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Autor Thema: „Keine Entpolitisierung der Rundfunkgesetzgebung"  (Gelesen 4104 mal)

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„Keine Entpolitisierung der Rundfunkgesetzgebung"
Autor: 18. September 2018, 18:04

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medienpolitik.net        17.09.2018

„Keine Entpolitisierung der Rundfunkgesetzgebung“
Sachsen-Anhalt plädiert für Beitragsfestsetzung von zwei Jahren – leichte Beitragserhöhung möglich

Interview mit Rainer Robra, Staatsminister, Chef der Staatskanzlei und Kulturminister des Landes Sachsen-Anhalt
Zitat
Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei Sachsen-Anhalts, hat in der aktuellen Debatte um den Rundfunkbeitrag und die weitere Ausgestaltung des Auftrages in einem medienpolitik.net-Gespräch eine eindeutige Position gegen eine „Fokussierung“ und mögliche Reduzierung des Auftrages bezogen: „Ich sehe in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nicht den geringsten Anlass, den Auftrag, wie er in § 11 des Rundfunkstaatsvertrages normiert ist, zu beschneiden. Das ist in jeder Facette – in Unterhaltung, in Information, in Sport und allen Bereichen der Kultur – vom Verfassungsgericht gewürdigt worden.“ Zugleich äußert Robra Zweifel an den Vorschlägen einiger Länder, mit einer vollständigen Indexierung die Ermittlung des Beitrages und damit die Rolle der KEF zu verändern und mit einer „Flexibilisierung“ die Entscheidung über die Verwendung des Beitrages stärker in die Sender zu verlagern. „Es ist eine Selbstrestriktion, die am Ende zu einer Programmgestaltung nach Kassenlage führt, auch mit einem bunten Wechsel im Austausch von Programmen. Die Flexibilisierung des Programms bedeutet den Rückzug der Länder aus der Verantwortung für die Zahl der Sender und Programme“, so Robra. Der Chef der Staatskanzlei Sachsen-Anhalts schlägt vor, den „Beitrag nur für zwei Jahre beschließen, um Zeit für eine gründliche Debatte zu gewinnen“. Zugleich könne er sich vorstellen, dass der Beitrag leicht steige, wenn deutlich werde, dass zumutbare Anstrengungen auf allen Seiten geleistet würden, die Kosten insgesamt zu senken.
Zitat
medienpolitik.net: Das BVerfG verweist auf die zunehmende Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kann man daraus, in Zusammenhang mit der Diskussion um den Beitrag, nicht ableiten, dass mehr Aufwand auch einen höheren Beitrag bedeutet?

Rainer Robra: Das Verfassungsgericht sagt nicht, dass die Öffentlich-Rechtlichen mehr Aufgaben wahrnehmen müssen, sondern dass sie die Aufgaben, die sie haben, mit großer Seriosität und immer auch mit Blick auf die Privaten erfüllen und zu diesen ein Gegengewicht bilden sollen. Das muss nicht notwendigerweise teurer werden als bisher. Ich sehe aber auch in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nicht den geringsten Anlass, den Auftrag, wie er in § 11 des Rundfunkstaatsvertrages normiert ist, zu beschneiden. Das ist in jeder Facette – in Unterhaltung, in Information, in Sport und allen Bereichen der Kultur – vom Verfassungsgericht gewürdigt worden. Dem müssen die Anstalten gerecht werden können. Ich erwarte, dass das nicht zu einer Beitragsexplosion führen wird.
Zitat
medienpolitik.net: Eine Gruppe von Ländern schlägt eine Indexierung und Flexibilisierung des Beitrages vor. Es ist das fünfte Mal, dass Sie als Chef der Staatskanzlei über die Höhe der Rundfunkgebühr/des Rundfunkbeitrages entscheiden müssen. Sie müssten doch froh sein, wenn dieses Verfahren durch das Indexierungsmodell abgelöst wird?

Rainer Robra: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Durch eine Übertragung in die von einem Index gesteuerte Selbstregulierung der Anstalten und ihrer Gremien käme es zu einer sehr weit gehenden Entpolitisierung der Rundfunkgesetzgebung. Das kann auf Dauer für die Akzeptanz der Anstalten in einem repräsentativen parlamentarisch-demokratischen System gefährlich sein. Darauf hat auch meine Kollegin Raab aus Rheinland-Pfalz kürzlich in einem Zeitungsbeitrag hingewiesen. Bestenfalls holt sich die Politik das zurück, wenn sie den Eindruck hat, dass die Entwicklung in eine falsche Richtung läuft. Bei so einem Gerangel möchte ich nicht dabei sein. Was immer wir verabreden hat nicht Verfassungsrang, es hat den Rang eines einfachen Gesetzes und kann auch jederzeit geändert werden. Ich habe es bei allen Problemen, die im Detail mit der Rundfunkstaatsvertragsgesetzgebung verbunden sind, immer für richtig gehalten, dass die zuständigen Ausschüsse der Landtage über die laufende Entwicklung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk informiert sind, denn nur dann können wir ernsthaft von einer Medienpolitik in den Ländern sprechen.
Zitat
medienpolitik.net: Frau Raab hat in dem von Ihnen genannten Artikel auch eine gewisse Sympathie für die Indexierung gezeigt. Sie hat darauf verwiesen, dass 80 Prozent bereits jetzt indexiert sind. Doch ich höre bei Ihnen grundlegendere Bedenken dagegen.

Rainer Robra: Die Indexierung, die dem KEF-System immanent ist, ist eine andere Art von Indexierung nach allgemeinen Verbraucherpreisindizes, von der jetzt die Rede ist, weil für jeden Kostenblock differenzierte Regelungen angewendet werden. Mit Interesse habe ich verfolgt, dass die BBC beim gerade vollzogenen Übergang zur Indexierung das zunächst auf einen überschaubaren Erprobungszeitraum beschränkt wissen wollte, weil auch dort keine völlige Klarheit über die Wirkung der Indexierung geherrscht hat. Wir wollen und dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht unterfinanzieren, aber wir dürfen auch nicht überfinanzieren, sonst wird der Beihilfekompromiss mit der EU-Kommission verletzt. Wir haben eine ähnlich präzise Punktlandung zu organisieren, wie sie mit dem KEF-System und dem ihm immanenten Spardruck gewährleistet ist. Das scheint mir mit einem relativ simplen Algorithmus nur schwer erreichbar. Zurzeit appelliere ich an die Intendantinnen und Intendanten den Finanzbedarf, Ende Oktober beginnt das Beitragsfestsetzungsverfahren der KEF für die nächste Periode, zurückhaltend anzumelden und sich der Folgen bewusst zu sein. Sie sollten auch neue Projekte, die kostenintensiv sind, auf den Prüfstand stellen, um uns in die Lage zu versetzen mit einer, wenn überhaupt, marginalen Beitragssteigerung an die Öffentlichkeit treten zu können. Alles andere wäre in den Parlamenten schwer vermittelbar.
Zitat
medienpolitik.net: Sehen Sie einen möglichen Kompromiss zwischen den beiden „Lagern“ der Länder?

Rainer Robra: Das ist aktuell schwer zu sagen. Im Moment bereitet der Zeitdruck Probleme, unter dem wir diskutieren. Wir sollten uns auch im Kreise der Länder noch einmal sehr sorgfältig Gedanken darüber machen, wie wir uns zeitliche Brücken bauen können, die uns in das ruhige Fahrwasser zurückbringen, das notwendig ist, um alle Aspekte beider Seiten dieses Prozesses diskutieren und betrachten zu können. So könnten wir beispielsweise den Beitrag nur für zwei Jahre beschließen, um Zeit für eine gründliche Debatte zu gewinnen. Die Konstruktion, die wir in Deutschland für die sehr komplexe Ko-Regulierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben, durch Selbstverpflichtungen der Anstalten, Gremienentscheidungen, die KEF und die Landesgesetzgeber, ist bedeutend schwieriger zu handhaben als in anderen Ländern, in denen der Gesetzgeber alle Details festlegt. Die Schweiz hat jetzt entschieden, der SRG einen anderen auch inhaltlichen Rahmen zu setzen, in Frankreich lief es so ähnlich. Die BBC hat ihr Board, das relativ deutliche programmliche Vorgaben machen kann, bis hin zu nationalem Content der verbindlich von der Filmwirtschaft abgerufen werden muss. Das haben wir in Deutschland aus verfassungsrechtlichen Gründen alles so nicht. Und deswegen ist der Diskussionsprozess, der alle Beteiligten und deren Argumente einbeziehen muss, bei uns schwieriger und kann jetzt nicht in 6 bis 8 Wochen zu einem allseits befriedigenden Ergebnis geführt werden.
Weiterlesen auf :
http://www.medienpolitik.net/2018/09/rundfunk-keine-entpolitisierung-der-rundfunkgesetzgebung/



Siehe auch :
Heike Raab: Zukunft des örR - Es geht um mehr als um den Rundfunkbeitrag
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28610.0

Chef der Staatskanzlei NRW : „ Wir wollen nicht ‚totregulieren‘ “
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28271.0

Medienminister Robra verteidigt Vorschläge zum ARD-Umbau
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=25016.0


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 18. September 2018, 18:17 von Bürger«

N
  • Beiträge: 540
Zitat
medienpolitik.net: Das BVerfG verweist auf die zunehmende Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kann man daraus, in Zusammenhang mit der Diskussion um den Beitrag, nicht ableiten, dass mehr Aufwand auch einen höheren Beitrag bedeutet?

Das ist mal ne steile These, die man eigentlich als Journalist nicht so in eine Frage übernehmen sollte, wenn das Gegenteil der Fall ist und der ÖRR insbesondere durch das Internet massiv an Bedeutung verloren hat. Klassisches Fernsehen wird in den nächsten Jahrzehnten zu einem Nischenprodukt verkommen, genauso wie Radio. Und das sind nun mal die Kernfelder des ÖRR.


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n
  • Beiträge: 1.456
Zitat
medienpolitik.net: Das BVerfG verweist auf die zunehmende Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Das kommt auf die politische Agenda an:
Wenn die Herrschenden
- Sicherung der Meinungshoheit
- Gelenkte Demokratie
- Unterstützung der Regierungspolitik
wollen, dann kommt dem ÖRR eine zunehmende Bedeutung zu.
Die Bestrebungen sieht man ja auch im neuen Medienstaatsvertrag, dass alles "Rundfunk" ist, was Ton und Bild übertragen kann und im Sinne der Machthaber reguliert werden muss. Und der Rundfunk muss unbedingt ins Internet um dort die Konsumenten zu erreichen.

Wir dagegen betrachten ÖRR einfach als eine Quelle unter vielen, die aber in keinster Weise heute privilegiert ist.
Der ist bald so überflüssig wie der Heizer auf der E-Lok.

Aber wie das so ist, hier in unserer Demokratie, hat das Volk nichts zu sagen.
Oder wie Volker Pispers bemerkt: „Wir haben eine Demokratie. Und Sie kriegen in einer Demokratie keine Mehrheit für eine Politik, von der 90% der Bevölkerung profitieren würden“.

noch mehr Off topic dazu:
Volker Pispers - Privater Appell - HD  [2min]
https://www.youtube.com/watch?v=tqhnp4n9MZQ
  -> die Veranstalter sagen, das Publikum kommt nur zu den Veranstaltungen die es aus dem Fernsehen kennt
  -> selbst der schwächst Kabarettabend bietet 10 mal mehr geistige Anregung als das sinnlose Gequassel in allen Talkshows im deut. Fernsehen gemeinsam
  -> nicht alles was im Fernsehen läuft ist gut, und nicht alles was gut ist läuft auch im Fernsehen

Und einfach Klasse ist die Analyse der Finanzen/Staatsschulden und Demokratie hier:
Volker Pispers: ZinsesZins - Kapitalismus - Vermögensverteilung - Demokratie [WDR]  [9min]
https://www.youtube.com/watch?v=I3WwjEhiDjs
6:50   -> Sie haben 60TEur Barvermögen! Warum haben Sie 25TEur Schulden gemacht? Ist das nicht ein bisschen blöd?
8:30 -> Es gibt nur ein einziges Problem. Wir haben eine Demokratie. Und Sie kriegen in einer Demokratie keine Mehrheit für eine Politik, von der 90% der Bevölkerung profitieren würden“.

Der Mann ist einfach genial.  Mich wundert, dass der im Fernsehen auftreten darf.
Die Wahrheit darf man heute nur noch als Satire sagen.
Aber das hier nicht weiterdiskutieren.


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(nur meine Meinung, keine Rechtsberatung)   

  • Moderator
  • Beiträge: 3.233
  • Das Ende des Rundfunkzwangsbeitrags naht!
Zitat
Rainer Robra: [...] Wir wollen und dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht unterfinanzieren, aber wir dürfen auch nicht überfinanzieren, sonst wird der Beihilfekompromiss mit der EU-Kommission verletzt. [...]

"Wir haben in der letzten Landtagssitzung abermals einen Beschluss mit auf den Weg bekommen, der die Beitragsstabilität sehr hoch aufhängt. [...]"
Quelle:http://www.medienpolitik.net/2018/09/rundfunk-keine-entpolitisierung-der-rundfunkgesetzgebung/

Zitat
"Die Kommission (hier KEF) stellt für die Beitragsperiode 2017 bis 2020 einen Überschuss von insgesamt 544,5 Mio. € fest.
Quelle: KEF 21. Bericht S.16 https://kef-online.de/fileadmin/KEF/Dateien/Berichte/21._Bericht.pdf
KEF: Rundfunkanstalten erzielen bis Ende 2020 Überschuss von 544,5 Mio Euro
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26789.msg168201.html#msg168201

Zitat
Die KEF hat bei den Rundfunkanstalten für 2013 bis 2016 einen Überschuss von 589,3 Mio. € ermittelt.
Quelle: KEF 19. Bericht S.10 https://www.ard.de/download/480202/19__KEF_Bericht_als_PDF.pdf

Die Beitragsstabilisierung bzw. sollte die Landesregierung von Sachsen-Anhalt bei ihrer Haltung bleiben und einer Beitragserhöhung nicht zustimmen, führt dies wohl schon heute in den Chefetagen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu Bauchschmerzen (Eindruck eines Zuschauers bei einer zeitnahen vergangenen öffentlichen Rundfunkratsitzung). ;)


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 02. Oktober 2018, 21:55 von Bürger«
GANZ DEUTSCHLAND WIRD VON EINEM ZWANGSBEITRAG IN ANGST UND SCHRECKEN VERSETZT. GANZ DEUTSCHLAND? NEIN! EINE GROSSE ANZAHL VON UNBEUGSAMEN BÜRGERINNEN UND BÜRGERN IN DIESEM LAND HÖRT NICHT AUF DEM ZWANGSBEITRAG WIDERSTAND ZU LEISTEN.

 
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