Verwaltungsgericht Berlin
27. Kammer
1. Juli 2014
Sehr geehrter Herr Sxxxxxxx.,
in der Verwaltungsstreitsache
Holger Sxxxxxxxx ./. Rundfunk Berlin-Brandenburg
erhalten Sie hiermit eine Abschrift zur Kenntnisnahme und zur freigestellten Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Auf Anordnung
Die Geschäftsstelle
Rundfunk Berlin-Brandenburg
Justitiariat
27. Juni 2014
In der Verwaltungsstreitsache
Sxxxxxx, Holger ./. Rundfunk Berlin-Brandenburg
VG ...
(...)
Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.
Begründung:
Zur Begründung wird auf die fachliche Stellungnahme der Abteilung Beitragsservice verwiesen.
Die Klage ist darüber hinaus auch unbegründet. Der Beitragsbescheid ist rechtmäßig ergangen. Der Kläger ist als Inhaber einer Wohnung gem. § 2 Abs. 1 RBStV rundfunkbeitragspflichtig. Hierfür bedarf es, wie auch unter Geltung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags, keines gesonderten Vertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten. Seine Betragspflicht ergibt sich unmittelbar aus dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.
1.
Der RBStV ist auch wirksam. Er ist insbesondere kompetenzgemäß erlassen worden. Die Rundfunkfinanzierung durch sachkompetenzimplizite Abgabe liegt im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer, denen im Rahmen ihrer Kulturhoheit auch die Regelung des Rundfunkwesens und seiner Finanzierung obliegt (Art. 30 GG; vgl. Hahn/Vesting/ Gaff/Schneider, RBStV, Vorbemerkung, Rn. 37f.).
Bei dem Rundfunkbeitrag handelt es sich auch nicht, wie der Kläger meint, um eine Steuer, sondern um einen Beitrag. Der Rundfunkbeitrag wird anders als eine Steuer, § 3 Abs. 1 AO, nicht voraussetzungslos und losgelöst von einer staatlichen Gegenleistung, sondern gezielt für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Anders als bei der Steuer zahlt der Abqabenschuldner den Rundfunkbeitrag, weil er ein Leistungsangebot erhalten hat, und damit nicht ohne Gegenleistung. Auf eine tatsächlich ermittelte oder vermutete Leistungsfähigkeit des Abgabenschuldners kommt es im Gegensatz zur Steuererhebung nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass der Schuldner eine Leistung erhalten hat, deren Vermögenswert er zu finanzieren hat.
Demzufolge handelt es sich bei dem Rundfunkbeitrag von Art und Zielsetzung her um einen Beitrag. Beiträge sind ebenso wie Gebühren Vorzugslasten, die einen besonderen, staatlich übertragenen Vorteil in seinem Vermögenswert ausgleichen. Sie unterscheiden sich von Gebühren dadurch, dass sie die staatliche Unterbreitung eines bevorzugenden Leistungsangebots ausgleichen, ohne dass es auf die Inanspruchnahme des Angebots ankäme
(BVerfG, U. v. 26.05.1976 – 2 BvR 995/75; BVerfG, B. v. 31.05.1990 – 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87; BVerfG, B. v. 24.01.1995 - 1 BvL 18/93 u.a.; BVerfG, B. v. 18. 5. 2004 - 2 BvR 2374/99; BVerfG, U. v. 06.07.
2005 - 2 BvR 2335/95 u. 2391/95; BVerwG, U. v. 14.11.1985 - 3 C 44/83).
Für die Erhebung eines Beitrags ist damit die Möglichkeit eines Vorteils ausreichend, den der damit Belastete nutzen könnte (BVerfG, B. v. 12.10.1978 - 2 BvR 154/74; B. v. 18.12.1974 - 1 BvR 430/65 u. 259/66).
Diesen Erfordernissen entspricht der Rundfunkbeitrag. Die Beitragspflicht knüpft an die theoretische Möglichkeit der Rundfunknutzung innerhalb bestimmter Raumeinheiten (Wohnung und Betriebsstätte, §§ 3, 5 RBStV) an, ohne dass hierfür die für den Empfang erforderlichen Einrichtungen vorhanden sein müssen. Diese typischerweise innerhalb bestimmter Raumeinheiten bestehende Möglichkeit der Rundfunknutzung stellt für den Schuldner ein Leistungsangebot dar, das er jederzeit nutzen kann.
2.
Die Rundfunkbeitragspflicht verletzt auch keine Grundrechte des Klägers. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dient der Aufrechterhaltung eines Rundfunkangebots, welches von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gefordert ist. Die Heranziehung von Wohnungsinhabern zu dieser Finanzierung ist vor dem Hintergrund der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die freie Meinungsbildung (vgl. BVerfGE 90, 60, 87) und aufgrund der in Wohnungen ganz überwiegend bestehenden Möglichkeit des Rundfunkempfangs zulässig (zur allgegenwärtigen Empfangsmöglichkeit vgl. Hahn/ Vesting/ Gaff/Schneider, RBStV Vorbemerkungen, Rn. 26).
Ob der Wohnungsinhaber tatsächlich die Möglichkeit des Empfangs von Angeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, seien es Hörfunk, Fernsehen oder Angebote im Internet, wahrnimmt, ist dabei nicht maßgeblich.
Denn der Gesetzgeber darf seiner Gesetzgebung typische Sachlagen zu Grunde legen und diese regeln. Er kann bei Massenverfahren, wie dem Rundfunkbeitragseinzug, an Regelfälle eines Sachverhalts anknüpfen und muss dabei nicht alle Einzelfälle berücksichtigen, sondern eine Typengerechtigkeit herstellen (BVerfGE 96, 1, 6; Jarrass/Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 22; Art. 3 Rn. 30). Insbesondere muss bei der Ausgestaltung der Rundfunkbeitragspflicht nicht dem Äquivalenzprinzip Rechnung getragen werden, denn die dadurch finanzierte und vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk wahrgenommene Aufgabe der Grundversorgung der Bevölkerung mit meinungsbildenden Informationen stellt eine verfassungsrechtliche Aufgabe dar (BVerwG, U. v. 9.12.1998, 6 C 13-97, NJW 1999, S. 2454, 2455; BVerwG B. v. 04.04.2002, 6 B 1.02; Schneider, ZUM 2013; S. 472,477).
Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die aktuellen Urteile des BayVerfGH, Vf. 8 - VII - 12 und Vf. 24 - VII- 12 sowie des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz, VGH B 35/12.
Es wird darauf hingewiesen, dass der Kläger u. U. während des Verfahrens - trotz Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Beträge - regelmäßig über den Stand seines Teilnehmerkontos in Form von Kontoauszügen (Rechnungen) informiert werden wird, die sich auch auf den streitgegenständlichen Zeitraum beziehen können. Bei Kontoauszügen und Rechnungen handelt es sich nicht um rechtsmittelfähige Bescheide.
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass trotz des laufenden Gerichtsverfahrens ggf. rechtzeitig ein neuer Befreiungsantrag zu stellen ist. Nach dem ab 01.01.2013 geltenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) kann die Befreiung ab dem Monat erteilt werden, zu dem der Gültigkeitszeitraum des Bescheids beginnt, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach dem Erstellungsdatum des Bescheids gestellt wird. Wird der Antrag erst zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, so kann die Befreiung erst ab dem Monat 'erteilt werden, der dem Monat der AntragsteIlung folgt.
Zwei Abschriften anbei.
Rundfunk Berlin-Brandenburg
RUNDFUNK BERLIN-BRANDENBURG
Abteilung Beitragsservice
16.06.2014
Klageunterlagen Verwaltungsstreitsache Az. VG ...
Sxxxxxxx, Holger BNR xxxxxxx
gegen
Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
Inhalt:
- Reproduktion des Verwaltungsvorgangs
- Ausdruck Historie
- Ausdruck Kontoauszug
- Fachliche Einschätzung gemäß Aktenverlauf
Fachliche Einschätzung gemäß Aktenverlauf:
Der Kläger begehrt die Aufhebung des
1. Gebühren-/Beitragsbescheides des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) vom 01.12.2013, der Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 04.2013 bis 09.2013 zusammen mit einem Säumniszuschlag von 8 Euro festsetzt
und
2. des Gebühren-/Beitragsbescheides des rbb vom 04.04.2014, der Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.2014 bis 03.2014 zusammen mit einem Säumniszuschlag von 8 Euro festsetzt, in der Fassung des Widerspruchsbescheides des rbb vom 12.05.2014.
I.) Sachverhalt
Der Kläger war von 10.2009 bis 12.2012 mit einem neuartigen Rundfunkgerät als Rundfunkteilnehmer gemeldet.
Seit 01.2013 wird er als Wohnungsinhaber und damit Beitragsschuldner im Datenbanksystem des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio geführt.
Die Rundfunkgebühren wurden bezahlt bis einschließlich 12.2012
Weitere Zahlungen gingen nicht ein.
Mit Schreiben vom 17.04.2013 teilte der Kläger mit, er werde den Rundfunkbeitrag nicht bezahlen. Er bedeute für ihn die Verdreifachung der bisherigen Gebühr, obwohl sich sein Konsum nicht verändert habe. Er besitze weiterhin kein Fernseh- und auch kein Radiogerät und nutze auch nicht die Internetangebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Um das Internet nutzen zu können, bezahle er im Übrigen bereits Anbietergebühren. Solange der Bürger für die Empfangbarkeit von Internet selber sorgen und zahlen müsse, fehle für den neuen Rundfunkbeitrag die Grundlage. Er habe als freiberuflicher Künstler ein geringes, aber doch so hohes Einkommen, dass er ohne ALG II auskomme. Eine monatliche Mehrbelastung von 12 Euro sei für ihn nicht tragbar.
Das neue Beitragsmodell basiere auf der irrigen Annahme, dass der Bedarf nach Information und Kultur über die öffentlich-rechtlichen Medien abgedeckt werden könne und dass die ohne die öffentlich-rechtlichen Programme eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft nicht möglich sei. Seiner Ansicht nach mache das Fernsehen seine Konsumenten passiv und bequem und wirke sich wie Opium aus auf die Bevölkerung. Seine kulturellen Interessen lägen jedoch eher abseits des medialen Interesses. Darüber hinaus bedürfe es keiner 90 Sender, um eine Grundversorgung zu gewährleisten und auch keine sechssteiligen Gehälter für Showmaster, Intendanten oder neunstellige Summen für Sportausstrahlungen.
Er sei deshalb nicht bereit, mit seinem vierstelligen Netto-Jahreseinkommen einen öffentlich-rechtlichen Milliardenapparat in demselben Maß mitzufinanzieren wie ein Bürger der oberen Einkommensklasse.
Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio antwortete mit Schreiben vom 11.07.2013, der Gesetzgeber habe die Rundfunkfinanzierung von der technischen Entwicklung entkoppeln und sie langfristig auf eine solide rechtliche Basis stellen wollen. Deshalb werde zukünftig der Rundfunkbeitrag für Wohnungen erhoben, wobei es keine Rolle spiele, ob und welche Rundfunkgeräte vorhanden seien. Der Gesetzgeber habe in 16 Landtagen sehr genau abgewogen, welche Vor- und Nachteile mit dem jeweiligen Finanzierungsmodell verbunden sind und sich entschlossen, das nicht mehr zeitgemäße, geräteabhängige Modell zugunsten eines technologieneutralen, geräteunabhängigen Modells aufzugeben.
Mit Schreiben vom 23.08.2013 legte der Kläger Widerspruch ein gegen die Zahlungserinnerung vom 02.08.2013. Nach Einschätzung diverser Rechtsgutachten handele es sich beim Rundfunkbeitrag um eine Steuer. Die Steuergesetzgebung liege jedoch nicht in der Kompetenz der Länder, weshalb der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag rechtswidrig sei. Er sei nicht bereit, den Rundfunkbeitrag zu bezahlen und fordere auf, das Angebot zu reduzieren auf eine reine Grundversorgung. Den Rest könne man verschlüsseln.
Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio antwortete mit Schreiben vom 28.10.2013, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei durch seine Ratifizierung in den Länderparlamenten zu geltendem Landesrecht geworden und bilde damit die Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags. Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung könne man nicht erkennen. Deshalb sei der Kläger ab dem 01.01.2013 rundfunkbeitragspflichtig und erhalte zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen entsprechende Zahlungsaufforderungen.
Mit Beitragsbescheid vom 01.11.2013 wurden die Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.2013 bis 03.2013 zusammen mit einem Säumniszuschlag von 8 Euro festgesetzt.
Mit Beitragsbescheid vom 01.12.2013 wurden Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 04.2013 bis 09.2013 zusammen mit einem Säumniszuschlag von 8 Euro festgesetzt.
Mit Beitragsbescheid vom 03.01.2014 wurden Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 10.2013 bis 12.2013 zusammen mit einem Säumniszuschlag von 8 Euro festgesetzt.
Gegen den Beitragsbescheid vom 01.12.2013 legte der Kläger mit Schreiben vom 18.12.2013 Widerspruch ein mit der Begründung, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verstoße gegen das Grundgesetz. Beim Rundfunkbeitrag handele es sich um eine Zwecksteuer, für deren Erlass die Länder keine Gesetzgebungskompetenz gehabt hätten. Außerdem beantragte er die Aussetzung der Vollziehung.
Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio antwortete mit Schreiben vom 23.01.2014, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei die Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags. Eine Verfassungswidrigkeit könne man nicht erkennen.
Mit Datum vom 01.02.2014 wurde eine Mahnung versandt und mit Datum vom 01.03.2014 eine Ankündigung der Zwangsvollstreckung, falls der Kläger nicht innerhalb von 5 Tagen bezahle.
Nach einer weiteren Mahnung vom 01.03.2014 richtete der rbb mit Datum vom 04.04.2014 ein Vollstreckungsersuchen an das Finanzamt Prenzlauer Berg.
Die Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.2014 bis 03.2014 wurden zusammen mit einem Säumniszuschlag von 8 Euro mit Beitragsbescheid des rbb vom 04.04.2014 festgesetzt.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12.04.2014 Widerspruch ein. Er wiederholte in der Begründung seine Argumente wie im Widerspruch vom 18.12.2013 und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.
Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid des rbb vom 12.05.2014 zurückgewiesen. Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wurden abgelehnt.
Mit Schreiben vom 12.06.2014 zog der rbb das Vollstreckungsersuchen vom 04.04.2014 zurück.
Das Beitragskonto weist aktuell bis einschließlich 06.2014 einen Rückstand von 357,47 Euro auf.
II.) Stellungnahme:
Wir verweisen auf den Widerspruchsbescheid des rbb vom 12.05.2014.
Die Beitragsbescheide vom 01.12.2013 und 04.04.2014 sind zu Recht ergangen.
III.) Mahn- und Vollstreckungsmaßnahmen:
Die Aussetzung aller Mahn- und Vollstreckungsmaßnahmen wird bis zum Abschluss des Klageverfahrens zugesichert.
Der Kläger erhält weiterhin Kontostandsmitteilungen in Form von Zahlungsaufforderungen. Dies sind keine rechtsmittelfähigen Bescheide.
Hm, "freigestellten Stellungnahme":
Lohnt es sich, dazu Stellung zu beziehen?
Ich habe beim Verwaltungsgericht noch erfragt, wie sich verhindern lässt, daß ein Gerichtstermin für mich ungünstig (z.B. Urlaub) liegt.
Antwort: Ein schriftlicher Hinweis, wann man verreist ist, sollte genügen und wird berücksichtigt.
Es sei auch nicht damit zu rechnen, daß mein Fall privilegiert behandelt wird; es kann sich eventuell hinziehen.