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Zinsen mildern Pensionslast - Hessischer Rundfunk liegt mit 14 Mio € im Plus

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hankhug:
Die Details können dem Jahresabschluss (JA) des HR ab Seite 116 (2. Wirtschaftsbericht) entnommen werden verlinkt z.B. unter
hr-Rundfunkrat genehmigt Jahresabschluss 2022

--- Code: ---https://www.hr.de/presse/der-hr/2023/hr-rundfunkrat-genehmigt-jahresabschluss-2022-positives-jahresergebnis--v1,rundfunkrat-genehmigt-jahresabschluss-2022-100.html
--- Ende Code ---
Die Rückstellungen für Altersvorsorge sind eine stichtagsbezogene Bewertungsgröße, in der die tatsächlichen Pensionsverpflichtungen als Barwert dargestellt werden. Ein Parameter in dieser Berechnung ist der Rechnungszins, dessen Veränderung vom aktuellen Zinsniveau an den Kapitalmärkten bestimmt wird und auf die der HR naturgemäß keinen Einfluss hat. Diese Entwicklung ist also 'Glück' für den HR, ändert aber nichts an der Gesamthöhe der Pensionsverpflichtungen, die ja bei jeweiliger Fälligkeit 1:1 bezahlt werden müssen.

Erwähnenswert in dem JA ist eher noch einmal, dass die Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen 90% (!!!) der Bilanzsumme ausmachen (S.118). Was wieder mal in Erinnerung ruft, dass der HR -auf Kosten des Beitragszahlers- eine Pensionskasse mit angehängtem Sendebetrieb ist.

Ein Detail fällt auch auf (S.118):

--- Zitat von: hr, Jahresabschluss 2022, S.118 ---Die Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen von 27,5 Mio. Euro entfallen auf ein von der hr werbung GmbH (hrw) gewährtes Darlehen für die Sicherung ihrer Pensionsrückstellungen.

--- Ende Zitat ---
Ob so etwas überhaupt zulässig ist, wäre ggf. auch zu beleuchten.

Zeitungsbezahler:
@hankhug: Das ist ja spannend, das bedeutet, daß es eine Pension jenseits der Pensionskasse gibt, so wie ich es in meinem Beitrag spekuliert habe. Auch eine der Anstalt gehörende GmbH macht anscheinend großzügige Angebote an ihre Eigentümer, wo es offenbar eine Deckungslücke gibt, wobei eine GmbH ja nur mit ihrem Stammkapital haftet, also man hier schonmal bequem eine Insolvenz hinlegen könnte.
Das GmbH-Darlehen ist buchhalterisch keine Veruntreuung der Beitragsgelder, da ja wegen der 100% Eigentumsanteil des ÖRR das (noch) vorhandenen Geld von einem Buchungskonto auf ein anderes umgebucht wird. Kritischer ist eher, daß eine GmbH Gewinne erwirtschaftet, die so üppig sind, daß sie für Darlehen verwendet werden können.

pjotre:
Dank @hankhug kann eine Deutung versucht werden:

Der HR ist mit etwa 1 Jahresumsatz überschuldet. Die Pensionsverpflichtungen sind 90 Prozent der Bilanzsumme.
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Ohne es zu vertiefen, wird die Schlussfolgerung versucht:
Die Altersversorgung wird nicht durch Abführung an eine Pensionskasse gedeckt, sondern durch Rückstellungen.
Diese Rückstellungen ermöglichen die Verwendung im Betrieb: Der HR ist nicht "pleite" im Sinn "unbezahlbare Rechnungen".

Denkbar ist durchaus, dass eine externe Versicherung der Pensionen vorliegt, beispielsweise ein kollektiver Garantiefonds. 
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Das wird bedeutsam, sofern Landesparlamente den Gewährbeschluss für Senderschulden verweigern. Denn wegen der "Staatsferne" gibt es im Gegensatz zu den Landesbanken kein Gewährträger-Gesetz. Dann stehen oder fallen die Pensionen mit einer externen Garantie.

Nun zu dem merkwürdigen Darlehns-Konstrukt.
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Durch EU-Verfahren und anderes waren die Sender gehalten, am Wettbewerb wirkende Abteilungen zu juristischen Personen zu verwandeln - beispielsweise die Werbevermarktung.
Diese Trennung wird hier durch eine Garantie durchstoßen, die den Wettbewerb verzerrt. Insoweit halbwegs harmlos.

Nun zur Darlehnsforderung:
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Wenn man seine Lieferanten nicht fristgerecht bezahlen kann oder Zahlungen an Auftraggeber vorziehen möchte, kann man Darlehn vereinbaren.
Die Werbe-GmbH hat vielleicht zukünftige Zahlungen vorweg genommen.

Nun ist sie allerdings wohl zur Gewinnabführung verpflichtet. Wozu obendrein ein Darlehn? Und wer refinanziert es? Müssen Werbetreibende der GmbH Vorschüsse leisten, damit diese aus diesem "Fremdkapital" dem HR eine Liquidätsspritze als "Fremkapital" weiterleiten kann?

Wie besichert der HR dies Darlehn? Anscheinend durch die Verbürgung der Pensionen der Chefs der GmbH. Diese müsste eigentlich dafür eine externe Kollektivversicherung bezahlen? Aber ist diese Bürgschaft im Ernstfall des HR-Endes wirksam?

Alles mal rasch ins Unreine formuliert.
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Vielleicht ist alles anders zu deuten. Es wurde nur einmal festgehalten, worüber an sich einmal ermittelt werden könnte, falls irgendwann Interesse besteht. Vermutlich nie in Sachen HR.

Zeitungsbezahler:
@pjotre: Die scheinbaren Zusatzpensionen (die also nicht in eine Pensionskasse eingezahlt wurden, weil diese ja dort durch einen Sicherungsfonds bei Insolvenz [durch die anderen Pensionskassen] besichert sind und von der eigentlichen Pensionskasse im Normalfall auch ausgezahlt werden) müssen natürlich aus irgendwas geleistet werden, üblicherweise müssen die aktuellen und zukünftigen Zahlungen bar vorhanden sein, dafür werden Rückstellungen gebildet, also vorhandenes Kapital wird nicht für den Betrieb oder für aktuelle Investitionen verbraucht, sondern es wird separat vom Geschäftsprozeß angelegt und die bestehenden Verpflichtungen daraus bezahlt. Das Kapital müßte also vorhanden sein. Nur so können auch Defizite auftreten, die einem nicht sofort das Genick brechen, dann wird das Geld zum Rechnungen und Löhne bezahlen aus den Rückstellungen entnommen, die natürlich wieder aufgefüllt werden müssen, um seine Versprechen halten zu können, die Rückstellungen haben also "Forderungen" an den laufenden Betrieb. Je nachdem, in welcher Form diese Rückstellungen angelegt sind, schwankt natürlich deren (Markt)Wert, so daß sich daraus auch noch Überschüsse oder Defizite ergeben können, denn die Rückstellung ist ja zweckgebunden und benötigt nunmal genau den Betrag X (die versprochenen (Zusatz-)Pensionsausgaben). Man kann sich also jederzeit Kredit aus diesem Kapital genehmigen, aber nicht dauerhaft über den Verhältnissen leben.

hankhug:
Interessant auch auf S.127 des HR Jahresabschlusses

--- Zitat von: hr, Jahresabschluss 2022, S. 127 ---Beim hr beträgt die sich aus der Rechnungszinsänderung ergebende deckungsstockrelevante Lücke unter Berücksichtigung des Jahresabschlussgutachtens 2022 der Versicherungsmathematiker 436,1 Mio. Euro. Das ist der Betrag, um den das Deckungsstockvermögen erhöht werden müsste, um eine vollständige Finanzierung der Gesamtverpflichtungen aus den Direkt und Beihilfezusagen bei langfristig anhaltendem Niedrigzins zu gewährleisten. Hierbei ist unklar, inwiefern die KEF die bisherige Logik der sogenannten 25Cent Mittel beibehalten wird, um diese Deckungslücke aufzufüllen. Die KEF hat hierzu eine Stellungnahme für den 24. Bericht angekündigt, sodass eine Änderung ab 2025 ff. eintreten könnte

--- Ende Zitat ---
Es werden seit 1997 25-Cent aus dem Rundfunkbeitrag/der Rundfunkgebühr zweckgebunden für die Altersversorgung abgezweigt - siehe z.B.
Versicherungsbote, 10.12.2020
Altersvorsorge
Rundfunkbeitrag: Welche Rolle Altersversorgung und Niedrigzins spielen
https://www.versicherungsbote.de/id/4900219/Rundfunkbeitrag-Welche-Rolle-Altersversorgung-und-Niedrigzins-spielen/#post_chapter_all

Es ist jedenfalls bemerkenswert, dass
a) sich die KEF nun erst 2024 -also 27 Jahre nach der Einführung dieser Regelung- bequemen will, zu dem Sachverhalt kritisch Stellung zu nehmen.
b) die KEF im 23. Bericht (Seite 134, Tz. 205) https://kef-online.de/fileadmin/KEF/Dateien/Berichte/23._Bericht.pdf) schreibt:

--- Zitat von: KEF, 23. Bericht (Seite 134, Tz. 205) ---Zur schrittweisen Abdeckung der Lücke wird seit 2017 der zweckgebundene Beitragsanteil von 25 Cent den Deckungsstöcken zugeführt.

--- Ende Zitat ---
Das mag zwar formal richtig sein, aber seit 1997 bis 2016 wurden die gleichen 25 Cent als Gebührenanteil für die Altersversorgung abgezweigt (sieht man in früheren KEF Berichten). Insofern eine Verar... Irreführung ersten Grades durch die so unabhängige und rundfunkferne KEF.
Die Chance zur Vernebelung lässt sich auch der hr in seinem JA auf S. 122 (Kap. 3.1.3, Prognose 2024 bis 2026) nicht entgehen:

--- Zitat von:  hr, Jahresabschluss 2022, S. 122 (Kap. 3.1.3, Prognose 2024 bis 2026) ---Die Rundfunkbeiträge sehen durch die Fortführung der zweckgebundenen 25Cent Mittel für die Altersversorgung seit 2017 eine sukzessive Schließung der durch den einmaligen Umstellungsaufwand auf das BilMoG verursachten Deckungslücke vor (bei unverändertem Zinssatz von 5,25 %)

--- Ende Zitat ---
c) aus europarechtlicher Sicht Beiträge auftragsgebunden (d.h. für das Programm) verwendet werden müssen, um als zulässige staatliche Beihilfe klassifiziert zu bleiben (das hatten wir auch an anderer Stelle schonmal). Das sollte also eine klare Verletzung dieser Bestimmung sein, zumal die Pensionen das marktübliche Niveau bei weitem übersteigen (siehe 22. KEF Bericht). Zusätzlich müsste der hr -und ebenfalls alle andere Rundfunkanstalten- auch nachweisen, dass auch die laufenden Pensionszahlungen als nicht auftragsrelevante Aufwände nicht aus dem Rundfunkbeitrag, sondern z.B. aus Werbeeinnahmen gezahlt werden.

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