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Autor Thema: Zugang Widerspruchsbescheid  (Gelesen 4444 mal)

I
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Zugang Widerspruchsbescheid
Autor: 11. September 2015, 20:38
@seppl hat mich durch seinen Fund:

http://www.beck-shop.de/fachbuch/leseprobe/9783824007011_Excerpt.pdf

auf eine neue Sache gebracht und zwar die Zustellung (förmliche) von Widerspruchsbescheiden.

Eine förmliche Zustellung ist immer dann durchzuführen, wenn dies in dem Verwaltungsverfahrensgesetz oder anderen Gesetzen genannten ausdrücklich gefordert wird.

Im § 73 (3) VwGO heißt es: Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

Als Zustellung wird die (förmliche) Bekanntgabe eines Schriftstücks an eine Person bezeichnet.

Im Widerspruchsbescheid des Beitragsservice heißt es:
"Gegen den angefochtenen Festsetzungsbescheid in der Fassung dieses Widerspruchsbescheids kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim ..."

Die Zustellung des Widerspruchsbescheides richtet sich immer nach dem Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes (vgl. BVerwG, 17.11.1972 - BVerwG IV C 46.70). Aufgabe des Verwaltungszustellungsrechts ist die Regelung der förmlichen Zustellung eines Verwaltungsaktes oder einer anderen behördlichen Entscheidung. Ziel ist es, zur Beweissicherung sowohl den Zugang als auch den Zeitpunkt der Übergabe zu dokumentieren.

Es bestehen nach dem Verwaltungszustellungsgesetz folgende Zustellungsformen:
https://dejure.org/gesetze/VwZG
§3 - Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde
§4 - Zustellung durch die Post mittels Einschreiben
§5 - Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis

Nur bei diesen Zustellungsarten ist die Zustellung zugleich Bekanntgabe und es kann ein Klagefrist überhaupt erst beginnen (vgl. BVerwG 6 B 65.05, vom 31.05.2006)

Wie wir alle wissen, kommen die Widerspruchsbescheide mit der normalen Post. Also liegt ein Zustellungsmangel vor. Zustellungsmängel führen allgemein nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides, sondern führen dazu, dass (Widerspruchs- bzw.) Klagefristen nicht beginnen zu laufen.
Also kann keine Klagefrist beginnen und der Festsetzungsbescheid kann nicht unanfechtbar werden. 

Allerdings muss man aufpassen, denn es gibt die Heilungsmöglichkeit nach §8 VwZG:
wenn der Adressat, an den nicht ordnungsgemäß adressiert wurde, eine Klage einreicht, gibt er zu erkennen, dass er den VA als gegen sich gerichtet akzeptiert; wenn er dann nicht ausschließlich den Bekanntgabefehler rügt, wird der Mangel insofern geheilt, als nunmehr ein wirksamer VA vorliegt.


Diese Punkte könnten für die Leute mit der Vogel Strauß Taktik u. U. interessant sein. Allerdings müssten diese wenigstens gegen den Festsetzungsbescheid Widerspruch einlegen, weil dieser "nach Bekanntgabe" als zugestellt gilt.

Eure Einschätzungen dazu erwünscht.


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Re: Zugang Widerspruchsbescheid
#1: 11. September 2015, 20:51
Die kommen nicht immer mit normaler Post, bei einem der Person X bekannten war es so ein gelblicher Umschlag, mit diversen Beschriftungen ;-).


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Re: Zugang Widerspruchsbescheid
#2: 11. September 2015, 21:09
Aber das wird eher die Ausnahme sein / bleiben.


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Re: Zugang Widerspruchsbescheid
#3: 11. September 2015, 23:18
Vorsicht, InesgegenGEZ!

Die Vogel-Strauss Taktik muss man konsequent anwenden. Sobald man Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid eingelegt hat, wird man zahlungspflichtig, da man damit den Bescheid als bekanntgegeben deklariert. Der Widerspruch selbst hat keine aufschiebende Wirkung und die Landesrundfunkanstalt wird einer Aussetzung des Vollzugs, deren Antrag dem Widerspruch beigefügt werden sollte, vorerst nicht entsprechen.

Es werden aber massenhaft Beiträge vollstreckt, in denen der Beitragsservice nicht nachweisen kann, dass Festsetzungsbescheide bekannt gegeben worden sind, da auch diese mit Normalpost verschickt werden. Nur durch die Unwissenheit der Bürger ist das möglich.
Wie schon gesagt, per Postzustellungsurkunde werden nur die allerwenigsten verschickt und für die Massenabferigung ist das auch absolut untauglich.


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„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

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Re: Zugang Widerspruchsbescheid
#4: 12. September 2015, 11:51
Soweit ich das mit meinem (begrenzten) Wissen nachvollziehen kann:

Festsetzungsbescheid
kann nach §41 (2) VwVfG im Inland durch die Post übermittelt werden und gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

Widerspruchsbescheid
Im Widerspruchsverfahren gilt das VwZG des Bundes, da die Zustellung des Widerspruchsbescheides die – mögliche – Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgericht einleitet damit die Regelung der Verfahrensweise durch Bundesrecht, nämlich die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), erfolgt, vgl. auch §73 Abs.3 Satz 2 VwGO.
Die Zustellung des Widerspruchsbescheides hat zwingend von Amts wegen mit Postzustellungsurkunde, Post mittels Einschreiben oder Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis zu erfolgen, §3, §4, §5 VwZG i.V.m. §73 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Das macht der Bs aber nie, ist aber für alle Widerspruchsbescheide Pflicht. Das macht den Verwaltungsakt zwar nicht nichtig, man kann aber den Zugang bestreiten und hat auch nach den 4 Wochen die Möglichkeit Klage einzureichen, weil der BS den Zugang nicht beweisen kann, denn hier zieht die Zustellfiktion nicht. Allerdings wird dieser Fehler seitens des BS scheinbar dadurch geheilt, wenn man auf den Widerspruchsbescheid antwortet.



Wie schon gesagt, per Postzustellungsurkunde werden nur die allerwenigsten verschickt und für die Massenabferigung ist das auch absolut untauglich.

Das ist allerdings völlig egal, weil es bei Widerspruchsbescheiden Pflicht ist.

Die Vogel-Strauss Taktik muss man konsequent anwenden. Sobald man Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid eingelegt hat, wird man zahlungspflichtig, da man damit den Bescheid als bekanntgegeben deklariert.

Allerdings sollte man bei den "konsequent" hinzufügen, dass die Schreiben zur Post zurückgebracht werden sollten, mit dem Hinweis Adressat verzogen. Ansonsten geht der BS, sowie die Gerichte immer von der Zustellfiktion aus.

Der Widerspruch selbst hat keine aufschiebende Wirkung und die Landesrundfunkanstalt wird einer Aussetzung des Vollzugs, deren Antrag dem Widerspruch beigefügt werden sollte, vorerst nicht entsprechen.

Hier noch der Hinweis, dass selbst die Klage nach § 80 (2) VwGO keine aufschiebende Wirkung hat (aufschiebende Wirkung entfällt bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten). Möglich nach § 80 (4) VwGO - Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Sprich kann die die Vollziehung ausgesetzt werden, wenn die Rechtmäßigkeit seitens der Richter angezweifelt wird oder eine gebotene Härte zur Folge hätte.


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Re: Zugang Widerspruchsbescheid
#5: 12. September 2015, 13:23
Allerdings sollte man bei den "konsequent" hinzufügen, dass die Schreiben zur Post zurückgebracht werden sollten, mit dem Hinweis Adressat verzogen. Ansonsten geht der BS, sowie die Gerichte immer von der Zustellfiktion aus.

Das mit der Zustellfiktion ist sehr zweifelhaft, siehe
hochinst. Urteile > Bestreiten/Nachweis Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13736.msg92306.html#msg92306

Der Richter weiss auch, dass man nicht erklären kann, warum die Post nicht angekommen ist. Wenn man es wusste, hätte man ja Abhilfe geschaffen...

Der Hinweis "Unzustellbar zurück" mit Rücksendung ist ein Indiz dafür, dass der Postweg beschritten worden ist. Wird dann noch nachgewiesen, dass man doch dort wohnt, hat man ziemliche Erklärungsprobleme.


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„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

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Re: Zugang Widerspruchsbescheid
#6: 12. September 2015, 15:39
Der Hinweis "Unzustellbar zurück" mit Rücksendung ist ein Indiz dafür, dass der Postweg beschritten worden ist. Wird dann noch nachgewiesen, dass man doch dort wohnt, hat man ziemliche Erklärungsprobleme.

Nach §41 (1) VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird.
Wenn er diesen allerdings nicht erhält, ist er dem Betroffenen auch nicht bekannt gegeben worden.

So sieht es das Gesetz, was u. U. der Richter hineininterpretiert ist immer eine andere Sache.

Das mit der Zustellfiktion ist sehr zweifelhaft, siehe
hochinst. Urteile > Bestreiten/Nachweis Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13736.msg92306.html#msg92306

Da gebe ich dir Recht, bloß urteilt der eine Richter so und der andere wieder so. Natürlich kann der BS niemals beweisen, dass der Verwaltungsakt dem Betroffenen bekannt gegeben wurde, wenn er ihn mit der normalen Post schickt. Aber es reicht wohl schon für einige Gerichte das Indiz aus, wenn in der Akte des Betroffenen der Absendevermerk gemacht wurde. Obwohl selbst dies nicht aussagt, dass der Verwaltungsakt zugegangen ist.

Letzlich wird es wohl immer am besten sein, auf die Verwaltungsakte schriftlich zu reagieren in Form von Widerspruch und Klage.


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