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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: Markus KA am 25. Januar 2020, 00:30
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Urteil VG Freiburg vom 24.09.2019 Az.: 8 K 5267/17
VERWALTUNGSGERICHT FREIBURG
Im Namen des Volkes
Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
- Kläger -
gegen
Südwestrundfunk - Anstalt des öffentlichen Rechts
- Referat Beitragsrecht -
vertreten durch den Intendanten,
Neckarstr. 230, 70190 Stuttgart, Az:
- Beklagter -
wegen Rundfunkbeitrags
hat das Verwaltungsgericht Freiburg - 8. Kammer - durch die Richterin A. als Berichterstatterin auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2019 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen.
Mit Bescheid vom 03.01.2014 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Rundfunkbeiträge für die Monate 10/2013 bis 12/2013 in Höhe von 61,94 EUR fest; in diesem Betrag war ein Säumniszuschlag von 8,- EUR enthalten. In selber Höhe setzte der Beklagte mit Bescheid vom 02.05.2014 Rundfunkbeiträge gegenüber dem Kläger fest. Gegen diese Bescheide erhob der Kläger mit Schreiben vom 12.02.2014 und vom 01.06.2014 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2014, zugestellt am 08.08.2014, wies der Beklagte die Widersprüche zurück und stützte sich zu dessen Begründung auf die Unzulässigkeit der Widersprüche.
Der Kläger hat am 05.09.2014 Klage erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgetragen: Der Rundfunkbeitrag verstoße gegen die im Grundgesetz zugesicherte Informationsfreiheit. Sein Medienbudget sei beschränkt, sodass der Beitrag zur Folge habe, dass er mindestens eines seiner zwei Tageszeitungsabonnements kündigen müsse.
Die Kläger beantragt, die Rundfunkbeitragsbescheide des Beklagten vom 3. Januar 2014 und 2. Mai
2014 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2014 aufzuheben.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Verfassungsmäßtigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 04.11.2014 - 2 K 2031/14 - wurde im Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Der Beklagte hat mit Schriftsatz 23.06.2017 das zum Ruhen gebrachte Verfahren wieder angerufen.
Das Gericht hat den Kläger mit Verfügungen vom 06.09.2018 bzw. 09.10.2018 auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil vom 18.07.2018 - 1 BvR 1675/16 - juris) und mit Verfügung vom 05.12.2018 auf die Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH vom 26.09.2018 - C-492/17 - hingewiesen.
Nach Anhörung der Beteiligten wies die Berichterstatterin mit Gerichtsbescheid vom 03.06.2019 - dem Kläger zugestellt am 06.06.2019 - die Klage ab. Mit Schriftsatz vom 03.07.2019 - eingegangen am 04.07.2019 - beantragte der Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger sinngemäß und im Wesentlichen gerügt, die Verfassungswidrigkeit der Rundfunkbeitragspflicht ergebe sich aus einem Verstoß der gesetzlichen Regelung gegen Art. 5 Abs. 1 GG. Der Rundfunkstaatsvertrag sei kein allgemeines Gesetz. Der Kläger
könne einen einzelnen Euro nur einmal ausgegeben, sodass durch den Rundfunkbeitrag das zur Verfügung stehende Medienbudget begrenzt werde. Zudem bestünden keine Möglichkeiten die Informationen auszuwählen. Die passive Informationsfreiheit werde nicht in den Blick genommen.
Weiter werde von Art. 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) die Informationsfreiheit gewahrt. Dem Europarecht komme gegenüber dem Bundesrecht Vorrang zu. Auch greife der Rundfunkbeitrag umfassend in den privaten Bereich ein und verstoße deshalb gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Der Wesensgehalt des Grundrechts dürfe gemäß Art. 19 Abs. 2 GG nicht angetastet werden.
Des Weiteren werde in den 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag die Autorisierung der automatischen Bearbeitung von Daten aufgenommen. Aus dem bisherigen Fehlen ergebe sich, dass für den automatisierten Bescheiderlass keine Rechtsgrundlage bestehe.
Schließlich unterdrücke der öffentlich-rechtliche Rundfunk Meinungen und Kritik. Nach dem Bericht des Beitragsservice 2018 bestehe eine hohe Anzahl von Beitragspflichtigen, die sich in der Mahnstufe befanden (3,5 Mio.). Dies werde beispielsweise nicht von den Medien hervorgehoben.
Wegen derweiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsatze nebst Anlagen, den vorgelegten Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Heft), den Gerichtsbescheid vom 03.06.2019 und die Sitzungsniederschrift vom 24.09.2019 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch die Berichterstatterin.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Rundfunkbeitragsbescheide des Beklagten vom 03.01.2014 und 02.05.2014 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 25.07.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Zunächst verweist die Berichterstatterin zur Begründung auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 03.06.2019. Aber auch das weitere Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vermag der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
1. Soweit der Kläger eine fehlende Rechtsgrundlage für die automatische Bearbeitung von Daten rügt und sich hierauf auf die Neuerungen in dem geplanten 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrags stützt, teilt das Gericht nicht dessen Auffassung, dass die gegenständlichen Beitragsbescheide deshalb Fehler aufweisen.
a. Zunächst genügt der Beklagte den Anforderungen an eine maschinelle Bescheiderstellung. Eine Unterzeichnung der Bescheide war in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 35 Abs. 5 LVwVfG nicht erforderlich. Die streitgegenständlichen Bescheide enthalten den Hinweis, dass sie maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig sind.
Der Hinweis durfte auch angebracht werden, da der Bescheid tatsachlich mit Hilfe automatischer Einrichtungen im Sinne des § 37 Abs. 5 LVwVfG erlassen wurde. Dass dieser Hinweis „nur" hellgrau und am unteren Rand der ersten Seite des Bescheids gedruckt ist, widerspricht keinen gesetzlichen Vorgaben. An der ausreichenden Lesbarkeit des in hellerem Grauton gedruckten Hinweises hat das Gericht keinen Zweifel.
Unabhängig davon ist Gegenstand des Klageverfahrens ohnehin der Ausgangsbescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat ( § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); der Widerspruchsbescheid vom 25.07.2014 ist jedoch unterschrieben.
b. Darüber hinaus soll mit dem 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nunmehr ein regelmäßiger vollständiger Meldedatenabgleich alle vier Jahre eingeführt werden. Der Meldedatenabgleich dient der Sicherstellung der Aktualität des Datenbestandes der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler (https://www.stk.niedersachsen.de/start seite/presseinformationen/dreiundzwanzigster-rundfunkanderungsstaatsvertrag- setzt-urteil-des-bundesverfassungsgerichts-um-und-befreit-inhaber-von-zweitwohnungen-vom-rundfunkbeitrag-179058.html [zuletzt abgerufen am 30.10.2019]). Der geplanten staatsvertraglichen Verankerung eines dauerhaften automatischen Meldedatenabgleichs ging eine Evaluierung des zuvor bereits zweimal gesondert angeordneten Meldedatenabgleichs voraus (https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.838900.php [zuletzt abgerufen am 30.10.2019]).
Dass sich hieraus im Umkehrschluss eine fehlende Rechtsgrundlage für bislang erfolgte Abgleiche der Meldedaten ergibt, ist nicht angezeigt. Nach der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids maßgeblichen Sach-und Rechtslage beruht der durchgeführte Meldedatenabgleich auf § 14 Abs. 9 RBStV. Mit dem Meldedatenabgleich soll eine möglichst vollständige Erfassung der Rundfunkbeitragsschuldner sichergestellt werden. Er dient der Vermeidung von Vollzugsdefiziten und einer größtmöglichen Beitragsgerechtigkeit (vgl. zum Meldedatenabgleich 2018: VerfGH Berlin, Beschluss vom 16.05.2018 - 185 A/17 - juris, Rn. 16). Die angestrebte Vermeidung eines Vollzugsdefizits und Herstellung größerer Beitragsgerechtigkeit sind legitime Zwecke, die einen Eingriff in das Recht der informationellen Selbstbestimmung rechtfertigen können. Zur Erreichung dieses Zwecks ist § 14 Abs. 9 RBStV geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn. Wiederum sind die Beeinträchtigungen für die Betroffenen gering. Im Regelfall handelt es sich um Beitragsschuldner, die bereits als Rundfunkteilnehmer erfasst waren oder ihrer Anzeigepflicht genügt haben, so dass die jeweilige Landesrundfunkanstalt durch den Meldedatenabgleich nichts wesentlich Neues erfahrt. Soweit Beitragsschuldner ihrer Anzeigepflicht noch nicht nachgekommen sind, verdient ihr Interesse, ihre Daten nicht offenbaren und den Rundfunkbeitrag nicht zahlen zu müssen, keinen Schutz. Sie sollen gerade im Interesse einer gleichmäßigen Beitragserhebung ermittelt werden. Sind schließlich Personen vom Meldedatenabgleich betroffen, die nicht der Beitragspflicht unterliegen oder später nicht als Beitragsschuldner herangezogen werden, so hat der Eingriff ihnen gegenüber geringes Gewicht. Die zu übermittelnden Daten beschränken sich auf Informationen zur Identifizierung einer Person und ihrer Zuordnung zu einer bestimmten Wohnung und lassen keinen tieferen Einblick in die Privatsphäre zu. Die Daten sind zudem auch insoweit durch eine strikte Zweckbindung und strenge Löschungspflichten (§ 14 Abs. 9 Satz 2 und Satz 5 RBStV in Verbindung mit § 11 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 RBStV) hinreichend abgesichert. Der Meldedatenabgleich des § 14 Abs. 9 RBStV stellt sich somit insgesamt als grundrechtskonform dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.09.2017-2 A 2286/15-juris, Rn. 189ff. m.w.N.; BayerischerVerfGH, Entscheidung vom 20.11.2018 - Vf. 1-VII-18 - juris).
2. Die vom Kläger gegenüber der Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) vorgebrachten Bedenken erweisen sich nicht als durchgreifend. Die angefochtenen Beitragsbescheide des Beklagten finden ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV in der ab dem 01.01.2013 geltenden Fassung. Der zugrundeliegende Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stellt entgegen der von Klägerseite vertretenen Ansicht eine materiell rechtmäßige, wirksame gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dar.
Die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits geklärt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 - 1 BvR 1675/16-, -1 BvR 745/17 -, - 1 BvR 836/17-, 1 BvR 981/17-, juris), des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 18.03.2016 - 6 C 6.15 - und Urteil vom 28.02.2018 - 6 C 48/16 - sowie Urteil vom 05.01.2017 - 6 C 15.16 - ; zudem Beschluss vom 28.02.2017 - 6 B 19.17 - und Beschluss vom 21.12.2017 - 6 B 35/17 -, jeweils juris), aber auch des Verwaitungsgerichtshofs Baden-Württemberg
(vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.03.2016 - 2 S 896/15 -, vom 06.09.2016 - 2 S 2168/14 - , vom 04.11.2016 - 2 S 548/16 -, vom 25.11.2016 - 2 S 146/16 - und vom 13.02.2017 - 2 S 1610/15 - sowie Beschluss vom 19.02.2018 - 2 S 131/18 - und vom 28.02.2018 - 2 S 259/18 jeweils juris und Beschluss vom 17.05.2018 - 2 S 622/18 - sowie Beschluss vom 30.08.2018 - 2 S 1447/18 - und Beschluss vom- 7 -14.09.2018 - 2 S 1815/18 -), des Verwaltungsgerichts Freiburg (VG Freiburg, Urteil vom 24.05.2018 - 9 K 8560/17 juris und Urteil vom 02.04.2014 - 2 K 1446/13 - sowie vom 24.06.2015 - 2 K 588/14 jeweils juris), und einiger Landesverfassungsgerichtshöfe (Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.05.2014 - VGH B 35/12 Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12 Vf. 24-VII- 12-, jeweils juris).
In diesen Entscheidungen wird außerdem dargelegt, dass die Erhebung des Rundfunkbeitrags auch nicht gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Union verstoßt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 18.03.2016, - 6 C 6.15 - juris, Rn. 51 f.; VG Freiburg, Urteil vom 24.06.2015 - 2 K 588/14 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.09.2016 - 2 A 791/15 - juris). Auf diese Ausführungen, denen sich die Kammer anschließt, wird hiermit ebenso verwiesen wie (gemäß § 117 Abs. 5 VwGO) auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Im Einzelnen ergibt sich die Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität aus Folgendem:
Die in § 2 Abs. 1 RBStV vorgesehene Rundfunkbeitragspflicht des Inhabers jeder Wohnung verletzt nicht die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte, unter dem Vorbehalt der Beschränkung durch die verfassungsmäßige Ordnung stehende, allgemeine Handlungsfreiheit. Als Auferlegung einer Geldleistungspflicht greift die Rundfunkbeitragserhebung zwar in die wirtschaftliche Freiheitsentfaltung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.06.2014 - 1 BvR 668 und 2104/10 - juris, Rn. 37; Beschluss vom 25.09.1992 - 2 BvL 5,8 und 14/91 - juris, Rn. 64). Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil das Landesgesetz über den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als Teil der verfassungsmäßigen Ordnung die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2016 - 6 C 6.15 - juris).
Die Beschränkung bedarf wegen des Gebots der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen, wegen der Kompetenzordnung der Finanzverfassung nach Art. 105 ff. GG, nach Art. 3 Abs. 1 GG und wegen des Ausnahmecharakters nichtsteuerlicher Abgaben einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung, die sich hier aus dem spezifischen Zweck des Beitragsaufkommens ergibt, den verfassungsunmittelbaren Anspruch der Rundfunkanstalten auf eine funktionsgerechte Finanzausstattung zu erfüllen und dazu die Beitragspflicht ohne Rucksicht auf die Nutzungsgewohnheiten auf alle Rundfunkteilnehmer zu erstrecken, d.h. auf die Personen, denen die Möglichkeit eröffnet ist, Rundfunk zu empfangen. Aus der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten „Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk" folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, als Träger dieses Grundrechts berechtigt und verpflichtet ist, die Aufgaben des klassischen Rundfunkauftrags zu erfüllen, d.h. unter den Bedingungen der dualen Rundfunkordnung, d.h. des Nebeneinanders von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, einen maßgebenden Beitrag in den Bereichen der Information, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, der Kultur und der Unterhaltung zu liefern. Wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft hat der Rundfunk herausragende Bedeutung für den Prozess der Meinungsbildung, weshalb die Rundfunkanstalten in besonderem Maße gehalten sind, umfassend und wahrheitsgemäß zu informieren und ein Programm auszustrahlen, das insgesamt auf vollständige Widerspieglung der Vielfalt der in der Gesellschaft anzutreffenden Meinungen und Anschauungen abzielt und diese Anforderungen eigenverantwortlich sicherzustellen, d.h. zu entscheiden, welche Sendungen sie zu welcher Zeit und auf welchem Verbreitungsweg ausstrahlen (Programmfreiheit). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG räumt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der dualen Rundfunkordnung insoweit eine Bestands- und Entwicklungsgarantie ein, die seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem privaten Rundfunk gewährleistet. Die Sicherstellung der Programmfreiheit und -vielfalt setzt nicht nur eine institutionelle Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks gegenüber politischen und gesellschaftlichen Kräften voraus, sondern erfordert laut Bundesverfassungsgericht auch eine finanzielle Unabhängigkeit durch eine Finanzierungsgarantie, um zu verhindern, dass er unter den Einfluss Außenstehender gerät. Die Rundfunkanstalten haben aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einen Anspruch auf eine Ausstattung
mit den Finanzmitteln, die sie unter den Bedingungen der dualen Rundfunkordnung dauerhaft zur eigenverantwortlichen Weiterentwicklung ihres Programms und neuer Verbreitungsmöglichkeiten befähigen und ihre Programmfreiheit wahren. Um die Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten und die Vielfalt ihrer Programme nicht zu gefährden, dürfen sie nicht darauf verwiesen werden, sich die erforderlichen Finanzierung vorrangig "auf dem Markt", d.h. von der werbenden Wirtschaft, zu beschaffen, weil eine Abhängigkeit von Werbeeinnahmen programm- und vielfaltverengende Zwänge auslöst, nämlich tendenziell zu einer Abhängigkeit von Einschaltquoten führt und die Neigung fordert, auf Kosten der sicherzustellenden Breite und Vielfalt des Programmangebots vermehrt massenattraktive Sendungen aus den Bereichen Sport und Unterhaltung auszustrahlen, wie dies im privaten Rundfunk zu beobachten ist. Deshalb verstieße eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch nur für tatsächlich empfangene Sendungen gezahlte Zuschauerentgelte (Bezahlfernsehen bzw. "Pay-TV") gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Andererseits schließt die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus, dass die Landesparlamente die Finanzausstattung auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung der Landesregierungen oder nach ihrem Ermessen in den Landeshaushalten festlegen. Somit bleibt nur eine direkte Finanzierung durch diejenigen, denen zumindest die Möglichkeit eines Empfangs seiner Programme zugutekommt, wobei die hierfür eingerichtete „Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF)“, als außerhalb des Staatsaufbaus stehendes Gremium, unter Achtung der Programmvielfalt prüft, ob sich der insoweit von den Rundfunkanstalten geltend gemachte Finanzierungsbedarf im Rahmen des Rundfunkauftrags halt, im Zusammenhang mit der Herstellung und Verbreitung der Programme steht, und unter Berücksichtigung der Entwicklung der Gesamtwirtschaft und der öffentlichen Haushalte die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einhält (§ 14 RStV; §§1, 3 RFinStV). Dass nach der Einschätzung des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen vom Oktober 2014 zum Thema „Öffentlich-rechtliche Medien - Aufgabe und Finanzierung" auch andere Rundfunkmodelle möglich waren und vereinzelt Kritik am Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geübt wird, ändert an der Beurteilung der geltenden Rechtslage nichts (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 06.09.2016-2 S 2168/14-juris, Rn. 35).
Soweit gegenüber der Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeitragserhebung eingewandt wird, die Berichterstattung sei nicht umfassend, sondern einzelne Aspekte wurden zurückgehalten, ist dagegen zu halten, dass es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung „Fehlentwicklungen“ bei der Programmgestaltung und deren Finanzierung zu „korrigieren“, solange sich die Beitragserhebung im Rahmen geltenden Rechts bewegt. Das vorgesehene dreistufige Verfahren zur Festsetzung der Beitragshöhe, bestehend aus Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten, Prüfung der Anmeldung und Bedarfsfeststellung sowie abschließender Festsetzung der Gebühr durch den Rundfunkgesetzgeber, genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen (BVerwG, Urteil vom 07.12.2016 - 6 C 49.15 - juris) insbesondere auch, weil es den Rundfunkanstalten die finanzielle Grundlage gewahrt und ihre Autonomie gegenüber privaten wie staatlichen Einflussnahmen auf die Programmgestaltung wirksam sichert (BVerfG, Urteil vom 11.09.2007 - 1 BvR 2270/05, 809, 830/06 -juris). Zwar wird der Rundfunkbeitrag - anders als die Steuer - zu einem konkreten Zweck, nämlich der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Es steht aber nicht fest, für welche Programme und Programminhalte der Beitrag des jeweiligen Schuldners verwendet wird. Der Beitragsschuldner kann daher nicht davon ausgehen, dass sein konkreter Beitrag für Ausstrahlungen verwendet wird, die er begehrt. Im vorliegenden Verfahren ist auch nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob etwaige Vorwurfe hinsichtlich fehlender Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zutreffen, da dies die Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht selbst unberührt lässt, weil es vielmehr Aufgabe der hierzu berufenen Programmkommission und der Rundfunkrate ist, über die Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen (vgl. hierzu sowie zum Folgenden: VG München, Gerichtsbescheid vom 21.03.2017 - M 26 K 17.585 - juris) und - sollten diese Gremien ihre Kontrollpflichten nicht oder ungenügend erfüllen - dem Einzelnen etwa ein Beschwerderecht nach § 11 des Staatsvertrags über den Sudwestrundfunk (in der ab 01.01.2014 gultigen Fassung [GVBI. 2013, 557], zuletzt geändert durch SWR-Änderungsstaatsvertrag vom 01./09. April 2015) zusteht und ggf. der Weg zu den Verfassungsgerichten offensteht (siehe z.B. BVerfG, Urteil vom 25.03.2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11 - juris).
Die Rundfunkbeitragspflicht nach §§ 2 ff. RBStV ist allerdings nur dann verfassungsgemäß, wenn sie geeignet ist, den individuell zurechenbaren Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit auszugleichen, weshalb der Rundfunkbeitrag als „Vorzugslast“, nämlich als Gegenleistung für die Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgestaltet sein muss, also nur von denen zu leisten ist, denen die Leistung der öffentlichen Hand zugutekommt. Ein ausgleichspflichtiger individueller Vorteil entsteht dabei nicht nur, wenn eine Leistung der öffentlichen Hand in Anspruch genommen, also tatsachlich genutzt wird, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen des Abgabenrechts auch schon dann, wenn die bloße, allerdings realistische Möglichkeit besteht, ein Leistungsangebot rechtlich und tatsachlich nutzen zu können (BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - juris, Rn. 67).
Die Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungsinhaber nach §§ 2 ff. RBStV verstoßt auch nicht gegen das Grundrecht, sich aus allgemein zuganglichen Informationsquellen ungehindert zu unterrichten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Soweit sich die Rundfunkbeitragspflicht als Beschränkung des Zugangs zu anderen Informationsquellen auswirkt, ist dies hinzunehmen, um den unmittelbar durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung zu gewährleisten. Der Schutzbereich der negativen Informationsfreiheit durch die Rundfunkbeitragspflicht wird schon nicht berührt wird. Das Recht der Beitragspflichtigen zur Äußerung einer ablehnenden Haltung gegenüber bestimmten Informationsquellen wird nicht eingeschränkt. Selbst wenn aber ein Eingriff in den Schutzbereich der negativen Informationsfreiheit unterstellt wird, wäre dieser - nicht anders als der Eingriff in die positive Informationsfreiheit - zur Gewährleistung des durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestands des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.04.2017 - 6 B 48/16 - juris, Rn. 9 m.w.N.).
Zudem ist der Einwand des Klägers - wie im Gerichtsbescheid vom 03.06.2019 ausgeführt -, er werde in seiner Informationsfreiheit dadurch verletzt, dass durch den zwangsweise erhobenen Rundfunkbeitrag sein ihm für Mediennutzung privat zur Verfügung stehendes „Budget für Mediennutzung" gemindert werde und infolgedessen weniger finanzielle Mittel für die Nutzung anderer kostenpflichtiger Medien zur Verfügung stünde, die er sonst wählen und nutzen würde, nicht durchgreifend. (vgl. hierzu auch VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 06.06.2018 - 9 K 2599/18 - juris, Rn. 57).
Eine Europarechtswidrigkeit des Rundfunkbeitrags ist für das Gericht ebenfalls nicht ersichtlich. Keiner näheren Ausführungen Bedarf es dahingehend, dass Unionsrecht in Deutschland anwendbar ist und dieses auch einen sogenannten „Anwendungsvorrang" vor nationalem Recht genießt. Es ist bereits wiederholt gerichtlich entschieden, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag mit all seinen Regelungsteilen mit höherrangigem Recht in Einklang steht und damit auch nicht gegen unionsrechtliche Vorgaben oder Vorgaben der EMRK verstoßt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.03.2016 - 2 S 639.15 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.08.2015 - 2 A 324.15 - juris).
Auch ein Verstoß gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 12. Dezember 2007 (ABI. C 303 S. 1), deren Art. 11 Abs. 1 die Informationsfreiheit gewährleistet, liegt hier nicht vor, weil sie auf den Fall des nach nationalem Recht erfolgenden und nicht durch Unionsrecht geregelten Rundfunkbeitragsrechts gemäß Art. 51 Abs. 1 S. 1 GrCh gar nicht anwendbar ist, sondern nur gilt, soweit Mitgliedsstaaten Unionsrecht selbst anwenden (BVerwG, Urteil vom 25.01.2017- 6 C 15/16-juris, Rn. 61,62).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht nach Ermessen davon ab, diese nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Edit "Bürger"/ "Markus KA":
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Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
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Gemäßg Auffassung von "pinguin" könnte
[...] das
Auch ein Verstoß gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 12. Dezember 2007 (ABI. C 303 S. 1), deren Art. 11 Abs. 1 die Informationsfreiheit gewährleistet, liegt hier nicht vor, weil sie auf den Fall des nach nationalem Recht erfolgenden und nicht durch Unionsrecht geregelten Rundfunkbeitragsrechts gemäß Art. 51 Abs. 1 S. 1 GrCh gar nicht anwendbar ist,
wegen
BVerfG -1 BvR 276/17 - Vorrang des Unionsrechts auch beim Unionsgrundrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32844.0.html
BVerwG 6 C 12.18 - "Gesetzl. Grundlage" f. Gr.-Eingr. fehlt b. entg. EU-Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32811.0.html
und vor allem wegen
EuGH C-390/12 -> Begriff "Durchführung des Rechts der Union"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32486.0.html
Nimmt ein Mitgliedstaat im Unionsrecht vorgesehene Ausnahmen in Anspruch, um eine Beschränkung einer durch den Vertrag garantierten Grundfreiheit zu rechtfertigen, muss dies daher als „Durchführung des Rechts der Union“ im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta angesehen werden.
u. U. eine Falschauskunft darstellen, wenn die landesrechtlichen Rundfunkstaatsverträge im Geltungsbereich des VG Freiburg in das von den europäischen Verträgen garantierte Datenschutz-Grundrecht eingreifen.
Edit "Bürger"/ "Markus KA":
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