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Autor Thema: Beitragsabwicklungskonto  (Gelesen 2099 mal)

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Beitragender

Beitragsabwicklungskonto
Autor: 15. März 2015, 11:38
Dieser Beitrag soll sich mit den rechtlichen Grundlagen des sog. Beitragsabwicklungskontos beschäftigen. Bei dieser Auseinandersetzung wird es eventuell zu Überschneidungen mit bisherigen Beiträgen kommen.


I. Grundlagen

1. Der Begriff des Beitragsabwicklungskontos findet sich in § 10 Abs. 1 der Beitragssatzungen der Landesrundfunkanstalten:

Zitat
Der Beitragsschuldner hat die Rundfunkbeiträge auf seine Gefahr auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio bei Banken oder Sparkassen zu leisten.

2. Es stellt sich die Frage, wer Inhaber dieses Beitragsabwicklungskontos ist.

2.1. Die IBAN auf den Vordrucken lässt vermuten, dass die jeweilige Landesrundfunkanstalt Kontoinhaber ist (vgl. die Angaben auf
http://www.rundfunkbeitrag.de/informationen/haeufige_fragen/index_ger.html unter "Wie lautet die Kontoverbindung des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio?").
 
2.2. Da die SEPA-Lastschriftermächtigungen auf den sog. Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ausgestellt sind, könnte man aber auch auf die Idee kommen, dass der sog. Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio Kontoinhaber ist. Die Überweisungsvordrucke, die mit der Infopost und den Bescheiden versendet werden, bestärken dies scheinbar (insb. bei der Angabe des Begünstigten). Dann würde sich aber die Frage stellen, ob der Beitragsservice kontofähig ist.

zu 2.1. Sofern die jeweilige Landesrundfunkanstalt Kontoinhaber ist, wäre dies unproblematisch, das die Landesrundfunkanstalten als Anstalten des öffentlichen Rechts rechtsfähig und damit kontofähig sind.

zu 2.2. Sofern der sog. Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio Kontoinhaber sein soll, wäre dies problematisch. Wie bereits festgestellt wurde, ist der sog. Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht rechtsfähig (vgl. http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12552.msg84517.html#msg84517). Fraglich ist damit, ob der sog. Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio kontofähig ist. Kontofähig ist grds., wer rechtsfähig ist, gleich ob natürliche oder juristische Person, ebenso Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (Joeres, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Auflage 2011, § 29 Rn. 8a). Ausnahmsweise kann auch kontofähig sein, wer nicht rechtsfähig ist; kontofähig kann ausnahmsweise auch sein, wer zwar nicht rechtsfähig ist, aber kraft Gesetzes kontofähig ist (bspw. OHG gemäß § 124 HGB).
Möglicherweise ist der sog. Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio kraft Gesetzes kontofähig.

2.2.1. Als gesetzliche Grundlage für die Kontofähigkeit kommt § 10 Abs. 1 der Beitragssatzungen der Landesrundfunkanstalten in Betracht. So setzt § 10 Abs. 1 der Beitragssatzungen der Landesrundfunkanstalten offenbar voraus, dass der sog. Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ein Beitragsabwicklungskonto eröffnen und führen kann.

2.2.1.1. Fraglich ist aber, ob die Beitragssatzungen der Landesrundfunkanstalten Gesetze sind. Verfassungsrechtlich wird traditionell zwischen materiellen Gesetzen und formellen Gesetzen unterschieden. Gesetz im formellen Sinne ist jedes Gesetz, welches vom zuständigen Gesetzgeber in einem dafür vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren unter Einhaltung der Formerfordernisse verabschiedet wurde (formelle Gesetze i.S.d. GG werden daher teilw. als Parlamentsgesetze bezeichnet). Materielles Gesetz ist jede Rechtsnorm; also jede abstrakt-generelle Regelung mit Außenwirkung.
Die Beitragssatzungen der Landesrundfunkanstalten sind jedenfalls materielle Gesetze. Die Beitragssatzungen der Landesrundfunkanstalten sind aber keine formellen Gesetze; denn die Satzungen wurden nicht von einem parlamentarischen Gesetzgeber, sondern von öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten, als selbstständigen Anstalten des öffentlichen Rechts, im Rahmen ihres Rechts zur Selbstverwaltung erlassen.

2.2.1.2. Fraglich ist, ob durch ein materielles Gesetz, dass nicht formelles Gesetz ist, die Kontofähigkeit geregelt werden kann. Wenn allein durch ein materielles Gesetz, dass nicht formelles Gesetz ist, die Kontofähigkeit geregelt werden könnte, könnte jeder, der zum Erlass derartiger Gesetze ermächtigt ist, die Kontofähigkeit regeln [WEITERE ARGUMENTE?]. Eine derartige Ermächtigung erscheint daher grds. eher fern liegend. Ausnahmsweise kann aber die Kontofähigkeit durch ein materielles Gesetz, dass nicht formelles Gesetz ist, geregelt werden, wenn ein formelles Gesetz dazu ermächtigt.

2.2.2. Die Landesrundfunkanstalten werden nach § 9 Abs. 2 RBStV ermächtigt, bestimmte, in § 9 Abs. 2 S. 1 aufgezählte Verfahrenseinzelheiten, durch Satzung zu regeln. Daher stellt sich zum einen die Frage, ob durch den RBStV die Kontofähigkeit geregelt werden kann. Ist dies der Fall, stellt sich die Frage, ob der RBStV die Kontofähigkeit regelt bzw. die Landesrundfunkanstalten durch den RBStV dazu ermächtigt werden, die Kontofähigkeit durch Satzung zu regeln.

2.2.2.1. Fraglich ist, ob durch den RBStV die Kontofähigkeit geregelt werden kann; mithin ist fraglich, ob der RBStV ein formelles Gesetz ist. Der RBStV, ebenso wie der RStV, ist ein „intraföderaler Staatsvertrag mit der Zielsetzung zur Schaffung eines bundeseinheitlichen Rundfunksystems“ (so zum RStV: Vesting, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Auflage 2012, § 1 RStV, Rn. 4). Einem solchen komme nach Vesting „eine Doppelnatur zu: Als öffentlich-rechtlicher Vertrag stellt er zum einen zwischenstaatliches Recht dar. Zum anderen (über die notwendige Transformation) gilt er als einfaches Landesrecht, im Rang unter der Landesverfassung (Vedder, Staatsverträge, S. 234 f., 333 f. m.w.N.)“ (Vesting, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Auflage 2012, § 1 RStV, Rn. 4). Nach dieser Ansicht handelt es sich bei dem RBStV somit um ein formelles Gesetz. Durch den RBStV kann daher die Kontofähigkeit geregelt werden.

2.2.2.2. Fraglich ist, ob der RBStV die Kontofähigkeit regelt bzw. die Landesrundfunkanstalten durch den RBStV dazu ermächtigt werden, die Kontofähigkeit durch Satzung zu regeln.
Ausdrücklich regelt der RBStV weder die Kontofähigkeit, noch eine Ermächtigung zur Regelung der Kontofähigkeit durch Satzung.
Fraglich ist, ob auf Grundlage bestimmter Normen des RBStV für oder gegen eine derartige Regelung bzw. Ermächtigung argumentiert werden kann:

Pro Regelung/Ermächtigung:
+ Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 RBStV „Die zuständige Landesrundfunkanstalt wird ermächtigt, Einzelheiten des Verfahrens zur Leistung des Rundfunkbeitrags […] durch Satzung zu regeln“. --> Kontoermächtigung als ein Minus zu dieser Ermächtigung (argumentum a maiore ad minus).
+ Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 10 Abs. 7 S. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 RBStV „Die zuständige Landesrundfunkanstalt wird ermächtigt, Einzelheiten des Verfahrens in den übrigen in diesem Staatsvertrag genannten Fällen […] durch Satzung zu regeln“ (= § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 RBStV), „Jede Landesrundfunkanstalt nimmt die ihr nach diesem Staatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahr“ (= § 10 Abs. 7 S. 1 RBStV), „Das Aufkommen aus dem Rundfunkbeitrag steht der Landesrundfunkanstalt […] zu […]“ (= § 10 Abs. 1 RBStV) --> Landesrundfunkanstalten als Beitragsgläubiger (= § 10 Abs. 1 RBStV) --> können Beitragseinzug durch gemeinsame Stelle (Beitragsservice) wahrnehmen (= § 10 Abs. 7 S. 1 RBStV) --> dies kann durch Satzung geregelt werden (= § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 RBStV) --> Kontofähigkeit ebenfalls als Minus zu dieser Ermächtigung (argumentum a maiore ad minus).

Contra Regelung/Ermächtigung:
- Wortlaut des § 10 Abs. 1 RBStV = Beitragsgläubiger ist u.a. Landesrundfunkanstalt (vgl. auch Urteil des LG Tübingen); Landesrundfunkanstalt ist rechtsfähig und damit kontofähig;
- Wortlaut des § 10 Abs. 2 S. 1 RBStV „Der Rundfunkbeitrag ist an die zuständige Landesrundfunkanstalt als Schickschuld zu entrichten“ --> durch § 10 Abs. 2 S. 1 RBStV wird eine Pflicht des Beitragsschuldners geregelt; diese Pflicht des Beitragsschuldners ist nicht von der Satzungsermächtigung des § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 10 Abs. 7 S. 1 RBStV erfasst, da § 10 Abs. 7 S. 1 RBStV nur Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten der Landesrundfunkanstalten (Beitragsgläubiger) und nicht der Beitragsschuldner erfasst.

2.2.3. Je nach Streitentscheid:
Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist / ist nicht kontofähig und darf / darf nicht ein Beitragsabwicklungskonto i.S.d. § 10 Abs. 1 der Beitragssatzungen der Landesrundfunkanstalten eröffnen und führen.

Ist die Auseinandersetzung fehlerhaft?
Gibt es weitere Argumente?


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 15. März 2015, 17:30 von Beitragender«

 
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