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Autor Thema: EGMR: Case of Radio France vs. Frankreich -> u. a. Art. 10 EMRK  (Gelesen 2205 mal)

  • Beiträge: 7.385
Der Übersicht wegen sei hier ein neues Thema eröffnet, auch deswegen, weil sich der EGMR hier durchaus ausführlich dazu äußert.

Diese Entscheidung des EGMR, dieses sei hier erinnert, benannte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag; es ist daher ausgeschlossen , daß die 9 dt. ÖRR hier keine Kenntnis vom Inhalt haben.

Öffentlich-rechtliches Wettbewerbsunternehmen -> keine Behördeneigenschaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30023.msg193885.html#msg193885

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Die Entscheidung des EGMR ist in Englisch und wird mit den relevanten Abschnitten hierher zitiert wie verlinkt.

Zitat
III.  ALLEGED VIOLATION OF ARTICLE 10 OF THE CONVENTION
[...]
26.  The Government accepted that there had been “interference by public authority” with the applicants' exercise of their freedom of expression. They contended, however, that that interference satisfied the requirements of the second paragraph of Article 10. [...]

28 [...] Such interference will breach the Convention if it fails to satisfy the criteria set out in the second paragraph of Article 10. The Court must therefore determine whether it was “prescribed by law”, whether it pursued one or more of the legitimate aims listed in that paragraph and whether it was “necessary in a democratic society” in order to achieve that aim or aims.

[...]

3.  “Necessary in a democratic society”

32.  The Court wishes to reiterate in the first place the fundamental principles established by its case-law (see, among many other authorities, Hertel v. Switzerland, judgment of 25 August 1998, Reports of Judgments and Decisions 1998-VI, pp. 2329-30, § 46).

Freedom of expression constitutes one of the essential foundations of a democratic society and one of the basic conditions for its progress and for each individual's self-fulfilment. Subject to paragraph 2 of Article 10, it is applicable not only to “information” or “ideas” that are favourably received or regarded as inoffensive or as a matter of indifference, but also to those that offend, shock or disturb. Such are the demands of pluralism, tolerance and broadmindedness without which there is no “democratic society”. As set forth in Article 10, this freedom is subject to exceptions, which must, however, be construed strictly, and the need for any restrictions must be established convincingly.

The adjective “necessary”, within the meaning of Article 10 § 2, implies the existence of a “pressing social need”. The Contracting States have a certain margin of appreciation in assessing whether such a need exists, but it goes hand in hand with European supervision, embracing both the legislation and the decisions applying it, even those given by an independent court. The Court is therefore empowered to give the final ruling on whether a “restriction” is reconcilable with freedom of expression as protected by Article 10.

The Court's task, in exercising its supervisory jurisdiction, is not to take the place of the competent national authorities but rather to review under Article 10 the decisions they delivered pursuant to their power of appreciation. This does not mean that the supervision is limited to ascertaining whether the respondent State exercised its discretion reasonably, carefully and in good faith; what the Court has to do is to look at the interference complained of in the light of the case as a whole and determine whether it was “proportionate to the legitimate aim pursued” and whether the reasons adduced by the national authorities to justify it are “relevant and sufficient”. In doing so, the Court has to satisfy itself that the national authorities applied standards which were in conformity with the principles embodied in Article 10 and, moreover, that they relied on an acceptable assessment of the relevant facts.
[...]
39.  It is not for the Court to substitute its views for those of the press as to what technique of reporting should be adopted by journalists; Article 10 protects not only the substance of the ideas and information expressed, but also the form in which they are conveyed (see Jersild, cited above, pp. 23-24, § 31).

CASE OF RADIO FRANCE AND OTHERS v. FRANCE
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-61686

"pressing social need" = "dringende soziale Notwendigkeit":

Da stellt sich schon die Frage, ob es für die Gesellschaft tatsächlich dringend notwendig ist, daß ein Unternehmen in Wettbewerb durch die Bürger, die diese Gesellschaft abbilden, zwangsunterstützt wird, wo sie doch eine Vielzahl an gleichwertigen Unternehmen zur Verfügung hat, die inhaltlich ähnlich strukturiert sind?

Wenn man diese Überlegung weiterführt, müssten Rundfunkmitarbeiter schon selber am Hungertuch nagen, um eine etwaige Zwangsabzocke der restlichen Bürger der Gesellschaft zugunsten des Rundfunks zu rechtfertigen.

In keinem Falle kann es aber gerechtfertigt sein, Geringverdiener, ALG-2- und Sozialhilfeempfänger, Rentner mit Niedrigrente, etc. zugunsten eines Informationsmediums zwangsabzuzocken.

Denn wenn es auf Grund des Sozialstaatsgebotes eine "dringende soziale Notwendigkeit" ist, die einen Teil der Gesellschaft finanziell zu unterstützen, kann es nicht geboten sein, diesem Teil der Gesellschaft einen Teil der finanziellen Unterstützung zugunsten eines anderen Teils der Gesellschaft wieder wegzunehmen.

Und immer beachten; der Rundfunkbeitrag ist keine Steuer und darf auch keine sein.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 01. Juni 2019, 14:31 von Bürger«
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Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

  • Beiträge: 1.192
  • „Wie der Herr, so`s Gescherr“
[...]
Denn wenn es auf Grund des Sozialstaatsgebotes eine "dringende soziale Notwendigkeit" ist, die einen Teil der Gesellschaft finanziell zu unterstützen, kann es nicht geboten sein, diesem Teil der Gesellschaft einen Teil der finanziellen Unterstützung zugunsten eines anderen Teils der Gesellschaft wieder wegzunehmen.
[...]

Eine fiktive Person kann es nur immer wieder trotz den zitierten Urteilen von user @pinguin wiederholen, dass das BVerfG, sobald es um "Geringverdiener- und Renter mit Niedrigrente" geht, bei einer Klage gegen den RBStV, die Deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit unantastbar ist!
  :o
Zitat
Allein die Tatsache, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum möglicherweise lediglich ein Einkommen erzielt haben mag, das dem in § 4 Abs. 1 RBStV benannten Personenkreis der Höhe nach üblicherweise zur Verfügung steht, begründet mithin im vorstehenden Zusammenhang regelmäßig ebenso wenig eine atypische Fallkonstellation im Sinne der Härtefallregelung, wie es bei anderweitigen Empfängern niedriger Einkommen (z.B. Empfängern niedriger ALG I-Leistungen oder von Krankengeld) der Fall ist.

Durch § 4 Abs. 1 RBStV sollte für einkommensschwache Personen eine bescheidgebundene Befreiungsmöglichkeit eröffnet werden, wobei die Befreiungstatbestände abschließend und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden sein sollten.

Angesichts dieses Normzwecks, der in § 4 Abs. 1 RBStV klar zum Ausdruck kommt, kann die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit regelmäßig nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die keine der in § 4 Abs. 1 RBStV benannten Sozialleistungen erhalten, weil sie deren Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllen oder diese Leistungen nicht in Anspruch nehmen (wollen), dem Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zugeordnet werden.

Denn andernfalls würde der klar zutage getretene Wille der Staatsvertragsschließenden bzw. des Landesgesetzgebers missachtet, nicht durch konkret benannte Bescheide belegte allgemeine Fälle des Bezuges geringer Einkommen nicht mehr zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund besteht auch keine Veranlassung für eine vom Kläger ausdrücklich angeregte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Gestalt einer konkreten Normenkontrolle, Art. 100 Abs. 1 GG. Insbesondere ist die Kammer keineswegs von der Verfassungswidrigkeit der hier maßgeblichen rundfunkbeitragsrechtlichen Bestimmungen überzeugt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
Hervorhebungen durch user @marga!
Quelle: Urteil 6 K 2043/15 VG des Saarlandes
http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&nr=5671&Blank=1


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 01. Juni 2019, 10:20 von DumbTV«
Jetzt das Kinderlied: Drah`di net um, oh, oh, oh schau, schau, der ÖR geht um, oh, oh, oh er wird di anschau`n und du weißt warum, die Lebenslust bringt di um, alles klar Herr Justiziar? OVG Saarlouis Beschluß vom 10.11.2016 1 D 230/16, Urteil AZ: 6 K 2043/15 https://recht.saarland.de/bssl/document/MWRE170006268 , Urteil AZ: 6 K 2061/15 VG des Saarlandes (https://filehorst.de/d/cnqsyhgb)

  • Beiträge: 7.385
@marga

Was die Verwaltungsgerichte sehen wollen, ist die eine Seite, was die höhere Rechtsprechung für Europa wie für den Bund entscheidet, ist die andere. Leider wird oft völlig ausgeblendet, daß Europarecht Bundesrecht ist und damit Landesrecht bricht, bzw. EU-Recht jegliches entgegenstehendes nationales Recht überlagert und unanwendbar werden läßt. Alles von EGMR, EuGH wie BVerfG bestätigt.

Der völkerrechtliche Schaden aus der Mißachtung dieser Gegebenheiten könnte größer nicht sein, würde er international bekannt.

Und genau das, dieses "internationale Bekanntwerden" der Schwachstellen der Bundesrepublik Deutschland kann ob des Art. 10 EMRK niemand wirksam verhindern, ohne selbst nachhaltigen Rechtsbruch zu begehen und sich damit in die gleiche kritikwürdige Ecke zu stellen.


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  • Beiträge: 7.385
Hier führt der EGMR in einer Deutschland betreffenden Entscheidung aus, was er im Sinne des Wortlautes des Art. 10 EMRK versteht:

Zitat
(i) Die auf diese Rechtssache anwendbaren allgemeinen Grundsätze

62. Die allgemeinen Grundsätze für die Prüfung, ob ein Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung verhältnismäßig war, hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung fest etabliert und wie folgt zusammengefasst (siehe u. a. Steel und Morris ./. Vereinigtes Königreich, Individualbeschwerde Nr. 68416/01, Rdnr. 87, ECHR 2005-II).
„...
(ii) Das Adjektiv „notwendig“ im Sinne von Artikel 10 Abs. 2 impliziert das Bestehen eines „dringenden sozialen Bedürfnisses“. Die Vertragsstaaten haben einen gewissen Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Frage, ob ein solches Bedürfnis besteht; dieser geht jedoch Hand in Hand mit einer europäischen Überwachung, die sich sowohl auf die Gesetzgebung bezieht als auch auf die Entscheidungen, die sie anwenden, auch wenn sie von unabhängigen Gerichten getroffen wurden. Der Gerichtshof ist daher befugt, abschließend darüber zu entscheiden, ob eine „Einschränkung“ mit der durch Artikel 10 geschützten Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen ist.

(iii) Aufgabe des Gerichtshofs ist es jedoch nicht, sich bei seiner Überwachung an die Stelle der zuständigen Behörden zu setzen; er hat vielmehr die von ihnen im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums getroffenen Entscheidungen nach Artikel 10 EMRK zu überprüfen. Das heißt nicht, dass sich die Überprüfung darauf beschränkt, ob der beschwerdegegnerische Staat seinen Beurteilungsspielraum angemessen, sorgfältig und in gutem Glauben ausgeübt hat; der Gerichtshof muss den gerügten Eingriff unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles prüfen und entscheiden, ob er „zu dem verfolgten berechtigten Ziel verhältnismäßig“ war und ob die zu seiner Rechtfertigung von den Behörden angeführten Gründe „stichhaltig und ausreichend“ sind. ... Dabei muss sich der Gerichtshof davon überzeugen, dass die von den Behörden angewendeten Regeln mit den in Artikel 10 enthaltenen Grundsätzen vereinbar sind und dass die Behörden die erheblichen Tatsachen nachvollziehbar bewertet haben. ...“
[...]

CASE OF HEINISCH v. GERMANY
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-108773

Hier wird übrigens auch ausdrücklich die Verhältnismäßigkeit der von einer Behörde eingesetzten Mittel angemahnt, siehe Hervorhebung in Blau.

Da die Konvention Bundesrecht ist, welches die Länder zwar in eigener Verantwortung ausführen, die damit aber unter Rechtsaufsicht des Bundes steht, sei auch auf das folgende Thema verwiesen:

Rechtsaufsicht des Bundes einfordern?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30208.msg188996.html#msg188996

Man darf also in jedem Falle feststellen, daß es sich bei "pressing social need", bzw. "dringendes soziales Bedürfnis" um eine gefestigte, bzw. ständige Rechtsprechung handelt und nur bei Vorhandensein dieser Voraussetzung Eingriffe in den Art. 10 EMRK überhaupt zulässig sind.


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Keine Unterstützung für
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- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

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