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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: ohmanoman am 01. August 2019, 18:11

Titel: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: ohmanoman am 01. August 2019, 18:11
Moin Moin

ist ein Festsetzungsbescheid über 3 Monate noch rechtskräftig, wenn ein Monat aus dem Bescheid aufgehoben wird, mit dem Hinweis “ohne  Anerkennung einer Rechtsplicht?“ “Im Übringen behält der der Bescheid seine Gültigkeit“.

 Aus dem jetzt 2 Monate vollstreckt werden soll?
In dem Rüthmus geht es dann weiter 03.XX bis 05.XX usw!

Ohmanoman
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: GesamtSchuldner am 01. August 2019, 18:27
Welcher Monat wurde denn rausgenommen?

Wenn der letzte Monat rausgenommen wird, kann der geänderte Bescheid meines Erachtens durchaus  rechtmäßig sein..

Wird der erste Monat rausgenommen, sieht die Sache komplizierter aus: dann würde sich ja der Dreimonatszeitraum verschieben  mit der Folge, dass die Beiträge erst einen Monat später fällig werden, da sich auch die Mitte des Dreimonatszeitraums verschiebt. Unter Umständen ist dann der Säumniszuschlag rechtswidrig, weil zwischen verschobener Fälligkeit und Festsetzungsbescheid noch keine 4 Wochen liegen.

Auch stellt sich die Frage, ob dann nicht ein neuer Monat in den Bescheid aufgenommen werden müsste, damit es wieder bei einem Dreimonatszeitraum bleibt.  Ob für diesen neuen Monat auch ein Beitrag festzusetzen ist, müsste sich m.E. aus dem Bescheid ergeben. Ansonsten könnte der Bescheid rechtsfehlerhaft sein, weil er inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist.

Die Voraussetzung für eine Nichtigkeit sind allerdings hoch.
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: ohmanoman am 01. August 2019, 18:35
Moin Moin,

also ein Bescheid 12.XX bis 02.XX. Der Zeitraum 12.XX wurde aufgehoben!

Ohmanoman
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: cook am 01. August 2019, 21:51
Was soll in einem Bescheid denn bitte "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" heißen?

Dass der ganze Rundfunkkram reines Willkürrecht ist, ist mir schon klar. Aber das setzt dem Ganzen doch den ... usw.

Soll heißen: Änderungsbescheid ist Neubescheid. Alles geht von vorne los. Wenn's Spaß macht....

Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: ohmanoman am 01. August 2019, 23:59
Moin Moin,
der Beitragsservice lässt die Machine in Köln vollstrecken, die Rundfunkanstalt hat aber aus dem Bescheid ein Monat aufgehoben mit dem Hinweis, "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht". Für einen längeren Zeitraum wurde auch andere Festsetzungsbescheide aufgehoben "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht", es wurden Name und Beitragsnummer der Rundfunkanstalt mitgeteilt, für eine Wohnung für der Beitrag entrichtet wurde. Es war nur eine Meldeadresse, für eine Person die über einen Zeitraum keine eigene Wohnung hatte.
Die Vollstreckungsbehörde gibt keine Auskunft darüber, wie sich der Betrag der vollstreckt werden soll zusammen setzt. Weder Zeit noch höhe stimmt, nur der Gesamtbetrag und Vollstreckungsgebühr und paar Sent für Auslagen wurden bekanntgegeben!? Der Vollstrecker gibt sich momentan noch uneinsichtig!

Ohmanoman diese Schergen
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: PersonX am 02. August 2019, 10:28
Das Vollstreckungsersuchen sollte genau die Forderung bezeichnen. Der Vollstrecker sollte genau dieses Ersuchen liefern. Einwände interessieren den Vollstrecker nicht, da es ja nicht seine Aufgabe ist das zu prüfen. Einwände muss er jedoch, wenn diese sich gegen die Art und Weise richten in der Art beachten, das diese einer Stelle vorzulegen sind welche darüber entscheiden kann. Ebenfalls muss ein Antrag auf Aussetzung zu dieser Stelle, damit diese Stelle den Vollstrecker anweist auszusetzen. Das Schreiben an diese Stelle kann dem Vollstrecker zuvor auch zur Kenntnisnahme gereicht werden. Einwände gegen die Höhe sind beim richtigen Gläubiger zu erheben. Alle anderen Einwände bedürfen gegebenenfalls ein Weg nach §123 VwGO. Welche Stelle das grundsätzlich ist richtet sich nach der Art des Vollstreckers, bei einem Gerichtsvollzieher ist die Stelle meist das Vollstreckungsgericht in allen anderen Fällen ist es die jeweilige Vollstreckungsbehörde. Der Vollstrecker sollte in der Lage sein diese Auskunft zu erteilen.
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 02. August 2019, 10:52
Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht?
Also ein Bescheid ist ein Bescheid, mit all seinen Folgen, natürlich ergibt sich daraus auch eine rechtliche Folge.
Vielleicht meinen die, daß es aus "Kulanzgründen" eine Abänderung eines Bescheides gab, man sich also nicht darauf in ähnlich gelagertem Fall berufen darf/kann/muß.

Aber warum beschäftigt man die Kasper nicht erneut, indem man einfach mal naiv fragt, was dieser einschränkende Satz bedeutet?

Ist ein abgeänderter Bescheid wieder per Widerspruch angreifbar? Was sagt denn der Rechtsbehelf?
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: pinguin am 02. August 2019, 19:05
Einwände interessieren den Vollstrecker nicht, da es ja nicht seine Aufgabe ist das zu prüfen.
Siehe aber auch:

Zitat
BFH VII B 151/85 - siehe u.a. unter
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BFH&Datum=04.07.1986&Aktenzeichen=VII%20B%20151%2F85

Urteil gesucht- Vollstreckbarkeit gegenüber dem Vollstreckungsorgan
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28772.msg184382.html#msg184382

Der Text der BFH-Entscheidung ist auch hier einsehbar, beim BFH selbst leider nicht.

BFH-Beschluß vom 4.7.1986 (VII B 151/85) BStBl. 1986 II S. 731
http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_1986/XX860731.HTM
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: PersonX am 02. August 2019, 19:34
Einwände interessieren den Vollstrecker nicht, da es ja nicht seine Aufgabe ist das zu prüfen.
Das sollte trotzdem beachtet werden, wenn der Vollstrecker selbst keine Behörde ist.

Richtig ist, dass es dieses Verfahren vor dem BFH gab. Richtig ist, dass die Einwände dort vor einer Behörde erhoben wurden. Der Vollstrecker ist vielleicht keine Behörde, wenn der Vollstrecker z.B. ein Gerichtsvollzieher ist.

Richtig ist, dass eine Vollstreckungsbehörde unter Umständen Vollstreckungsbeamte hat. -> Das bedeutet jedoch nicht, dass diese den BFH beachten. (-vgl. Bindungswirkung)

Darauf verlassen, dass sich die Amtsgerichte und Verwaltungsgerichte in der jeweiligen Kette, der Rechtsauffassung des BFH anschließen oder bereits angeschlossen haben, sollte sich nicht. Sofern es also keine einheitlich gesicherte Rechtsprechung der drei BFH, BGH und Bundesverwaltungsgericht, mit Ihren nicht ganz unabhängigen Richtern, dazu gibt, sollten Einwände Richtung Gläubiger vorgebracht werden oder der Weg dazu vor Gericht gegangen werden um diese einheitlich gesicherte Rechtsprechung zu erreichen.
Alternativ können Beispielurteile der anderen hier angegeben werden.

PersonX hat die Datenbanken dazu nicht geprüft.
 
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: Lev am 02. August 2019, 22:48
ich würde gerne erfahren, was die Rundfunkabgabe, bzw. deren Vollstreckung mit dem BFH zu tun hat?

Einwände interessieren den Vollstrecker nicht, da es ja nicht seine Aufgabe ist das zu prüfen.
Siehe aber auch:

Zitat
BFH VII B 151/85 - siehe u.a. unter
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BFH&Datum=04.07.1986&Aktenzeichen=VII%20B%20151%2F85

Urteil gesucht- Vollstreckbarkeit gegenüber dem Vollstreckungsorgan
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28772.msg184382.html#msg184382

Danke!

Lev

Edit "Markus KA":
Bitte für Fragen an die Moderation die Möglichkeit der Privaten Mitteilung (PM) nutzen.
Danke für das Verständnis und die zukünftige konsequente Berücksichtigung.


Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: drboe am 02. August 2019, 23:51
ich würde gerne erfahren, was die Rundfunkabgabe, bzw. deren Vollstreckung mit dem BFH zu tun hat?

Dazu muss man wohl dem Link folgen, der zum oben erwähnten Urteil führt. Und da liest man

Zitat
BFH-Beschluß vom 4.7.1986 (VII B 151/85) BStBl. 1986 II S. 731

Führt eine Finanzbehörde aufgrund eines Vollstreckungsersuchens die Vollstreckung nach den Bestimmungen des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes durch, so kann sich der Vollstreckungsschuldner ihr gegenüber auf das Fehlen eines Leistungsbescheids berufen.

Das Fehlen eines Leistungsbescheids wird hier im Forum häufig hervorgehoben, wenn es darum geht, dass VG und mit der Vollstreckung von sogn. Rundfunkbeiträgen befasste Institutionen das Fehlen des Leistungsbescheids schlicht ignorieren. Es wird halt dennoch vollstreckt.

M. Boettcher
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: PersonX am 02. August 2019, 23:54
@Lev, auch wenn die Antwort nicht von einem Moderator kommt, in einem kleinen Teil der Bundesländer erfolgt die Hilfe bei der Vollstreckung sehr wahrscheinlich durch das Finanzamt. Einwände gegen die Vollstreckung werden dadurch in die Zuständigkeit der Finanzgerichte geschoben. Der BFH könnte da das Ende sein.
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: Lev am 03. August 2019, 01:28
Es tut mir leid Herr Boettcher, von einem fehlenden Leistungsbescheid kann ich in diesem Faden nichts finden.
Aber ich kann nichts Anstößiges an diesem Satz finden...

Das Vollstreckungsersuchen sollte genau die Forderung bezeichnen. Der Vollstrecker sollte genau dieses Ersuchen liefern. Einwände interessieren den Vollstrecker nicht, da es ja nicht seine Aufgabe ist das zu prüfen...

... P. scheinbar doch, denn er verlinkte darauf dies... 
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31799.msg196054.html#msg196054     BFH

Kurzum:

Der Satz oben von PersonX entspricht der Tatsache!
Der Vollstrecker vollstreckt! Zu seinen Aufgaben gehört es nicht, das Vorverfahren rechtlich infrage zu stellen, denn er hat mit der Rechtsmaterie nichts zu tun.

Das P. gerne und häufig was anderes erklärt wunderte mich nicht. Was mich wundert ist, das Moderatoren diese Art der Irreführung hinnehmen und das immer wieder. Hier wurde mal erklärt, das Forum hätte eine Außenwirkung. Soll die Außenwirkung sein, dass man annehmen kann, dass der BFH mit Vollstreckungen im Rahmen der Rundfunkabgabe was zu tun hätte?

Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: cecil am 03. August 2019, 02:24
Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die vollstreckende Person/Behörde formale Voraussetzungen der Vollstreckung zu prüfen hat (z.B. lt. ZPO, GVGA). Dies wurde so ähnlich vom BFH (in o. g. Entscheidung) bestätigt. Wie und wo der Schuldner seine Einwendungen im einzelnen vorbringen kann, wurde je nach Bundesland im Forum bereits mehrfach erörtert (s. Vollstreckungsboard).

Worum geht es in diesem Thread? Doch um die Frage, ob aus einem Festsetzungsbescheid eine Teilsumme vollstreckt werden kann, obwohl die andere Teilsumme per neuem Bescheid entfallen ist, der alte Bescheid also um diesen Teil aufgehoben wurde. Wenn ich das so richtig verstanden habe (?).

Vielleicht können wir beim Thema bleiben und versuchen zu klären, ob aus dem ursprünglich 3 Monate umfassenden Festsetzungsbescheid weiterhin vollstreckt werden kann, ob dieser also weiterhin Vollstreckungsgrundlage bilden kann. (Eine noch genauere Fallbeschreibung des TE wäre evtl. hilfreich, um die Situation komplett und unzweifelhaft erfassen zu können).
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: drboe am 03. August 2019, 12:16
Es tut mir leid Herr Boettcher, von einem fehlenden Leistungsbescheid kann ich in diesem Faden nichts finden.

Stimmt! Eben deshalb schrieb ich auch Das Fehlen eines Leistungsbescheids wird hier im Forum häufig hervorgehoben, wenn ... Ich habe also nie behauptet, dass ein fehlender Leistungsbescheid in diesem Thread  zu finden ist. Allerdings war die Frage, auf die ich einging, was der BFH mit der Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen zu tun hat. Ersichtlich ist die Vollstreckung von Forderungen des Staates Gegenstand der Entscheidung des BFH, was sich mit leichter Mühe ermitteln lies, wenn man dem angegebenen Link folgte. Ich darf wohl, ohne damit das Abstraktionsvermögens des durchschnittlichen Forumsbenutzers zu überfordern, annehmen, dass sich diese Entscheidung des BFH auf die Vollstreckung von sogn. Rundfunkbeiträgen übertragen lässt und versuchte folglich die erwähnte Frage dahingehend zu beantworten. Ich hoffe, dass diejenigen, denen die Übertragung auf sogn. Rundfunkbeiträge nicht möglich war und denen mein Beitrag unverständlich erschien, der vorstehende Hinweis nunmehr genügt.

M. Boettcher
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: cecil am 03. August 2019, 12:48
Dann wissen wir das jetzt alle ;-)

Ein nichtiger Leistungsbescheid würde doch zu einem Fehlen desselben führen?

Allerdings bezweifele ich, dass dieses mögliche Fehlen aufgrund von möglicher Nichtigkeit einer vollstreckenden Person/Behörde so einfach vermittelbar ist. Da bräuchte es zunächst gute Argumente. Allerdings kann man eine solche Person/Behörde (je nach Bundesland) mit solchen Einwänden beschäftigen.

Der Weg zur Klärung der Bestandskraft/Existenz eines teilweise aufgehobenen Bescheides geht meiner vorsichtigen Meinung nach aber letztlich über die Behörde, die um Vollstreckung ersuchte bzw. über das Verwaltungsgericht. Die sind dazu da, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen...  ;)

Die Chancen eines solchen Einwands abschätzen zu helfen, sollte dieser Thread beitragen. Zunächst ist hier also aus verwaltungsrechtlicher Sicht zu klären, ob ein teilweise aufgehobener Bescheid noch Bestandskraft entwickeln muss oder ob er für nichtig erklärt werden kann.
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: pinguin am 03. August 2019, 13:30
Mein Hinweis sollte eigentlich der Rn. 8 der Entscheidung gelten:

Rn. 8 - BFH VII B 151/85
Zitat
    [...]Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muß, da sie Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Vollstreckung ist, in jedem Stadium der Vollstreckung von Amts wegen geprüft werden.[...]

Solange der Rundfunkbeitrag öffentliche Mittel sind, weil staatliche Mittel lt. EuGH in C-492/17, ist eben auch der Finanzrechtsweg nicht verkehrt, denn der ist für öffentliche Mittel zuständig.

Und wenn ein Festsetzungsbescheid nichtig ist, ist auch die Vollstreckung dieses Bescheides nichtig, weil die Behörde von Amts wegen verpflichtet ist, die Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Vollstreckung zu ermitteln.

Hinweis für Niedersachsen:

Rn. 24
Zitat
[...] Im Verhältnis zwischen Vollstreckungsbehörde und Vollstreckungsschuldner kann sich dieser jedoch weiterhin auf das Fehlen der Vollstreckungsvoraussetzungen berufen, zumal diese als die Behörde, die den angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat, die einzig richtige Beklagte (§ 78 VwGO) und von daher prozessual verantwortlich für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen ist (BFH, Beschluss vom 04.07.1986 - VII B 151/85 - NVwZ 1987, 535). Danach ist der Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers hier stattzugeben.
Die Entscheidung des BFH ist hier also verarbeitet; es ging in der Entscheidung des VG Hannover übrigens um Rundfunkgebühren.

VG Hannover 6. Kammer, Urteil vom 29.03.2004, 6 A 844/02, ECLI:DE:VGHANNO:2004:0329.6A844.02.0A
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE105180600&psml=bsndprod.psml&max=true
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: cecil am 03. August 2019, 15:36
@pinguin
Danke für dein Engagement und die Hinweise auf die Rechtsprechung.

Und, du kannst ja mal versuchen - in der Praxis - eine vollstreckende Person damit zu beeindrucken, dass du ihr sagst "möglicherweise ist der grundlegende Bescheid nichtig, weil vielleicht nicht mehr bestimmt genug, nachdem ein Teil der Forderung neu-beschieden worden war".  Ganz ganz evtl. erreichst du was dadurch. Erfahrungsgemäß wird ein (vermutlich bereits) anstehender Termin zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses dadurch nicht aufgehoben. Da müsstest du schon eine rechtliche Grundlage (§) benennen; da darfst du schon mit weiteren Kopien wedeln von einwendenden Schreiben an GEZ bzw. an das Gericht (Eilantrag), um eine Aufhebung des Termins überhaupt nur erwägbar zu machen. So eine vollstreckende Person kann ziemlich zurückhaltend sein mit Entgegenkommen...

Es ist jedoch notwendig, das entsprechende Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz zu Rate zu ziehen. Die Bestimmungen der Länder sind unterschiedlich, was sich in der Praxis auswirken kann.

@ohmanoman
Akteineinsicht in Vollstreckungssachen ist in manchen Bundesländern verbrieftes Recht (lt. GVGA). Soweit ich mich erinnere, in anderen Ländern gegenüber Vollstreckungsbehörden auch. Im Forum müssten sich die entspr. gesetzlichen Grundlagen finden lassen. 
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: PersonX am 03. August 2019, 16:14

Die teilweise Aufhebung ändert so gesehen nichts oder alles. Auch wenn diese Aufhebung aus X Gründen erfolgt, bei jedem Grund kann A die Entscheidung dazu prüfen, ob diese Ermessensfehlerfrei ist oder sich überhaupt an den gesetzlichen Bestimmungen entlang bewegt. Gibt es keine Rechtsbehelfsbelehrung, dann hat A ein Jahr Zeit diese Aufhebung anzufechten. Mit der Änderung tritt somit wahrscheinlich keine Rechtskraft für den Bescheid oder für einen Teil davon ein, zumindest solange nicht, wie die Rechtsmittelfrist noch läuft. Eine Vollstreckung aus einem Bescheid, welcher noch nicht unanfechtbar geworden ist, könnte unzulässig sein. Ob das zutreffend ist, dass ist nicht mit dem Vollstrecker zu klären, weil immer noch nicht seine Aufgabe, man kann das Ihm gegenüber anzeigen und eine Klärung und Aussetzung anstreben. Wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung dabei war, weil die Aufhebung in einem Widerspruchsbescheid erfolgte, dann kann A Klage erheben, sofern dazu die Frist nicht abgelaufen ist. Damit die Frist abgelaufen sein kann, muss diese begonnen haben. Auch darf die Klagebefugnis nicht anderweitig verwirkt sein.


Der Themenstarter wird gebeten genauere Darlegung zu dem fiktiven Fall zu geben.


Wie genau soll diese Aufhebung erfolgen? Welche Form soll das Schreiben haben, mit der die Aufhebung erfolgen soll?
Welche Rechtsbelehrung soll das Schreiben enthalten?
Wieviel Zeit soll zwischen der fiktiven Vollstreckung und der fiktiven Aufhebung liegen?


Angemerkt sei, dass durch eine Aufhebung ein Bescheid an sich sehr wahrscheinlich nicht nichtig werden kann.
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: cecil am 03. August 2019, 16:32
.. ist ein Festsetzungsbescheid über 3 Monate noch rechtskräftig, wenn ein Monat aus dem Bescheid [später] aufgehoben wird, mit dem Hinweis ... "Im Übringen behält der der Bescheid seine Gültigkeit“.

 Aus dem jetzt 2 Monate vollstreckt werden soll?

Es geht doch nicht um, den Aufhebungsbescheid, sondern um den Ursprungsbescheid, dachte ich.

Den Aufhebungsbescheid anzufechten, was soll das bringen? Richter*in: "ohmanoman, das ist doch zu Ihren Gunsten, wollen Sie die Aufhebung wirklich anfechten?" ;-)

Lautet die Frage nicht: Ist der Ursprungsbescheid noch vollstreckbar, oder kann er - auf irgendeiner (welcher?) gesetzlichen Grundlage - wegen Nichtigkeit angefochten werden?
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: PersonX am 03. August 2019, 16:51


Es wird vor Gericht der ursprüngliche Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids/Änderungsbescheid angegriffen. Ob das Sinn macht, das steht ganz wo anders.


Wenn durch einen Angriff des Bescheids dieser nichts rechtskräftig wird, dann ist er nicht unanfechtbar. Ist er nicht unanfechtbar, dann wird eine Vollstreckung anfechtbar. Warum sollte also nicht ein Bescheid vor Gericht angefochten werden? Person U muss sich halt überlegen was sie erreichen will und dann eine Strategie fahren um zu diesem Ziel zu kommen. Da kann es günstig sein, ein Verfahren auf eine Zeit zu bringen, welche politisch genutzt werden kann. Im ungünstigen Fall verläuft das Verfahren schnell, das Risiko besteht. Im ungünstigen Fall wird das vor dem OVG auch schnell behandelt. Sollte das Risiko so aussehen dann muss überlegt werden, was es braucht, damit das Risiko minimal wird. Z.B. unabhängige Richter sind vielleicht ein Reizwort, vielleicht kann das Verfahren ja gleich noch ausgesetzt werden.


Wichtig ist, dass keine Vollstreckung möglich wird oder zurück gezogen werden muss und dass keine weiteren Bescheide kommen. Das zu erreichen kann Ziel einer Strategie sein. Das nächste strategische Ziel ist Aufklärung und politische Mitarbeit. Jeder hat es in der Hand dieses System zu ändern. Wer seit 2013 nicht gezahlt hat, wird das auch weiterhin nicht machen und deshalb Wege und Möglichkeiten suchen und finden.



Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: pinguin am 03. August 2019, 18:01
in einem kleinen Teil der Bundesländer erfolgt die Hilfe bei der Vollstreckung sehr wahrscheinlich durch das Finanzamt. Einwände gegen die Vollstreckung werden dadurch in die Zuständigkeit der Finanzgerichte geschoben. Der BFH könnte da das Ende sein.
Siehe auch:

Zitat
Soweit der Rechtssuchende sich gegen die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen durch Berliner Finanzämter wendet, ist der Finanzrechtsweg gegeben. In Berlin sind die Finanzämter für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen zuständig. Die angefochtene Vollstreckungsmaßnahme ist rechtswidrig, wenn zweifelhaft ist, ob der zugrunde liegende Bescheid über Rundfunkbeiträge bekanntgegeben wurde.

Rn. 20
Zitat
Auf das Fehlen eines solchen Leistungsbescheids kann sich der Vollstreckungsschuldner auch gegenüber der um Vollstreckung ersuchten Finanzbehörde berufen. Aus § 5a Satz 1 VwVfG Bln, § 5 Abs. 1 VwVG, § 250 Abs. 1 Satz 2 AO folgt nichts Abweichendes (BFH, Beschlüsse vom 04.07.1986 VII B 151/85, BFHE 147, 5, BStBl II 1986, 731; vom 30.09.2002 VII S 16/02 [PKH], BFH/NV 2003, 142 mit weiteren Einzelheiten der Begründung, der das erkennende Gericht folgt).

FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.09.2015 - 7 V 7177/15
https://openjur.de/u/877990.html

Damit genug ot:
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: drboe am 03. August 2019, 18:03
Ein nichtiger Leistungsbescheid würde doch zu einem Fehlen desselben führen?

Soweit ich entsprechende Hinweise im Forum verstehe, fehlt ein Leistungsbescheid wohl generell. Man setzt offenbar lediglich fest. So etwa "Der Dummfunkbeitrag für den Zeitraum .... wird festgesetzt auf ...". Und nun? Nagle ich das an die Wand, drehe mir damit 'ne Tüte oder leg mich wieder hin und grüble, was das wohl bedeuten mag?

M. Boettcher
Titel: Re: Festsetzungsbescheid nichtig, wenn?
Beitrag von: Kurt am 03. August 2019, 18:48
OT - zur Info

- Vollstreckt wird in Berlin / Bremen durch die Finanzämter (siehe Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze)
- Vollstreckt wird in Bawü / Sachsen / Bayern durch die Gerichtsvollzieher, wobei Bawü und Sachsen eine Besonderheit darstellen, laut (Landes-)Verwaltungsvollstreckungsgesetz sind die Landesrundfunkanstalten in den beiden Bundesländer selbst die Vollstreckungsbehörden und können Pfändungs- und Einziehungsverfügungen (Lohn/Kontopfändung) eigenständig verschicken (siehe Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze)
- Vollstreckt wird in allen übrigen Bundesländern durch die kreisfreien Städte, Kommunen oder jeweiligen Landkreise (siehe Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze)
- ergänzend zu Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzen gibt es z. b. (Vollstreckungskostenordnung des Landes xyz, Landesverordnung zur Durchführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes xyz, usw.)

Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze: http://www.saarheim.de/Gesetze_Laender/vwvg_laender.htm
Ergänzungen: http://www.saarheim.de/Gesetze_Laender/vwvg-kosto_laender.htm

OT Ende

Gruß
Kurt