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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Vollstreckungen von Rundfunkbeiträgen (nach Bundesländern sortiert) => Thema gestartet von: derEuroRetter am 12. April 2015, 16:58

Titel: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: derEuroRetter am 12. April 2015, 16:58
Hallo Leute,

Problematik die sich in den meisten Bundesländern ergibt:

Ein Festsetzungsbescheid stellt einen Verwaltungsakt dar. In den meisten Bundesländern gelten landeseigene Verwaltungsverfahrensgesetze, die den Verwaltungsakt beschreiben und legaldefinieren
http://de.wikipedia.org/wiki/Verwaltungsakt_%28Deutschland%29

z.B. Saarland
Zitat
§ 2 Ausnahmen vom Anwendungsbereich:
Absatz 1: "Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und des Saarländischen Rundfunks."
http://www.sadaba.de/GSLT_SVwVfG_01_08.html

Das bedeutet allerdings, das die meisten ÖR Anstalten keine Verwaltungsakte tätigen dürfen.

Ebenfalls ausgenommen ist zB
Sachsen-Anhalt §2 Absatz 1
Thüringen§2 Absatz 1
Rheinland-Pfalz§1 Absatz 2
Hessen§2 Absatz 1
Baden-Württemberg§2 Absatz 1

usw.

Bitte lest die entsprechenden Landes-Verwaltungsverfahrensgesetze, ob die Rundfunkanstalten dort Verwatungsakte tätigen dürften:
http://www.saarheim.de/Gesetze_Laender/vwvfg_laender.htm


Gruß
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: Bürger am 12. April 2015, 20:31
...ganz so einfach ist es denn wohl doch nicht ;)

Siehe bitte u.a. unter
Verwaltungsverfahrensgesetz NRW "Dieses Gesetz gilt nicht für ... [LRA]"
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13800.msg92867.html#msg92867
Diese Formulierung "Dieses Gesetz gilt nicht für ... [Landesrundfunkanstalt]" ist im Forum schon mehrfach thematisiert worden, da sich diese auch in anderen Landes-Verwaltungsverfahrensgesetzen wiederfindet.

Bitte mal die Suchfunktion (http://gez-boykott.de/Forum/index.php?action=search) des Forums mit der Wortfolge "Dieses Gesetz gilt nicht für" befragen ;)

Mir ist derzeit nicht erinnerlich, ob dazu eine abschließende Erkenntnis existiert.
Meiner bescheidenen Auffassung nach würde bei diesem expliziten Ausschluss wohl das Bundes-Verwaltungsverfahrensgesetz greifen.

Aber warum nicht in diesem Zusammenhang mal explizit bei der jeweligen Rundfunkanstalt offiziell anfragen und das Ergebnis hier posten. Dann wären alle schlauer... ;)

Nicht Spekulation, sondern Initiative ist gefragt ;)

Geeigneter Adressat wäre wohl das Justiziariat der jeweiligen Landesrundfunkanstalt...
...und unabhängig davon vielleicht auch parallel die jeweilige Staatskanzlei (zum Vergleich ;) ).


Hierzu auch noch Anmerkungen von TVfrei unter
GEZ/RBB Vollstreckungsankündigung durch Finanzamt Berlin
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13550.msg93021.html#msg93021
Wie oben unter Eintrag #8 (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13550.msg91438.html#msg91438)
(http://img4.fotos-hochladen.net/uploads/f1xi3lkd9c65.jpg)   (http://img4.fotos-hochladen.net/uploads/fa234602hmknf.jpg)

und #12 (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13550.msg91457.html#msg91457) bereits erwähnt,
Berlin arbeitet nach dem VwVG des Bundes
Da erhebt sich doch die grundsätzliche Frage, ob das "Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG)" des Bundes für die Zwangsvollstreckung der sog. "Rundfunkbeiträge" überhaupt Anwendung finden darf?

Das VwVG definert:
Zitat
§ 1 (1) Die öffentlich-rechtlichen Geldforderungen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden nach den Bestimmungen dieses Gesetzes im Verwaltungswege vollstreckt.
Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/vwvg/index.html

Aber sind die Landesrundfunkanstalten Behörden des Bundes oder bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts? :o
Hier besteht ein prinzipieller juristischer Klärungsbedarf!

bestehen erhebliche Zweifel, ob die Verwaltungsverfahrensgesetze hier Anwendung finden können. Der explizite Ausschluss der Landesrundfunkanstalt von der Anwendbarkeit des VwVfG trifft m.E. auch auf den RBB als Rechtsnachfolger des SFB zu. Eben so wenig könnte meiner bescheidenen Rechtsauffassung nach das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes Anwendung finden, insofern die Landesrundfunkanstalten kaum als Behörden des Bundes agieren können.

Dies bei den Landesrundfunkanstalten zu erfragen dürfte kaum sinnvoll sein, da die Selbstermächtigungsmentalität dieser "Anstalten" ja mittlerweile offensichtlich ist. Hier wäre juristischer Fachbeistand gefordert, etwa vonseiten eines der bekannten Anwälte, und schließlich dürfte es sich dabei um eine Frage handeln, die zu klären eigentlich die Verwaltungsgerichte berufen sind.
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: derEuroRetter am 12. April 2015, 20:44
Ja, ich telefoniere demnächst mal mit der Staatskanzlei, mal sehen was da rauskommt.

Was ich noch gefunden habe  :o

https://openjur.de/u/323245.html

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE100000150&st=null&showdoccase=1


OVG Münster vom 29. April 2008 (Aktenzeichen 19 A 368/08).
"…
Die direkte oder entsprechende Anwendbarkeit der §§ 48 und 49 VwVfG NRW schließt § 2 Abs. 1 VwVfG NRW, wonach dieses Gesetz nicht für die Tätigkeit des X. Rundfunks L. gilt, im Zusammenhang mit der Anforderung von Rundfunkgebühren nicht aus. § 2 Abs. 1 VwVfG NRW bedarf nach seinem Sinn und Zweck, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, jedenfalls für den Bereich der Heranziehung zu Rundfunkgebühren einer einschränkenden Auslegung; denn in diesem übt der Beklagte originäre Verwaltungstätigkeit aus; diese gehört nicht zu dem Kernbereich der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, in dem die Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunk in größtmöglicher Ferne und Unabhängigkeit vom Staat gewährleistet ist."
    …
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: 12121212 am 12. April 2015, 20:49
 Wenn das Landesgesetz nicht gilt ... gilt eben BVwVfG .... http://dejure.org/gesetze/BVwVfG/1.html
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: pinguin am 12. April 2015, 20:51
Wenn ein Verwaltungs***gesetz nicht gilt, kann auch das dazugehörige Verwaltungs***vollstreckungsgesetz nicht gelten; beides gehört zusammen.

Bundesrecht sagt, daß Bundesrecht im Bereich des Verwaltungsrechts nur dann greift, wenn das Bundesland kein eigenes Verwaltungs***gesetz hat. ??? (Siehe konkurrierende Gesetzgebung und Co.).

Ist dem so, kann nicht auf Bundesrecht zurückgegriffen werden, wo es entsprechendes Landesrecht hat und gemäß Landesrecht ein Vorgang ausdrücklich ausgeschlossen ist?

@12121212
http://dejure.org/gesetze/BVwVfG/1.html
Zitat
(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

Auf das Bundesverwaltungsverfahrensgesetz kann sich kein Bundesland berufen, das ein eigenes Landesverwaltungsverfahrensgesetz hat.
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: derEuroRetter am 12. April 2015, 20:55
Das ist irgendwie doch noch ein Hebel, den man da ansetzen kann. Was man jetzt mal noch machen könnte, eine Stellungnahme der Anstalt erbitten. Um da zu sehen, die die Anstalt das generell sieht :D Um es dann später mit der Meinung der Staatskanzlei zu vergleichen ;D
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: 12121212 am 12. April 2015, 20:57
.......Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht,  - SOWEIT  -  die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.......

Ist doch Verständlich ... "Rundfunkanstalt " im "Landesverfahrensgesetz" ausgeschlossen ..... dann gilt
Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund).

Oder wo steht das "Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund)" nicht gilt....
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: TVfrei am 12. April 2015, 20:58
Statt die sog. Justiziariate der "Anstalten" zu befragen scheint es sinnvoller diesen Punkt direkt vor Gericht klären zu lassen, möglichst mit anwaltlichem Beistand.

Ein Modell könnte der fiktive Fall des Forumsmitglied eckes56 sein:
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12184.msg82149.html#msg82149
Dort ist auf Seite 3 der "Beweisantrag 1.3" formuliert:
Zitat
Sollte § 2 (1) VwVfG ... keine rechtliche Gültigkeit haben, beantrage ich hiermit die Erbringung des schriftlichen Nachweises über den Auschlussgrund.
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: derEuroRetter am 12. April 2015, 20:59
Das Problem liegt in der Einzahl/Mehrzahl der Formulierung! Endweder alle Behörden oder keine??? Wobei wenn das Bundesrecht gilt... steht ja schon oben muss man sich mal arge gedanken machen, ob die LANDES-Rundfunkanstalten das überhaupt so anwenden können!
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: TVfrei am 12. April 2015, 21:05
.......Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht,  - SOWEIT  -  die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.......

Ist doch Verständlich ... "Rundfunkanstalt " im "Landesverfahrensgesetz" ausgeschlossen ..... dann gilt
Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund).

Oder wo steht das "Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund)" nicht gilt....

Bitte dazu nochmals den Eintrag im Forum (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13550.msg91457.html#msg91457) beachten:

Im Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund) heißt es:
Zitat
§ 1 (1) Die öffentlich-rechtlichen Geldforderungen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden nach den Bestimmungen dieses Gesetzes im Verwaltungswege vollstreckt.
Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/vwvg/index.html

Da es sich bei den Landesrundfunkanstalten wohl kaum um Behörden des Bundes oder bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts handeln dürfte, kann ein juristischer Laie doch davon ausgehen, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund) keine Anwendung auf Forderungen der Landesrundfunkanstalten finden kann.

Hier besteht ein grundsätzlicher juristischer Klärungsbedarf, der am besten mit fachlichem Beistand eines erfahrenen Anwalts in Angriff genommen werden sollte.
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: 12121212 am 12. April 2015, 21:10
bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts  ...

 - Überwiegend ist die Anstalt öffentlichen Rechts rechtlich selbständig, mithin eine juristische Person des öffentlichen Rechts.

Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: TVfrei am 12. April 2015, 21:13
bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts  ...

 - Überwiegend ist die Anstalt öffentlichen Rechts rechtlich selbständig, mithin eine juristische Person des öffentlichen Rechts.

Der Akzent sollte hier auf bundesunmittelbar liegen...
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: 12121212 am 12. April 2015, 21:20
bundesunmittelbar .. könnte man mal bei einer Erinnerung probieren... (-:


.... Begründung: Der Blöde Rundfunk xxr ist eine landesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts...
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: Kurt am 12. April 2015, 22:07
bundesunmittelbar .. könnte man mal bei einer Erinnerung probieren... (-:
.... Begründung: Der Blöde Rundfunk xxr ist eine landesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts...
BINGO

So auch (u.a.) Malu Dreyer ja öffentlich maulte dass der BUND nicht in die Suppe der ÖRR spucken dürfe da diese in Länderhoheit liegen  >:D

Gruß
Kurt
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: 12121212 am 12. April 2015, 22:08
Brief vom Obergerichtsvollzieher/ Widerspruchsbescheid seit 6 Monaten ausstehend
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13473.msg93038.html#msg93038

Wer kann was passendes formulieren ..... (für Beschwerde )
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: Knax am 12. April 2015, 23:22
Zitat
§ 2 Ausnahmen vom Anwendungsbereich:
Absatz 1: "Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und des Saarländischen Rundfunks."

Meiner Ansicht nach soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk, in diesem Falle der Saarländische Rundfunk, vom Anwendungsbereich des allgemeinen Verwaltungsrechts ausgenommen werden, weil für diesen ein besonderes Verwaltungsrecht gelten soll. Die speziellen rundfunkrechtlichen Regelungen enthalten dieses Sonderverwaltungsrecht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Die Verwaltungsverfahrensgesetze der jeweiligen Bundesländer enthalten das allgemeine (Landes-) Verwaltungsrecht. Das besondere Verwaltungsrecht ist dann in spezialrechtlichen Kodifikationen enthalten. Dabei gilt der aus dem römischen Recht übernommene Grundsatz, dass die besondere Regelung vorrangig vor der allgemeinen Regelung anzuwenden ist: "Lex specialis derogat legi generali. (http://de.wikipedia.org/wiki/Lex_specialis)"
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: Bürger am 12. April 2015, 23:27
Ein Festsetzungsbescheid stellt einen Verwaltungsakt dar. In den meisten Bundesländern gelten landeseigene Verwaltungsverfahrensgesetze, die den Verwaltungsakt beschreiben und legaldefinieren
http://de.wikipedia.org/wiki/Verwaltungsakt_%28Deutschland%29

z.B. Saarland
Zitat
§ 2 Ausnahmen vom Anwendungsbereich:
Absatz 1: "Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und des Saarländischen Rundfunks."
http://www.sadaba.de/GSLT_SVwVfG_01_08.html

Das bedeutet allerdings, das die meisten ÖR Anstalten keine Verwaltungsakte tätigen dürfen.

Ebenfalls ausgenommen ist zB
[...]
Baden-Württemberg, §2 Absatz 1
[...]

Bevor hier zuviel Euphorie ausbricht, möchte ich daran erinnern, dass z.B. in Baden-Württemberg das LG Tübingen, welches ja durchaus kritisch urteilt, folgende Ausführungen macht in seinem
LG Tübingen · Beschluss vom 19. Mai 2014 · Az. 5 T 81/14
https://openjur.de/u/708173.html
Zitat
[...] Die Gläubigerin wollte vorliegend nicht selbst als Vollstreckungsbehörde handeln, sondern sich des Gerichtsvollziehers gemäß den Vorschriften der Zivilprozessordnung bedienen, § 16 III LVwVG BW. [...]
Vollstreckungsbehörde ist der Südwestrundfunk als Anstalt des öffentlichen Rechts, der sich zur Durchführung der Vollstreckungshandlungen des nicht rechtsfähigen Beitragsservice bedient. [...]

Wer mag, kann/ darf/ soll den Beschluss dahingehend weiter abklopfen, der sich ja derzeit aber ohnehin
am BGH in Revision bfeindet unter AZ.: I ZB 64/14
Mit einer Entscheidung de BGH könnte ggf. Mitte 2015 zu rechnen sein.
Ob dies dann allerdings bundesweit "verwendbar" sein wird, bleibt abzuwarten.

Vielleicht muss man nicht davon ausgehen, dass auch eine Prüfung hinsichtlich der hier diskutierten Frage "Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?" erfolgte...
...und ein wenig Weitblick würde man dem LG Tübingen ja durchaus zutrauen in dieser Angelegenheit,
aber natürlich muss das auch nicht bedeuten, dass da "nix dran" ist - nur halte ich es nicht für sehr wahrscheinlich.

Ich halte mich da vorerst bedeckt...
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: 12121212 am 12. April 2015, 23:41
Verwaltungsvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg
(Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz - LVwVG -) - Südwestrundfunk -  wie in Sachsen ....
"Rundfunkanstalt" gilt... LVwVG
(1) Dieses Gesetz gilt für die Vollstreckung von Verwaltungsakten, die zu einer Geldleistung, einer sonstigen Handlung, einer Duldung oder Unterlassung verpflichten, durch Behörden des Landes und unter der Aufsicht des Landes stehende Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (öffentliche Stellen). § 15 Abs. 3 und § 15 a bleiben unberührt.
----------------------------------

VerwaltungsVERFAHRENSgesetz und VerwaltungsVOLLSTRECKUNGSgesetz ......... nicht verwirren lassen....
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: Viktor7 am 13. April 2015, 19:49
Das bedeutet allerdings, das die meisten ÖR Anstalten keine Verwaltungsakte tätigen dürfen.

Das entspricht nicht der Rechtslage. Bitte folgendes berücksichtigen:

...

Wir erinnern uns noch an diesen Beitrag:


Zitat
§ 2 (Fn 14) Ausnahmen vom Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und des Westdeutschen Rundfunks Köln.

gilt nur für die Verbreitung von Rundfunk in größtmöglicher Ferne und Unabhängigkeit vom Staat, nicht für die Beitragserhebung.

...
Nach Creifelds Rechtswörterbuch C.H. Beck (10. Auflage) sind Rundfunkanstalten - Anstalten des öffentlichen Rechts.

Das Verwaltungsverfahrensgesetz VwVfG des jeweiligen Landes gilt auch für Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.
...
             

...
Zur Frage der Geltung des Verwaltungsverfahrensgesetzes für die Tätigkeit des Mitteldeutschen Rundfunks.
[Sächsisches Oberverwaltungsgericht Bautzen, 3 A 663/10, 16.07.2012,
3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts]

http://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/10a663.pdf


Fazit:

Die Heranziehung zu Rundfunk-"Beiträgen",  gehört nicht zu dem Kernbereich der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, in dem die Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunk in größtmöglicher Ferne und Unabhängigkeit vom Staat gewährleistet ist.

Für die Rundfunk-"Beiträge" könnte das VwVfG [Land] und damit der BGB § 241a "Unbestellte Leistungen" http://dejure.org/gesetze/BGB/241a.html gelten, soweit die Gerichte der Auffassung folgen.



Zitat
§ 58 Abs 1 VwVfG: Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte eines Dritten eingreift, wird erst wirksam, wenn der Dritte schriftlich zustimmt.
§ 59 Abs 1 VwVfG:
(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.
(-> BGB § 241a "Unbestellte Leistungen")

Die ö.-r. Anstalten können ihre Programme nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG wie alle anderen Anbieter senden. Das Geld sollten sie sich ausschließlich bei den Nutzern dieser Programme holen und die Nichtnutzer der ö.-r. Programme nicht behelligen und gegenüber den Nutzern diskriminieren.

Soweit unbefangene Gerichte den Gesetzen § 58 Abs 1 VwVfG oder § 59 Abs 1 VwVfG Geltung verschaffen, weil sie auf die Heranziehung zu Rundfunk-"Beiträgen" (VwVfG gültig für Rundfunkanstalt) und nicht auf den Kernbereich der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abzielen (VwVfG für Rundfunkanstalt nicht gültig), wäre mit dem Abpressen des Geldes mit zweifelhaften Methoden vorbei.

Letztendlich muss ein Kläger die Rechtsfragen von einem Gericht klären lassen.
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: Bürger am 26. März 2016, 21:27
..aus immer wiederkehrendem Anlass:

Die Suchfunktion (http://gez-boykott.de/Forum/index.php?action=search) des Forums liefert mit Begriffen/ Kombinationen wie z.B. "Landesrundfunkanstalt Verwaltungsverfahrensgesetz", "Dieses Gesetz gilt nicht für", o.ä. bereits ausreichend Ergebnisse - so u.a. auch dies

Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg116281.html#msg116281

Daraus geht u.a. hervor, dass dann wohl doch nicht "Bundes-VwVfG" einspringt, sondern diese "Ausnahme vom Anwendungsbereich" der LANDes-VwVfG von den Gerichten so ausgelegt wird, dass sich diese NICHT auf den Kernbereich der VERWALTUNGstätigkeit des Beitragseinzugs bezieht - und demgemäß zumindest nach dieser Auslegung das VwVfG des jeweiligen Bundeslandes zumindest im Zusammenhang mit dem Beitragseinzug der Rundfunkanstalten doch anzuwenden sei...

Die "Ausnahme" im VwVfG-NRW (wie auch in allen(?) anderen LANDes-VwVfG:
Zitat
§ 2 (Fn 14) Ausnahmen vom Anwendungsbereich
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=3120031009100236151#det307784

(1) Dieses Gesetz gilt NICHT für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und des WESTDEUTSCHEN RUNDFUNKS Köln.
wird von den Gerichten regelmäßig dahingehend ausgelegt, dass sich diese Ausnahme NUR(!)
Zitat
[...] auf den KERNbereich der RUNDFUNKFREIHEIT bezieht, in dem Rundfunk in Unabhängigkeit und Staatsfeme gewährleistet ist, NICHT aber auf Bereiche, in denen die Rundfunkanstalt - wie hier bei der Beitragserhebung - typische VERWALTUNGstätigkeit ausübt [...]
siehe u.a. unter
Klage VG Leipzig (Einzelrichter) 1 K 2372/14 in Verbindung mit 1 K 1242/15
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17714.msg116143.html#msg116143



Zu all dem gibt es bereits mannigfaltige Diskussionen im Forum - so u.a. unter

Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg116281.html#msg116281

Beitragsservice ist keine Behörde
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,5506.msg116363.html#msg116363

sowie auch
Wer oder was ist eine zuständige Landesrundfunkanstalt und wo ist dies geregelt?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16037.msg116518.html#msg116518

Wer oder was ist der Beitragsservice und wo ist dies geregelt?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17801.0.html

und schließlich
Verwaltungsvereinbarung "Beitragseinzug" (14.11.2013, Volltext)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17447.0.html


Edit "Bürger":
Hier bitte nicht mehr, wie in großen Teilen dieses Threads geschehen, in endlose leidgliche Spekulationen abdriften, sondern  fundierte Informationen von aussagekräftigen Quellen beisteuern und eng am Kern-Thema dieses Threads bleiben, welches da lautet
Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Danke für die Berücksichtigung.
Titel: Re: Bescheide ungültig, wenn Landesverwaltungsverfahrensgesetze nicht greifen?
Beitrag von: Bürger am 23. Oktober 2016, 20:47
Siehe nunmehr auch aktuelle Zusammenfassung/ Übersicht/ Erkenntnisse/ Diskussion u.a. unter

Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.0.html