@seppl hat mich durch seinen Fund:
http://www.beck-shop.de/fachbuch/leseprobe/9783824007011_Excerpt.pdfauf eine neue Sache gebracht und zwar die Zustellung (förmliche) von Widerspruchsbescheiden.
Eine förmliche Zustellung ist immer dann durchzuführen, wenn dies in dem Verwaltungsverfahrensgesetz oder anderen Gesetzen genannten ausdrücklich gefordert wird.
Im § 73 (3) VwGO heißt es: Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und
zuzustellen.
Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.
Als Zustellung wird die (förmliche) Bekanntgabe eines Schriftstücks an eine Person bezeichnet.
Im Widerspruchsbescheid des Beitragsservice heißt es:
"Gegen den angefochtenen Festsetzungsbescheid in der Fassung dieses Widerspruchsbescheids kann innerhalb eines Monats nach
Zustellung Klage beim ..."
Die Zustellung des Widerspruchsbescheides richtet sich immer nach dem Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes (vgl. BVerwG, 17.11.1972 - BVerwG IV C 46.70). Aufgabe des Verwaltungszustellungsrechts ist die Regelung der förmlichen Zustellung eines Verwaltungsaktes oder einer anderen behördlichen Entscheidung. Ziel ist es, zur Beweissicherung sowohl den Zugang als auch den Zeitpunkt der Übergabe zu dokumentieren.
Es bestehen nach dem Verwaltungszustellungsgesetz folgende Zustellungsformen:
https://dejure.org/gesetze/VwZG§3 - Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde
§4 - Zustellung durch die Post mittels Einschreiben
§5 - Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis
Nur bei diesen Zustellungsarten ist die Zustellung zugleich Bekanntgabe und es kann ein Klagefrist überhaupt erst beginnen (vgl. BVerwG 6 B 65.05, vom 31.05.2006)
Wie wir alle wissen, kommen die Widerspruchsbescheide mit der normalen Post. Also liegt ein Zustellungsmangel vor. Zustellungsmängel führen allgemein nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides, sondern führen dazu, dass (Widerspruchs- bzw.) Klagefristen nicht beginnen zu laufen.
Also kann keine Klagefrist beginnen und der Festsetzungsbescheid kann nicht unanfechtbar werden.
Allerdings muss man aufpassen, denn es gibt die Heilungsmöglichkeit nach §8 VwZG:
wenn der Adressat, an den nicht ordnungsgemäß adressiert wurde, eine Klage einreicht, gibt er zu erkennen, dass er den VA als gegen sich gerichtet akzeptiert; wenn er dann nicht ausschließlich den Bekanntgabefehler rügt, wird der Mangel insofern geheilt, als nunmehr ein wirksamer VA vorliegt.
Diese Punkte könnten für die Leute mit der Vogel Strauß Taktik u. U. interessant sein. Allerdings müssten diese wenigstens gegen den Festsetzungsbescheid Widerspruch einlegen, weil dieser "nach Bekanntgabe" als zugestellt gilt.
Eure Einschätzungen dazu erwünscht.