Hallo alle zusammen, vielen Dank für eure Antworten!
Ich habe alles mal so aufbereitet, dass andere es auch über die Suche finden können, wenn sie den gleichen fiktiven Fall durchdenken wollen. Die Rechtsmittelbelehrung wäre die Standardversion und würde hier nur Platz verschwenden, wenn ich das falsch gemacht habe und sie wirklich gebraucht wird bitte einmal meckern.
Urteil des fiktiven VG Sachsen…
Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom * in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom * wird aufgehoben, soweit darin ein Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 Euro festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Die zulässige Anfechtungsklage hat nur in geringem Umfang Erfolg. Lediglich die Festsetzung des Säumniszuschlags in dem Festsetzungsbescheid vom * ist
rechtswidrig. Im Übrigen sind die Bescheide * rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen für die Festsetzung des Rundfunkbeitrags lagen vor.
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Die Voraussetzungen für die Festsetzung des Säumniszuschlags in Höhe von 8,00 Euro liegen nur für die mit dem angefochtenen Bescheid vom * festgesetzten Rundfunkeiträge vor, nicht aber für die mit Bescheid vom * festgesetzten Beiträge.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 der Satzung wird ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber 8,00 Euro fällig, wenn geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit entrichtet werden. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden. Gemäß § 7 Abs. 3 RBStV ist der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet und er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten. Dies definiert die Fälligkeit des Rundfunkbeitrags.
Die mit Bescheiden vom * festgesetzten Rundfunkbeiträge für den Zeitraum * waren zum Zeitpunkt des jeweiligen Bescheiderlasses jeweils seit mehr als vier Wochen fällig, was zur Entstehung eines Säumniszuschlags führt. Allerdings ist § 11 Abs. 1 Satz 3 der Satzung des Mitteldeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass sie es dem Beklagten verwehrt, in einem späteren Festsetzungsbescheid einen Säumniszuschlag festzusetzen, wenn dieser Bescheid ausschließlich einen Zeitraum betrifft, für den die rückständige Rundfunkbeitragsschuld insgesamt bereits in einem früher erlassenen Bescheid hätte festgesetzt werden können. Die Kammer folgt insoweit in ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 11.04.2018 - 2 B 96/18 -, juris Rn. 17 ff.) der überzeugenden Rechtsprechung des VG Berlin (Urteil vom 22.08.2017 - 8 K 262.16 -, juris Rn. 29 ff.), das ausführt: „Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Satzung kann mit jedem Bescheid nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden. Diese Vorschrift bestimmt ihrem Wortlaut nach zwar nicht ausdrücklich, dass in einem Festsetzungsbescheid der Beitrag für den zum Zeitpunkt seines Erlasses gesamten festsetzungsreifen Zeitraum festzusetzen ist. Ihr liegt die Annahme, dass dies geschieht, mit Blick auf Systematik und Teleologie jedoch erkennbar zugrunde. Zunächst spricht eine Zusammenschau mit § 11 Abs. 1 Satz 2 Satzung für dieses Ergebnis. Diese Vorschrift betrifft die Festsetzung der rückständigen Rundfunkbeitragsschuld. Der Begriff „Bescheid" in § 11 Abs. 1 Satz 3 Satzung bezieht sich hierauf und meint damit jeden Bescheid, in dem die rückständige Rundfunkbeitragsschuld gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Satzung festgesetzt wird. Mit diesem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden. In teleo-logischer Hinsicht hat diese Beschränkung ihren Ursprung darin, dass der Beklagte im Rahmen seines Verwaltungshandelns Beiträge für vergangene Zeiträume aus verschiedenen Gründen erst nach längerer Zeit festsetzt. Sinn und Zweck gehen dahin, in diesem Fall den in dem Bescheid mit festzusetzenden Säumniszuschlag zu deckeln, nämlich bei der Festsetzung der rückständigen Rundfunkbeitragsschuld insgesamt nur einen Säumniszuschlag festzusetzen. In Anbetracht dessen erstreckt sich die Beschränkung auf alle zum Zeitpunkt der Festsetzung festsetzungsreifen Zeiträume und damit auf die gesamte zu diesem Zeitpunkt rückständige Rundfunkbeitragsschuld. Anderenfalls ergäbe die Beschränkung keinen Sinn. Sie liefe vielmehr leer, wenn zwar mit jedem Bescheid nur ein Säumniszuschlag festgesetzt, die rückständige Rundfunkbeitragsschuld jedoch zum Zwecke der Festsetzung in getrennten Bescheiden in einzelne Zeiträume aufgespalten werden dürfte. Zwar steht es dem Beklagten frei, seine Festsetzungspraxis zweckmäßig zu gestalten und Beiträge je nach den Umständen des Falles entweder alle drei Monate oder erst nach längerer Zeit festzusetzen. Es erschließt sich aber nicht, warum bei dieser Festsetzung Zeiträume außer Betracht bleiben sollten, die bereits festsetzungsreif sind. Insbesondere ist kein vernünftiger Grund dafür erkennbar, dass sie zunächst unberücksichtigt bleiben und sodann einen Monat später separat festgesetzt werden. Es spricht nichts dafür, dass dem Satzungsgeber bei der Schaffung der Beschränkung des Säumniszuschlags eine solche Konzeption vorschwebte. Historische Erwägungen, die eine andere Auslegung gebieten, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Diesem Befund entspricht zudem weitestgehend die Verwaltungspraxis des Beklagten, indem er zusammenhängende Zeiträume regelmäßig nicht aufspaltet, sondern eine rückständige Rundfunkbeitragsschuld grundsätzlich insgesamt festsetzt. Soweit er — wie vorliegend — eine andere Verwaltungspraxis wählt, ist damit solange keine Rechtsverletzung verbunden, wie er keinen weiteren Säumniszuschlag festsetzt."
Da die Rundfunkbeträge für den Zeitraum * gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV bereits am * fällig und * säumig waren, hätten sie bereits mit Bescheid vom * nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt werden können. Die erneute Festsetzung eines Säumniszuschlags in dem streitgegenständlichen Bescheid vom * ist rechtswidrig.
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Der Kläger war nicht von der Beitragspflicht befreit. Sein Vortrag, er habe aufgrund zu geringen Einkommens einen Anspruch auf Befreiung gehabt, ist im vorliegenden Verfahren unerheblich.
Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 30.10.2019 - 6 C 10.18 -, juris Rn. 13), dem die Kammer folgt, hat hierzu ausgeführt:
„Unerheblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung ist, ob der Klägerin nach der letzten Verwaltungsentscheidung über die Festsetzung ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht zuerkannt wird. Erstreckt sich in diesem Fall die Befreiung rückwirkend ganz oder teilweise auf den Zeitraum des Beitragsfestsetzungsbescheides, wird die ursprünglich rechtmäßige Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge unrichtig, weil eine Befreiung die Beitragspflicht für den von ihr erfassten Zeitraum entfallen lässt. Der Festsetzungsbescheid wird in diesem Fall im Umfang der zeitlichen Übereinstimmung von Festsetzung und Befreiung rechtswidrig, so dass er insoweit von der Rundfunkanstalt aufzuheben ist."
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach können die Kosten einem Beteiligten ganz auferlegt werden, wenn der andere Beteiligte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Das ist hier der Fall, da der Beklagte mit weniger als 10 % der Streitsumme unterliegt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Mahnung/ Vollstreckungsankündigung des HRHessischer Rundfunk
Bertramstrasse 8, 60320 Frankfurt
ARD ZDF Deutschlandradio
BEITRAGSSERVICE
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*gekürzt*
Mahnung - Ankündigung der Zwangsvollstreckung - Beitragsnummer *
Sehr geehrter *,
wir fordern Sie heute letztmalig auf, den Mahnbetrag von * EUR bis zum * zu zahlen. Der Mahnbetrag errechnet sich aus den mit Bescheid(en) festgesetzten Beträgen, die Sie der untenstehenden Tabelle entnehmen können.
Zahlen Sie innerhalb dieser Frist den Mahnbetrag nicht, werden wir die Zwangsvollstreckung bei der für Ihren Wohnsitz zuständigen Vollstreckungsbehörde veranlassen. Zuständige Vollstreckungsbehörde ist *.
Wichtiger Hinweis: Beachten Sie unbedingt, dass nicht nur der oben genannte Mahnbetrag zu zahlen ist, sondern auch die weiteren offenen Forderungen.
Es sind insgesamt * EUR von Ihnen zu zahlen.
Sollten Sie nicht in der Lage sein, den geforderten Gesamtbetrag in einer Summe zu zahlen, können Sie unter rundfunkbeitrag.de/ratenzahlung Kontakt zu uns aufnehmen. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie dieses Schreiben barrierefrei erhalten möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Hessischer Rundfunk
Zeitraum - Betrag in EUR
Festsetzungsbescheid vom * - * EUR davon ausgeglichen 8,00 EUR
Mahnbetrag *
Rückständige Forderung bis *
Offene Forderung ab *
Gesamtrückstand *
Änderungsbescheid des MDRÄnderungsbescheid des Mitteldeutschen Rundfunks - Beitragsnummer *
Sehr geehrter *,
der Festsetzungsbescheid vom * in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom * wird insoweit aufgehoben, als darin ein Säumniszuschlag von 8,00 EUR festgesetzt wird. Darüber hinaus behält der Bescheid Gültigkeit. Das Beitragskonto wurde entsprechend korrigiert.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) -Art. 1 des 15. Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15.12.2010 - 21.12.2010, zuletzt geändert durch Art. 8 des Staatsvertrags zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland vom 14.04.2020 - 28.04.2020.
Mit freundlichen Grüßen
*zwei Unterschriften*
Anlage: Rechtsbehelfsbelehrung
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift einzulegen beim Hessischen Rundfunk unter der Anschrift des für ihn tätigen
Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio, Freimersdorfer Weg 6, 50829 Köln
oder beim Hessischen Rundfunk (Bertramstr. 8, 60320 Frankfurt am Main).
Wird der Widerspruch in elektronischer Form eingelegt, so ist dieser durch De-Mail in der Sendevariante „mit bestätigter sicherer Anmeldung" nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz an die De-Mail-Adresse info@ rundfunkbeitrag.de-mail.de zu richten.
Bitte beachten Sie auch folgende wichtige Hinweise:
- Geben Sie bei der Einlegung des Widerspruchs bitte die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel an.
- Widerspruch und Klage entbinden nicht von der Verpflichtung zur Zahlung der Rundfunkbeiträge. Unter rundfunkbeitrag.de finden Sie Informationen zum Rundfunkbeitrag.
Im fiktiven Urteil wurden zwar alle Gründe - bis auf den Säumniszuschlag - nicht anerkannt, aber der fiktive Kläger hatte im Zeitraum der Bescheide kaum Einkommen. Natürlich hat er geklagt, weil es hier ja ums Prinzip geht. Er hat keinen Befreiungsantrag gestellt, was lt. fiktivem Gericht auch richtig war, da ja geklagt wurde. Wenn das geringe Einkommen nachgewiesen werden kann (Steuerbescheid für das Jahr, Einkommen fiktive 5000€), müsste die LRA den Bescheid zurücknehmen, sofern sie den Nachweis anerkennt. Dieser müsste zwar anerkannt werden, aber da gäbe es sicher wieder Ausreden seitens der LRA (kein Sozialhilfebescheid…). Da könnte Person X dann auf Anerkennung des Nachweises "Steuerbescheid" klagen.
Diesen Auftrag gilt es zu ermitteln.
Also die LRA (beide, zur Verwirrung?) fragen, wie diese Übertragung zustande kommt? Um keine schlafenden Hunde zu wecken vielleicht dann, wenn wirklich versucht wird zu vollstrecken?
Gegen den Änderungsbescheid könnte X bis zum
12.04.2022 vorgehen.
Der Widerspruch könnte ja auch formal sein oder es gibt tatsächlich Argumente, die den geänderten Bescheid angreifbar machen (Fristen/Verjährung, Aufhebung des Ursprungsbescheides fehlt (falls das Gericht nicht die Nichtigkeit festgestellt hat), kein berechtigter Mitarbeiter hat den Bescheid erlassen oder was einem sonst noch einfällt).
Verjährung? Es geht um 2015, nichts Späteres. Das Gericht hat nicht gesagt, der Bescheid sei nichtig, sondern nur die Säumniszuschläge. Da muss dann vermutlich der Bescheid nicht aufgehoben, sondern so wie geschehen nur geändert werden… Könnte X trotzdem unbegründet Widerspruch erheben? Wenn jemand eine Begründung will, müsste er das X dann mitteilen…
Person X könnte sich also erstmal nicht regen, und wenn Post vom Vollstrecker kommt diesem mitteilen, dass die Bescheide nichtig sind da damals kein Einkommen vorlag und die Rundfunkanstalt die Befreiung noch nicht ausgestellt hat. Dann könnte sich Person X an die LRA (Nur welche? Eigentlich Sachsen, aber Hessen wird weitermachen, wenn man da nicht Einhalt gebietet, vielleicht informiert man Hessen und Köln über Befreiungsantrag in Sachsen) wenden und den Nachweis erbringen und Befreiung verlangen.
Bliebe noch die Frage, mit welchem Rechtsmittel man einen fiktiven Vollstrecker abhalten könnte, sodass er auch wirklich nicht vollstreckt, bis eine Befreiung kommt bzw. darüber entschieden wird. Oder sollte X doch jetzt aktiv Befreiung verlangen? Hinauszögern ist ja immer gut, damit auch niemand auf die Idee kommt neue Bescheide auszustellen. Vielleicht sollte man auch das Schreiben barrierefrei verlangen, könnte das aufschieben?
Danke für das Mitdenken bei diesem Gedankenkonstrukt!