Nicht mehr wirklich aktuell, aber ich bin grad drauf gestoßen und find es hier noch nicht:
VG Augsburg 7. Kammer, Urteil vom 30.08.2013, Au 7 K 13.824. Wiederspruchsbescheide dürfen (zumindest in Bayern) nicht mit einfacher Post verschickt werden, ansonsten gelten sie als nicht zugestellt, selbst wenn die Zustellung erwiesen ist, weil es an einem Zustellungswillen fehlt.
Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 nach seinen eigenen Angaben zwar bereits am 29. Oktober 2012 erhalten (s. Schreiben des Klägers vom 7.12.2012, Bl. 310 der Akte des Beklagten, nachfolgend: A.d.B.). Die einmonatige Klagefrist gemäß § 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat jedoch zu diesem Zeitpunkt (29.10.2012) mangels Zustellung des Widerspruchsbescheids nicht zu laufen begonnen (§ 57 Abs. 1 VwGO).
Gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO sind Widerspruchsbescheide zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird nach § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Vorliegend erfolgte jedoch eine formgerechte Zustellung nach den §§ 2 ff. VwZG nicht. Aus der Akte des Beklagten ergibt sich lediglich, dass der Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 am 26. Oktober 2012 abgeschickt worden ist (vgl. den Stempel mit Namenszeichen auf einem Ausdruck der ersten Seite des Widerspruchsbescheids, Bl. 300 der A.d.B.), also als einfacher Brief zur Post gegeben wurde.
Mit dem tatsächlichen Erhalt des Widerspruchbescheids ist eine Heilung von Zustellungsmängeln gemäß § 8 VwZG nicht eingetreten. Denn eine Heilung von Zustellungsmängeln nach § 8 VwZG erfolgt nur dann, wenn sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen lässt oder die Zustellung unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften erfolgt ist. Beides ist jedoch dann nicht gegeben, wenn es bereits an einem Zustellungswillen mangelt. Eine Zustellung, gleich welcher Art, ist nicht verfügt worden und war ganz offensichtlich auch nicht beabsichtigt. Da sich die Klagefrist des § 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO an der Zustellung des Widerspruchsbescheids orientiert, eine solche hier jedoch gar nicht erfolgt ist, hat eine Klagefrist für den Kläger trotz tatsächlichen Erhalts des Widerspruchsbescheids nicht zu laufen begonnen (vgl. auch VG München, U.v. 10.4.2012 – M 6b K 11.1831 – juris).
In Bayern gilt nach
Art. 1 Abs. 1 Satz 2 VwZVG für Wiederspruchsbescheide das
Verwaltungszustellungsgesetz des Bunds. Für sonstige Bescheide ist dagegen nach
Art. 17 VwZVG ein einfacher Brief ausreichend (die Behörde bleibt dabei allerdings beweispflichtig, wobei ein bloßer Anscheinsbeweis ("allgemeine Lebenserfahrung bla bla") zumindest manchen Gerichten nicht genügt). In anderen Bundesländern könnte die Rechtslage anders sein.
PS: Die Entscheidung bezieht sich nur auf Bundesrecht. Vermutlich gilt
§ 73 VwGO obligatorisch und Art. 1 Abs. 1 Satz 2 des bayrischen VwZVG trägt dem lediglich Rechnung. Dann wär die Rechtslage in den anderen Bundesländern die gleiche.