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Autor Thema: Gesamtschuld - Unterschied Zivilrecht > Verwaltungsrecht und die Folgerungen  (Gelesen 2158 mal)

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Die Gesamtschuld im Zivilrecht hat völlig andere Grundlagen als die im Abgabenrecht.

Generell ist im Zivilrecht ein Verschulden einer Personenmehrheit Grundlage der Gesamtschuld.

1) Die Gesamtschuldnerschaft definiert sich "aus sich selbst heraus".
Im Vertragsrecht wird diese Gesamtschuldnerschaft durch Unterschriften definiert. Schuldner haben dann ihre Vertragspflichten nicht eingehalten
Im Strafrecht wird sie durch Tätergemeinschaft definiert. Sie haben absichtlich einen Schaden angerichtet.
und auch bei Unfällen wird sie durch die daran beteiligten Schädiger definiert. Diese haben eher unabsichtlich einen Schaden angerichtet.

2) Das Schuldverhältnis verschiebt sich zugunsten des Gläubigers.
Hier liegt der Grund für die Bevorteilung des Gläubigers (Geschädigten), dass er sich von jedem beliebigen einzelnen der Schuldner den gesamten Schaden ersetzen lassen kann: Die Schuldner haben persönlich gemeinsam "etwas angerichtet", jemandem geschadet. Justitias Waage schlägt zu Gunsten des Geschädigten aus. Im Gesetz manifestiert es sich dadurch, dass nicht genau nach Schuldanteilen jeder einzelne "Täter" Ausgleich leisten muss, sondern nur einer einmal und egal welcher der Beteiligten. Das widerspricht eigentlich den grundgesetzlichen Bestimmungen der Privatautonomie, nach der jeder nur für seine eigene Schuld einstehen muss, erleichtert dem Geschädigten seine Lage aber sehr, da er sich den vollen Ausgleich von dem holen kann, der ihn leisten kann.

Dies ergibt den Sinn in der "Paschastellung" der Gesamtschuldnerschaft im Zivilrecht. Es bedeutet eine Hilfestellung für einen Geschädigten. Es ist eine echte persönlich anzulastende Schuld Mehrerer zu begleichen.

Im Abgabenrecht hingegen ist keine Schuld zu begleichen, sondern eine gesetzliche Pflicht zu erfüllen. Auch wenn oft von Abgabenschuldnern gesprochen wird, es sind aber Abgabenpflichtige. Es ist erstmal keine persönliche Schuld zu sühnen, sondern ein allgemeines Gesetz von allen zu befolgen.

Dies hat 2 wichtige Folgen für die Gesamtschuldnerschaft:

1) Die Gesamtschuldnerschaft definiert sich nicht "aus sich selbst heraus" durch Unterschriften, Täterschaft oder Unfallbeteiligte. Aus der Gesamtheit der Abgabepflichtigen muss sie erst durch eine gesetzlich definierte Personenmehrheit festgelegt werden. Da es sich um einen Eingriff in die grundgesetzliche Vereinigungsfreiheit und Privatautonomie handelt, reicht kein Landesgesetz zur Definition aus, sondern es muss im Bundesrecht verankert sein. Ehen, Vereine, Erbengemeinschaften, GbRs, alle definierten Gesellschaftsformen gehören dazu.

Eine "Personengemeinschaft zur Finanzierung der ÖR-Medien" ist nicht definiert. Es wird eine "bunte Mischung" Personen zu einer Angabeeinheit zusammengefasst. Eine Wohngemeinschaft kann zwar eine GbR darstellen, und auch bei aus dieser Gesellschaft hervorgegangenen Schäden zivilrechtlich gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden, sie ist aber nur eine, mit dem Ziel, persönliche Vorteile aus dem gemeinschaftlichen Wohnen zu ziehen. Nicht um gemeinsam gesetzliche Abgabepflichten zu erfüllen.

Sollte dieses Prinzip Schule machen, irgendwelche nicht im Bundesgesetz festgelegten Personenmehrheiten mit einer Abgabe zu belegen, könnten theoretisch Bewohner ganzer Strassenzüge gesamtschuldnerisch für irgendwelche Abgaben willkürlich herangezogen werden (weil sie "in der selben Wohnung wohnen" oder "in der selben Strasse wohnen" bricht das Autonomieprinzip gleichermaßen). Oder alle Bürger, die grösser als einsachzig sind, oder Bürger mit Migrationshintergrund etc. ... beliebig fortsetzbar....

2) Das Schuldverhältnis verschiebt sich nicht zugunsten des Gläubigers. Der Rundfunkbeitrag hat keine Ausgleichswirkung für etwas Verschuldetes (nicht mal mehr das "Schwarzsehen" könnte aktuell noch angeführt werden), sondern hat eine vom Gesetzgeber erdachte Finanzierungsfunktion.
Der Gesetzgeber muss also mit Erstellung des Gesetzentwurfes einerseits beachten, dass die Privatautonomie der einzelnen Gesamtschuldner erhalten bleibt. Jeder ist nur für seine eigene Schuld verantwortlich. Andererseits (Ich setze dies jetzt mal gedanklich voraus) muss die Finanzierungsfunktion gewährleistet sein. Hier gibt es aber keine Verschiebung zugunsten des Gläubigers. Beide Aspekte müssen vollständig und gleichgewichtet beachtet werden.

Dies passiert in der Praxis des Beitragseinzugs nicht. Diese Widergesetzlichkeit wurde sogar im Beckschen Kommentar zum Rundfunkbeitrag frech schwarz auf weiss niedergelegt. Sinngemäß steht in diesem Zusammenhang dort: Vom Gesetz her ist es völlig Wurst, ob der zahlungsverpflichtete Gesamtschuldner einen Ausgleich im Innenverhältnis der Gesamtschuldnerschaft erreichen kann. - Es ist aber nicht Wurst!!! Er muss es nicht durchsetzen, aber es muss ab dem Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht möglich sein, die Gesamtschuld auf eine definierte Gesamtschuldnerschaft aufteilen zu können.

In der AO ist deshalb auch niedergelegt, dass ein Splitting einer Abgabe möglich sein muss, selbst wenn sie Ehepaare betrifft.

Gesetzliche Grundlagen dieser Ausführungen siehe BGB  und AO "Gesamtschuldnerschaft"

Resultat:
Eine Gesamtschuldnerschaft "Rundfunkbeitrag" kann nicht ohne bundesrechtliche Vorgabe per Landesgesetz definiert werden.


Weitere Beiträge zum Thema siehe Link-Sammlung unter
[Übersicht] Gesamtschuldnerschaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29680.0.html


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 21. März 2019, 16:52 von Bürger«
„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

 
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