Verhandlungen Freiburg 30.8.2017
Erste Verhandlung Beginn 13:15, ein Freiburger Mitstreiter
Polizei-Sicherheitsdienst nicht anwesend. Vielleicht hat man beim VG Freiburg erkannt, das hier keine Randalierer einmarschieren, sondern nur der ganz normale Rundfunk- Zwangsbebeitragte sein Recht suchende Mitbürger.
Anwesend ca. 7 Zuschauer, SWR Vertreter ein alter Bekannter
Richterin, neu auf der bisherigen Liste
Es erfolgt kurzer Aktenvortrag.
Kläger beantragt den Widerspruchsbescheid vom Okt 15 aufzuheben, und den Beklagten zu verurteilen, den Kläger ab 2014 von der Rundfunk.-Beitragspflicht zu befreien. Der Kläger bezieht eine Erwerbsminderungsrente sowie Wohngeld und liegt mit beiden zusammen, 33 € über dem Sozialhilfesatz.Kläger schildert eindrucksvoll seine präkere Situation. Konnte leider keinen positiven Sozialamtsbescheid vorlegen. Er erklärt dann, der Gesetzgeber schreibt vor, Wohngeld geht vor Grundsicherung, das heißt, hätte er das Wohngeld nicht, würde er einen positiven Sozialamtsbescheid bekommen, und damit wäre er von der Rundfunk-Beitragspflicht befreit. Er wäre in einer absoluten Zwangssituation, und in der Gegend wo er leben würde, kenne er sehr viele Menschen die in einer ähnlichen Situation wären wie er, und niemals dran denken würden zu klagen, und das ist für sein Rechtsempfinden unhaltbar, weil so viele Menschen in finanzielle Not gebracht würden.
Richterin unterbricht an dieser Stelle, wollen wir das gleich besprechen, weil wir müssen erst noch die Anträge stellen.
Kläger stimmt zu.
Richterin, sie beantragen die Festsetzungsbescheide abzuweisen, und eine Befreiung ab 1.1.13
SWR beantragt die Klage abzuweisen.
Richterin, erklärt, das sie sich über den Fall ihre Gedanken machen würde, und alles sorgsam prüfen werde.
Kläger, trägt jetzt die Aussetzung des Frankfurter VG vor, und das er gestern beim BVerfG angerufen hätte, wo ihm jetzt 130 vorliegende Verfassungsbeschwerden genannt wurden, 4 Leitverfahren wären bestimmt worden, über die dieses Jahr noch entschieden werden soll, er wolle diese Aussetzung auch für sich beantragen, denn er halte den ganzen RBStV für rechtlich unhaltbar. Er bezieht sich dann auf die Arbeit von Terschüren, sowie auf weitere Gutachten, und bringt jetzt auch die Vorlage von Herrn Dr. Sprißler an den EuGH vor.
Richterin, unterbricht jetzt, kommen wir auch gleich dazu. Mir ist das bekannt, das einige Klagen vor dem BVerfG vorliegen, das ist allerdings für uns vor dem VG Freiburg kein Anlass das Verfahren auszusetzen. Warum sehen wir das nicht als Anlass, weil das Oberverwaltungsgericht in Mannheim, und das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht sind das der RBStV keine Anhaltspunkte einer Verfassungswidrigkeit beinhaltet, und deswegen sehen wir den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als derzeit anzuwendendes Recht. (Man kann an dieser Stelle einflechten, da liegt ganz klare Order von oben vor)
Kläger, das Urteil des Bundesverwaltungsgericht kann man als schon obsolet bezeichnen.
Richterin können wir auch gleich drüber sprechen. Im Netz kursieren auch viele Rechtsgutachten, das ist nicht die Frage, das man unterschiedlicher Auffassung sein kann, die Frage ist die, ob wir wirklich Anhaltspunkte einer Verfassungswidrigkeit haben, und die sehe ich auch heute nicht.
Kläger bezieht sich wieder auf die Vorlage von Dr. Sprißler, was die Richterin ins Protokoll aufnimmt.
Richterin nimmt jetzt zu Landgericht Tübingen Stellung. Was die sich in Rundfunkfragen äußern, würde denen sowieso nicht zustehen, das kann jetzt arrogant klingen, aber die würden sich zu Dingen äußern die sie nichts angingen. Man kann das privat tun, aber es ist für mich nicht bindend was das Landgericht Tübingen sagt.
Kläger geht jetzt wieder auf seine persönliche Situation ein, da er auch seit Jahren Nichtnutzer wäre.
Richterin, ich verstehe sie, wenn sie für eine Leistung bezahlen, die sie nicht in Anspruch nehmen, weil es eben diesen wohnungsbezogenen Beitrag gibt. Ich komme gerade so über die Runden, warum soll ich dafür noch bezahlen. Da haben sie meine Sympathie, aber es ist die Frage was ist rechtmäßig, und was ist rechtswidrig.
Kläger, und da ist meine Sicht der Dinge so, das das Bundesverwaltungsgerichts-Urteil obsolet ist, und es in ihrem ermessen liegt, das Verfahren ruhen zulassen, oder gar auszusetzen, bis in Karlsruhe entschieden wird.
SWR, Uns ist auch bekannt das Verfahren vor dem BVerfG vorliegen, ich sehe da aber auch keinen Anlass Verfahren auszusetzen. Es steht auf der Homepage des BVerfG das vielleicht dieses Jahr noch verhandelt werden soll, es kann auch irgendwann in den nächsten Jahren geschehen, (davon träumt der SWR auch nur) wurde dann aus dem Publikum mit entsprechenden Lauten begleitet, ein Zuhörer bestätigte, das er nach Anruf dort, auch die gleiche Mitteilung der noch diesen Jahres fallenden Entscheidung erhalten hat. Richterin hört stillschweigend zu.
SWR selbst wenn das BVerfG entscheiden sollte, der Rundfunkbeitrag ist verfassungswidrig, und das rückwirkend, dann würden sie auch rückwirkend Beiträge zurückbekommen, das ist allerdings noch unwahrscheinlich. In der Regel sagt das BVerfG wir haben da gewisse Bedenken, und der Gesetzgeber gibt dann eine bestimmte Frist. Es ist sehr unwahrscheinlich das es rückwirkend eine Verfassungswidrigkeit gibt, weil dann würde der gesamte Finanzbedarf des öffentl.-rechtl. Wegfallen. Also je nachdem wie die Entscheidung ausfällt, werden wir dieser natürlich folgen, und bezahlen die Beiträge auch wieder zurück, wenn es auch rückwirkend verfassungswidrig erklärt wird. Auch im speziellen Fall auf den Kläger bezogen, hätte er dadurch keine Nachteile.
Richterin der Kläger beantragt das Verfahren bis zu einer Entscheidung vor dem BVerfG auszusetzen. Ich werde mir Gedanken machen, ob eine Aussetzung zu erfolgen hat. Richterin brütet jetzt wie auf einem Ei, und druckst umher, man spürt, sie weiß jetzt nicht so richtig, wo sie wieder anknüpfen soll, und fängt jetzt mit der Erwerbsminderung an, und fragt, wieviel der Kläger über dem Grundsicherungsbetrag liegt. Er erzählt nochmal, 33€ darüber.
Richterin zitiert nun wieder aus dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, das jeder der eine Wohnung hat, diesen Beitrag entrichten muss. Ob man den Fernseher nutzen möchte oder nicht, kommt es bei diesem Beitrag nicht an. Die ganzen Punkte, ob es ein Eingriff in die Informationsfreiheit ist, ob ich gezwungen werde, für etwas zu bezahlen, was ich gar nicht nütze, haben alles schon die Oberverwaltungsgerichte und Bundesverwaltungsgericht beantwortet. Wann hat man eine Befreiung der Rundfunkbeitragspflicht, da muss man in § 4 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags schauen, und Richterin liest dann die ganze Liste runter (nur das nützt unserm Mitstreiter gar nichts). Sie müssten eine Grundsicherung bei Erwerbsminderung erhalten, mit der sie nicht mehr als 17,50€ über dem Sozialhilfesatz liegen, dann könnte man eine Härtefallregel nehmen. Sie liegen aber 33€ darüber.
Kläger schildert nochmal seine Situation auf Grund 40% Schwerbehinderung.
SWR kann einem Härtefall auch nicht zustimmen, weil es im Gesetz genau geregelt wäre. Und wenn man ihre Bescheide anschaut, da liegen sie eben noch über der Bemessungsgrenze von 17,70€, und da mutet ihnen der Gesetzgeber zu, das sie diese 17,50€ bezahlen können. Das sie es nicht bezahlen wollen, kann ich verstehen, auch wenn sie ihre Geräte nicht nutzen, so ist eben die gesetzliche Regelung, mehr kann ich jetzt leider auch nicht sagen.
Kläger bringt jetzt ein, auch mit Politikern geredet zu haben, die auch gegen die jetzige Rundfunkfinanzierungs-Regelung sind.
Richterin pflichtet bei, dies ist wahrscheinlich auch der richtige Weg, die gesetzlichen Grundlagen zu ändern.
SWR äußert sich in so fern, das der RBStV hochgradig unsozial ist, auch in Hinblick auf Ausnahmeregelungen zur Befreiung,da muss man schon ziemliche Einschränkungen haben. Da gibt es auch Leute die sind 100% schwerbehindert (hatten wir schon am Infostand, und schwerhörig dazu, und bekommen trotzdem keine Befreiung) und bei ihnen ist es so, das sie über dem Satz der Grundsicherung liegen, allerdings nicht viel, ist auch nicht komfortabel. Die momentane Regelung ist eindeutig.
Richterin es ist nicht so das wir ihre Situation nicht verstehen würden, es ist eine missliche Lage weil sie so knapp über dieser Grenze stehen, und sie beim Sozialamt nicht diese Leistung erhalten.
Kläger trägt vor, er bekommt keinen Heizkostenzuschuss, er kann nicht mal zur Tafel und dort halbvergammelte Lebensmittel holen. Wenn es beim BVerfG keinen Grund gäbe sich diese Beschwerden anzuschauen, würde er nicht so darauf beharren,das Verfahren auszusetzen. Die Situation ist für ihn dermaßen bedrohlich, rein finanziell, es geht jetzt immerhin um einen Betrag von über 600€.
Richterin zum SWR Herr... was wäre von ihrer Seite machbar. SWR man könnte eine Frist setzten, in der die Festsetzung ruht, so 1-2 Jahre den Betrag stundet, eine technische Sperre, in der dann auch die weiterlaufenden Beträge nicht festgesetzt werden. Schlägt auch die Möglichkeit der Ratenzahlung vor, mit geringen Beiträgen. SWR bringt jetzt noch die Verjährung, deswegen dürfte die Frist nicht zu weit nach vorne. Es wird das Datum 30.9.18 festgelegt, bis zu dem dann alle Beiträge bezahlt sein müssen. In dieser Form als Vergleich.
Richterin sieht in der Aussetzung nicht die rechtliche Lösung, zumal der VGH in einem ähnlich gelagerten Fall am 8.August 17 die Aussetzung auch abgelehnt hat.
Richterin schlägt jetzt kurze Pause vor, der Kläger kann sich überlegen, wie er weitermachen will.
An dieser Stelle sei gesagt, die Richterin kommt dem Kläger im Rahmen ihrer Möglichkeiten entgegen. Nimmt sich viel Zeit, um seine persönliche Situation zu erfassen. Auch der SWR-Vertreter ist bemüht, Kulanz zu zeigen, und beharrt auch nicht total stur auf irgendwelchen Gesetzen.
Kläger wiederholt nach der Pause nochmal seine Situation. Richterin legt nochmal nach, Aussetzung kann nicht gewährt werden. Sie schlägt einen Vergleich vor.
SWR, erklärt auch noch mal, das seinerseits stillhalten gewährt wird, bis 1.10.2018.
Richterin liest dann den Beschluss vor, das die festgesetzten und die Folgebeträge nicht vor 1.10.2018 fällig sind.
Dann kommt die Frage wie ist es zu handhaben, wenn das BVerfG bis dahin entscheidet, und die Beitragspflicht rückwirkend für Verfassungswidrig erklären würde.
Richterin holpert nun etwas herum, wie sowas in einen Vergleich zu integrieren ist.
SWR, meldet sich nun wieder, das im Falle der rückwirkenden Verfassungswidrigkeit auch rückwirkende Zahlungspflicht seitens des SWR bestehen würde.
Richterin, je nach Ausspruch des BVerfG, wenn z.B erst für die Zukunft eine Verfassungswidrigkeit festgestellt wird, muss der Kläger dies auch so akzeptieren, und die noch ausstehenden Beiträge nachbezahlen. Sollte rückwirkend Verfassungswidrigkeit festgestellt werden, müssten je nach Stich- Datum die zuviel gezahlten Beiträge an den Kläger zurückerstattet werden.
Der Kläger entscheidet sich für den Vergleich.Gerichtskosten fallen keine an, der SWR verzichtet auf die Fahrtkosten und Spesen.
Richterin betont nochmal, das dies eine für den Kläger besondere Ausnahme war, und nicht die Regel, und nur seiner Ausnahmesituation geschuldet, und nicht für die große Masse.
Der Kläger kann mit dieser Entscheidung zufrieden sein. Glücklich ist anders.
Es war eine Marathon-Sitzung von 90 Minuten, die längste und umfangreichste an der ich bisher teilgenommen habe.
In der Pause hatte ich noch die Möglichkeit mit dem SWR-Vertreter zu sprechen, der wie gewohnt sehr umgänglich und gesprächsbereit war.
Auch hatte ich die Gelegenheit , mit einem Anwalt für Sozialrecht zu sprechen, der schon für die zweite Verhandlung bereit stand. Ich fragte ihn nach den im Forum kursierenden Härtefallregeln wie z.B eine 990€ +30% als Beihilfegrenze, und ob, da seit 2005 kein Nachfolgegesetz , dies analog anzuwenden wäre. Das war ihm so unbekannt, und konnte es mir auch nicht so bestätigen. Auch der SWR-Vertreter enthielt sich (ob bewusst) der Meinung dazu. Also was das Härtefallregel-Thema betrifft, ist hier scheinbar sehr viel Raum für Spekulation. Nichts wirklich greifbares, was man einbringen kann.
Resümee: das VG Freiburg interessieren weder die Verfassungsbeschwerden zum RBStV in Karlsruhe, noch die Vorlage von Dr. Sprißler vor den EuGH. Es wird nur auf der jetzigen Grundlage des RBStV geurteilt.
Mir war die Ausführlichkeit dieses Verfahrens zu beschreiben, besonders wichtig, weil wahrscheinlich einige Millionen Zwangsbeitragszahler in der ähnlichen Situationen sind, und es auch diesen Personenkreis durch das unsoziale Rundfunkbeitragsrecht am härtesten trifft, und deshalb auf jeden Fall nachgebessert werden muss. Ich hoffe das BVerfG erkennt diese Problematik, ist nun durch die Vorlage beim EuGH auch unter gewissem Zugzwang, und kommt die nächsten Wochen zu einer Entscheidung.
Kleine rechtschreibliche oder Zeichenfehler möge man mir nachsehen.
Verhandlungen Freiburg 30.8.2017
Zweite Verhandlung Beginn 15:15
Hier ist ein Rechtsanwalt der seinen Mandanten vertritt
Um es abzukürzen. Der Kläger war selbstständig als Vermessungstechniker unterwegs, und hatte angeblich vor 2Jahren altersbedingt (80) seine Selbständigkeit beendet. Er hatte bis dahin ein KFZ für das auch ein Drittel des Rundfunkbeitrags bezahlt wurde. Er hat dann dieses Fahrzeug an sich selbst verkauft, quasi vom betrieblichen ins private überführt. Dies wurde dem SWR mitgeteilt, die Zahlungsaufforderungen kamen allerdings weiter. Nun ist scheinbar das Problem, wie beweist man, das man das Fahrzeug nicht mehr beruflich nutzt. Einkommensteuernachweis? Die Frage blieb offen.
Richterin auf Grund des Alters könnte man sagen, das man dem guten Mann glauben kann, reicht scheinbar für den tatsächlichen Beweis nicht,( hier zeigt sich auch die ganze Problematik des Rundfunkbeitrags im gewerblichen Bereich)
Klägeranwalt stellt dann Antrag auf Widerruf. Hat 3 Wochen Zeit Nachweise zu bringen das KFZ privat benutzt wurde.
Vergleich :Kläger muss ab 2015 keine Beiträge mehr bezahlen. Der Beklagte verpflichtet sich die Beiträge ab 2015 zurückzuerstatten. Nach 3 Wochen entscheidet die Richterin nach Aktenlage. Es geht noch um die Zeit von 2013 bis 2015 für die Nachweise eingereicht werden müssen, das auch da schon das KFZ nur privat genutzt wurde.
Sitzung beendet.