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Streitgenossenschaft - Zusammenlegung der Verfahren gem. § 64 VwGO

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Zeitungsbezahler:
Wenn der NDR jetzt zugibt, daß die Beiträge personenbezogen und nicht wohnungsbezogen verwaltet werden, so ist das ein Hinweis auf ein Erhebungsdefizit, welches die Rundfunkanstalt zu verantworten hat, schließlich ist die Bemessungsgrundlage "Wohnung" und nicht "Person" für den Beitrag.

Sind denn jetzt beide Verfahren zusammengelegt worden, oder werden diese getrennt geführt?

Bei Getrenntführung wird die Rundfunkanstalt in einem Verfahren einknicken und den Bescheid mirnichtsdirnichts aufheben oder ohne Verwaltungsakt das Konto löschen wollen. Da sollte man sich über die Kostenfallen kundig machen bzw. dafür sorgen, daß die Rundfunkanstalt per Kostenantrag die Kosten des Verfahrens aufgebrummt bekommt (und nicht vergessen, die Porto- und Schreibpauschale von 20 Ocken einzufordern).

GesamtSchuldner:
Was die Zusammenlegung der Verfahren angeht, so würde ich darauf jetzt nicht das Hauptaugenmerk legen: es geht ja um zwei verschiedene Bescheide und somit formal auch um zwei verschiedene Streitgegenstände, auch wenn sich herausstellt, dass es dieselbe Wohnung betrifft. Hier wäre es aus Sicht des Gerichts sicherlich vernünftig, die beiden Fälle in einer mündlichen Verhandlung abzuhandeln, die Urteile/Ententscheidungen werden aber wohl wieder getrennt ergehen.

Bezüglich der Kostenfalle zitiere ich mal aus dem oben verlinkten Beschluss des VG Halle:

--- Zitat von: VG Halle, Beschluss vom 18.10.2019, Az. 6 A 166/18 ---Gleichwohl erscheint es unbillig, den Beklagten mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Vor Erlass der streitgegenständlichen Bescheide war es ihm nämlich gar nicht möglich, eine ermessensfehlerfreie Schuldnerauswahlentscheidung zu treffen, weil ihm die gemeinsame Wohnungsinhaberschaft der A und ihres Lebensgefährten nicht bekannt gewesen ist und ihm diese Unkenntnis auch nicht angelastet werden kann.
--- Ende Zitat ---
Quelle: VG Halle, Beschluss vom 18.10.2019, Az. 6 A 166/18
https://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/bsst/document/JURE200016449

Hier sollte man mal darauf hinweisen, dass bei den Meldedatenabgleichen größenordnungsmäßig von 60 Mio volljährigen Einwohnern Daten übermittelt werden, die in Beziehung zu etwa 40 Mio Beitragskonten gesetzt werden müssen, d.h. über  20 Mio Volljährige haben kein eigenes Beitragskonto. Da in den Beitragskonten der Angemeldeten keine Hinweise auf eventuelle Mitbewohner zu finden sind, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Mehrheit der 20 Mio einem vorhandenen Beitragskonto zugeordnet werden und dann nur ein niedriger einstelliger Mio Betrag zur weiteren Klärung angeschrieben wird.

Für das vorliegende Verfahren stellt sich also die Frage, ob  der NDR nicht hätte erkennen müssen, dass die beiden Personen in einer gemeinsamen Ehewohnung wohnen.

Sinnvoll wäre es diesbezüglich vom NDR im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht eine genaue Auskunft zu den Kriterien zu verlangen, nach denen in der überwiegenden Anzahl der 20 Mio Fälle eine weitere Klärung unterbleibt. Damit sollte versucht werden, dem NDR die Verantwortung für die Doppelveranlagung aufzubürden.

Zeitungsbezahler:
Die Begründung vom VG Halle setzt aber voraus, daß im Widerspruchsverfahren der Kläger nicht Bezug darauf genommen wurde, daß für die Wohnung bereits ein Bescheid existiert oder die Beitragsschuldner in ihrere Gesamteigenschaft (BGB-Gemeinschaft) nicht korrekt benannt wurden. Sollten beide Ehepartner gleiche Nachnamen oder einer einen Namen des anderen in einem Doppelnamen führen, so hätte sich jeder menschliche Sachbearbeiter vorab 1 und 1 zusammenreimen können, dazu ist die Maschine in Köln aber nicht in der Lage.

Ich finde zwei getrennte Verfahren immer von Vorteil-nämlich aus taktischen Gründen.
Die Verfahren könnten bei verschiedenen Richtern auf dem Tisch liegen.
Beim Rundfunk weiß die rechte Hand nämlich nicht, was die linke tut, sollten die Verfahren an externe Kanzleien vergeben werden (wohlmöglich noch unterschiedliche...), so führt die Argumentation, daß für die Wohnung bereits ein Bescheid existiert und damit eine illegale Doppelveranlagung existiert, möglicherweise zweimal zum Erfolg.
Außerdem kann man ja den Kostenantrag so begründen, daß im Laufe des Verfahrens der Rundfunk es billiger hätte machen können, weil Verhandlung, Urteil etc. hätten gespart werden können, der Sachvortrag war ja wohl eindeutig.

drboe:
Die Maschine in Köln dürfte durchaus in der Lage sein mindestens Eheleute zu identifizieren, bei denen von einem der Partner ein Doppelname genutzt wird. Andernfalls hätten mehrere mir bekannte Personen inkl. meiner Gattin seit 2013 bereits Post erhalten. Zudem ist bei neuen Mietverhältnissen dem Einwohnermeldeamt oft eine Wohnungsnummer bekannt. Die sollte reichen mehrfache Forderungen zu verhindern. Das ist ja kein unlösbares Software-Problem.

M. Boettcher

Markus KA:

--- Zitat von: RoterSand am 25. September 2019, 00:12 ---Der NDR ist der Meinung, dass eine Streitgenossenschaft nicht vorliegt, da sowohl der Streitgegenstand als auch die Verpflichtung aus rechtlichem und tatsächlichem Grund nicht identisch sind, da die Adressaten von Festsetzungs- bzw. Widerspruchsbescheiden ausschließlich die entsprechenden Kläger sind.
--- Ende Zitat ---

In einem fiktiven Fall könnten mehrere Klägerinnen und Kläger nach Einreichung ihrer Klagen und erhalt der entsprechenden Aktenzeichen eine Streitgenossenschaft wie folgt beantragt haben:

--- Zitat ---Es wird beantragt,

gemäß § 64 VwGO die Bildung einer Streitgenossenschaft mit folgenden Verfahren am
Verwaltungsgericht XY mit den Aktenzeichen:

- XY K XXXX/20
- XY K XXXX/20
- XY K XXXX/20
- XY K XXXX/20

--- Ende Zitat ---

Danach könnte das fiktive Gericht mitgeteilt haben, dass das Gericht der Anregung zur Verbindung der Klagen nicht nachkommt:

--- Zitat ---Nach § 93 Satz 1 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts. Eine Verbindung empfiehlt sich insbesondere, wo andernfalls die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht oder wo Arbeit und Kosten gespart werden (Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, 8 93 VwGO Rn. 3).
Das Gericht hält in Ihrem Fall eine Verbindung mit den von Ihnen genannten Verfahren nicht für prozessökonomisch und damit nicht für zweckdienlich. Insbesondere liegt keine einfache Streitgenossenschaft vor, da die Voraussetzungen des § 64 VwGO i.V.m. § 59 Alt. 1 oder 2 bzw. § 60 ZPO nicht gegeben sind, da sich die Kläger der jeweiligen Verfahren gegen unterschiedliche (Einzel-)Verwaltungsakte wenden und unterschiedliche Lebenssachverhalte vorliegen.
--- Ende Zitat ---

Ein fiktiver Kläger könnte folgende Stellungnahme zum Schreiben des Gerichtes verfasst haben:

--- Zitat ---Der Kläger erwidert auf die, als Anordnung des Berichterstatters verstandene, Ablehnung des Antrages vom XX.XX.2020 folgendes:

1.   Es besteht hinsichtlich des Beklagten eine Identität der Partei.

2.   Zuständig in den Klageverfahren ist dasselbe Gericht.

3.   Ohne jeden Zweifel liegen identische Lebenssachverhalte vor.

Der Beklagte betreibt seit Jahren ein echtes Massenverfahren, von denen die Kläger allesamt betroffen sind.

Die Streitgenossenschaft ist in der Datenbank des Beklagten als „eigenständige Beitragskonteninhaber“ gespeichert, wobei die Datenverarbeitung im Massenverfahren erfolgt.

Der Beklagte versucht durch „eigenständige“ Bescheide von dieser Tatsache abzulenken. Vorliegend sind die angegriffenen Bescheide, die wohl „eigenständige Verwaltungsakte“ darstellen sollen, nahezu wortgleich.

Wie nun das erkennende Gericht zu der wagemutigen Behauptung gelangt, es liege keine einfache Streitgenossenschaft vor und die Zusammenfassung sei nicht prozessökonomisch und nicht zweckdienlich, erschließt sich dem objektiven Betrachter nicht.

Es war der Beklagte der rechtswidrig ein echtes Massenverfahren, wohl aus Gründen der Ökonomie und Kostenersparnis, einführte.

Weshalb nun eine Streitgenossenschaft der Kläger nicht gegeben sein soll, erscheint auch unter dem Gesichtspunkt der unechten notwendigen Streitgenossenschaft nicht nur fragwürdig, sondern erweckt den Eindruck, dass sachfremde Erwägungen bei der Entscheidung der Berichterstatterin eine Rolle spielten.

Es liegen doch bereits identische „Ablehnungsbescheide" des Beklagten vor, wie will da das erkennende Gericht in dieser Angelegenheit nicht (durch inhaltlich identische Sachentscheidungen) einheitlich entscheiden?

Der Antragsteller rügt daher, dass das erkennende Gericht eine offensichtlich willkürliche Ermessensentscheidung getroffen hat.

--- Ende Zitat ---

Das fiktive Gericht könnte wie folgt beschlossen haben:


--- Zitat ---Der Antrag vom XX.XX.2020 auf Bildung einer Streitgenossenschaft mit den Verfahren XX K XXXX/20, XX K XXXX/20, XX K XXXX/20 und XX K XXXX/20 wird abgelehnt.

Gründe
Der Antrag des Klägers, "gemäß § 64 VwGO wird die Bildung einer Streitgenossenschaft mit folgenden Verfahren am Verwaltungsgericht XY mit den Aktenzeichen XX K XXXX/20, XX K XXXX/20, XX K XXXX/20 und XX K XXXX/20 beantragt", wird abgelehnt, da er keinen Erfolg hat.

Nach § 93 Satz 1 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts. Eine Verbindung empfiehlt sich insbesondere, wo andernfalls die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht oder wo Arbeit und Kosten gespart werden (Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, 8 93 VwGO R?. 3).

Vorliegend hält das Gericht eine Verbindung mit den von dem Kläger genannten Verfahren nicht für prozessökonomisch und damit nicht für zweckdienlich im Sinne des § 93 Satz 1 VwGO. Insbesondere liegt keine einfache Streitgenossenschaft vor, da die Voraussetzungen des § 64 VwGO i.V.m. § 59 Alt. 1 oder 2 bzw. § 60 ZPO nicht gegeben sind. Zum einen wenden sich die Kläger/innen der jeweiligen Verfahren gegen unterschiedliche Bescheide und damit (Einzel-)Verwaltungsakte. Zum anderen liegen unterschiedliche Lebenssachverhalte vor.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO).
--- Ende Zitat ---

Hiermit könnte sich der Startbeitrag zum Thema Streitgenossenschaft - Zusammenlegung der Verfahren gem. § 64 VwGO geklärt haben und auf die hilfreichen, bereits verfassten Beiträge in diesem Thread wird hingewiesen.

(In diesem Thread nicht weiter zu vertiefen ist der Hinweis, den Schwerpunkt der Klagebegründung auf die vollständig automatisierten "Festsetzungsbescheide" einer Maschine ohne Rechtsgrundlage zu konzentrieren, falls diese tatsächlich ohne Unterschriften vorliegen sollten, hierzu bitte die Suchfunktion nutzen und das Thema in den entsprechenden Threads weiterverfolgen.)

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