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Grundsatzurteil Rundfunkbeitrag: Senioren und Behinderte zahlen

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Uwe:
Grundsatzurteil
Rundfunkbeitrag: Senioren und Behinderte zahlen



Zum vor einem Jahr eingeführten neuen Recht, Rundfunk und Fernsehen mit oder ohne Gebührenzahlung empfangen zu können, ist das erste Grundsatzurteil gesprochen worden: Es stammt vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Bayerischer VGH, 7 ZB 1817/13) und bezieht sich auf die (für viele unangenehme) Neuerung, dass auch Schwerbehinderte, die zuvor von dem Beitrag befreit waren, zahlen müssen.

mehr auf:
http://www.noz.de/deutschland-welt/gut-zu-wissen/artikel/453759/rundfunkbeitrag-senioren-und-behinderte-zahlen

themob:
Pressemitteilung des Bayerischen VGH zum Thema 7 ZB 1817/13

Beschluss des Bayerischen VGH zum Thema 7 ZB 1817/13

503:
Wenn Schwerbehinderte das nötige Geld haben und nicht abgeneigt sind es zu konsumieren, warum auch nicht.

Bei Leistung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks handelt sich um aufgedrängte Leistung(Bereicherung), weil die Senderverschlüsselung heutzutage technisch kein Problem darstellt. Von einer aufgedrängten Bereicherung spricht man, wenn eine Bereicherung gegen den Willen des Bereicherten erfolgt und für ihn kein Interesse oder Wert hat. Die aufgedrängte Bereicherung kann bei der Unmöglichkeit der Herausgabe einen Anspruch auf Wertersatz wegen Unbilligkeit des Anspruchs ausschließen.

Ist Rundfunk frei empfangbar wenn man keine Geräte besitzt?

Es macht doch keinen Unterschied, ob man nur einen TV-Gerät oder einen TV-Gerät+CI-Karte dafür braucht.

themob:
Sorry so ganz passt der letzte Kommentar nicht zum Inhalt des Beschlusses. Mal alles genau durchgelesen?


--- Zitat ---Leitsätze:
 
1. Die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht wegen einer Behinderung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 oder 8 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags gilt nicht als Befreiung, sondern als Ermäßigung der Rundfunkbeitragspflicht fort.
 
2. Die Befreiung einkommensschwacher Personen von der Rundfunkbeitragspflicht ist „bescheidgebunden“ und setzt den Nachweis der Bedürftigkeit durch Vorlage einer Bestätigung oder eines Bescheids der hierfür zuständigen Behörde oder des Leistungsträgers voraus. Die nicht in dieser Weise nachgewiesene Bedürftigkeit ist auch nicht als besonderer Härtefall anzusehen.
 
3. Die (ermäßigte) Beitragspflicht behinderter und pflegebedürftiger Personen, die in ihrer Privatwohnung leben und keinen Befreiungstatbestand erfüllen, im Unterschied zu Rundfunknutzern in Behinderten-  und Pflegeheimen, von denen nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags kein Rundfunkbeitrag erhoben wird, verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---Die 1924 geborene Klägerin war seit dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 1997 als Rundfunkteilnehmerin gemeldet. Nachdem sie 2011 einen Schlaganfall erlitt, bestellte das Amtsgericht Nürnberg ihren Sohn zu ihrem Betreuer. Die Klägerin lebt in ihrer angemieteten Wohnung und wird dort von Hilfskräften versorgt.

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage führte der Sohn der Klägerin unter anderem  aus,  diese sei gesundheitlich und in ihrer Aufnahmefähigkeit stark beeinträchtigt. Die Kosten für die häusliche Versorgung  der Klägerin würden deren Einnahmen inklusive Pflegegeld übersteigen. Aufgrund ihrer zu verbrauchenden Ersparnisse und seiner Unterhaltsverpflichtung als Sohn erhalte sie jedoch keine Sozialhilfe. Bei Unterbringung in einem Pflegeheim wäre die Klägerin unabhängig von ihren Einkommens-  und Vermögensverhältnissen  von  der Rundfunkbeitragspflicht  „generell befreit“. Ihre Situation sei mit einem Heimaufenthalt durchaus vergleichbar.
--- Ende Zitat ---

Wir reden hier von einer 90 jährigen alten Dame, die nach einem Schlaganfall häusliche Pflege und Betreuung benötigt. Der Sohn muss Unterhalt bezahlen, die Dame kann in Ihrer gewohnten Umgebung leben und wird nicht einfach ins Heim abgeschoben (dort wäre sie Beitragsbefreit).

Aus dem Beschluss kann man viele Informationen herauslesen, die jeder für seinen eigenen Klageweg nutzen kann.

Ich empfehle jedem, die teilweise hanebüchenen Begründungen des VGH zu lesen und sich entsprechend gut vorzubereiten auf seine eigene Klage.

Beispiel:

--- Zitat ---Es hätte daher der Klägerin oblegen, darzulegen, aufgrund welcher Umstände nach ihrer Auffassung eine besondere Härte  vorliegt,  und hierfür entsprechende Nachweise vorzulegen. Die Pflicht der Tatsachengerichte zur Aufklärung des Sachverhalts findet ihre Grenze dort, wo das Klagevorbringen keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet. Es obliegt einem Rechtsmittelführer, bei der Erforschung des entscheidungserheblichen Sachverhalts mitzuwirken. Das gilt in besonderem Maße für Tatsachen, die nur ihm bekannt sind (BVerwG, B.v. 30.6.2010
– 9 B 37/10 – juris). Nicht näher substantiierten Behauptungen, die der Rechtsmittelführer ohne Auseinandersetzung mit den geäußerten Gegenargumenten aufrechterhält, braucht das Gericht nicht nachzugehen (BVerwG, B.v. 28.5.2013 – 7 B 46/12 – juris, B.v. 28.11.2002 – 9 B 77/02 – juris
--- Ende Zitat ---

Es lassen sich noch viele andere interessante Passagen finden.


--- Zitat ---c) Schließlich bestehen auch nicht deshalb ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, weil die Klägerin als pflegebedürftige Person in ihrer Wohnung und als Seniorin gegenüber vergleichbaren Personengruppen, die keinen Rundfunkbeitrag zu entrichten haben, ohne rechtfertigenden Grund und damit unter Verletzung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG benachteiligt würde.
 
aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet die Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz und verbietet die Schlechterstellung  von Person oder Personengruppen gegenüber anderen, vergleichbaren Personen  oder Gruppen. Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen, vergleichbaren Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird, ohne dass sich hierfür ein sachlich rechtfertigender Grund anführen ließe (BVerfG, B.v.  30.11.2011 
– 1 BvR 3269/08 und 1 BvR 656/10, ZUM 2012, 244 m.w.N.).
--- Ende Zitat ---

Als Beispiel vom statistischen Bundesamt die entsprechende Nachweise holen und damit belegen. Die Gerichte machen sich anscheinend nicht die Mühe, nur anhand von Aussagen ohne nachvollziehbare aussagekräftige Nachweise dem ganzen große Aufmerksamkeit zu schenken.

Hier die Personengruppe die befreit sind weil sie in Heimen wohnen und gepflegt werden, gegen diejenigen, die zuhause wohnen bleiben, aber ebenfalls Pflege und Betreuung brauchen, nur eben mit dem Unterschied, sie können zuhause wohnen bleiben.

Irgendwie unglaublich wie hier abgebügelt wird (seitens VGH) und von einer 90 jährigen Dame als Klägerin Sachen und Nachweise verlangt werden, bei denen auch ein Sohn (der sicherlich auch nicht mehr der jüngste ist) als offizieller Betreuer seine Schwierigkeiten hat.

Nachtrag:
Es handelt sich auch nicht um ein Grundsatzurteil, wie von der Presse fälschlicherweise suggeriert wird. Es ist lediglich ein Beschluss des VGH, dass der Antrag auf Berufung des Urteils vom VG Ansabch, abgelehnt wird. Alles weitere steht in den Gründen und ist dadurch auch in Ansätzen nachvollziehbar, warum die Berufung abgelehnt wurde. Daraus kann aber jeder einzelne lernen damit sich die Fehler nicht wiederholen.

Dr. Johannes Dirschauer:
Guten Abend. Ich melde mich erstmals zu Wort.
Bei mir geht grade der ganze Ärger los. Tatbestand bei mir: habe weder Fernsehen noch Radio und bin schwerbehindert (zwei gehirnoperationen wegen Überdruck) und führe ein reizarmes zurückgezogenes Leben. Habe aber nur, aber lebenslang 50% anerkannte Schwerbehinderung.
Insofern lese ich viele forumsbeiträge und mit besonderem Interesse, dass Bayrische Urteil. (Scheint mir übrigens in der Begrifflichkeit zwischen Gebühren und Beitrag nicht immer ganz klar.
Und nun für alle, die wie ich keine Geräte haben, müßte der Absatz 37 sehr interessant sein:

Deshalb ist der Rundfunkbeitrag als vor-rangige Finanzierungsquelle des öffentlichrechtlichen Rundfunks(§1 RBStV)vonallen Rundfunknutzern möglichst gleichmäßig zu erheben.

Also doch wieder Rundfunknutzern!!! und nicht Wohnungsnutzern.
Übrigens schreibe ich gerade an einem Essay für die Presse. Da werde ich sinngemäß folgendes schreiben. Die Wohnungen werden zur Berechnung, aber voraussetzunglos vorausgesetzt bleiben die Geräte.
voraussetzunglos vorausgesetzt das war einmal die Existenz Gottes oder die Idee der Freiheit.
Aber doch bitte sehr nicht soetwas Banales wie mediale Geäte, die längst wieder Fetische sind...
Man könnte die Sache auch kulturgeschichtlich beleuchten.
Euch allen viel Geduld.
Das Gesetz scheint mir sehr hermetisch, aber wir haben ein Grundgesetz!!!
Johannes

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