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Gespräch Vollziehungsbeamtin Finanzamt Berlin auf Vollstreckungsankündigung
denyit:
Genau dies wurde vom BVerwG als rechtmäßig erachtet.
Hier bspw. aus der daraufhin erfolgten Beschwerde von RA Bölck beim BVerfG:
--- Zitat ---6 Erkaufen eines anfechtbaren Bescheides um den Preis einer Sanktion
Verletzung des Art. 19 (4) GG und des Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 (1) GG i. V. m. Art. 20 (3) GG wegen des Erkaufenmüssens eines anfechtbaren Bescheides um den Preis einer Sanktion in Höhe von € 8,00.
6.1 Verletzung des Art. 19 (4) GG
Nach Art. 19 (4) GG steht demjenigen der Rechtsweg offen, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird.
Dieses Grundrecht ist verletzt.
6.1.1 Fehlender Verwaltungsakt
Voraussetzung für die Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges ist, dass der in seinen Rechten Verletzte überhaupt den Gegenstand der gerichtlichen Uberprüfung hat, nämlich den ihn beschwerenden Verwaltungsakt. Denn ohne einen Verwaltungsakt kann man keine Anfechtungsklage erheben, um die rechtliche Grundlage des Verwaltungshandelns zu überprüfen.
Die Existenz eines Verwaltungsaktes ist die Voraussetzung für die Wahrnehmung des Grundrechts aus Art. 19 (4) GG. Wenn der Bürger meint, in seinen Rechten verletzt zu sein, weil von ihm ein Tun (hier: Geldzahlung) verlangt wird, muss diese Zahlungsaufforderung in einem Ven1valtungsakt konkretisiert sein, um sie überhaupt gerichtlich prüfen zu können.
Die Existenz des Verwaltungsaktes ist substanzielle Voraussetzung für das Beschreiten des Rechtsweges. Ohne den Verwaltungsakt kann der Rechtsweg nicht beschritten werden.
Verwaltungsaktbasiertes Behördenhandeln wird nur dann dem Art. 19 (4) GG gerecht, wenn in dem Zeitpunkt, zu dem der Bürger das rechtlich geforderte Handeln (hier: Geldzahlung) vornehmen soll, überhaupt der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, mit dem das geforderte Handeln verlangt wird. Das Handeln muss also zuerst einmal kraft öffentlichen Rechts angeordnet worden sein. Dieses ist die klassische Funktion des Verwaltungsakts.
Denn gerichtlich überprüft werden kann nur dasjenige, was angeordnet wurde. Also ist keine gerichtliche Uberprüfung möglich, solange nichts angeordnet wurde. Gleichwohl besteht aber nach dem RBStV eine Zahlungspflicht, sobald man eine Wohnung bzw. eine Betriebsstätte innehat. Gerichtlich wehren kann man sich hiergegen zunächst überhaupt nicht, da man keinen Festsetzungsbescheid erhält.
Mit einer Feststellungsklage kann man keinen Rechtsschutz erlangen, da die Gerichte deren Statthaftigkeit verneinen, da man eine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid erheben müsse.
Diesen Bescheid erhalten die Zahlungspflichtigen zunächst überhaupt nicht. Sie können also - nach vorherigem erfolglosen Widerspruch - gar keine Anfechtungsklage erheben.
Die Zahlungspflichtigen müssen den benötigten Bescheid quasi provozieren, wofür sie dann automatisch sanktioniert werden: Sie sind gezwungen, nicht zu zahlen. Wegen dieser unumgänglichen Nichtzahlung verlangen die Rundfunkanstalten einen Säumniszuschlag i.H.v. 8 €. Erst dann, wenn ein säumniszuschlagspflichtiger Rückstand entstanden ist, wird der für die Rechtswegbeschreitung erforderliche Bescheid erlassen (vgl. 5 10 (5) RBStV).
So verhält es sich auch beim Bf: Gegen ihn erfolgte eine Säumniszuschlagsfestsetzung.
Die nach Art. 19 (4) GG gebotene Bescheiderteilung müssen sich die Zahlungspflichtigen quasi um den Preis von 8 € pro Bescheid zunächst erkaufen, um erst danach den Rechtsweg beschreiten zu können. Diese finanzielle Abschreckung stellt eine Hürde für die Rechtswegbeschreitung dar. Sie hält Rechtsschutzsuchende davon ab, überhaupt die Erteilung eines Bescheides zu veranlassen.
Diese finanzielle Abschreckungsmaßnahme ist ein Systembruch im Verwaltungsrecht. Eine derartige Regelung gibt es nur im RBStV. Der Prohibitivcharakter des 5 10 (5) RBStV bezweckt eine Nichtausübung des Grundrechts aus Art. 19 (4) GG. Schon im Vorfeld der Grundrechtsausübung wird eine finanzielle Hürde geschaffen, die der beabsichtigten Grundrechtsausübung quasi Steine in den Weg legt.
Grundrechtsgewährleistungen müssen einfachrechtlich derart ausgestaltet sein, dass nicht schon der Bescheiderteilung ein Hindernis bereitet wird.
Darin, dass dennoch ein solches Hindernis besteht, liegt die Verletzung des Art. 19 (4) GG.
6.1.2 Provozieren eines Verwaltungsakt
(1) In seiner Entscheidung vom 27.7.1971 -dem. sog. 2. Rundfunkurteil- ( 2 BvF 1/68 und 2 BvR 702/68, juris Rz. 24) hat das BVfG über eine vergleichbare Situation entschieden: Nämlich die Situation, dass die Erteilung eines Abgabenbescheides nicht die Regel ist, sondern von den Zahlungspflichtigen provoziert werden muss, indem sie ihre Abgabenschuld nach Grund und Höhe bestreiten. Einen derart provozierten Verwaltungsakt, der nur auf Betreiben des Abgabenpflichtigen hin ergeht, hat das BVfG missbilligt.
Ein solches Bestreiten der Abgabenschuld dem Grunde nach liegt -so wie auch hier- bei all denjenigen vor, die sich durch das Beschreiten des Rechtswegs gegen die verfassungswidrige Wohnungs- und Betriebsstättenabgabe wenden wollen. Um den Rechtsweg beschreiten zu können, müssen sie die mit 8 € sanktionierte Erteilung des Abgabenbescheides durch den WDR erst einmal provozieren.
Dieses ist verfassungswidrig.
(2) Im Beschluss vom 18.5.2004 (Beitragspflicht für Klärschlammentschädigungsfonds, 2 BvR 2374/99, juris Rz. 66) hatte sich das BVfG mit dem Thema zu befassen, dass u.a. dureh die Nichterfüllung einer Mitteilungspflicht ein Beitragsbescheid provoziert werden kann, gegen den dann fachgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann.
Das BVfG hat hierzu entschieden, dass der zahlungspflichtigen Person nicht angesonnen werden könne, den Erlass unnötiger Vollzugsakte herauszufordern
So ist es auch hier: Mittels der Nichterfüllung der vermeintlichen Zahlungspflicht müssen die von der Wohnungs- und Betriebsstättenabgabe Betroffenen einen Bescheid vom WDR provozieren. Gegen diesen Bescheid können sie dann -so wie hier erfolgt- fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
Ein solches Vorgehen darf den Betroffenen nach der Rspr. des BVfG jedoch nicht angesonnen werden.
6.2 Justizgewährungsanspruch gemäß Art. 2 (1) GG i. V. m. Art. 20 (3) GG
Aus Art. 2 (1) GG i. V. m. Art. 20 (3) GG ergibt sich das Grundrecht auf Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes, nämlich der Justizgewährungsanspruch.
Gegen den Justizgewährungsanspruch verstoßen solche gesetzlichen Vorschriften, die den Zugang zu den Gerichten in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (Beschluss des BVfG vom 12.02.1992, 1 BvL 1/89, Juris Rz. 32).
Die Regelung im RBStV, dass ein Bescheid nur im Fall der Nichtzahlung ergeht und dass dann gleichzeitig eine Sanktionierung i. H. v. 8,00 € erfolgt, verletzt den Justizgewährungsanspruch des Bf.
Voraussetzung für den Zugang zu den Verwaltungsgerichten ist es, dass ein anfechtbarer Verwaltungsakt vorliegt.
Ein solcher anfechtbarer Verwaltungsakt wird aber zunächst gar nicht erteilt.
Die Zahlungspflichtigen müssen die Erteilung eines Vewaltungsaktes erst dadurch provozieren, dass sie die Abgabe nicht zahlen. Wenn sie die Abgabe nicht zahlen, werden sie deswegen mit einem Säumniszuschlag i. H. v. 8,00 € sanktioniert.
Sie müssen sich also den der gerichtlichen Überprüfung zuzuführenden Verwaltungsakt um den Preis von 8,00 € erkaufen.
Erst dann, wenn sie sich den mit der Anfechtungsklage anzugreifenden Verwaltungsakt um den Preis von 8,00 € erkauft haben, haben sie einen Zugang zu den Gerichten.
Durch diesen Zwang zum Erkaufenmüssen eines Verwaltungsaktes wird den Zahlungspflichtigen der Zugang zu den Gerichten in einer unzumutbaren Weise erschwert, die aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, eine abschreckende Wirkung zu schaffen, indem die Zahlungspflichtigen quasi bestraft werden, weil sie die Erteilung eines Verwaltungsaktes begehren. Es gibt keine Sachgründe, die dagegen sprechen, einen Bescheid bereits dann zu erteilen, wenn die zahlungsp?ichtige Person den Abgabenentstehungstatbestand verwirklicht hat.
In allen anderen Bereichen des Abgabenrechts wird ein Abgabenfestsetzungsbescheid stets dann erteilt, wenn der Abgabenentstehungstatbestand verwirklicht wurde.
Die hier bestehende Regelung, dass die Zahlungspflichtigen vor der Beschreitung des Rechtsweges allein deswegen sanktioniert werden, weil sie um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen möchten, ist im Abgabenrecht einmalig und sucht seinesgleichen.
--- Ende Zitat ---
St. Paulus:
Danke. Werde ich mir in Ruhe durchlesen. Ohne den Auszug jetzt genau gelesen zu haben, heißt das wohl, dass man die Säumnisgebühr im feststellenden Verwaltungsakt hinzunehmen hat, denn:
--- Zitat von: denyit am 09. Mai 2018, 11:00 ---Genau dies wurde vom BVerwG als rechtmäßig erachtet.
--- Ende Zitat ---
118AO:
meine Gedanken dazu:
Der SZ entsteht Kraft RBStV. Die Rechtmäßigkeit ist meines Wissens teil der anhängigen Verfassungsbeschwerden. Meine 5 Cent dazu: Ich kann nicht säumig sein, bevor ich kein Leistungsgebot erhalten habe. Sieht das BVerwG anders. Die Entscheidung bleibt abzuwarten.
Damit ist der SZ dann aber kein gesondert anfechtbarer Bestandteil des Bescheides. Bliebe nur der Erlassantrag, mit erwartbarer Entscheidung.
Aussetzungsantrag beim FA dürfte keinen Erfolg haben, da dem FA kein Einspruch vorliegt und wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe, das FA auch noch keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Der Einspruch ist also zwingende Voraussetzung für die Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 S. 1 AO "...die den angefochtenen VA erlassen hat...")
Das FA ist nicht gezwungen, die Vollstreckungsvoraussetzungen zu prüfen. Sollten diese nicht vorliegen, hat es aber die Konsequenzen zu tragen. Im Falle einer Vollstreckungsgegen/-abwehrklage ist der Beklagte die vollstreckende Stelle, nicht die Rundfunkanstalt.
Zuständiges Gericht ist im Zweifel das, das im strittigen VA angegeben wird. Die Finanzgerichtsverfahren mögen teurer sein, allerdings funktionieren FG´s bis hoch zum BFH als Korrektiv noch sehr gut- ganz im Gegensatz zu den VG´s, die in meinen Augen nur noch eine unbezahlte Außenstelle der Rundfunkanstalten darstellen.
Final hat XYZ 2 Möglichkeiten: Zahlen oder Klagen. Man kann versuchen, Zeit zu gewinnen, aber am Ende sind das seine Optionen.
St. Paulus:
--- Zitat von: 118AO am 09. Mai 2018, 15:05 ---Aussetzungsantrag beim FA dürfte keinen Erfolg haben, da dem FA kein Einspruch vorliegt und wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe, das FA auch noch keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Der Einspruch ist also zwingende Voraussetzung für die Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 S. 1 AO "...die den angefochtenen VA erlassen hat...")
--- Ende Zitat ---
Also Person XYZ liegt diese Vollstreckungsankündigung vom Finanzamt durch einer Vollziehungsbeamtin vor. Der feststellende VA wurde beim RBB angefochten, aber eine Reaktion erfolgt ja nicht. Und ja, die Vollstreckungsankündigung ist kein anfechtbarer Bescheid, somit Person XYZ bislang auch nur die Anfechtung beim RBB verblieb mit der Begründung des Leistungsgebots als Vollstreckungsvoraussetzung. Interessiert aber den RBB nicht.
Als nächstes kommt vom Finanzamt dann das Vollstreckungsersuchen und unmittelbar danach die Pfändungs-und Einziehungsverfügung. Mit dieser wird sofort vollstreckt und man kann nichts mehr machen. Die Pfändungs-Einziehungsverfüfung hat sich somit erledigt und es kommt nur noch eine teure Feststellungsklage (Zuständigkeit Finanzgericht?) in Betracht. Wo soll also noch vor der Vollstreckung ein Aussetzungsantrag gestellt werden?
--- Zitat von: 118AO am 09. Mai 2018, 15:05 ---Das FA ist nicht gezwungen, die Vollstreckungsvoraussetzungen zu prüfen. Sollten diese nicht vorliegen, hat es aber die Konsequenzen zu tragen.
--- Ende Zitat ---
Hmmm. ME hat die Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen von Amts wegen zu erfolgen, gerade bei Eingriffen in materielle Grundrechte. Gibts bei Eingriffen ins Eigentum vor so einer Vollstreckung keine Schutzfunktion oder keinen Anspruch darauf, das so eine Vollstreckung vor ihrer Vollziehung sogar auf Rechtmäßigkeit geprüft werden muss?
--- Zitat von: 118AO am 09. Mai 2018, 15:05 ---Zuständiges Gericht ist im Zweifel das, das im strittigen VA angegeben wird
--- Ende Zitat ---
Sind hier die feststellenden Verwaltungsakte des RBB gemeint, mit denen man gegen die BEITRAGSPFLICHT bei den Verwaltungsgerichten klagen kann? Denn das Finanzamt gibt ja keine Gerichte an, an die man sich wenden kann. Die schreiben im Vollstreckungsersuchen, dass Einwendungen gegen den vollstreckenden Verwaltungsakt außerhalb des Vollstreckungsverfahrens zu verfolgen sind und legen alle weitere Schreiben zu den Akten. Da der RBB Einwendungen aber auch nicht beantwortet, bleibt ja dann nur noch das Verwaltungsgericht ...... ???
LECTOR:
Die beste Analyse der Unrechtmäßigkeit der sog. Bescheide findet sich wohl in der Schrift von
Frank Henneke
"Der Zwangsrundfunk oder Warum die neue Rundfunkabgabe rechts- und verfassungswidrig ist"
Siehe hier im Forum:
Streitschrift von Dr. Frank Hennecke verfügbar
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22074.0.html
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