erkenntnisse unter
Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg135224.html#msg135224
bzgl. Gesetzeskommentar zum VwVfG
Nun ja, man(n) Frau lese dieses Urteil vom 16.12.2010 des VG SLS, AZ: 3 K 2162/09, wo zitiert wird:

Leitsätze
... ist für die Entscheidung über die Rücknahme des betreffenden Bescheides § 48 SVwVfG einschlägig, obgleich das Saarländische Verwaltungsverfahrensgesetz nach § 2 Abs. 1 SVwVfG für die Tätigkeit des Saarländischen Rundfunks nicht gilt, da der Saarländische Rundfunk - wie auch andere öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten - bei der Heranziehung der Rundfunkteilnehmer zu Rundfunkgebühren eine nicht vom Normzweck des § 2 Abs. 1 SVwVfG erfasste originäre Verwaltungstätigkeit ausübt.

Zur "Verwaltungstätigkeit", die (angeblich) nicht vom LVwVfG erfasst ist, lässt sich aber in einem Gesetzes-Kommentar zum § 2 LVwVfG Bayern etwas anderes finden. Da heißt es ausdrücklich:

Zitat
Das BayVwVfG gilt nach Art 2 Abs 1 Satz 2 nicht für die Verwaltungstätigkeit des Bayerischen Rundfunks (fett im Original).
Quelle: Giehl, VerwVerfR Bay., Kommentar, 37. Auflage, September 2015, Adolph - Rn. 15

Und weiter heißt es:

Zitat
Ausgenommen ist auch die Tätigkeit der GEZ, die als rechtlich unselbständige Einrichtung für die jeweilige Landesrundfunkanstalt in deren Namen und auf deren Rechnung handelt. Sie ist ein lediglich zur Verwaltungsvereinfachung ausgegliederter Teil der jeweiligen Rundfunkanstalt, in deren Namen sie unter anderem Bescheide zur Festzsetzung der Rundfunkgebührenschuld erstellt (BayVGH B v. 27.4.2010 - 7 B 08.2577 – DVBl. 2010, 863). Die Anstalt „Bayerischer Rundfunk“ übt nicht im typischen Sinne Verwaltungstätigkeit aus, sondern soll durch ihre Konstruktion als juristische Person des öff. Rechts ein freies und ausgewogenes Rundfunkprogramm gewährleiten (vgl. Art IIIa BV; s. auch  BayVGH U. v. 17.12.2008 – 7 BV 06.3364 – BayVBl. 2009, 575). Ähnliche die Regelung in Baden -Württemberg (s. VGH BW NVwZ-RR 2008, 751)...“

sowie auch in einer Antwort im gleichen Thread weiter unten
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg135251.html#msg135251
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: cecil am 01. Dezember 2016, 13:22
Wenn ich mich nicht irre, gehört diese Entscheidung des VG Dresden - 2 K 920/15 - vom 05.07.2016, auch dazu (Bundesland Sachsen):

Beitragsservice erklärt, Verwaltungsakte erlassen zu dürfen
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14455.msg128522.html#msg128522

Darin heißt es unter anderem:

Zitat
[I.] (S. 5 / 2. Absatz / 5. Zeile von unten:) Diese Vorschrift [§ 44 VwVfG] ist auch auf das Verwaltungsverfahren des Beklagten zumindest sinngemäß anzuwenden, auch wenn das VwVfG für die Tätigkeit des MDR nicht anwendbar ist. Das ergibt sich schon daraus, dass es sich bei dem dort [wo??] gesetzlich niedergelegten um eine allg. anerkannte Regel des Verwaltungsverfahrensrechts handelt. Die für den Beklagten geltenden besonderen Verfahrensvorschriften [??] enthalten keine anderen Regelung zur Wirksamkeit und Nichtigkeit von Verwaltungsakten.

Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: leko am 06. Dezember 2016, 12:21
Hier gibt es noch ein Urteil zu dem Thema:

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 4.11.2016, 2 S 548/16
Zitat
26    
Dem Rückgriff auf den Behördenbegriff des § 1 Abs. 2 LVwVfG steht hier nicht im Wege, dass § 2 Abs. 1 LVwVfG die Anwendung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des Südwestrundfunks ausschließt. Denn der Landesgesetzgeber hat diese Ausnahme maßgebend damit begründet (LT-Drs. 7/820, S. 68 und 69), dass die Anwendung des Gesetzes bei den Rundfunkanstalten Schwierigkeiten bereiten würde, soweit die Anstalten über Ländergrenzen hinweg tätig werden müssten; außerdem sei das Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt. Beide Begründungselemente betreffen der Sache nach nicht die Frage der Behördeneigenschaft des Beklagten. Unabhängig davon lässt sich diese Frage mit Blick auf die Regelungen in § 1 Abs. 4 VwVfG (und in entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder) aufgrund der hierzu vorliegenden Literatur und Rechtsprechung inzwischen in Form eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes beantworten. In einem solchen Fall ist ein Rückgriff auf das LVwVfG aber trotz des für die Tätigkeit des Südwestrundfunks ausgesprochenen Ausschlusses in § 2 Abs. 1 LVwVfG möglich (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.06.2008 - 2 S 1431/08 -, juris Rdnr. 6).
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: cecil am 07. Dezember 2016, 09:05
... außerdem sei das Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt...

Wieder dieser Hinweis auf spezielgesetzliche Regelung. Ich wiederhole meine (wohl nicht hier in diesem thread zu beantwortende, weil OT) Frage von oben: welche sollte das sein?
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 17. Dezember 2016, 17:11
Aus aktuellem Anlass siehe bitte auch neueren Beschluss des LG Tübingen...

LG Tübingen legt nach! Beschluss vom 09. Dezember 2016 – 5 T 280/16
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21363.0.html

...welches seine Haltung in der Sache professionell bekräftigt und argumentativ untersetzt - auch in Bezug auf eine zwischenzeitliche, nicht überzeugende Entscheidung des VGH Mannheim/ Baden-Württemberg - im Forum thematisiert u.a. unter
VGH Baden-Württemberg Urteil vom 4.11.2016 zu hoheitlicher Tätigkeit der LRA
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21313.0.html
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: LECTOR am 15. Juli 2018, 23:18
Fulminantes(?)* Urteil aus der Hansestadt Bremen - siehe unter
OVG Bremen 1 LB 55/17 20.3.18 > Mandat. Verw.-träger ohne gesetzl. Grundlage
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28102.0.html

OVG Bremen, 1 LB 55/17 vom 20.03.2018
Verletzung des Grundsatzes der Selbstorganschaft durch Mandatierung eines anderen Verwaltungsträgers ohne gesetzliche Grundlage
https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen72.c.16259.de&asl=bremen72.c.11265.de

Zitat
[...]
4. Der Anwendungsausschluss des § 2 Abs. 1 Nr. 2 BremVwVfG, wonach das BremVwVfG nicht für Radio Bremen Anwendnung findet, darf weder durch eine entsprechende Anwendung des BremVwVfG auf eine Verwaltungstätigkeit Radio Bremens noch durch eine teleologische Reduzierung der Ausschlussregelung dergestalt, dass sie nur auf die inhaltliche – journalistische – Tätigkeit Anwendung findet, umgangen werden.
[...]

Seite 9
Zitat
b) [...]
§ 46 BremVwVfG ist jedoch vorliegend nicht anwendbar. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BremVwVfG nimmt die Beklagte vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausdrücklich aus. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass die Verwaltungstätigkeit der Beklagten insgesamt, insbesondere der „Gebühreneinzug, für den es bereits Sonderregelungen im Rundfunkgebührenstaatsvertrag und in der Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung gibt“, aus dem Anwendungsbereich des BremVwVfG herausgenommen werden sollte (Brem. Bürgerschaft – Landtag – Drs. 9/313 vom 27.09.1976). Die Rechtslage ist insoweit eindeutig.
[...]
Aufgrund des klaren Wortlauts von § 2 Abs. 1 Nr. 2 BremVwVfG und der ihm zugrunde liegenden gesetzgeberischen Entscheidung kommt auch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des BremVwVfG auf eine Verwaltungstätigkeit der Beklagten nicht in Betracht. Dies gilt ebenso für eine teleologische Reduzierung der Ausschlussregelung dergestalt, dass sie nur auf die inhaltliche – journalistische – Tätigkeit der Beklagten Anwendung findet, weil eine Anwendung des BremVwVfG (nur) in diesem Tätigkeitsbereich mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit kollidieren würde (ebenso für den identischen Ausschluss in § 2 Abs. 1 LVwVfG BW in st. Rspr. VGH BW, vgl. zuletzt Urteil vom 18.10.2017 – 2 S 114/17 –, juris).


*Edit "Bürger":
Vorsorglicher Hinweis, hier im Thread
Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
bitte ausschließlich den "fulminanten"(?) Punkt bzgl. der Ausnahme aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz diskutieren.
Diskussion zum Thema "Verletzung des Grundsatzes der Selbstorganschaft durch Mandatierung eines anderen Verwaltungsträgers ohne gesetzliche Grundlage" bitte unter
OVG Bremen 1 LB 55/17 20.3.18 > Mandat. Verw.-träger ohne gesetzl. Grundlage
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28102.0.html
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: MMichael am 16. Juli 2018, 17:56
Moment mal bitte!
Was schreibt das Oberste Verwaltungsgericht in Bremen da?
(mit Verweisen auf sich selbst und das Oberste Verwaltungsgericht in Baden-Württemberg)
Zitat
§ 46 BremVwVfG ist jedoch vorliegend nicht anwendbar. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BremVwVfG nimmt die Beklagte vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausdrücklich aus. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass die Verwaltungstätigkeit der Beklagten insgesamt, insbesondere der „Gebühreneinzug, für den es bereits Sonderregelungen im Rundfunkgebührenstaatsvertrag und in der Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung gibt“, aus dem Anwendungsbereich des BremVwVfG herausgenommen werden sollte (Brem. Bürgerschaft – Landtag – Drs. 9/313 vom 27.09.1976). Die Rechtslage ist insoweit eindeutig. Darauf hat der Senat vor einiger Zeit im Hinblick auf die Frage, ob zu Lasten der Beklagten § 80 BremVwVfG, der die Erstattung von Kosten im Vorverfahren regelt, Anwendung findet, noch einmal hingewiesen (vgl. Beschluss des Senats vom 17.09.2013 – 1 S 149/13 –, Rn. 9, juris). Aufgrund des klaren Wortlauts von § 2 Abs. 1 Nr. 2 BremVwVfG und der ihm zugrunde liegenden gesetzgeberischen Entscheidung kommt auch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des BremVwVfG auf eine Verwaltungstätigkeit der Beklagten nicht in Betracht. Dies gilt ebenso für eine teleologische Reduzierung der Ausschlussregelung dergestalt, dass sie nur auf die inhaltliche – journalistische – Tätigkeit der Beklagten Anwendung findet, weil eine Anwendung des BremVwVfG (nur) in diesem Tätigkeitsbereich mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit kollidieren würde (ebenso für den identischen Ausschluss in § 2 Abs. 1 LVwVfG BW in st. Rspr. VGH BW, vgl. zuletzt Urteil vom 18.10.2017 – 2 S 114/17 –, juris).
Quelle: OBERVERWALTUNGSGERICHT DER FREIEN HANSESTADT BREMEN  Aktenzeichen 1 LB 55/17 vom 20.03.2018 https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/1_LB_55_17_Urteil_anonym_Entscheidungsmodul.6936.pdf (Hervorhebungen nicht im Orginal)

1 S 149/13 find‘ ich leider nicht veröffentlicht.

Aber BW: 2 S 114/17 zitiert auch sich selbst mit 2 S 1431/08.
Der Leitsatz von 2 S 1431/08:
Zitat
Die in § 2 Abs. 1 LVwVfG (VwVfG BW) angeordnete Nichtgeltung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des Südwestfunks betrifft auch den Bereich des Gebühreneinzugs.(Rn.5)
Quelle: http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/f3e/page/bsbawueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE080002101&doc.part=L&doc.price=0.0#rd_5 (Hervorhebung nicht im Orginal).
Und hier noch Rn 5:
Zitat
§ 80 BVwVfG ist danach nicht im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Für § 80 LVwVfG gilt das Gleiche, da § 2 Abs. 1 LVwVfG die Tätigkeit des Südwestrundfunks vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausnimmt. Die vom Kläger gewünschte teleologische Reduktion dieser Vorschrift ist nicht möglich. Die inhaltliche Tätigkeit des Rundfunks ist schon deshalb vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen, weil sie nicht auf den Erlass eines Verwaltungsakts oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags abzielt (vgl. § 9 LVwVfG). Die in § 2 Abs. 1 LVwVfG getroffene Regelung kann daher nicht oder zumindest nicht allein mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit erklärt werden. Ein entsprechender Zusammenhang wird auch in der Begründung des Entwurfs des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes nicht hergestellt. Die Nichtgeltung dieses Gesetzes auf die Tätigkeit der im Land ansässigen Rundfunkanstalten (seinerzeit: Süddeutscher Rundfunk und Südwestfunk) wird vielmehr damit gerechtfertigt, dass die Anwendung des Gesetzes Schwierigkeiten bereiten würde, soweit die Anstalten über die Landesgrenzen hinaus tätig werden müssten. Als weiterer Grund wird angeführt, dass das Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt sei (LT-Drs. 7/820, S. 69). Diese Ausführungen lassen keinen Zweifel daran, dass mit "Tätigkeit" in § 2 Abs. 1 LVwVfG nicht nur die inhaltliche Tätigkeit des Rundfunks gemeint ist, sondern auch - oder gerade - das Verfahren des Gebühreneinzugs.
Quelle: http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/f3e/page/bsbawueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE080002101&doc.part=L&doc.price=0.0#rd_5 (Hervorhebung nicht im Orginal).

Sowie aus BW 2 S 114/17 die entscheidende Rn 23
Zitat
a)   Die Vorschriften des § 41 Abs. 2 LVwVfG über den Zeitpunkt der Bekanntgabe mit Bekanntgabefiktion und Zweifelsregelung muss der Kläger allerdings nicht gegen sich gelten lassen. Sie sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da § 2 Abs. 1 LVwVfG ausdrücklich bestimmt, dass das LVwVfG „für die Tätigkeit des Südwestrundfunks nicht gilt“ (so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.06.2008 - 2 S 1431/08 -, NVwZ-RR 2008, 750, juris). Der Senat hat erwogen, diese Ausschlussregelung teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass sie nur auf die inhaltliche - journalistische - Tätigkeit des Südwestrundfunks Anwendung findet, weil eine Anwendung des LVwVfG (nur) in diesem Tätigkeitsbereich mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit kollidieren würde (so zu der mit § 2 Abs. 1 des baden-württembergischen LVwVfG gleichlautenden Vorschrift des sächs. LVwVfG: SächsOVG, Beschluss vom 16.07.2012 - 3 A 663/10 -, juris; offengelassen für das hess. LVwVfG von Hess- VGH, Beschluss vom 05.01.2016 - 10 B 2411/15 -, NVwZ-RR 2017, 76 und für das LVwVfG Sachsen-Anhalt: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.08.2015 - 4 M 103/15 -, juris Rdnr. 9). Eine solche teleologische Reduktion wäre jedenfalls sinnvoll, weil § 10 Abs. 5 RBStV dem Südwestrundfunk in Bezug auf die Festsetzung rückständiger Rundfundbeiträge zwar hoheitliche Handlungsbefugnis als Behörde einräumt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.11.2016 - 2 S 548/16 -, juris) und zudem auch die verfahrensrechtliche Zuständigkeit des Südwestrundfunks für das Festsetzungsverfahren regelt (dazu auch LT-Drs. 15/197 S. 52), im Übrigen aber nur höchst rudimentäre Bestimmungen zur Durchführung des Festsetzungsverfahrens enthält. Der Senat sieht sich an einer einschränkenden Auslegung des § 2 Abs. 1 LVwVfG aber gehindert, weil der Gesetzgeber den Begriff der „Tätigkeit des Südwestrundfunks“ bewusst weit formuliert und dabei gerade auch das Verfahren des Gebühren- bzw. Beitragseinzugs mit einbezogen hat. Dies ergibt sich eindeutig aus der Gesetzesbegründung zu § 2 LVwVfG (LT-Drs. 7/820 S. 68 und 69). Dort ist zunächst allgemein ausgeführt, dass die Vorschrift bestimmte Sachgebiete, deren Verfahrensrecht oder materielles Recht durch Sonderbestimmungen geregelt sei oder bei denen Sonderbestimmungen erforderlich seien, von der Geltung des Gesetzes ausnehme. In Bezug auf Rundfunkanstalten wird zusätzlich individuell ausgeführt, dass das „Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt“ sei und die Anwendung des LVwVfG „Schwierigkeiten bereiten würde, soweit die Anstalten über Ländergrenzen hinweg tätig werden müssten“. Der zweite Begründungteil ist angesichts der Möglichkeit, im Spezialgesetz entsprechende Zuständigkeitsregelungen zu schaffen (vgl. z.B. § 10 Abs. 5 Satz 2 RBStV) wenig einleuchtend, der erste - hier vor allem relevante - Begründungsteil sogar ausgesprochen fragwürdig, da die spezialgesetzliche Regelung zum Gebühreneinzug schon im Zeitpunkt des Inkrafttretens des LVwVfG lückenhaft war und dies nach wie vor noch ist. Angesichts dieser eindeutigen, vom Gesetzgeber bewusst getroffenen Regelung ist grundsätzlich kein Raum für eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des LVwVfG, um die Lücken zu schließen (so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.06.2008, a.a.O., ebenso für § 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen LVwVfG: OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 14.07.2010 - 16 A 49/09 -, juris Rdnr. 25ff, NWVBl 2011, 111).
Quelle: http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE170008183&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all (Hervorhebung nicht im Orginal).

 ;)
Und weil‘s so schön ist, hier nochmal Bremens OVG vom 20.03.2018: 1 LB 55/17 :
Zitat
Mit dem Ausschluss der Anwendung des BremVwVfG auf die Tätigkeit der Beklagten in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BremVwVfG hat der Gesetzgeber indes eine Entscheidung getroffen, die auch durch die Anwendung der in diesem Gesetz kodifizierten allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts nicht umgangen werden darf.
Quelle https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/1_LB_55_17_Urteil_anonym_Entscheidungsmodul.6936.pdf

Sowie der Hinweis aus Bremen auf rechtstaatlich gebotene Klarheit:
Zitat
Anhaltspunkte für eine mögliche Nichtigkeit der streitgegenständlichen Bescheide ergeben sich im Hinblick auf die Frage, ob sie die erlassende Behörde noch erkennen lassen. Diese sich aus § 44 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 37 Abs. 3 Satz 1 BremVwVfG ergebende Anforderung an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes ist rechtsstaatlich geboten und deswegen auch im Verhältnis zwischen Rundfunkteilnehmer und Rundfunkanstalt anwendbar.
Quelle https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/1_LB_55_17_Urteil_anonym_Entscheidungsmodul.6936.pdf

Was leider nicht so schön ist...  >:(
... ist Rn 26 in BW 2 S 548/16
Zitat
Dem Rückgriff auf den Behördenbegriff des § 1 Abs. 2 LVwVfG steht hier nicht im Wege, dass § 2 Abs. 1 LVwVfG die Anwendung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des Südwestrundfunks ausschließt. Denn der Landesgesetzgeber hat diese Ausnahme maßgebend damit begründet (LT-Drs. 7/820, S. 68 und 69), dass die Anwendung des Gesetzes bei den Rundfunkanstalten Schwierigkeiten bereiten würde, soweit die Anstalten über Ländergrenzen hinweg tätig werden müssten; außerdem sei das Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt. Beide Begründungselemente betreffen der Sache nach nicht die Frage der Behördeneigenschaft des Beklagten. Unabhängig davon lässt sich diese Frage mit Blick auf die Regelungen in § 1 Abs. 4 VwVfG (und in entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder) aufgrund der hierzu vorliegenden Literatur und Rechtsprechung inzwischen in Form eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes beantworten. In einem solchen Fall ist ein Rückgriff auf das LVwVfG aber trotz des für die Tätigkeit des Südwestrundfunks ausgesprochenen Ausschlusses in § 2 Abs. 1 LVwVfG möglich (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.06.2008 - 2 S 1431/08 -, juris Rdnr. 6).

Quelle: http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE160003701&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all (Hervorhebung nicht im Orginal).
 :o :( >:(

Warum das mit Rn 6 aus 2 S 1431/08 begründet wird, bleibt mir ein Rätsel
Zitat
Die zitierte Begründung ist allerdings insoweit fragwürdig, als die spezialgesetzliche Regelung über den Gebühreneinzug schon damals und auch heute noch Lücken aufweist. Das Vorhandensein einer solchen Lücke rechtfertigt es jedoch nicht, das Landesverwaltungsverfahrensgesetz unmittelbar oder entsprechend anzuwenden, um diese Lücke zu schließen. Ein Rückgriff auf das Landesverwaltungsverfahrensgesetz ist vielmehr nur insoweit möglich, als in ihm allgemeine rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze zum Ausdruck kommen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 2 Rn. 1; Meyer in Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 2 Rn. 14; Ziekow, VwVfG, § 2 Rn. 2). Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht erwogen, ob die in § 80 LVwVfG getroffene Regelung einem allgemeinen Rechtsgrundsatz entspricht; es hat die Frage jedoch ebenfalls zutreffend verneint. Der vor dem Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze teilweise vertretenen Ansicht, dass die außergerichtlichen Kosten eines Widerspruchsverfahrens in entsprechender Anwendung der Kostenvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung zu erstatten seien, wenn die Behörde dem Widerspruch abhelfe, ist der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 1.11.1965 - GrSen 2.65 - BVerwGE 22, 281; ebenso BVerwG, Urt. v. 30.8.1972 - VIII C 79.71 - BVerwGE 40, 313; Urt. v. 14.8.1972 - VI C 91.73 - Buchholz 448.0 § 19 WpflG Nr. 16) mit der Begründung entgegen getreten, es bestehe zwar eine gewisse Rechtsähnlichkeit zwischen dem Fall, in dem dem Bürger die notwendigen Kosten, die in einem Widerspruchsverfahren entstanden seien, erstattet würden, wenn die Behörde im Prozess unterliege, und dem Fall, in dem der Verwaltungsakt bereits im Widerspruchsverfahren in Erkenntnis der Rechtswidrigkeit aufgehoben werde. Ein allgemeiner Rechtssatz über die Pflicht zur Kostentragung bei Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren lasse sich jedoch nicht feststellen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Auffassung als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt (Beschl. v. 29.10.1969 - 1 BvR 65/68 - NJW 1970, 133).
Quelle: http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/f3e/page/bsbawueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE080002101&doc.part=L&doc.price=0.0#rd_6 (Hervorhebung nicht im Orginal).

Ich fasse kurz zusammen: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 2. Senat sagt
am  19.06.2008    2 S 1431/08
Zitat
Die in § 2 Abs. 1 LVwVfG (VwVfG BW) angeordnete Nichtgeltung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des Südwestfunks betrifft auch den Bereich des Gebühreneinzugs.(Rn.5)
am 18.10.2017      2 S 114/17
Zitat
Die in § 2 Abs. 1 LVwVfG (juris: VwVfG BW) angeordnete Nichtgeltung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des Südwestrundfunks betrifft auch den Bereich des Gebühren-/Beitragseinzuges. Ein Rückgriff auf das LVwVfG (juris: VwVfG BW) ist nur möglich, soweit dort allgemeine Rechtsgrundsätze oder allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts zum Ausdruck kommen (Bestätigung und Fortführung von VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.06.2008 - 2 S 1431/08 -, juris).(Rn.23)
am 04.11.2016      2 S 548/16
Zitat
Bei der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge nach § 10 Abs. 5 RBStV (juris: RdFunkBeitrStVtr BW) wird die Landesrundfunkanstalt als Verwaltungsbehörde hoheitlich tätig. (Rn.23)
[...]In einem solchen Fall ist ein Rückgriff auf das LVwVfG aber trotz des für die Tätigkeit des Südwestrundfunks ausgesprochenen Ausschlusses in § 2 Abs. 1 LVwVfG möglich 

Rätsel, Wunder, Seltsamkeiten ...
 ;)
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Profät Di Abolo am 16. Juli 2018, 20:34
Guten TagX,
rein fiktiv und Sarkasmus Modus on:

Das ist natürlich alles totaaaaaler Quatsch!
Ick der Profät und Freiherr vom Wohnen habe bei korrekter teleologischer Auslegung pfeilscharf erkannt:
Zitat
Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit, und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publico, oder einzelnen Mitgliedern desselben, bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Intendanzen der Rundfunkpolizey!
Die Befugnis zum Handeln der hoheitlichen majestätischen Intendanzen leitet sich aus dem Allgemeinem Landrecht für die Preußischen Staaten ab, Wiki, Link:

https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeines_Landrecht_f%C3%BCr_die_Preu%C3%9Fischen_Staaten

In richtiger Auslegung des § 10 des Zweiten Teils, Siebzehnter Titel, Wiki, Link:

https://de.wikipedia.org/wiki/Paragraph_10_II_17_ALR

dürfen die staatsfernen Intendanzen, ohne Berufsbeamte zu sein, natürlich AAAAAALLES!

Die Vorschrift wurde am 01.01.2013 mit Einführung des RBS TV abgelöst!!!

Nun gilt:

Behufs Deckung der Kosten für Fern- und Hörfunk, Internet, Druckwerke, Pensionen und sonstige nicht notwendige Ausgaben, dürfen die hoheitlichen Intendanzen natürlich, in beliebiger Höhe und in jeder Währung (sofern keine Bargeldzahlungen geleistet werden), alle Menschen der Erde, zu Rundfunkbeiträgen heranziehen!

Jaa, jenau so ist ditt!

Die deutsche autonome Verwaltungs - RBS TV - Gerichtsbarkeit, hat ja nun gar keine Ahnung!

|-

Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 04. Januar 2019, 19:24
Aus aktuellem und wiederkehrendem Anlasse hier ein Querverweis auf
Beweisanträge zur Vorbereitung der Verhandlung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21566.msg186304.html#msg186304

In der Verhandlung gab es Ausführungen des Gerichts, dass dies angeblich oberverwaltungsrechtlich geklärt sei, dass in Berlin die Nichtanwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes nur für den journalistischen Bereich des RBB gemeint*** sei (naja, das ist zumindest auch das, was Hahn-Binder behaupten) ...

Genau deswegen - weil in den mündlichen Verhandlung gerichtlicherseits regelmäßig die lediglichen Behauptungen der Rundfunk-Lobby wiedergekäut und die Kläger damit meist eingelullt werden - ist ein Kläger S mit seiner Klagebegründung vorgreiflich etwas genauer auf dieses Thema eingegangen und hat aufgezeigt, dass eine (wohl von der Rundfunk-Lobby ursprünglich erdichtete) restriktive Anwendung der Ausnahmeregelung des Rundfunks vom jeweiligen Landes-VwVfG weder angebracht, noch zulässig*** ist. Wem die Ausführungen genauer interessieren, gerne ab Seite 6/7 nachlesen unter
https://natuerlichzahlichnicht.blogger.de/stories/2708713/
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: querkopf am 18. September 2019, 22:30
Aufmerksam geworden durch die Diskussion unter
WDR/Stadtkasse Gladbeck Vollstreckung > Gegenwehr
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=32071.0
hier ein paar Anmerkungen speziell zum WDR und Nordrhein-Westfalen, welche in großen Teilen aber auch auf andere Bundesländer/ Landesrundfunkanstalten übertragbar sein dürften:

Nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz bedarf es für die Vollstreckung eines vollstreckbaren Titels. Die Vollstreckungsbehörde und auch der WDR behaupten, dies sei der Festsetzungsbescheid des WDR.

Dafür fehlt es jedoch an der gesetzlichen Grundlage.

Das Verwaltungsverfahrensgesetz für Nordrhein-Westfalen bestimmt in
§ 2 VwVfG NRW - Ausnahmen vom Anwendungsbereich
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=4844&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=404994
Zitat
(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und des Westdeutschen Rundfunks Köln.

Die Verwaltungsgerichte behaupten beharrlich und unter Verweis auf die Rechtsauslegung der betroffenen Rundfunkanstalten (Beck'scher Kommentar zum Rundrecht) - siehe u.a. unter
Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht - Die juristische Welt der Kommentare
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20125.0
daß dieser Anwendungsausschluß nur für die eigentliche Rundfunktätigkeit, nicht aber für die originäre Verwaltungstätigkeit des WDR, also auch den Beitragseinzug, gelten würde.

Aus Anlaß der Selbstbetroffenheit habe ich dies in den vergangenen Tagen in der Bibliothek des NRW-Landtags in Düsseldorf recherchiert.
(Exkurs: ich kann diese Bibliothek nur wärmstens empfehlen, sie ist ein schier unerschöpflicher Fundus, mit sehr freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und sogar einem hochwertigen Buchscanner für die Benutzer [USB-Stick mitbringen!] ausgestattet.)

Die Parlamentsdokumente sind mittlerweile alle über das Internet auf der Webseite des NRW-Landtags abrufbar:

Man kann problemlos nach allen NRW-Parlamentsdokumenten suchen
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Navigation_R2010/040-Dokumente-und-Recherche/020-Parlamentsdatenbank/Inhalt.jsp
Für die 1. bis 9. Wahlperiode sind die Registerbände im PDF-Format abrufbar (auf der Seite nach unten scrollen), ab der 10. Wahlperiode erfolgt dies über die Parlamentsdatenbank.

Die Dokumente können dann nach Art und Dokumentennummer auf der Seite Dokumentenabruf
https://www.landtag.nrw.de/home/dokumente_und_recherche/dokumentenabruf.html
heruntergeladen werden.

So bin ich an den Gesetzentwurf zum VwVfG NRW vom 13.10.1976, Drucksache 8/1396, gelangt.
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD08-1396.pdf [PDF, 167 Seiten, ~6,5MB]
Dort heißt es in der Begründung zum Gesetz (auf Seite 67):
Zitat
Zu § 2 - Ausnahmen vom Anwendungsbereich
Die Vorschrift nimmt bestimmte Sachgebiete vom Anwendungsbereich des Geset­zes insgesamt aus; das bedeutet, daß die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes für diesen Bereich auch dann nicht heranzuziehen sind, wenn dort keine entsprechenden verfahrensrechtlichen Vorschriften bestehen. Das schließt jedoch nicht aus, daß über die Heranziehung von allgemeinen Verfahrensgrundsätzen die in dem Gesetz verankerten Grundsätze doch zur Anwendung kommen.

Damit gibt es für einen Festsetzungsbescheid des WDR über Rundfunkbeiträge keine Verfahrensvorschriften, weder über das Rechtsmittelverfahren noch über die Vollstreckbarkeit. Da andere Vorschriften im Gesetzesrang, z. B. der RBStV oder die Satzung des WDR, ebenfalls keine Verfahrensvorschriften enthalten, gibt es keine gesetzliche Grundlage für die Annahme, bei einem Festsetzungsbescheid des WDR handele es sich um einen vollstreckbaren Titel.

Dies kann auch nicht über den Umweg des letzten Satzes des Zitats erreicht werden. Denn unter den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen sind nur diejenigen Grundsätze zu verstehen, die allen üblichen Verfahren in öffentlicher und privater Verwaltung eigen sind. Rechtsmittelverfahren und die Vollstreckbarkeit von Verwaltungsakten gehören nicht dazu.

In der Gesetzesbegründung heißt es weiter:
Zitat
Zu Absatz 1
Auch in ihrer Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts bleiben die Kirchen, die Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften Orga­nismen eigener Art, denen durch Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung eine Selbständigkeit in der Verwaltung ihrer Ange­legenheiten garantiert ist. Aus diesem Grunde sind die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes auf die Tätigkeit dieser Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie deren Verbände und Einrichtungen nicht anwendbar.

Da in Absatz 1 aber auch der WDR ausdrücklich genannt ist, müssen die obigen Ausführungen auch uneingeschränkt für die Tätigkeit des WDR gelten. Es sei angemerkt, daß in den Parlamentsdokumenten festgehalten ist, daß der Entwurf für ein Bundes-VwVfG übernommen und um landesspezifische Gegebenheiten, also hier den WDR, ergänzt wurde.

Auch die Gesetzeskommentare gehen von einem vollständigen Anwendungsausschluß für den WDR aus. (Ich habe die Kommentare zwar gescannt, aber noch nicht per OCR bearbeitet, Zitate folgen also ggf. noch). Einzig die Rechtsauslegung der Rundfunkanstalten (= Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht) ist hier naturgemäß anderer Auffassung und behauptet, daß der Bereich des Beitragseinzugs nicht davon betroffen sei.

Die Begründung des Gesetzes spricht aber eine klare Sprache und bringt den Willen des Gesetzgebers klar zum Ausdruck. Es gibt, mit Ausnahme der Korrektur durch Einfügen eines fehlenden Wortes, keine Änderung an § 2 im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens, wie überhaupt die Landtagsabgeordneten weder in den Ausschüssen noch im Plenum großartig über den Entwurf gestritten, sondern diesen nach der 2. Lesung am 15.12.1976 einstimmig verabschiedet haben (Plenarprotokoll 8/35).

Damit ist aber auch nachgewiesen, daß die diesbezügliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die ausnahmslos der Rechtsauslegung der Rundfunkanstalten folgt, keine Rechtsgrundlage hat und zumindest in der Nähe der Rechtsbeugung einzuordnen sein dürfte. Denn das Gericht darf ein Gesetz nur dann auslegen, wenn der 'Wille des Gesetzgebers nicht eindeutig ist und/ oder sich eine absichtliche oder versehentliche Regelungslücke ergibt. Wenn der Gesetzgeber aber, wie im Fall des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW, seinen Willen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dann darf das Gericht den Willen des Gesetzgebers nicht abändern. Andernfalls würde das Gericht sich nämlich in die Rolle des Gesetzgebers begeben - ein klarer Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 2 GG festgeschriebene Prinzip der Gewaltenteilung.

In allen in NRW zu betrachtenden Vollstreckungsfall (und entsprechend in allen anderen in Bundesländern mit gleichartigen Regelungen auch) mag es sinnvoll sein, die Vollstreckungsbehörde unter Verweis auf § 2 Abs. 1 VwVfG NRW und Vorlage der oben zitierten Parlamentsdokumente (ggf. nebst unmißverständlicher Erläuterungen) aufzufordern, die gesetzliche Grundlage für Annahme der Vollstreckbarkeit eines Festsetzungsbescheids über Rundfunkbeiträge nachzuweisen und andernfalls die Vollstreckung wegen fehlender gesetzlicher Grundlage ersatz- und bedingungslos einzustellen. Die Vollstreckungsbehörde wird, mangels entsprechender gesetzlicher Vorschriften, den Nachweis, daß es sich bei dem Festsetzungsbescheid des WDR um einen vollstreckbaren Titel handelt, nicht erbringen können. Sollte die Vollstreckungsbehörde sich hier noch zieren, dann könnte eine Unterlassungsklage gegen die Behörde (hier ist das VG zuständig) und der Hinweis, daß der Tatbestand des § 345 StGB (Vollstreckung gegen Unschuldige) erfüllt sein dürfte, hilfreich sein. Wenn all das nicht hilft, dann bleibt nur noch die Strafanzeige gegen die handelnden Behördenmitarbeiter, die Vorgesetzten sowie die Behördenleitung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft, und zwar unter dem dringenden Hinweis, daß Gefahr im Verzuge ist.


Edit "Büger":
Herzlichen Dank für diese gut aufbereitete Argumentation, welche der schnellen Erfassbarkeit wegen noch ein wenig formatiert und um Querverweise ergänzt wurde, nachdem sie des Themenbezugs wegen hierher ausgegliedert wurde.

Siehe ergänzend auch unter
LRA = "Tendenzbetrieb" > Art 5 GG verbietet "justizförm. Verw.-Verfahren"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27187.0.html
wo im dortigen Beitrag unter
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27187.msg187935.html#msg187935
bzgl. SächsVwVfG klargestellt ist, was auch im VwVfG NRW geregelt ist, nämlich der Anwendungsbereich des Gesetzes selbst
§ 1 VwVfG NRW - Anwendungsbereich
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=4844&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=404993

Zitat
(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.
(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
Demgemäß kann - wenn WDR aus diesem die "öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit" (und damit auch die Verwaltungs-Tätigkeit eines - insbesondere die Allgemeinheit der Wohnungsbewohnenden und nicht mehr nur den Selbstverwaltungsbereich von Anstalts- Rundfunkteilnehmern betreffenden - "Abgaben-/Beitragseinzugs") regelnden Gesetz kategorisch und ohne Einschränkung ausgenommen ist - auch keine "Behörde im Sinne dieses Gesetzes" sein, selbst wenn er entsprechend § 1 Abs. 2 VwVfG NRW eine Stelle sein mag, die - mglw. jedoch ohne wirkliche gesetzliche Grundlage - "Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt".

Dass sich die Ausnahme vom Anwendungsbereich des VwVfG nicht auf die Verwaltungstätigkeit des Beitragseinzugs, sondern auf die Rundfunktätigkeit beziehen solle, kann man nur - vorsichtig ausgedrückt - als juristische Augenwischerei bezeichnen, denn schließlich ist Anwendungsbereich des VwVfG nicht die Rundfunktätigkeit, sondern eben gerade die Verwaltungstätigkeit. Eine Ausnahme von einem Bereich (hier angeblich "Rundfunktätigkeit"), welches das Gesetz (hier "Verwaltungsgesetz" zur Regelung der "Verwaltungstätigkeit") überhaupt nicht regelt, entbehrt jeder Logik.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Besucher am 18. September 2019, 23:27
Zu dem hier Gesagten...

...
Die Begründung des Gesetzes spricht aber eine klare Sprache und bringt den Willen des Gesetzgebers klar zum Ausdruck. Es gibt, mit Ausnahme der Korrektur durch Einfügen eines fehlenden Wortes, keine Änderung an § 2 im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens, wie überhaupt die Landtagsabgeordneten weder in den Ausschüssen noch im Plenum großartig über den Entwurf gestritten, sondern diesen nach der 2. Lesung am 15.12.1976 einstimmig verabschiedet haben (Plenarprotokoll 8/35).

Damit ist aber auch nachgewiesen, daß die diesbezügliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die ausnahmslos der Rechtsauslegung der Rundfunkanstalten folgt, keine Rechtsgrundlage hat und zumindest in der Nähe der Rechtsbeugung einzuordnen sein dürfte. Denn das Gericht darf ein Gesetz nur dann auslegen, wenn der 'Wille des Gesetzgebers nicht eindeutig ist und / oder sich eine absichtliche oder versehentliche Regelungslücke ergibt. Wenn der Gesetzgeber aber, wie im Fall des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW, seinen Willen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dann darf das Gericht den Willen des Gesetzgebers nicht abändern. Andernfalls würde das Gericht sich nämlich in die Rolle des Gesetzgebers begeben - ein klarer Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 2 GG festgeschriebene Prinzip der Gewaltenteilung.
...

...sei ergänzend folgendes  angefügt, & zwar:
Zitat
3. Richterliche Rechtsfortbildung darf den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen.

Es handelt sich dabei um den Leitsatz 3 des Urteils zum Verfahren 1 BvL 7 / 14 von 2018 zum Thema "Kettenarbeitsverträge":
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 06. Juni 2018
- 1 BvL 7/14 -, Rn. (1-90),

http://www.bverfg.de/e/ls20180606_1bvl000714.html

Ob das i. S. "Rundfunkbeitrag" aber auch nur von irgendeiner Instanz beachtet wird, ist angesichts der mttlw.  i. S. "Rundfunkbeitrag" offensichtlichen Gültigkeit "Politischen Rechts"  selbst auf der Eben des Bundesverfassungsgerichts sicherlich absolut zweifelhaft. Denn m Zweifel nehmen die Herrschaften Verfassungsbeschwerden ja einfach unbegründet nicht an, die ihnen bzw. der politischen Elite dieses Landes nicht in den Kram passen (wie damals schon Mitte der 1990er bei den Berufsverbotsverfahren, und jetzt auch wieder). Und Rechtsbeugung ist in diesem Land nur auf dem Papier strafbar.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 20. September 2019, 08:33
Und nicht vergessen, den Beckschen Kommentar als Parteivortrag zu werten, da er überwiegend von aktiven oder ehemaligen Mitarbeitern des ÖRR erstellt wurde.
Mir war gar nicht bewußt, daß der Beck doch nur ein einsamer Rufer in der Wüste ist.
Respekt für Deine Arbeit!
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: marga am 20. September 2019, 10:15
(...)
Damit ist aber auch nachgewiesen, daß die diesbezügliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die ausnahmslos der Rechtsauslegung der Rundfunkanstalten folgt, keine Rechtsgrundlage hat und zumindest in der Nähe der Rechtsbeugung einzuordnen sein dürfte. Denn das Gericht darf ein Gesetz nur dann auslegen, wenn der 'Wille des Gesetzgebers nicht eindeutig ist und/ oder sich eine absichtliche oder versehentliche Regelungslücke ergibt. Wenn der Gesetzgeber aber, wie im Fall des § 2 Abs. 1 VwVfG NRW, seinen Willen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dann darf das Gericht den Willen des Gesetzgebers nicht abändern. Andernfalls würde das Gericht sich nämlich in die Rolle des Gesetzgebers begeben - ein klarer Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 2 GG festgeschriebene Prinzip der Gewaltenteilung.
(...)

Der Wille des Gesetzgebers  interessiert die Deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit überhaupt nicht, was den  RBStV angeht.

Die Richter und das gesamte politische Umfeld der Deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit sind infiltriert bezüglich des Zwangs-Staatsrundfunks.

Hier der Beweis dazu, der weil nach den Ausführungen von user @querkopf, dieser die juristische unanfechtbare Sachlage exakt definiert hat.  >:D

Zitat Ausschnitte aus dem Urteil AZ. 6 K 2061/15, welches nicht veröffentlicht wurde.

Zitat
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft, da es sich bei den angegriffenen Bescheiden um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 SVwVfG handelt. Insbesondere ist der Beklagte eine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SVwVfG.
Bei dem Beklagten handelt es sich um eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die durch ihre Organe handelt und aufgrund der ihr durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bzw. das hierzu ergangene Zustimmungsgesetz des Saarländischen Gesetzgebers zugewiesenen Kompetenzen befugt ist, rückständige Rundfunkbeiträge festzusetzen (vgl. § 10 Abs. 5 RBStV).

Die Frage, ob der Beklagte „als Behörde" gehandelt hat oder nicht, lässt sich im Ausgangspunkt nicht einfach nach einem abstrakt zugrunde gelegten Behördenbegriff beantworten. Für die rechtliche Einordnung kommt es zunächst einmal darauf an, ob der Beklagte im konkreten Fall - hier bei der Festsetzung von Rundfunkbeiträgen - öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich gehandelt hat.

Der Umstand, dass die Tätigkeit des Beklagten als Rundfunkanstalt insgesamt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine „Aufgabe der öffentlichen Verwaltung“ darstellt, hat hierfür nur indizielle Bedeutung.
Denn für die maßgebliche Abgrenzung ist hiermit noch nicht viel gewonnen, weil eine öffentliche Aufgabe auch in privatrechtlichen Handlungsformen erfüllt werden kann.

Maßgeblich kommt es daher darauf an, ob das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten - hier dem Beklagten und dem Kläger als Beitragsschuldner - öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist, m.a.W. seine Grundlage im öffentlichen Recht hat. Dies ist der Fall, wenn die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt besonderer, nicht für jedermann geltender, sondern ihn einseitig berechtigender Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Beklagte aufgrund der ihn als Anstalt öffentlichen Rechts einseitig berechtigenden Befugnis zur Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge (§ 10 Abs. 5 RBStV) gehandelt hat, welche ihm eine öffentlich-rechtliche Handlungsbefugnis dahingehend einräumt, sich der Handlungsform eines Verwaltungsaktes zu bedienen.

Dementsprechend weisen die streitgegenständlichen Bescheide - trotz ihrer „kundenfreundlichen“ Formulierungsanteile - auch formal alle Kennzeichen eines Verwaltungsakts auf:
Sie werden als Bescheide bezeichnet, enthalten eine Rechtsmittelbelehrung und setzen den rückständigen Betrag einseitig gegenüber dem Kläger als Beitragsschuldner fest.

Da der Beklagte bei dem Erlass der Festsetzungsbescheide ,wie bereits ausgeführt, öffentlich-rechtlich gehandelt und sich hierbei der Handlungsform des Verwaltungsakts bedient hat, ist auch eine „Verwaltungstätigkeit einer Behörde“ im Sinne des § 1 Abs. 1 SVwVfG anzunehmen.
Nach §1 Abs. 2 SVwVfG ist „Behörde“ jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt
.

Dabei legt das Saarländische Verwaltungsverfahrensgesetz keinen organisationsrechtlichen, auf die Bezeichnung der handelnden Stelle abstellenden Behördenbegriff zugrunde, sondern versteht den Behördenbegriff funktionell in dem Sinne, dass „Behörde“ alle mit hinreichender organisatorischer Selbständigkeit ausgestatteten Einrichtungen sind, denen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und entsprechende Zuständigkeiten zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung nach außen übertragen sind.
 
Soweit für den Begriff der funktionellen Behörde eine gewisse organisatorische Selbständigkeit der handelnden Stelle verlangt wird, liegt diese beim Beklagten ersichtlich vor.

Dem Rückgriff auf den Behördenbegriff des § 1 Abs. 2 SVwVfG steht hier nicht im Wege, dass § 2 Abs. 1 SVwVfG die Anwendung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des beklagten Rundfunks ausschließt.  :o :o :o

Denn die Anwendung des Gesetzes würde bei den Rundfunkanstalten Schwierigkeiten bereiten, soweit die Anstalten über Ländergrenzen hinweg tätig werden müssten; außerdem ist das Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt.

Beide Begründungselemente betreffen der Sache nach nicht die Frage der Behördeneigenschaft des Beklagten.
Unabhängig davon lässt sich diese Frage mit Blick auf die Regelungen in § 1 Abs. 4 VwVfG (und in entsprechenden Vorschriften der Vewaltungsverfahrensgesetze der Länder) aufgrund der hierzu vorliegenden Literatur und Rechtsprechung inzwischen in Form eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes beantworten.


ln einem solchen Fall ist ein Rückgriff auf das Saarländische Verwaltunqsverfahrensgesetzes aber trotz des für die Tätigkeit des Beklagten ausgesprochenen Ausschlusses in § 2 Abs. 1 SVwVfG möglich.

Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Hier in diesem Auszug des Zitates vom rechtsbeugenden Urteil AZ: 6 K 2061/15 werden die Ausführungen von user @querkopf nochmal ad absurdum geführt.  :o
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: HÖRby am 30. Oktober 2019, 23:25
Bayerischer Landtag - 8. Wahlperiode zu Drucksache 8/3551 vom 13.10.1976, im Attachment

Erst mal zu Seite 6:
Zitat
Art. 2
Ausnahmen vom Anwendungsbereich
[...]
(2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für
[...]
7. Verfahren der Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk’“ nach rundfunkrechtlichen Vorschriften.

Das ist heute ein inhaltsgleicher Text:
Art. 2 BayVwVfG - Ausnahmen vom Anwendungsbereich
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVwVfG-2
Zitat
(1) [...]. ²Das Gesetz gilt auch nicht für die Anstalt des öffentlichen Rechts „Bayerischer Rundfunk’“.

Die „rundfunkrechtlichen Vorschriften“ geistern heute noch -freiinterpretiert- als „jounalistische Tätigkeiten“ herum. Eine „jounalistische Tätigkeit“ ist tatsächlich vom Verwaltungsrecht ausgenommen, nur mal so als Bundesbeispiel :
Zitat
§ 48 Melderegisterauskunft für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten
Soweit öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten publizistisch tätig sind, sind sie keine öffentlichen Stellen im Sinne dieses Gesetzes.
(https://www.gesetze-im-internet.de/bmg/BJNR108410013.html)

Ansonsten bedienen sich die LRAs ganz ungeniert der Verwaltungsgerichtsbarkeit.


Weiter auf Seite 29f , das ist der wichtigste Teil.
Die Kommentierung gibt uns Aufklärung (bei querkopf ist das Seite 67):
Zitat
Erster Teil
Anwendungsbereich, örtliche Zuständigkeit, Amtshilfe
[...]
Zu Art. 2 - Ausnahmen vom Anwendungsbereich
[...]
Art. 2 nimmt bestimmte Bereiche von der Anwendung des Gesetzes [...] aus.
[...]
2. Absatz 2 enthält verschiedene Sachgebiete, auf die das Gesetz keine Anwendung finden soll.
[...]
g) Die Anstalt „Bayerischer Rundfunk" übt nicht im typischen Sinne Verwaltungstätigkeit aus, sondern soll durch ihre Konstruktion als juristische Person des öffentlichen Rechts ein freies und ausgewogenes Rundfunkprogramm gewährleisten (vgl. Art. 111 a der Bayerischen Verfassung). Nach Nummer 7, die wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder für das Rundfunkwesen keine Entsprechung im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes hat, soll daher das BayVwVfG nicht für die Verwaltungstätigkeit des Bayerischen Rundfunks gelten.

Die ganzen Landes-VwVfgs sind gegeneinander austauschbar (...und sollen das auch sein), dazu die

Präambel, Seite 1:
Zitat
B) Lösung

Mit dem vorliegenden Entwurf eines Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes wird erreicht, daß für den Vollzug von Bundes- und Landesrecht in Zukunft für die bayerischen Behörden nur e i n Verfahrensgesetz gilt. Zur Wahrung der Rechtseinheit im Bundesgebiet erscheint es geboten, die Regelungen im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes, das eine ausgewogene Lösung darstellt, möglichst inhaltsgleich zu übernehmen. [...]

Will heißen: Die LandesVwVfGs können sich im Text voneinander abheben, müssen aber identischen Wesensgehalt haben, weil „nur e i n Verfahrensgesetz gilt“. Mit eben der Harmonisierung (1976) ist ein einziger Gesetzeskanon für alle Länder zu bewahren.

Nochmal in die Präambel,
Zitat
A) Problem
[...]
Es wurde am 25. Mai 1976 im Bundesgesetzblatt ll S. 1253) verkündet und tritt am 1. Januar 1977 in Kraft.

Ich habe mir dann auch mal das BGBl von 1976 angeschaut, hier Seite 3, im Attachemnt:
(https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl176s1253.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl176s1253.pdf%27%5D__1572344295664 (https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl176s1253.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl176s1253.pdf%27%5D__1572344295664))

Gleich vorneweg: ?? Wo steht hier was von Rundfunk ??

Zitat
Teil 1
Anwendungsbereich, örtliche Zuständigkeit, Amtshilfe

[...]

§ 2, Ausnahmen vom Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, [...].

(2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für

   1. Verfahren der Bundes- oder Landesfinanzbehörden [...],
   2. die Strafverfolgung, [...],
   3. Verfahren vor dem Deutschen Patentamt [...],
   4. die in § 51 des Sozialgerichtsgesetzes [...],
   5. das Recht des Lastenausgleichs,
   6. das Recht der Wiedergutmachung.

(3) Für die Tätigkeit

   1. der Gerichtsverwaltungen [...];
   2. der Behörden bei Leistungs-, [...];
   3. der Vertretungen des Bundes [...] gilt dieses Gesetz nicht;
   4. der Behörden der Deutschen Bundespost [...] gilt dieses Gesetz nicht.

Wir schauen nach oben:
Zitat
[...], wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder für das Rundfunkwesen [hat es] keine Entsprechung im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes [...].

Das ist ein Bundesgesetz und die LRAs sind da schlicht und einfach nicht drin!
Bundes-VwVfG und Landes-VwVfG sind also verschieden.

Das heißt jedoch nicht, daß die Länder keine LRAs haben:

§2 Abs. 1 VwVfG.NW
Zitat
Dieses Gesetz gilt nicht für [...] Einrichtungen des Westdeutschten Rundfunks"

Art. 2 Abs. 2 Nummer 7, BayVwVfG
Zitat
[...] das BayVwVfG [soll] nicht für die Verwaltungstätigkeit des Bayerischen Rundfunks gelten.

Wo wird dieser eindeutige Auftrag des Normgebers nun ausgehebelt?

ErrataZ:

BayVwVfG 1976: Hier ist @querkopf für die Bazis geklont:

Das Teil BayVwVfG-1976 bekommt man so nicht, das muß man im Maximilianeum (=Landesparlament, Mchn) nachfragen und darum nachsuchen, es wird gerne geholfen, das Archiv ist schier unendlich, die Eckdaten von @querkopf wurden zur Lösung, auf diesen Trichter wäre ich NIE gekommen, also im Attachment)

@me: „rundfunkrechtlichen Vorschriften“ sind für mich kein justiziabler Begriff, erinnert eher mich an die unspezifizierte „Spezialgesetzlichkeit“ - siehe u.a. unter
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg wird als Behörde bezeichnet
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25656.msg162498.html#msg162498

Ich möchte jetzt schon mal den "Beck'schen Kommentar zum Rundfunkrecht" disponieren:
Zwei Kommastellen nach links ist dann die Antiquariat-Quotierung: 2€69/kg
Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht - Die juristische Welt der Kommentare
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20125.0

Der nächste GV gehört MIR!
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: pinguin am 31. Oktober 2019, 22:13
@me: „rundfunkrechtlichen Vorschriften“ sind für mich kein justiziabler Begriff,
Das scheint insofern egal, da sie sich kraft Rn. 169 der  1. Rundfunkentscheidung nicht über den bundesrechtlichen Rahmen hinaus ausdehnen dürfen; das Problem ist eher gerade die Mißachtung dieses Rahmens des Bundes.

Und das wiederum ist nicht nur eine Sache des Rundfunks, denn wir haben bei Nichteinhaltung gerade auch dieser 1. BVerfG-Rundfunkentscheidungung eine Mißachtung der verfassungsgemäßen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auch, weil das BVerfG selbst ein Verfassungsorgan des Bundes ist.

Irgendwann ist das BVerfG selbst evtl. hilflos, wenn es nicht mal dazwischen krätscht und die Nichteinhaltung seiner Entscheidungen mit Bußgeld belegt, wie es der EuGH auch tut; evtl. sogar nach dem gleichen Modell.

Zitat
erinnert eher mich an die unspezifizierte „Spezialgesetzlichkeit“ - siehe u.a. unter
die es hier ja aber gar nicht hat, weil

Zitat
Rn. 138
Zitat
Zu den auch von den Ländern zu beachtenden rechtsstaatlichen Grundsätzen zählt es jedenfalls, daß belastende Staatsakte einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und daß dabei die wesentlichen Entscheidungen vom Parlament selbst zu treffen sind. [...]

BVerfGE 90, 60 - 8. Rundfunkentscheidung -> Belastender Staatsakt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=31624.0

Die Parlamente der Länder Brandenburg und Berlin haben dem RBB eben nun gerade keine hoheitliche Befugnis verliehen, denn derartiges müsste bereits im Staatsvertrag zur Gründung des RBB stehen.

Zumal sich ja auch das BVerfG bereits dazu äußerte, was eine Behörde sein darf.

Zitat
Zitat
    Unter einer Behörde versteht man im allgemeinen eine in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln, die mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder von ihm geförderter Zwecke tätig zu sein. Die Stiftung "Preußischer Kulturbesitz" hat zwar als ein einheitliches Ganzes ein leitendes Organ, den Stiftungsrat, und einen von diesem abhängigen Beamtenkörper. Die einzelnen Abteilungen haben auch eine gewisse Selbständigkeit insofern, als ihnen mit Zustimmung des Stiftungsrates und auf Weisung des Kurators bestimmte Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen werden können. Diese interne Aufteilung in verschiedene gleichrangige Abteilungen führt aber nicht zu einer hierarchisch aufgebauten Behördenorganisation. Insbesondere fehlt die Möglichkeit, die Akte der Abteilungen in einem förmlichen Instanzenzug anzufechten. Auch erstreckt sich die Tätigkeit der Stiftung und ihrer Abteilungen auf das ganze Bundesgebiet. Die Abteilungen sind also nicht - wie dies bei bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden der Fall ist in ihrer Zuständigkeit regional beschränkt.

Urteil des Zweiten Senats vom 14. Juli 1959
-- 2 BvF 1/58 --

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv010020.html

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg wird als Behörde bezeichnet
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25656.msg162495.html#msg162495

Nochmals als Hervorhebung:

Zitat
Insbesondere fehlt die Möglichkeit, die Akte der Abteilungen in einem förmlichen Instanzenzug anzufechten.

Eine Behörde kennzeichnet also, daß jede einzelne Abteilung via förmlichen Instanzenweg verklagt werden kann.

Und nun verklage mal den BS, der lt. der Staatsverträge ja Teil der LRA ist, also eine Abteilung der LRA. Will die LRA Behörde sein, müsste sie nicht nur in die Staatorganisation integriert sein, sondern der BS auch separat verklagt werden können, was der Gesetzgeber aber dadurch nicht zugelassen hat, als daß der BS als nicht-rechtsfähig deklariert wurde.

Übrigens läßt ja schon der EGMR nicht zu, daß eine Rundfunkanstalt als zum Staat zugehörig zu betrachten sei; Rechtssache Case of Östereichischer Rundfunk vs. Austria.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: hulk02 am 08. Januar 2020, 19:41
Inhaltlich kann ich hierzu gerade nichts sagen, aber ich möchte ein großes Lob für @querkopf aussprechen.
Ich bin ein Laie und habe von den rechtlichen Thematiken wenig Ahnung. Auch fällt es mir schwer Beiträge hier nachzuvollziehen.

Aber dein obiger Post
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.msg197664.html#msg197664
war verständlich und sehr hilfreich für mich.

Vielen lieben Dank!!!
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: Bürger am 26. Januar 2020, 20:54
Aus aktuellem und sich wiederholendem Anlass der Weigerung der Landesrundfunkanstalten, Rechtsgrundsätze des VwVfG anzuwenden im Zusammenhang mit
Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG [Diskussion]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32126.msg202877.html#msg202877
Wenn das LVwVfG auf den SWR nicht anwendbar ist, kann der SWR auf so einen Antrag doch nicht so richtig mit einem Bescheid antworten, sondern müsste sagen, dass er schlicht nicht zuständig ist.  :o 
[...]
II Allgemeine Rechtsgrundsätze S. 23:
Zitat
Beispiele für nur unter Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze lösbare Fragen (bei Fehlen ausdrücklicher Regelungen im geschriebenen Recht, insbes. im VwVfG):
Welche Rechte hat der Bürger im Verwaltungsverfahren gegenüber der Verwaltung (soweit nicht in VwVfG geregelt)
[...]
https://www.uni-speyer.de/files/de/Lehrst%c3%bchle/Stelkens/Lehrveranstaltungen/Einf%c3%bchrung%20Verwaltungsrecht/3_Rechtsquellen.pdf (https://www.uni-speyer.de/files/de/Lehrst%c3%bchle/Stelkens/Lehrveranstaltungen/Einf%c3%bchrung%20Verwaltungsrecht/3_Rechtsquellen.pdf)
Die Auszüge aus aus o.g. Publikation könnten die Frage aufwerfen, ob bei einer - wie für die meisten Landesrundfunkanstalten festgelegten - kategorischen/ uneingeschränkten Ausnahme aus dem die nach außen gerichtete "öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit" regelnden Anwendungsbereich des VwVfG überhaupt "allgemeine Rechtsgrundsätze" bzw. "Grundsätze des Verwaltungsrechts" angewendet werden dürften, denn es ist ja nicht so, dass die uns alle beschäftigenden Fragen im VwVfG nicht oder nicht ausreichend geregelt seien, sondern deren Anwendung wurde für die meisten Landesrundfunkanstalten kategorisch ausgeschlossen.
Da kann man doch nicht quasi hintenherum wieder allgemeine Grundsätze des Verwaltunsrechts oder gar spezielle Regelungen des VwVfG quasi durch die Hintertür und nach Gutdünken (bzw. Willkür) doch wieder anwenden - oder nur Teile davon, andere wiederum nicht.

[...]
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: mullhorst am 02. Februar 2020, 20:11
Hier Ausschnitt des Urteils VG Saarland AZ: 6 K 838/18 vom 16.01.2020 zum Thema

Zitat
Anders als der Kläger meint, handelt es sich beim saarländischen Rundfunk greade nicht um ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit langem geklärt, dass sich die Tätigkeit der Rundfunkanstalten im öffentlich rechtlichen Bereich vollzieht, die Rundfunkanstalten in öffentlicher Verantwortung stehen und Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Hieran haben weder die technische Entwicklung, die das sog. duale Rundfunksystem ermöglicht hat, noch die modernen Informationstechnologien im Grundsatz etwas geändert. Demzufolge ist gegen die Befugnis des Beklagten, sich der Beitreibung der Rundfunkbeiträge der öffentlich-rechtlichen Handlungsform des Verwaltungsaktes zu bedienen, nichts zu erinnern. Da der Rundfunk gerade kein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, ist nicht erkennbar, dass der vom Kläger herangezogenen Rechtsprechung des europäischen Gerichtshof, nach der Unternehmen keine hoheitlichen Befugnisse haben dürfen, im gegebenen Zusammenhang eine rechtliche Bedeutung zukommt. Im Gegenteil hat der europäische Gerichtshof die hoheitlichen Vorrechte, die die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender im Bereich der Beitreibung der Rundfunkabgaben genießen, als ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag bezeichnet. Vgl. EuGH Urteil v. 13.12.2018 C-492/17  RZ 72 zitiert nach juris

Da sich die Rechtsgrundlage zum Erlass von Leistungsbescheiden aus dem RBStV selbst ergibt, kommt auch der vom Kläger des weiteren aufgeworfenen Frage, ob und inwieweit das saarl. VerwVfG auf den Beklagten Anwendung findet, vorliegend keine Bedeutung zu.
OVG Saarland Beschluss v 21.11.2016 1D 291/16 zitiert nach Juris, wonach zur Gewährleistung rechtsstaatlicher Verfahren eine Bindung der Rundfunkanstalten an allgemeine Rechtsgrundsätze des VerwVfG bejaht werden muß.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: noGez99 am 02. Februar 2020, 21:09
Da der Richter selbst den EuGH zitiert:

Nach Europäische Charta Artikel 11 – Freiheit der Meinungsäußerung:
Zitat
    [...] ohne behördliche Ein­griffe [...]
https://dejure.org/gesetze/GRCh/11.html

Darf die LRA zwar einen Festsetzungsbescheid erstellen, aber kein Leistungsgebot aussprechen.
Deshalb ist wahrscheinlich auch im RBSTV ausdrücklich von "Festsetzungsbescheid" die Rede.
Den darf man durchaus in die Zwangsvollstreckung geben, da aber keine Leistungsgebot vorhanden ist, bzw. dieses
europarechtlich unzulässig ist, liegen die Vorraussezungen zur ZV nicht vor.

Siehe auch
Die ZV ist ein behördlicher Eingriff in meine garantierte Meinunungsfreiheit, da behördlich ein Medienbeitrag eingetrieben wird - siehe u.a. unter
SWR Zwangsvollstreckung nach Urteil 1. Instanz > Gegenwehr
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32483.msg199733.html#msg199733

Ein Tübinger Urteil beschäftigt sich auch damit, dass die Vorraussetzungen zur ZV nicht gegeben sind:
Beschluss 5 T 127/18, LG Tübingen, 07.05.2019 - Vollstreckungvoraussetzungen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=31919.0

Aber was nicht sein darf, da wird eine Begründung gezimmert dass sich die Balken biegen. Sieht man ja auch am Bargeldurteil der unteren Instanzen. Da wird einfach das Bundesbankgesetz ignoriert.
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: HÖRby am 06. Juli 2020, 14:06
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 8. Wahlperiode Drucksache 8/1933, im Attachment

Der kommentierte Gesetzentwurf ist eine Vollregelung (Seite 1) von 1976 (!) mit dem höchst wichtigen Teil "II. Einzelbegründung", Seite 24.
-------------
§ 2 Ausnahmen vom Anwendungsbereich (Seite 5)
Zitat
(1) Dleses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen. Es gilt auch nicht für die Tätigkeit des Norddeutschen Rundfunks.
[...]
-------------
Zu § 2 - Ausnahmen vom Anwendungsbereich
Zitat
Begründung
I. Allgemeiner Teil (Seite 23)

[...]

II. Einzelbegründung (Seite 24)
[...]

Zu Absatz I (Seite 25)
[...]

Zitat
Satz 2 nimmt den Norddeutschen Rundfunk wegen der grundgesetzlich garantierten Staatsfreiheit des Rundfunks von der Geltung des Gesetzes aus. Die Bundesländer stimmen darin hinsichtlich der Landesrundfunkanstalten überein. Sie gehen im übrigen davon aus, daß die Rundfunkanstalten auch weiterhin die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts und des Verwaltungsverfahrensrechts anwenden.

[...]

-------------

Das HmVwVfG-Gesetz gilt nicht im Außenverhältnis zum Bürger. Wie die LRA (hier NDRangheta) intern ihre Angelegenheiten auskasperlt hat keine Bindungswirkung für den Bürger.

-------------

Von unserem unermüdlich präsenten Moderator Bürger vom 03. April 2016:

Fragen zum BS, Hamburg & NDR in Bezug auf Anwendbarkeit HmbVwVfG/ HmbVwV
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17273.msg119068.html#msg119068
Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13827.msg118426.html#msg118426
Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg116281.html#msg116281
Die "Ausnahme" im VwVfG-NRW (wie auch in allen(?) anderen LANDes-VwVfG:wird von den Gerichten regelmäßig dahingehend ausgelegt, dass sich diese Ausnahme NUR(!)
[...] auf den KERNbereich der RUNDFUNKFREIHEIT bezieht, in dem Rundfunk in Unabhängigkeit und Staatsfeme gewährleistet ist, NICHT aber auf Bereiche, in denen die Rundfunkanstalt - wie hier bei der Beitragserhebung - typische VERWALTUNGstätigkeit ausübt [...]
-------------

Und es ist immer nur dasselbe Mantra, aus der deutschen Rechtssprechung ist eine Rechtssetzung geworden, ist keine Rechtsfindung mehr und die Rechtssetzung ist politsch begründet und hat mit der Unabhängigkeit von Richtern nichts mehr zu tun, hier hinlänglichst auch schon breitgetreten:

EuGH zur Unabhängigkeit der deutschen Staatsanwaltschaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=31158.0
Zitat
Rn90:
"[...], dass der Begriff „ausstellende Justizbehörde“ [...] dahin auszulegen ist, dass darunter nicht die Staatsanwaltschaften eines Mitgliedstaats fallen, die [...] unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive, etwa eines Justizministers, unterworfen [sind]."
http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?docid=214466&text=&dir=&doclang=DE&part=1&occ=first&mode=DOC&pageIndex=0&cid=1546476

Das gilt für Richter sinngemäß.

-------------

Forumsbeiträge hats bereits aus 2016:

..mit sehr vielen Verlinkungen, eine Fundgrube:

Fragen zum BS, Hamburg & NDR in Bezug auf Anwendbarkeit HmbVwVfG/ HmbVwV
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=17273.0

Z.B. hier

Hamburgische Verwaltungsverfahrensgesetz (HmbVwVfG)
http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&st=null&doc.id=jlr-VwVfGHArahmen&doc.part=X&doc.origin=bs
http://www.hamburg.de/contentblob/144286/data/hamburgisches-verwaltungsverfahrensgesetz.pdf (PDF-Version)

Hamburgisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (HmbVwVG)
http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&st=null&doc.id=jlr-VwVGHA2013rahmen&doc.part=X&doc.origin=bs

Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13827.msg118426.html#msg118426
Die "Geltung des Gesetzes" ist die Reichweite : Wie die (LRA) intern ihre Angelegenheiten auskasperlt hat keine Bindungswirkung für den Bürger.

-------------

Auch:

Nachfrage beim NDR wegen dessen Ausnahme vom VwVfG/ HmbVwVfG
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=21116.0
Titel: Re: Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
Beitrag von: HÖRby am 09. Juli 2020, 13:23
Entwurf eines Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Nds. VwVfG), 8. Wahlperiode, Ds 8/1909 vom 10.09.1976

Die Niedersachsen haben in Sachen Rundfunk (§2: Seite 2, 6) gar nichts zustande gebracht, und überhaupt ist der Gesetzentwurf mit acht Seiten sehr übersichtlich.

Mit dem Nds.VwVfG und seinen Einzelbegründungen haben die sich die Sache sehr einfach gemacht und bei Bedarf auf den Bund verwiesen, eg. Seite 6, "Zu $2":

Zitat
Die Vorschrift regelt die Ausnahmen vom Anwendungsbereich in Anlehnung an das Bundesgesetz. Dabei sind die Vorschriften des §2 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Nrn. 3 und 4 VwVfG nicht zu übernehmen, weil sie ausschließlich für die Bundesverwaltung gelten.

Eine im Ganzen schlampige Arbeit, das sieht bei den Rheinländern (VwVfG. NW., 167 Seiten) und den Hamburgern (HmVwVfG, 96 Seiten) schon etwas anders aus, hier auf Seite 1:

"Für diesen Gesetzentwurf ist [...] die Form der Vollregelung statt eines Verweisungsgesetzes gewählt worden."

Außerdem waren die wohl etwas in Zeitnot: Vorlage 27.09.'76 (letzte, 8te Seite), Beratung 20.10.'76, Termin 01.01.'77 und im Dezember läuft bekanntlich nichts:
Zitat
Das Niedersächsische Verwaltungsverfahrensgesetz soll zeitgleich mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes am 1. Januar 1977 in Kraft treten.

[...]

Das ist aber nur zu erreichen, wenn die Gesetzesvorlage noch in diesem Jahr in zweiter und dritter Beratung behandelt [...] wird. [...], beantrage ich daher, von der Möglichkeit des § 24 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages Gebrauch zu machen.

Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages:
§ 24, Anzahl der Beratungen
(1) [...]
(2) 1Die Präsidentin oder der Präsident überweist einen Gesetzentwurf auf Antrag derjenigen, die ihn eingebracht haben, sogleich an einen Ausschuss.
2Dann unterbleibt die erste Beratung. 3§ 27 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
(https://www.landtag-niedersachsen.de/ltnds/download/9/GO_LT__2_.pdf)