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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Probleme mit dem Beitragsservice => Thema gestartet von: Vierauge am 07. Oktober 2018, 02:05

Titel: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 07. Oktober 2018, 02:05
Hallo!

Ich versuche es mit Stichpunkten zu erklären, damit es übersichtlich bleibt. Die Suchfunktion wurde intensiv verwendet, aber nichts eindeutig Passendes gefunden.

Person S hat nie etwas von einem sog. Beitragsservice, und ich meine wirklich NICHTS, gehört. Im April 2015 erhält Person S von seiner Stadt in der sie wohnt, Abt. Stadtkasse eine "Zahlungsaufforderung zum Verwaltungsvollstreckungsverfahren" mit der Aufforderung, sog. Rundfunkbeiträge für 01/2013 bis 09/2014 zzgl. div. Auslagen und Vollstreckungskosten schnellstmöglich zu zahlen. Angeblich sollen 3 Bescheide von einem sog. "Beitragsservice" zugegangen und keine Rechtsmittel eingelegt worden sein.

Person S wehrt sich gegen diese Aufforderung mit einem Zurückweisungsschreiben, es erfolgt weiterer Schriftwechsel, jedoch wird ungeachtet dessen im Juni 2015 versucht, das Girokonto zu pfänden, wogegen sich Person S erfolgreich wehrt. Konkret hat die Stadtkasse die Pfändungsverfügung aus unbekanntem Grund zurückgenommen, nachdem Person S einen Antrag auf Eilrechtsschutz beim zuständigen Verwaltungsgericht gestellt hat.

Im Juli 2015 erhält Person S eine erneute "Zahlungsaufforderung zum Verwaltungsvollstreckungsverfahren". In weiterem Schriftwechsel wird darauf hingewiesen, daß ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer Kontopfändung besteht, der nach Aberkennung der Stadtkasse leider erfolglos parallel per Eilrechtsschutz versucht wurde vor dem zuständigen Verwaltungsgericht durchzusetzen, denn noch während das Verfahren lief, versuchte besagte Stadtkasse das Konto von Person S erneut zu pfänden, wodurch dem Eilantrag das Begehren entzogen wurde.

Person S wehrte sich erneut mit einem Eilrechtsschutzantrag und einer dafür erforderlichen Klage erfolgreich gegen die Pfändungsverfügung. Im Verlauf dieser Verfahren wurden die Verwaltungsakten von der Rundfunkanstalt und der besagten Stadtkasse eingesehen und festgestellt, daß sich in den Akten Postrückläufer befanden, die tatsächliche Zustellung der "Leistungsbescheide" durch die Stadtkasse nie geprüft und die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungsersuchens vorgetäuscht wurde. So wurde bewiesen, daß Person S tatsächlich nie Schreiben eines sog. "Beitragsservice" erhalten hat. Die Landesrundfunkanstalt versuchte noch, die Eilentscheidung mit einer Beschwerde vor dem OVG zu kippen, jedoch konnte Person S sich auch dagegen erfolgreich mit Hilfe eines auf diesem Rechtsgebiet hochkompetenten, forenbekannten Rechtsanwalts zu wehren. Nach der für Person S begünstigenden Entscheidung des OVG nahm die Rundfunkanstalt das Vollstreckungsersuchen gegenüber der Stadtkasse zurück, was dann auch die Klage erledigte. Die Entscheidung wurde auch in die einschlägigen Urteilsdatenbanken aufgenommen. Als faden Beigeschmack schrieb die Bank an Person S, daß sie bei weiteren Pfändungen die Geschäftsbeziehung beenden werde, was Person S sehr hart treffen würde. Dabei interessiert es die Bank nicht, daß die Pfändungen nachweislich unberechtigt waren.

Im November 2015 nun erhielt Person S insgesamt 4 sog. Festsetzungsbescheide von einer "Firma" namens "[Rundfunkanstalt] Beitragsservice" mit Postzustellurkunde zugestellt. Bei diesen "Bescheiden" handelte es sich um unvollständige Kopien von sog. "Festsetzungsbescheide" der zuvor im Klageverfahren eingesehenen Akten, jedoch fehlte jeweils die Rückseite mit den Rechtsbehelfsbelehrungen und auch eine Bankverbindung ist nicht zu finden. Das kam Person S komisch vor, sie legte jedoch einen vorsorglichen Widerspruch für alle  "Bescheide" ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Der Rückschein bestätigt den Eingang des Widerspruchs bei der Rundfunkanstalt.

Erst im September 2018 meldet sich wieder ein sog. "Beitragsservice" mit einer "Mahnung und Ankündigung der Zwangsvollstreckung" und Aufforderung zur Zahlung von sog. "Rundfunkbeiträgen" von Juni bis September 2015 sowie der Erwähnung rückständiger Forderungen bis 06/2015, die aus den "Bescheiden", wogegen Widerspruch eingelegt wurde resultieren dürften. Die Hauptforderung selbst resultiert aus einem sog. "Festsetzungsbescheid", den Person S auch nie erhalten hat.

Person S schildert in einem Schreiben an die Rundfunkanstalt nun unverzüglich und detailliert, wie sie die Sache sieht, bittet um einen Vollstreckungsaufschub und um Mitteilung, weil sie auch Angst vor einem erneuten Zwangsvollstreckungsverfahren durch die Stadtkasse hat, ob weiterhin beabsichtigt wird, sich wegen der Vollstreckung an die Stadtkasse ihres Wohnortes zu wenden, damit Person S rechtzeitig Vollstreckungsschutz beim zuständigen Verwaltungsgericht beantragen kann.

Innerhalb von nur 6 Tagen erhält Person S per Postzustellurkunde wieder Kopien von sog. "Festsetzungsbescheiden" mit einem kurzen Begleitschreiben, daß man ihr gern diese Kopien zusendet (die sie gar nicht angefordert hat). Es sind Kopien von 6 "Festsetzungsbescheiden" und zwei Mahnungen. Die "Bescheide" enthalten nun die Rückseite mit der Rechtsbehelfebelehrung. Bei 4 der "Bescheide" handelt es sich um die bereits im November 2015 zugestellten Kopien, die sich im Widerspruchsverfahren befinden. Die anderen beiden "Bescheide" hat Person S ebenfalls noch nie gesehen.

Person S ist nun völlig verwirrt. Wie verhält sie sich denn jetzt, ohne viel Kosten und Aufwand zu verursachen? Ihr liegen ausschließlich Kopien der "Bescheide" vor. Nach der letzten Zusendung hat Person S nunmehr Kopien aller "Bescheide", jedoch nicht ein einziges Original. Person S will auch nicht den Überblick verlieren und fragt sich deshalb, ob die Zustellung von "Bescheidkopien" überhaupt eine Bekanntgabe eines Verwaltungsakts bewirken können. Sie hat im Internet nur widersprüchliche Informationen dazu gefunden. Soll sie denn nun Widerspruch gegen die zwei "neuen", in Kopie zugestellten "Bescheide" einlegen? Kann hier jemand weiterhelfen?

Edit "Markus KA":
Der Betreff wurde zur Präzisierung, entsprechend dem Inhalt des Startbeitrags, erneut angepasst.
 

Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: faust am 07. Oktober 2018, 17:51
... ich fang mal an, auch wenn ich nicht den Stein der Weise in der Tasche habe:

1) Glückwunsch - Person A hat schon verdammt viel richtig gemacht.

2) ich würde nochmal alles nebeneinanderlegen und schauen, ob in dem einen oder anderen Fall schon Verjährungen in Frage kommen?

3) die Masse an Papier verfolgt offenbar (auch) den Zweck der Verwirrung.
Da Person A ja bereits kampferprobt ist und Aufwand offensichtlich nicht scheut, wie wäre es mit:

Beschwerde Intendanz/Kopie Ministerpräsident  >:D (#) :police: ?
Der Beschwerde an die Intendanz die überflüssigen Unterlagen ("zu Ihrer Verwendung") beifügen?
Namen des Bearbeiters verlangen, die Einleitung rechtlicher Schritte ankündigen und vorbehalten?
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 07. Oktober 2018, 18:24

1) Glückwunsch - Person A hat schon verdammt viel richtig gemacht.
Danke. Ja, das war auch eine harte Einarbeitung und Recherche, nicht zuletzt auch hier im Forum. Es geht übrigens um Person S  :D

2) ich würde nochmal alles nebeneinanderlegen und schauen, ob in dem einen oder anderen Fall schon Verjährungen in Frage kommen?
Das hat Person S schon geprüft. Verjährung wäre für die Forderungen aus den "Bescheiden", die sich im Widerspruchsverfahren befinden, eingetreten, wenn festgestellt werden sollte, daß es sich bei den zugesendeten Kopien nicht um vollstreckbare Titel handelt. Die Rundfunkanstalt märt sich darüber logischerweise nicht aus und Person S denkt, daß die Rundfunkanstalt sich sicher ist, daß vollstreckbare Titel vorliegen, denn sonst würde sie die Zwangsvollstreckung ja nicht androhen.

3) die Masse an Papier verfolgt offenbar (auch) den Zweck der Verwirrung.
Da Person A ja bereits kampferprobt ist und Aufwand offensichtlich nicht scheut, wie wäre es mit:

Beschwerde intendanz/Kopie MInisterpräsident  >:D (#) :police: ?
Der Beschwerde an die Intendanz die überflüssigen Unterlagen ("zu Ihrer Verwendung") beifügen?
Namen des Bearbeiters verlangen, die Einleitung rechtlicher Schritte ankündigen und vorbehalten?
Das ist Person S momentan zu viel Aufwand. Sie möchte die Vollstreckung am liebsten erstmal außergerichtlich abwenden, bis geklärt ist, daß bzw. daß keine vollstreckbaren Titel vorliegen.

Bist Du Dir denn sicher, daß die Unterlagen überflüssig sind? Person S hat den Eindruck, daß hier für einen weiteren Bescheid Bekanntgabevoraussetzungen geschaffen werden sollen, denn sonst hätte man ihr das Ganze ja nicht mit Postzustellurkunde zugesendet. Aber die Idee, sich an eine höhere Stelle mit einer Beschwerde zu wenden, ist nicht schlecht, auch wenn sich Person S damit zeitlich und auch mit einer Begründung schwer tut.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: noGez99 am 07. Oktober 2018, 19:43
Wenn Person A noch Widersprusgründe braucht:

Zitat
Re: Nichtigkeit des Beitragsbescheides bei Mehrpersonenhaushalten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28945.msg181682.html#msg181682

Die kann man auch nachreichen:
Weiterer Sachvortrag zu meinem Widerspruch vom ....
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: cook am 07. Oktober 2018, 19:44
Man könnte auch ggf. mal mit der örtlichen Presse Kontakt aufnehmen. Es kann doch nicht sein, dass dieser Bürgermeister wiedergewählt wird, dessen Stadtkasse so dermaßen gegen geltendes Recht verstößt, oder?
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 07. Oktober 2018, 19:58
Wenn Person A noch Widersprusgründe braucht:

Re: Nichtigkeit des Beitragsbescheides bei Mehrpersonenhaushalten
Person S hat den Haushalt allein.

Man könnte auch ggf. mal mit der örtlichen Presse Kontakt aufnehmen. Es kann doch nicht sein, dass dieser Bürgermeister wiedergewählt wird, dessen Stadtkasse so dermaßen gegen geltendes Recht verstößt, oder?
Die Stadtkasse ist hier noch gar nicht involviert und Person S wird sich ganz sicher nicht vorher an sie wenden, wenn überhaupt nicht klar ist, daß die Drohung der Rundfunkanstalt umgesetzt wird.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Markus KA am 07. Oktober 2018, 22:24
Person S ist nun völlig verwirrt. Wie verhält sie sich denn jetzt, ohne viel Kosten und Aufwand zu verursachen? Ihr liegen ausschließlich Kopien der "Bescheide" vor. Nach der letzten Zusendung hat Person S nunmehr Kopien aller "Bescheide", jedoch nicht ein einziges Original. Person S will auch nicht den Überblick verlieren und fragt sich deshalb, ob die Zustellung von "Bescheidkopien" überhaupt eine Bekanntgabe eines Verwaltungsakts bewirken können. Sie hat im Internet nur widersprüchliche Informationen dazu gefunden. Soll sie denn nun Widerspruch gegen die zwei "neuen", in Kopie zugestellten "Bescheide" einlegen? Kann hier jemand weiterhelfen?

Es besteht eigentlich keinen Grund verwirrt zu sein. Person S hat bereits Erfahrung in wirksamer Gegenwehr ungerechtfertigter Forderungen der Stadtkasse und könnte im Falle eines Falles den selben Weg gehen.

In fiktiven Fällen kann das ein oder andere Gericht der Rechtsauffassung sein, dass es leider keine Rolle spielt, ob Bescheide zugestellt/bekanntgegeben wurden oder nicht.
Hierzu:
Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23810.msg151512.html#msg151512 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23810.msg151512.html#msg151512)

Viel wichtiger ist möglicherweise der Sachverhalt, dass in fiktiven Bescheiden keine Leistung genannt wird.
Diese aber in dem entsprechenden Verwaltungsvollstreckungsgesetzt einzelner Bundesländer explizit als Voraussetzung für eine Vollstreckung vorhanden sein muss.

Hierzu möglicherweise auch hilfreich:

Ankündigung Zwangsvollstreckung RBB Gemeinde Wustermark
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27419.msg172252.html#msg172252 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27419.msg172252.html#msg172252)


Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 08. Oktober 2018, 00:47
Es besteht eigentlich keinen Grund verwirrt zu sein. Person S hat bereits Erfahrung in wirksamer Gegenwehr ungerechtfertigter Forderungen der Stadtkasse und könnte im Falle eines Falles den selben Weg gehen.
Das kann man so nicht sagen. Person S hat sich zwar gerichtlich gegen die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Stadt gewehrt. Letztendlich wurde aber darauf abgestellt, daß festgestellt wurde, daß keine wirksamen Verwaltungsakte vorlagen, weil die Bescheidzusendung gescheitert ist. Es wurde aber zu keiner Zeit geprüft, ob die Forderung berechtigt war. Die Rundfunkanstalt war lediglich die Beigeladene und nicht die Beklagte und hat vorsätzlich die Vollstreckung gegenüber der Stadtkasse bescheinigt, obwohl eindeutig ersichtlich war, daß die den Verwaltungsakt begründenden Bescheide gar nicht zugegangen sein konnten. Die Stadtkasse hat unbeirrt das Konto versucht zu pfänden, und Person S möchte wegen der Gefahr der Kündigung der Geschäftsbeziehung seitens der Bank nicht riskieren, daß die Vollstreckung bei der Stadt beauftragt wird. Person S und die Bürger der Stadt kennen den/die Leiter/Leiterin der Stadtkasse und wissen, daß er/sie alle Argumente ignoriert und trotzdem weitermacht mit der Vollstreckung und nur aufhört, wenn die Rundfunkanstalt das anordnet.

In fiktiven Fällen kann das ein oder andere Gericht der Rechtsauffassung sein, dass es leider keine Rolle spielt, ob Bescheide zugestellt/bekanntgegeben wurden oder nicht.
Und genau das sieht das hiesige Verwaltungsgericht und auch das OVG anders, denn sonst hätten sie ja nicht angeordnet, daß die Rundfunkanstalt den Beweis der Zustellung erbringen muß, nachdem Person S einen atypischen Geschehendablauf durch die Akteneinsicht beweisen konnte. Ob bzw. wie diese Gerichte die Begründetheit von Verwaltungsakten durch bloße Zustellung von Bescheidkopien sehen, weiß Person S allerdings nicht und möchte es ehrlich gesagt nicht ausprobieren.

Viel wichtiger ist möglicherweise der Sachverhalt, dass in fiktiven Bescheiden keine Leistung genannt wird.
Diese aber in dem entsprechenden Verwaltungsvollstreckungsgesetzt einzelner Bundesländer explizit als Voraussetzung für eine Vollstreckung vorhanden sein muss.
Auch das wird die Stadtkasse nicht interessieren und sie muß es nach den hiesiegen Verwaltungsgesetzen auch nicht prüfen, wenn die Rundfunkanstalt die Vollstreckbarkeit bescheinigt, da es eine Fremdforderung ist. In dem Fall tritt das als vollstreckbar bescheinigte Vollstreckungsersuchen der Rundfunkanstallt an die Stelle der Leistungsbescheide und ersetzt den vollstreckbaren Titel bzw. ist das Vollstreckungsersuchen dann der vollstreckbare Titel. Bei einer eigenen Forderung sieht das anders aus. Da hat sich Person S schon ausgiebig mit auseinandergesetzt.

Hierzu möglicherweise auch hilfreich:

Ankündigung Zwangsvollstreckung RBB Gemeinde Wustermark
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27419.msg172252.html#msg172252 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27419.msg172252.html#msg172252)
Ob das hilfreich ist, kann Person S derzeit nicht sagen, da sie wenig Zeit hat, die 5 Unterseiten auf die Schnelle komplett durchzuarbeiten. Sie kann aber schon sagen, daß der Fall auf sie nicht zutrifft, da sie im Bundesland Niedersachsen wohnt. Insofern bittet Person S hiermit den User Markus K daarum, den Thread entweder in den entsprechenden Bundeslandbereich oder in das ursprüngliche Forum "Probleme mit dem Beitragsservice" zu verschieben, damit bei den Helfenden keine Mißverständnisse entstehen.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Lev am 08. Oktober 2018, 00:53
@ Vierauge

Nur die Ruhe! Deine Verwirrung ist nachvollziehbar, denn es war ja eben nicht "der ganz normale Verfahrensweg". Dennoch hast du dich durchgesetzt...  Gratulation!   8)

Deine Frage: (Blau)
Zitat
Innerhalb von nur 6 Tagen erhält Person S per Postzustellurkunde wieder Kopien von sog. "Festsetzungsbescheiden" mit einem kurzen Begleitschreiben, daß man ihr gern diese Kopien zusendet (die sie gar nicht angefordert hat). Es sind Kopien von 6 "Festsetzungsbescheiden" und zwei Mahnungen. Die "Bescheide" enthalten nun die Rückseite mit der Rechtsbehelfebelehrung. Bei 4 der "Bescheide" handelt es sich um die bereits im November 2015 zugestellten Kopien, die sich im Widerspruchsverfahren befinden. Die anderen beiden "Bescheide" hat Person S ebenfalls noch nie gesehen.

Person S ist nun völlig verwirrt. Wie verhält sie sich denn jetzt, ohne viel Kosten und Aufwand zu verursachen? Ihr liegen ausschließlich Kopien der "Bescheide" vor. Nach der letzten Zusendung hat Person S nunmehr Kopien aller "Bescheide", jedoch nicht ein einziges Original. Person S will auch nicht den Überblick verlieren und fragt sich deshalb, ob die Zustellung von "Bescheidkopien" überhaupt eine Bekanntgabe eines Verwaltungsakts bewirken können. Sie hat im Internet nur widersprüchliche Informationen dazu gefunden. Soll sie denn nun Widerspruch gegen die zwei "neuen", in Kopie zugestellten "Bescheide" einlegen? Kann hier jemand weiterhelfen? 

_________________Die Antwort____________________________________
Wirksam wird ein Verwaltungsakt*, wenn er dir gegenüber bekannt gegeben wurde (Also, wenn du Kenntnis hast). Das ist nun der Fall!
Die Postzustellurkunde reicht der Behörde als Nachweis aus. Sie kann nun im Streitfall beweisen, dass S. nun Kenntnis hatte. Der § 43 VwVfG macht deutlich, dass es zunächst darum geht.
https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__43.html
* (... und damit auch der Bescheid.)


Kurzum: Die Bescheide (auch Kopien) sind Wirksam! 

_________________Wo steht S. nun?______________________________

Nehmen wir an S. hat den Brief letzte Woche bekommen (Gelben Brief mit den Kopien aller Bescheide), dann steht es S. frei einen Widerspruch einzuleiten. Bei der Frist orientiert man sich an dem Datum der Postzustellungsurkunde.

Wenn S. fristgerecht Widerspruch einleitet, dann wird nach § 69 VwGO das Vorverfahren eröffnet¹  (Auch Widerspruchsverfahren genannt).
Der Einwand (im Widerspruch) von S., müsste dann zunächst mal ausgeräumt werden (§ 73 Abs. 3 VwGO). So lange befindet sich S. im Vorverfahren.
https://dejure.org/gesetze/VwGO/73.html

Wer das Vorverfahren eröffnet¹ (inkl. des Rechtsschutz § 80 VwGO),  wird i.d.R. nicht Vollstreckt. Es sei den der zuständige Richter bestimmt was anderes in Sachen Rechtsschutz.  
¹ https://dejure.org/gesetze/VwGO/69.html


Mit ein bischen Gück bekommt S vielleicht noch einen Festsetzungsbescheid.  :laugh: >>> Dann bitte hier schauen...
... Der Bumerangeffekt  https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25185.msg159375.html#msg159375

Hilfe im Anhang.

Lev


Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Markus KA am 08. Oktober 2018, 12:10
Und genau das sieht das hiesige Verwaltungsgericht und auch das OVG anders, denn sonst hätten sie ja nicht angeordnet, daß die Rundfunkanstalt den Beweis der Zustellung erbringen muß, nachdem Person S einen atypischen Geschehendablauf durch die Akteneinsicht beweisen konnte. Ob bzw. wie diese Gerichte die Begründetheit von Verwaltungsakten durch bloße Zustellung von Bescheidkopien sehen, weiß Person S allerdings nicht und möchte es ehrlich gesagt nicht ausprobieren.

Wenn mittlerweile ein oder mehrer Gerichtsurteile in einem Bundesland vorliegen sollten, die besagen, dass die öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt einen Beweis der Zustellung ihrer Bescheide erbringen muss, dann wäre es bestimmt für die Bürgerinnen und Bürger interessant und sehr hilfreich zu wissen, in welchem Bundesland und bei welchen Gerichten diese Urteile vorliegen. Hilfreich hierzu wären die Angaben der entsprechenden Aktenzeichen und die Veröffentlichung der Urteile in diesem Forum.

Die weitere Vorgehensweise im fiktiven Fall könnte sein, wie bereits beschrieben, sich der Rechtsbehelfsbelehrung zu widmen.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 08. Oktober 2018, 15:02
Kurzum: Die Bescheide (auch Kopien) sind Wirksam! 
Die bloße Bekanntgabe und die rechtswirksame Bekanntgabe sind doch aber zwei Paar Schuhe. Demnach ist eine Kopie, die nachweislich kein identisches Replikat des Originals ist, trotzdem ein Bescheid, der eine rechtswirksame Bekanntgabe bewirkt? Konkret fehlte bei den 2015 zugestellten Bescheiden die Seite mit der Rechtsbehelfsbelehrung und es ist ja nun allgemein bekannt, daß sich diese bei den Original-"Festsetzungsbescheiden" auf der Rückseite befindet.

Wenn mittlerweile ein oder mehrer Gerichtsurteile in einem Bundesland vorliegen sollten, die besagen, dass die öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt einen Beweis der Zustellung ihrer Bescheide erbringen muss, dann wäre es bestimmt für die Bürgerinnen und Bürger interessant und sehr hilfreich zu wissen, in welchem Bundesland und bei welchen Gerichten diese Urteile vorliegen.
Die Rundfunkanstalt ist grundsätzlich verpflichtet zu beweisen, daß "Bescheide" zugegangen sind. In gerichtlichen Verfahren tut sie das auch durch die Berufung auf die Erfahrung des täglichen Lebens, daß ein einfacher Brief nach täglicher Lebenserfahrung drei Tage nach seiner Postaufgabe zugeht. So war es auch bei Person S, die daraufhin beweisen mußte, daß die "Bescheide" nicht zugingen, was durch Darlegung eines atypischen Geschehensablaufs gelang, denn in der Verwaltungsakte der Rundfunkanstalt befanden sich die versendeten Briefe mit dem Vermerk von Postrückläufern. Sogar die Umschläge waren dokumentiert. Auf ihnen befanden sich Aufkleber, daß der Empfänger nicht ermittelbar ist. Das hat dem Gericht genügt, um die Beschwerde der Landesrundfunkanstalt zurückzuweisen.

Die weitere Vorgehensweise im fiktiven Fall könnte sein, wie bereits beschrieben, sich der Rechtsbehelfsbelehrung zu widmen.
So wird es Person S wohl auch machen. Widerspruch gegen alle "Bescheid"kopien einlegen und versuchen, Verjährungseinrede gegen die Bescheide mit den Forderungen für 2013 und 2014 erheben und für die anderen Bescheide die Rechtmäßigkeit anzweifeln.

Wie verhält es sich denn damit, daß die "Bescheide" nach einem Verwaltungsgesetz aus dem Bundesland, in dem die Rundfunkanstalt ihren Sitz hat, erlassen wurde, die Rundfunkanstalt aber explizit von der Geltung dieses Verwaltungsgesetzes ausgenommen ist?
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 10. Oktober 2018, 02:02
Sooo....

Person S hat in den letzten Tagen einen umfangreichen Widerspruch verfaßt und diesen gesten per Einwurfeinschreiben und Fax auf den Weg gebracht. Sie hat alles mit reingebracht wie die Begriffsqualifikation "Festsetzungsbescheid" zu Leistungsbescheid, Ausnahme vom HamVwVfG, fehlende Behördeneigenschaft und deshalb Verbot der Bedienung an gesetzlicher Zustellmethode, "Beitragsseervice" nicht rechtsfähig und kann keine Rechte und Pflichten tragen, fehlendes Selbsttitulierungsrecht, Verjährung für 2013 und 2014 etc. pp.  Person S ist es erstmal wichtig, daß sie die Stadt in Ruhe läßt.

Besonderen Dank erstmal an Markus KA und Lev für die Hintergrundinfos.

Jetzt ist die LRA erstmal wieder am Zug. Person S hat kein Problem damit, wenn sich die LRA wieder solange Zeit läßt.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 16. Dezember 2018, 17:31
Jetzt ging es ziemlich schnell. Mitte November erhielt Person S, wieder mit Postzustellurkunde,  einen Widerpsruchsbescheid, der wie erwartet den Widerspruch von Mitte Oktober zurückweist.  Erstaunlich ist, daß man sich sich mit fast allen Widerspruchspunkten befaßt und versucht hat, eine plausible Argumentation zu finden, um diese Punkte zurückzuweisen. Auch der im November 2015 eingelegte Widerspruch findet Erwähnung. Auf den mehrfachen Einwand, daß bisher nur Kopien der "Bescheide" vorliegen, wurde (natürlich) mit keinem Wort eingegangen.

Person S hat nun über einen beauftragten Rechtsanwalt Klage gegen den Widerspruchsbescheid vor dem Verwaltungsgericht erhoben und eine Klageeingangsbestätigung erhalten. In dieser Eingangsbestätigung steht ein höchst interessanter, aber auch rätselhafter Satz geschrieben, der da lautet:
Zitat
Bei dem Schreiben vom [Datum des Schreibens von Anfang Oktober mit den "Bescheid"kopien] dürfte es sich nicht um einen Verwaltungsakt handeln

Dieses erwähnte Schreiben ist aber genau das Schreiben, das mit den Replikaten mit Postzustellurkunde zugestellt wurde und wogegen sich der Widerspruch richtete.

Die Klage erfolgte mit dem Antrag, die "Bescheide" in Form des Widerspruchsbescheids aufzuheben. Person S rätselt nun, ob das Gericht dem Argument der nur in Kopie vorliegenden "Bescheide" folgt und beabsichtigt, der Klage stattzugeben, indem es die vermeintlichen Verwaltungsakte für nichtig erklärt und so auch den Widerspruchsbescheid als nichtig ansieht und ihn aufhebt.

Der beauftragte Rechtsanwalt hatte Person S vor der Klage dahingehend beraten, daß ein Widerspruch ohnehin nur gegen gültige Verwaltungsakte eingelegt werden kann und äußerte Bedenken am Erfolg der Klage. Person S hat die Befürchtung, mit dem Widerspruch die "Bescheide" selbst für gültig erklärt zu haben und so an einem Mißerfolg der trotzdem erhobenen Klage mitverantwortlich sein zu können.

Person S geht davon aus, daß sich die beklagte Rundfunkanstalt zu diesem Satz auch äußern muß und ist gespannt, was dazu vorgetragen wird. Ein Statement des Rechtsanwalts ist dazu noch nicht erfolgt, aber es ist ja heute auch Sonntag.

Es bleibt also spannend und Person S ist an den Sichtweisen der hier Mitlesenden sehr interessiert.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Markus KA am 16. Dezember 2018, 22:49
Innerhalb von nur 6 Tagen erhält Person S per Postzustellurkunde wieder Kopien von sog. "Festsetzungsbescheiden" mit einem kurzen Begleitschreiben, daß man ihr gern diese Kopien zusendet (die sie gar nicht angefordert hat). Es sind Kopien von 6 "Festsetzungsbescheiden" und zwei Mahnungen. Die "Bescheide" enthalten nun die Rückseite mit der Rechtsbehelfebelehrung. Bei 4 der "Bescheide" handelt es sich um die bereits im November 2015 zugestellten Kopien, die sich im Widerspruchsverfahren befinden. Die anderen beiden "Bescheide" hat Person S ebenfalls noch nie gesehen.

Es könnte in einem fiktiven Fall vorgekommen sein, dass wenn Person S Fesetzungsbescheide per Postzustellurkunde bekommen haben soll, diese durchaus einen Verwaltungsakt darstellen könnten, selbst wenn auch nur als Kopie und die Rechtsbehelfsbelehrung fehlen sollte.

Möglicherweise könnte sich die Aussage eines Anwalts bezüglich "erfolgloser" Klage darauf beziehen, dass  die Verwaltungsgerichte allgemein eine Klage gegen den Zwangsbeitrag ablehnen.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 16. Dezember 2018, 23:27
Es könnte in einem fiktiven Fall vorgekommen sein, dass wenn Person S Fesetzungsbescheide per Postzustellurkunde bekommen haben soll, diese durchaus einen Verwaltungsakt darstellen könnten, selbst wenn auch nur als Kopie und die Rechtsbehelfsbelehrung fehlen sollte.

Und genau das scheint das Gericht mit dem Satz ja anzuzweifeln. Das erwähnte Schreiben soll ja gerade keinen Verwaltungsakt darstellen und die kopierten "Bescheide" waren ja nur Anlagen zu dem Schreiben.

Möglicherweise könnte sich die Aussage eines Anwalts bezüglich "erfolgloser" Klage darauf beziehen, dass  die Verwaltungsgerichte allgemein eine Klage gegen den Zwangsbeitrag ablehnen.

In dem fiktiven Fall von Person S wurde ja nicht der Rundfunkbeitrag ansich gerügt, sondern eine nicht korrekte Festsetzung. Eine Festsetzung ist aber Voraussetzung für eine Vollstreckung und dagegen richtet sich die Klage. Zudem ist das Urteil des BVerfG vom 18. Juli 2018 auch noch nicht rechtskräftig und es wird dagegen noch Beschwerde vor dem EGMR erhoben werden, was noch bis Mitte Januar 2019 möglich ist. Mit dieser Begründung hat der Rechtsanwalt von Person S das Gericht auch angeregt, das Verfahren bis zu einer EGMR-Entscheidung auszusetzen, sollte es die "Bescheide" in Form des Widerspruchsbescheides nicht aufheben.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: GesamtSchuldner am 17. Dezember 2018, 04:34
Hier eine Entscheidung aus Niedersachsen, wo ein verspäteter Zugang eines Festsetzungsbescheides mit Erfolg geltend gemacht wurde:

VG Göttingen 2. Kammer, Beschluss vom 11.04.2018, 2 B 96/18
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE180001495&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint (http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE180001495&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint)

Wichtig ist darin auch die Meinung des Gerichts, dass Säumniszuschläge für den bei Erlass eines Bescheides bereits zurückgelegten Beitragszeitraum nur einmal geltend gemacht werden dürfen. D.h. wenn die LRA eine Vielzahl von alten Bescheiden erneut bekanntgibt, so hätte sie dabei darauf achten müssen, dass nur ein einziger Säumniszuschlag erhoben wird.
Das macht die Bescheide aber nicht nichtig, sondern nur teilweise rechtswidrig.

Was die Bekanntgabe durch Kopien angeht, so ist mir aus meinem eigenen Dunstkreis eine Gerichtsentscheidung von 1995 des Kölner Verwaltungsgerichts wegen eines BaföG-Feststellungs- und Rückzahlungsbescheides bekannt: dieser war zunächst durch Einschreiben verschickt worden, welches den Empfänger aber nicht erreichte. Das Bundesverwaltungsamt verschickte dann später eine Kopie des Behördenexemplars, die mit einem durchgezogenen Querstrich versehen war. Das Gericht hat das aber als erneute Bekanntgabe gewertet.

Meines Erachtens kommt es aber immer auf die Umstände des Einzelfalls an, ob man das Versenden von solchen Kopien als Bescheid ansieht. Grundsätzlich muss die Behörde ja prüfen, ob das alte Aktenexemplar noch zeitgemäß ist für den erneuten Erlass des Bescheides. Die Rechtslage oder die tatsächlichen Umstände könnten sich ja geändert haben, Ermessen könnte ja nunmehr anders ausgeübt werden etc.

Hier hätte der LRA ja auffallen müssen, dass sie für die zurückliegenden Zeiträume eigentlich nur einen Bescheid erlassen dürfte statt eine Vielzahl von alten Bescheidkopien zu verschicken.

Ob man mit dieser Ansicht bei Gericht durchkommt, scheint mir eine offene Frage zu sein. 

Was das Verwaltungsverfahrensrecht angeht, so müsste meiner Meinung nach bei einem Wohnsitz in Niedersachsen das niedersächsische  VwVfG anzuwenden sein, auch wenn der NDR seinen Sitz in Hamburg hat. Das niedersächsische VwVfG enthält keine Ausnahmeklausel für Rundfunkanstalten. Insofern wird dieses Gesetz von den niedersächsischen Gerichten anscheinend auch in Rundfunkbeitragssachen ohne Weiteres angewandt (siehe obigen Beschluss aus Göttingen).
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Markus KA am 17. Dezember 2018, 05:14
In dem fiktiven Fall von Person S wurde ja nicht der Rundfunkbeitrag ansich gerügt, sondern eine nicht korrekte Festsetzung. Eine Festsetzung ist aber Voraussetzung für eine Vollstreckung und dagegen richtet sich die Klage.
Um weitere Missverständnisse zu vermeiden, im fiktiven Fall von Person S wurde im Vorfeld die Vollstreckung bereits erfolgreich abgewehrt, weil die Festsetzungsbescheide wegen fehlender Zustellung (in der Akte dokumentierte Postrückläufer) nicht wirksam wurden. Somit ist dieses Verfahren erfolgreich abgeschlossen.

Nun könnte Person S die entsprechenden Festsetzungsbescheide, zwar in Kopie, aber mit Postzustellungsurkunde erhalten haben. Somit könnten nun die Festsetzungsbescheide wirksam zugestellt worden sein und Person S könnte diesen Bescheiden widersprochen haben.

Daraufhin könnte Person S einen Widerspruchsbescheid bekommen haben. Gegen diesen und gegen die Festsetzungsbescheide könnte Person S eine Anfechtungsklage eingereicht haben.

Somit könnte sich die Klage gegen die Bescheide und nicht gegen eine Vollstreckung gerichtet haben, da diese bereits erfolgreich abgewehrt wurde.

Soweit könnte man schlussfolgern, dass Person S eigentlich alles richtig gemacht hat. Zur weiteren Information für den Leser könnte es hilfreich sein die entsprechenden anonymisierten Dokumente an den Beitrag anzuhängen.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: GesamtSchuldner am 17. Dezember 2018, 13:30
Nun könnte Person S die entsprechenden Festsetzungsbescheide, zwar in Kopie, aber mit Postzustellungsurkunde erhalten haben. Somit könnten nun die Festsetzungsbescheide wirksam zugestellt worden sein und Person S könnte diesen Bescheiden widersprochen haben.

Für die Verjährung der Beitragsforderung in den Jahren 2013 und 2014 ist es in diesem fiktiven Fall entscheidend, ob bereits die Zustellung im Jahre 2015 eine wirksame Bekanntgabe war.

Hier fehlte ja anscheinend die Rückseite der Bescheide. Fraglich ist insbesondere, ob man einen solchen "halben" Bescheid noch als mittels automatischer Einrichtungen hergestellt betrachten darf. Das Kopieren ist ja eher ein Vorgang, den man per Hand durchführt, d.h. die "Halbierung" ist nicht auf automatische Einrichtungen zurückzuführen, sondern auf eine individuelle des kopierenden Mitarbeiters. Falls man den Vorgang aus 2015 als ohne automatische Einrichtungen durchgeführt ansieht,  dann müssten die Bescheide aber eine Unterschrift des Sachbearbeiters tragen, um gültige Verwaltungsakte zu sein.
D.h. dann stellt sich die  Frage, ob es in diesem fiktiven Fall einen unterschriebenen Begleitbrief gibt.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 17. Dezember 2018, 17:26
@Markus KA
Nach der erfolgreichen Vollstreckungsabwehr wurden der fiktivern Person S mit einem Begleitschreiben die 4 "Bescheide" als Anlage per PZU zugestellt. Hiergegen hat Person S Widerspruch eingelegt, in 2015, und nie wieder etwas davon gehört. Auch bei diesem Schreiben dürfte es sich ja dann auch nicht um einen Verwaltungsakt handeln und wieder würde sich die Ratte in den Schwanz beißen, denn Widersprüche sind ja nur gegen Verwaltungsakte möglich.

Ob Person S alles richtig gemacht hat, wird das aktuelle Klageverfahren zeigen. Person S konnte nun Rücksprache mit dem sie vertretenden Rechtsanwalt halten. Er hält den Satz für eine grobe Feststellung des Gerichts bei der ersten Durchsicht/Sichtung der Klageunterlagen und wartet nun auf die Klagerwiderung der Rundfunkanstalt. Für Person S etwas unverständlich ist die Strategie des Rechtsanwalts, weiterhin den Widerspruchsbescheid und die "Bescheid"kopien als Ganzes für einen gültigen Verwaltungsakt zu begründen, damit das Klageverfahren fortgeführt werden kann.

Person S wird hier aber aus gutem Grund keine anonymisierten Dokumente einstellen.

@GesamtSchuldner
Person S bedankt sich für den Link, jedoch wurden Säumniszuschläge bei ihr nicht mehrfach erhoben. Trotzdem richtet sich die Klage auch gegen die Erhebung der Säumniszuschläge, jedoch mit anderen Argumenten.

Die Klage richtet sich im Übrigen auch gegen das erwähnte Schreiben mit den entsprechenden Anlagen als Ganzes, was ja die "Bescheid"kopien waren, was wiederum bedeuten könnte, daß das Gericht das erwähnte Schreiben auch als Ganzes, also incl. der "Bescheid"kopien nicht als Verwaltungsakt ansieht. Wie erwähnt, bleibt abzuwarten, wie die Gegenseite reagiert. Person S kann leider die Folgen nicht abschätzen, wenn versucht würde, der Feststellung des Gerichts zu folgen und zu unterstreichen, daß es sich nicht um Verwaltungsakte handelt.

Ob die Forderungen aus 2013 und 2014 als verjährt festgestellt werden, hängt in der Tat davon ab, ob in 2015 eine wirksame Bekanntgabe vorlag. Dies würde aber auch in diesem Klageverfahren geklärt werden, weil Person S ja schon im Widerspruch die Verjährungseinrede vortrug und diese von der Rundfunkanstalt zurückgewiesen wurde.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: GesamtSchuldner am 20. Dezember 2018, 02:25
Hier ein Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg, nach dem die Übersendung von Kopien eine wirksame Bekanntgabe eines Verwaltungsakts darstellt:

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
Entscheidungsdatum:   06.04.2017
Aktenzeichen:   OVG 11 S 18.17
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/3nf/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=MWRE170005631&documentnumber=7&numberofresults=34&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=L&paramfromHL=true#focuspoin (http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/3nf/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=MWRE170005631&documentnumber=7&numberofresults=34&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=L&paramfromHL=true#focuspoin)

Ob das auch gilt, wenn die alten Bescheide nur unvollständig kopiert wurden, bleibt natürlich eine interessante Frage.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 20. Dezember 2018, 23:32
@GesamtSchuldner

Die "Bescheide" wurden mit Zustellung in 2018 vollständig kopiert. Unvollständig kopiert waren sie lediglich mit Zustellung in 2015. Der Widerspruch dagegen wurde nie beschieden. In 2018 wurden die "Bescheide", die 2015 unvollständig kopiert wurden, in 2018 nochmals mit den anderen "Bescheiden" vollständig kopiert und zugestellt. Dagegen wurde dann nochmals Widerspruch eingelegt und es erging der Widerspruchsbescheid, gegen den die fiktive Person S nun klagt.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: GesamtSchuldner am 21. Dezember 2018, 00:46
Ja, das hattest Du bereits geschrieben. Bezüglich der Verjährung des Anspruchs aus den Jahren 2013 und 2014 kommt es dann aber darauf an, ob die unvollständige Übersendung in 2015 ein Verwaltungsakt war.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 30. Dezember 2018, 00:51
Hat hier nicht irgendwer behauptet, es gäbe eine inoffizielle Weisung, daß die Rundfunkanstalt nicht vollstreckt, solange eine Klage gegen diese läuft?

Person S hat erneut eine Mahnung mit Ankündigung der ZV erhalten, in der die restlichen Beiträge, die in der ersten Mahnung nicht aufgeführt waren und die Gegenstand der Klage sind, vollstreckt werden sollen, wenn nicht innerhalb kürzester Zeit gezahlt wird.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Markus KA am 30. Dezember 2018, 03:29
Hat hier nicht irgendwer behauptet, es gäbe eine inoffizielle Weisung, daß die Rundfunkanstalt nicht vollstreckt, solange eine Klage gegen diese läuft?

Eine Weisung gibt es nicht. Hierbei ist zu beachten, dass die Vollstreckungsersuchen oft automatisch vom BS an die entsprechende Vollstreckungsstelle gesendet werden. Die zuständige Rundfunkanstalt wird davon möglicherweise keine Kenntnis haben.

In einem fiktiven Fall könnte vorgekommen sein, dass man möglicherweise keine Mahnung und Vollstreckungsankündigung erhalten hat, weil als Dialogpost versendet.

In einem fiktiven Fall könnte vorgekommen sein, dass nach Post vom GV die entsprechende Vollstreckungsstelle und die zuständige Rundfunkanstalt auf die bereits anhängige Klage hingewiesen wurden. Entsprechende Vorgehensweisen und rechtliche Mittel zum Thema Vollstreckung wurden bereits vielfach im Forum diskutiert, bitte die Suchfunktion nutzen.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 06. Juni 2021, 12:42
Nunmehr 2 Jahre und 5 Monate später gibt es eine Entscheidung des Verwaltungsgrichts, die leider nicht so toll für Person S ist.

Im Wesentlichen erkennt das Gericht die Machenschaften um die Bekanntgabe und Zustellung diverser Kopien von Bescheiden in loser, unvollständiger und mit dem Original unabgleichbarer Blätterform an und gibt der Verjährungseinrede nicht statt. Person S ist absolut enttäuscht über diese Entscheidung. Es wurde zudem eine weitere Hürde für eine Berufung gesetzt, denn diese ist nicht direkt zu erheben, was sie vom Streitwert her eigentlich hätte müssen, denn es muß erst die Zulassung der Berufung beantragt werden, die dann von der Begründung abhängen dürfte und wofür nun anwaltlicher Vertretungszwang  besteht.

Person S hat Kontakt zu dem klagevertretenden Anwalt, der sich jedoch zunächst nach Übersendung der Entscheidung für 3 Wochen in den Urlaub verbschiedet hat.

Person S erhofft sich, hier im Forum Unterstützung hinsichtlich einer Begründung zu finden, die eine Berufung zulassen, um dem Anwalt etwas zuzuarbeiten, der Person S leider schon mitgeteilt hat, daß er für eine Zulassung der Berufung derzeit keine Erfolgsausichten sieht.

Der Anwalt hatte der Klagebegründung eine öffentlich verfügbare Klageschrift eines forenbekannten Anwalts an das VG Frankfurt mit angefügt, in der mit einem  Verbot einer automatisierten Bescheiderstellung argumentiert wurde und worauf der in dem Fall beklagte Hessische Rundfunk dem klageanhängigen Widerspruchsbescheid stattgab und das Klageverfahren ohne Entscheidung beendete. Person S sah hierin Übereinstimmungen mit den Verwaltungsverfahrensgesetzen, nach denen der hier beklagte Norddeutsche Rundfunk seine Bescheide erläßt, jedoch ist das hiesige Verwaltungsgericht der Auffassung, daß der Beklagte seine Bescheide nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundeslandes erlasse, in dem der Kläger wohnt, was Person S unlogisch erscheint.

Person S bittet die Community, die anonymisiert angefügten Zeilen der Entscheidungsbegründung einmal durchzulesen und hofft auf Tips für eine Begründung des Berufungsantrags, der zu einer Zulassung führen könnte.

Edit "Markus KA":
Idealerweise wäre der Gesamttext des Urteils im Beitrag für eine Diskussion von Vorteil, damit die entsprechende Textzeilen, auf die man sich bezieht, kopieren kann.
Danke für das Verständnis und die zukünftige konsequente Berücksichtigung.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Bürger am 11. Juni 2021, 01:29
[...] Es wurde zudem eine weitere Hürde für eine Berufung gesetzt, denn diese ist nicht direkt zu erheben, was sie vom Streitwert her eigentlich hätte müssen, denn es muß erst die Zulassung der Berufung beantragt werden, die dann von der Begründung abhängen dürfte und wofür nun anwaltlicher Vertretungszwang  besteht.
Das ist doch aber schon seit anno dazumal so  ??? jedenfalls kennt man im Forum kaum bis keine Verfahren, in denen explizit direkt Berufung zugelassen geworden wäre. Mir wäre auch neu, dass die Berufungszulassung ausgerechnet vom Streitwert abhängig wäre.

Daher...
Person S hat Kontakt zu dem klagevertretenden Anwalt, der sich jedoch zunächst nach Übersendung der Entscheidung für 3 Wochen in den Urlaub verbschiedet hat.

Person S erhofft sich, hier im Forum Unterstützung hinsichtlich einer Begründung zu finden, die eine Berufung zulassen, um dem Anwalt etwas zuzuarbeiten, der Person S leider schon mitgeteilt hat, daß er für eine Zulassung der Berufung derzeit keine Erfolgsausichten sieht.

[...]
..bitte umgehend und eingehend befassen mit dieser Möglichkeit:

Antrag auf Zulassung der Berufung - ohne Anwalt (trotz Anwaltspflicht)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=26638.0
bzw. darauf basierendem
Antrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten
für ein noch durchzuführendes
Antragsverfahren auf Zulassung der Berufung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26638.msg195671.html#msg195671
die dortige
Beispiel-Stellungnahme ans OVG zu den Voraussetzungen für die Beiordnung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26638.msg207322.html#msg207322

Diese hat den "Charme", dass bei (zu erwartender) Ablehnung der Beiordnung weder Anwalts- noch Gerichtskosten für diesen Verfahrensschritt anfallen.
Titel: Re: Vollstreckung abgewehrt, nun Bescheide als Kopie zugestellt
Beitrag von: Vierauge am 12. Juni 2021, 12:04
Das ist doch aber schon seit anno dazumal so  ??? jedenfalls kennt man im Forum kaum bis keine Verfahren, in denen explizit direkt Berufung zugelassen geworden wäre. Mir wäre auch neu, dass die Berufungszulassung ausgerechnet vom Streitwert abhängig wäre.

Nein, das ist neu für Person S. Im geschilderten Verlauf gab es eine erfolgreiche Eilentscheidung zu einer Pfändungsverfügung. Bei dieser Entscheidung wurde das Rechtsmittel der Beschwerde (zwar nicht Brufung, jedoch handelte es sich bei der Entscheidung um einen Beschluß und nicht um ein Urteil) zum OVG zugelassen und von der Antragsgegnerin auch genutzt. Deshalb die Verwunderung

Daher...

..bitte umgehend und eingehend befassen mit dieser Möglichkeit:

Antrag auf Zulassung der Berufung - ohne Anwalt (trotz Anwaltspflicht)

Danke für die Links. Das ist nicht mehr notwendig, denn es gibt inzwischen eine Kostenübernahmeerklärung für den Berufungszulassungsantrag.

Person S benötigt weiterhin Tips zur Begründung, daß die Berufung zugelassen wird. Das VG hat in der Entscheidungsbegründung (leider) fast überall bei seinen Auffassungen auf höherinstanzliche Entscheidungen und Rechtsprechung hingeweisen. Person S hält diese Auffassungen in den höherinstanzlichen Entsscheidungen teilweise für falsch, insbesondere die Auffassung zur Verjährung, der Titulierung durch unvollständiges, nicht prüfabres Blätterwerk von Bescheidkopien, obwohl sich die Originale ja als Rükläufer nachweislich in der Vorgangsakte bedinden und auch eine Unterschrift zumutbar war und möchte bestenfalls, daß diese Entscheidungen in der Berufung erneut geprüft werden müssen, befürchtet aber, daß das VG aus genau diesen Gründen, also weil es seine Auffassungen mit höherinstanzlichen Entscheidungen unterstrichen hat, den Berufungszulassungsantrag ablehnt, was vermieden werden soll.