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Autor Thema: Hat der Südwestrundfunk das Recht zur Selbsttitulierung?  (Gelesen 3071 mal)

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  • Beiträge: 3.242
  • Das Ende des Rundfunkzwangsbeitrags naht!
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
die meisten von uns kennen den Spruch in jedem Festsetzungsbescheid:
"Dieser Bescheid ist ein vollstreckbarer Titel"
und wir haben zu diesem Thema schon viele Beiträge geschrieben, die ich gerne hier speziell für den SWR zentralisieren möchte.

In einigen Bundesländern enthalten die Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze Einschränkungen, Ausnahmen oder Kommentare über die Voraussetzungen  einer vollstreckbaren Geldforderung.

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg dagegen ist eher nüchtern und kurz gehalten, wie z.B. § 2 LVwVG BW:
Zitat
Verwaltungsakte können vollstreckt werden,
1. wenn sie unanfechtbar geworden sind oder
2. wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt.
Verwaltungsvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&query=VwVG+BW&psml=bsbawueprod.psml&max=true&aiz=true#jlr-VwVGBWV4P1

Trotzdem mehren sich die Zweifel, dass dem Südwestrundfunk das Selbsttitulierungsrecht, weder von Amts wegen, noch auf Grund des möglichen Wettbewerbvorteiles zusteht. Gerade in der aktuellen Zeit, in der auch für den privaten Rundfunk bereits Gebühren bezalt werden müssen (DVBT2) und die privaten Rundfunkanbieter drängen auch ein Stück vom "großen Kuchen" bekommen möchten. Somit stellt sich die Frage, hat der Südwestrundfunk das Recht zur Selbsttitulierung?

Auf meine Frage an einen juristischen Mitarbeiter des Südwestrundfunks, zur Berechtigung der Anwendbarkeit des Selbsttitulierungsrechtes durch den SWR, antwortet dieser kurz:

Zitat
"Rundfunkbeitragstaatsvertrag § 10 Abs. 6:
Festsetzungsbescheide werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt."

Eure bisherigen Meinungen aus dem Beitrag:
Ist der Südwestrundfunk eine Behörde?

Und wichtige Frage: Impliziert Selbstverwaltung auch Selbsttitulierung von Forderungen?


Danke für die Entscheidung des BVerfG

BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2012
- 1 BvL 8/11 - Rn. (1-69),

http://www.bverfg.de/e/ls20121218_1bvl000811.html

Rn. 47
Zitat
a) Die begünstigten Kreditinstitute - die Bremer Landesbank und die Landessparkasse zu Oldenburg - werden im Vergleich zu anderen Kreditinstituten, die in demselben Geschäftsfeld tätig sind und denen kein Selbsttitulierungsrecht zusteht, ungleich behandelt.

Heißt auf den Rundfunk übertragen:

"Die begünstigten öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen - *** - werden im Vergleich zu den privat-rechtlichen Rundfunkunternehmen, die in demselben Geschäftsfeld tätig sind und denen kein Selbsttitulierungsrecht zusteht, ungleich behandelt."

Rn 49
Zitat
Das dadurch bewirkte Ausmaß der Ungleichbehandlung ist nicht unerheblich. [...]

Rn. 49
Zitat
[...]Ohne Selbsttitulierungsrecht müssen Gläubiger eines Anspruchs grundsätzlich Klage erheben, um den Anspruch titulieren zu lassen (§ 704 ZPO).[...]

Rn. 49 - auf den Rundfunk umgewandelt -
Zitat
[...]Insoweit sind die vom Selbsttitulierungsrecht begünstigten öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen im Wettbewerb bevorteilt: [...]

Rn. 50 - auf den Rundfunk umgewandelt -
Zitat
b) Es lassen sich keine tragfähigen sachlichen Gründe finden, die die festgestellte Ungleichbehandlung gegenüber den privaten und gegenüber anderen öffentlichrechtlich verfassten Rundfunkunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland oder auch nur in einem ihrer Bundesländer rechtfertigen könnten.

So offensichtlich ist das leider nicht.
Stehen die Privaten im beitragsrechtlichen Sinne zu den Schmarotzern wirklich im Wettbewerb?
Erheben die Privaten auch eine Zwangsrundfunksteuer?
Hier geht es leider nicht um (weit gefasstes) Wettbewerbsrecht.

Stehen die Privaten im beitragsrechtlichen Sinne zu den Schmarotzern wirklich im Wettbewerb?
Wettbewerb ist immer branchenbezogen; die ganze Rundfunkbranche steht miteinander in Wettbewerb und darüberhinaus als Teil der Medienbranche mit den Printmedien ebenso.

Ein Mauerer, bspw., steht beruflich zu einem Dokumentarfilmer oder einem Redakteur einer Tageszeitung nicht in Wettbewerb.

Ein Verlag steht als Vertreter der Printmedien aber in Wettbewerb zu einem Rundfunkunternehmen als Vertreter der audio-visuellen Medien, gehören sie beide doch zur Branche der Medien.

Es sei noch einmal dieses Zitat hervorgehoben:

Zitat
Sofern wir als Rundfunkanstalt journalistisch tatig sind, handeln wir natürlich nicht als Behörde; [...]. Aber im Bereich des Beitragseinzugs steht uns hoheitliches Handeln zu.

Bundesrecht wie auch EU-Recht sind hier klar dagegen; Mischformen sind untersagt.

Die Befähigung der Verwaltung mit Innenwirkung, (Selbstverwaltung), schließt die Befähigung der Verwaltung mit Außenwirkung aus; ein Unternehmen verwaltet sich selbst, eine Behörde wird verwaltet.

Strukturelle Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen -> EU-Recht
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23124.0.html


bzw.
Körperschaftsteuergesetz (KStG)
§ 4 Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts

http://www.gesetze-im-internet.de/kstg_1977/__4.html

Zitat
2Ein Betrieb gewerblicher Art kann nicht mit einem Hoheitsbetrieb zusammengefasst werden.

Beides darf nicht in einem vereint sein!

Wenn jetzt eine LRA tatsächlich behaupten würde, sie sei eine Behörde, griffe auch

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes
(BMGVwV)

http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_28102015_VII22010414012.htm

Zitat
Soweit öffentliche Stellen als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, [...] Gleichstellung der am Wettbewerb teilnehmenden öffentlichen Stellen mit nicht-öffentlichen Stellen bei der Datenverarbeitung gemäß §§ 12 Absatz 1 und 27 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a BDSG und ist zur Wahrung der Chancengleichheit im Wettbewerb geboten.

wäre sie einer nicht-öffentlichen Stelle gleichzustellen und hätte somit auch keine Befugnis, sich via Meldedatenzugriff Kunden zu generieren.

Dazu passt dann auch die aktuelle Entscheidung des EuGH

Rechtssache C-357/16
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=verbraucher&docid=193031&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=387506#ctx1

wonach die Bestimmungen über unlautere Geschäftspraktiken auch außerhalb von Verträgen gelten.

Aus der gerichtlichen Wiedergabe eines Erwägungsgrundes:

Zitat
[...]Zur Förderung des Verbrauchervertrauens sollte das generelle Verbot für unlautere Geschäftspraktiken sowohl außerhalb einer vertraglichen Beziehung zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern als auch nach Abschluss eines Vertrags und während dessen Ausführung gelten. Das generelle Verbot wird durch Regeln über die beiden bei weitem am meisten verbreiteten Arten von Geschäftspraktiken konkretisiert, nämlich die irreführenden und die aggressiven Geschäftspraktiken.“

daher

Rn. 20
Zitat
Zum anderen ist die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nach ihrem Art. 3 Abs. 1 im Licht ihres 13. Erwägungsgrundes auf unlautere Geschäftspraktiken anzuwenden, die ein Unternehmen, auch außerhalb einer vertraglichen Beziehung, vor oder nach Abschluss eines Vertrags, im Anschluss an einen Vertragsabschluss oder während der Durchführung des Vertrags anwendet.

Rn. 23
Zitat
[...]Maßnahmen zur Beitreibung von Forderungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als „Produkt“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken angesehen[...]


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GANZ DEUTSCHLAND WIRD VON EINEM ZWANGSBEITRAG IN ANGST UND SCHRECKEN VERSETZT. GANZ DEUTSCHLAND? NEIN! EINE GROSSE ANZAHL VON UNBEUGSAMEN BÜRGERINNEN UND BÜRGERN IN DIESEM LAND HÖRT NICHT AUF DEM ZWANGSBEITRAG WIDERSTAND ZU LEISTEN.

H
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In der Theorie und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen lautet die Antwort:

NEIN das hat er nicht.


Das GG-widrige Recht zur Selbsttitulierung basierte in Niedersachsen auf der Basis eines niedersächsischen Landesgesetzes.

Es ist daher nicht ersichtlich, warum mittels eines Landesgesetzes, denn das ist ja der RStV durch das Zustimmungsgesetz, in Baden-Württemberg der Beschluss des BVerfG so einfach negiert und missachtet werden darf.

Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen sollte man also erwarten, dass die Beschlüsse des BVerfG bindend sind.

Soweit die Theorie
.

Allerdings ist mir in der Praxis ein Fall bekannt, wo das AG im Erinnerungsverfahren, den Hinweis auf den BVerfG Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2012 - 1 BvL 8/11 – nicht beachtete. Das trotz der Beweisführung dass es sich beim SWR um eine öffentlich-rechtliche Anstalt handelt, die im wirtschaftlichen Wettbewerb steht und dessen Existenz auch nicht vom Selbsttitulierungsrecht abhängt, das AG einfach befand, ein ordnungsgemäßes Vollstreckungsersuchen läge vor.

Selbst die Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des EuGH und auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts wurden ebenfalls nicht beachtet. Dass der SWR nach Unionsrecht  Gewerbetreibender ist, dass er keine Berechtigung zu hoheitlichem Handeln besitzt, wurde samt zugehörigen Beschlüssen in der Erinnerung angeführt.

Vielmehr lautet der Kernsatz: (Zitat):
Es liegt ein ordnungsgemäßes Vollstreckungsersuchen vor, so dass das AG nicht den der der Vollstreckung zugrundeliegende Titel zu überprüfen hat.
…..
Die Gläubigerin ist deutlich erkennbar


Das ist der übliche Südwestrundfunk c/o Beitragsservice als Kopf.

Die Hinweise, dass der SWR in Köln keine Niederlassung hat (alle SWR Niederlassungen wurden vollständig aufgeführt, eine in Köln gibt es nicht) und dass der BS eine voll rechtsfähige und geschäftsfähige GBR ist, siehe BGH Urteile vom 29.01.2011und BAG vom 1.12.2004, wurden nicht beachtet. Dass der SWR kein Gesellschafter dieser im Gewerbeverzeichnis von Köln geführten GbR ist und daher den BS nicht vertreten kann, wurde ebenfalls nicht berücksichtigt.


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Herr U kann Verfassungsbeschwerde nach jedem hoheitlichen Akt gegen Ihn einlegen (innerhalb von einem Monat mit kompletter Begründung).
Das BVerfG kann auch eine einstweilige Anordnung aussprechen.
Lasst uns der BVerfG mit Beschwerden fluten!


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(nur meine Meinung, keine Rechtsberatung)   

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"BVerfG Beschluss des Ersten Senats vom 18. Dezember 2012 - 1 BvL 8/11"

Das habe ich gefunden: BVerfGE 132, 372 - Selbsttitulierungsrecht 18.12.2012
(http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv132372.html), aber wie sind die Az's von

"BGH Urteile vom 29.01.2011und BAG vom 1.12.2004" ?


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