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Autor Thema: Kurzgutachten der Gebührenpflichtigkeit neuartiger Rundfunkempfangsgeräte  (Gelesen 3959 mal)

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    • Online-Boykott – Das Portal gegen die jetzige Art des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Finanzierung

Wir bedanken uns bei der Anwaltskanzlei Feil Rechtsanwälte für die Erlaubnis, nachstehendes Kurzgutachten in unserem Forum veröffentlichen zu dürfen. Anwaltskanzlei Feil Rechtsanwälte betreibt den ersten deutschen Onlineshop für Anwalts-Dienstleistungen unter www.shopanwalt.de.


Kurzgutachten zur Fragestellung der Gebührenpflichtigkeit neuartiger Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich, § 5 Abs. 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag.


I. Überblick

Bisher sind 8 relevante verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zur Frage der Gebührenpflichtigkeit von neuartigen Rundfunkempfangsgeräten ergangen. Davon ist in 6 Entscheidungen die Gebührenpflichtigkeit abgelehnt, in 2 Fällen die Gebührenpflichtigkeit bejaht worden. Alle Entscheidungen sind erstinstanzlich auf verwaltungsgerichtlicher Ebene erfolgt. Höherinstanzliche Urteile sind bisher nicht bekannt geworden.

Gebührenpflicht ablehnend
VG Berlin, Az. VG 27 A 245.08, 17.12.2008
VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008
VG Braunschweig, Az. 4 A 109/07, 21.10.2008
VG Münster, 7 K 1473/07, 26.09.2008
VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008
VG Braunschweig,4 A 149/07, 15.07.2008
Gebührenpflicht bejahend
VG Hamburg, Az. 10 K 1261/08, 24.7.2008
VG Ansbach, Az. AN 5 K 08.00348, 10.07.2008


II. Zusammenfassung der relevanten Urteile

1.
Das VG Hamburg (VG Hamburg, Az. 10 K 1261/08, 24.7.2008) hat eine Gebührenpflicht bejaht.

a.
Nach Auffassung des Gerichts würden verfassungsrechtliche Bedenken nicht durchgreifen, denn öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramme seien beinahe vollständig über das Internet verfügbar. Der Tatsache, dass Fernsehprogramme bisher nicht vollständig verfügbar seien, würde mit der reduzierten Gebührenpflicht auf Rundfunkniveau Rechnung getragen.

b.
Eine Gebührenpflichtigkeit sei nicht nur rechtmäßig, sondern sogar geboten, da sonst eine einfache Umgehungsmöglichkeit der normalen Gebührentatbestände bestünde, indem normale Rundfunkgeräte schlicht durch „neuartige Empfangsgeräte“ ersetzt werden könnten. Zudem gebiete es der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 I GG, Besitzer neuartiger und „herkömmlicher“ Empfangsgeräte unterschiedslos zu behandeln.

2.
Das VG Ansbach (VG Ansbach, Az. AN 5 K 08.00348, 10.07.2008) bejahte ebenfalls eine Gebührenpflicht.

a.
Zwar existiere keine abschließende Definition für „neuartige Rundfunkempfangsgeräte“, jedoch seien darunter „zweifellos“ auch Notebooks, UMTS-Handys und internetfähige PDAs zu fassen.

b.
Auch sei der Rechtsbegriff des „neuartigen Rundfunkempfangsgerätes“ unbestimmt. Dies sei allerdings aufgrund des steten technischen Wandels erforderlich, denn somit könne der Begriff zukünftig „technisch mitwachsen“.

c.
Das Gericht sieht die beiden die Gebührenpflicht auslösenden Tatbestandsmerkmale des „Bereithaltens“ und „zum Empfang“ für gegeben an, sobald ein PC über einen Internetanschluss verfügt und dieser auch genutzt wird.

d.
Vor dem Hintergrund der bundesverfassungsgerichtlich festgestellten Finanzierungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender sei die Gebührenpflicht auch nicht verfassungswidrig. Auch bestünden keine Zweifel an einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot.

3.
Das VG Berlin (VG Berlin, Az. VG 27 A 245.08, 17.12.2008) hat eine Gebührenpflicht abgelehnt.

a.
PCs stellen nach Auffassung des Gerichts zweifelsohne Rundfunkempfangsgeräte dar. Das Ergebnis bedürfe jedoch einer Korrektur, wenn diese Geräte typischerweise nicht zum Rundfunkempfang genutzt würden, da die Rundfunkgebühr sonst zur bloßen unzulässigen Steuer würde.

b.
Die Gebührenpflicht verstoße ferner gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit, da sie nur umgangen werden könne, wenn ganz auf die im Netz verfügbaren Informationen verzichtet würde.

c.
Eine Gebührenpflicht bestehe deshalb dann nicht, wenn Computer in Büroräumen auf Anweisung nur zu dienstlichen Zwecken genutzt würden.

4.
Das VG Wiesbaden (VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008) entschied, dass für eine gewerbliche Nutzung eines Internet-PC keine GEZ-Gebühren zu zahlen sind.

a.
Die Rechtsgrundlage sei für eine Gebührenpflicht nicht tragfähig, da sie trotz ihres belastenden Charakters nicht klar definiert sei. Ein Bürger könne aus ihrem Wortlaut nicht erkennen, für was und in welcher Höhe er mit Gebühren belastet werde.

b.
„Neuartige Rundfunkempfangsgeräte“ würden in den Vorschriften der Gebührenpflicht nicht erwähnt und könnten nur über einen Umkehrschluss erschlossen werden. Das reiche nicht aus.

c.
Ein Durchschnittsbürger verstehe unter einem Rundfunkempfangsgerät ein Radio-/ Empfangsgerät, dass zumindest auch zu Zwecken des Rundfunkempfangs angeschafft worden ist. Dies treffe jedoch auf PCs in aller Regel nicht zu.

d.
Letztlich sei nicht geklärt, ob zur Gebührenpflicht ein Internetzugang erforderlich sei oder die grundsätzliche Internetfähigkeit zur Begründung der Gebührenpflicht genüge.

5.
Das VG Braunschweig (VG Braunschweig, Az. 4 A 109/07, 21.10.2008) lehnte eine Gebührenpflicht ab.

a.
Eine Rundfunkgebührenpflicht bestehe nur, wenn die Rundfunkanstalt den Nachweis der tatsächlichen Nutzung zum Rundfunkempfang führen könne.

b.
Die generelle Geeignetheit eines Computers zum Empfang reiche nicht aus. Das Anknüpfen an den bloßen Besitz eines herkömmlichen Empfangsgeräts sei gerechtfertigt, da eine andere Verwendung des Geräts so gut wie ausgeschlossen sei. Dies verhalte sich anders bei neuartigen Empfangsgeräten. Bei ihnen könne aus dem Besitz nicht mehr automatisch auf ein Bereithalten zum Rundfunkempfang geschlossen werden.

c.
Die gegenteilige Auffassung sei unzutreffend, da sonst eine unzulässige Besitzabgabe für Computer eingeführt würde.

d.
Ferner äußerte das Gericht Zweifel, ob das Grundrecht der Informationsfreiheit verletzt sei. Diese Problematiken würden das VG Hamburg und das VG Ansbach verkennen, auf die im Urteil explizit verwiesen worden ist.

6.
Das VG Münster (VG Münster, 7 K 1473/07, 26.09.2008) verneinte ebenfalls eine Gebührenpflicht. Im Urteil ging es nicht um die gewerbliche Nutzung, sondern um einen Studenten. Dies macht in der Argumentation indes keinen Unterschied.

a.
Das Gericht urteilte, dass obschon die Geeignetheit eines Gerätes zum Empfang grundsätzlich die Gebührenpflicht auslöse und es auf die konkrete Nutzung nicht ankomme, könne bei Computern nicht aus dem bloßen Besitz auf das Bereithalten „zum Rundfunkempfang“ geschlossen werden.

b.
Dies belege auch die „ARD/ZDF-Online-Studie 2007“. Danach würden nur 3,4% der Online-Nutzer und 2,1% der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren täglich das Netzradio nutzen.

7.
Das VG Koblenz (VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008) verneint eine Gebührenpflicht.

a.
PCs seien Rundfunkgeräte und die Gebührenpflicht werde bereits durch die tatsächliche Möglichkeit der Nutzung begründet. Nicht ausreichend sei allerdings die abstrakte technische Möglichkeit.

b.
„Zum Empfang bereithalten“ beinhalte ein finales Element, eine Zweckbestimmung. Ohne zielgerichtetes Verhältnis zwischen „Bereithalten“ und „Empfang“ sei die Rundfunkgebühr bloße Besitzabgabe.

c.
Eine Zweckbestimmung liege bei typisierender Betrachtung bei klassischen Empfangsgeräten vor. Das Vorhalten eines solchen Geräts indiziere den Willen zur Nutzung zum Rundfunkempfang.

d.
Computer würden jedoch außerhalb des privaten Bereichs typischerweise nicht zum Rundfunkempfang eingesetzt.

e.
Zudem verstoße die generelle Gebührenpflicht für jeden internetfähigen PC gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 I S. 1, Hs. 2 GG). Zwar stelle das Grundrecht kein Recht auf kostenlosen Zugang zu Informationsquellen dar. Jedoch stelle die Rundfunkgebühr für Internet-Rechner eine Hürde für den Zugang zu gänzlich anderen Informationsquellen dar, nämlich des gesamten Internets. Dies sei unverhältnismäßig im engeren Sinne, denn die durch die Rundfunkanstalten gebotenen Informationen würden in Vergleich zu allen sonstigen abrufbaren Informationen nicht ins Gewicht fallen.

f.
Zudem sei es für die Rundfunkanstalten zumutbar, das Nutzen der Angebote von einer Registrierung und Anmeldung abhängig zu machen.
 
8.
Das VG Braunschweig (VG Braunschweig,4 A 149/07, 15.07.2008) lehnte bereits in einer früheren Entscheidung die Gebührenpflicht ab.

a.
Das Gericht äußerte Bedenken an der Tragfähigkeit der Gebührengrundlage, da eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals „neuartige Empfangsgeräte" vom Gesetzgeber selbst zu übernehmen gewesen wäre und nicht der Auslegung durch die GEZ überlassen werden dürfte.

b.
Ferner könne die Gebührenpflicht gegen die Berufsfreiheit des Grundgesetzes verstoßen (Art. 12 GG), da der Kläger aus steuerrechtlichen Gründen gezwungen sei einen internetfähigen Computer vorzuhalten (Umsatzsteueranmeldung, § 18 I UStG) und er daher, anders als private Nutzer, keine Wahl habe.

c.
Die Gebührenpflicht wurde letztlich verneint, da der PC als gebührenfreies Zweitgerät genutzt worden ist. Besonders bemerkenswert ist daher aber, dass sich das Gericht trotzdem zu sonstigen Bedenken geäußert hat, wozu es aufgrund der Sachlage nicht gehalten war.


III. Bewertung

Insgesamt hat ein gerichtliches Verfahren gegen die Rundfunkgebührenpflicht gute Aussichten auf Erfolg. Zwei die Gebührenpflicht bejahenden Entscheidungen stehen sechs Entscheidungen zu Gunsten der Gerätebesitzer gegenüber.
Wesentliche und gewichtige Argumente sprechen gegen die Gebührenpflichtigkeit von gewerblich genutzten PCs, die nicht zum Rundfunkempfang genutzt werden.


  • Dem Begriff des „neuartigen Rundfunkempfangsgeräts“ mangelt es an hinreichender Bestimmtheit. Eine gesetzliche Begriffsbestimmung existiert nicht. Eine solche wäre aber erforderlich, wie sich aus dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot oder der Wesentlichkeitstheorie ableiten lässt. Einem normalen Durchschnittsbürger ist es nicht möglich, die Regelungen des RGebStV zu verstehen (vgl. VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008). Daher sind Zweifel an der Tragfähigkeit der Gebühreneinzugsermächtigungsgrundlage angebracht.
  • Weiterhin ergibt sich die Gebührenpflicht nur im Umkehrschluss aus den Regeln der Befreiung von der Gebührenpflicht, § 5 III RGebStV (vgl. VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008).
  • Darüber hinaus ist nicht einmal geklärt, ob die bloße abstrakte Internetfähigkeit die Gebührenpflicht begründen soll oder ob ein tatsächlicher Internetanschluss erforderlich ist (VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008).
  • Ein Bereithalten zum Empfang erfordert ein finales Element, das, anders als bei herkömmlichen und klassischen Empfangsgeräten, bei ausschließlich gewerblicher Nutzung eines PCs jedenfalls nicht indiziert ist. PCs werden typischerweise zu anderen Zwecken, als zum Rundfunkempfang eingesetzt. Sogar im privaten Umfeld ist diese Vermutung für den Besitzt eines PCs bereits nicht anerkannt worden (siehe VG Münster, 7 K 1473/07, 26.09.2008). Die ARD/ZDF-Online-Studie 2007 belegt, dass nur 3,4% der Online-Nutzer und 2,1% der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren im Jahr 2007 täglich Onlineradiosendungen hörten. Daher muss das finale Element der Tatbestandsmerkmale „Bereithalten“ und „zum Empfang“ verneint werden, solange nicht der Beweis des Gegenteils seitens der Rundfunkanstalt geführt worden ist (vgl. VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008).
  • Eine Gebührenpflicht, die an den bloßen Besitz eines Computers anknüpft kollidiert mit dem Grundrecht der Informationsfreiheit (VG Berlin, Az. VG 27 A 245.08, 17.12.2008; VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008; VG Braunschweig, Az. 4 A 109/07, 21.10.2008; VG Münster, 7 K 1473/07, 26.09.2008). Einem vergleichsweise kleinen Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten steht das Informationsangebot des gesamten Webs gegenüber. Die Gebührenpflicht könnte nur vermieden werden, wenn auf einen internetfähigen PC verzichtet würde und so die große Masse der sonstigen Online-Informationsangebote nicht zugänglich wären. Dies macht die Gebührenpflicht unverhältnismäßig.
    Zudem kann eine unbefugte Nutzung der Internetangebote leicht seitens der Rundfunkanstalten durch eine erforderliche Registrierung der Nutzer eingedämmt werden (VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008).


Die beiden die Gebührenpflicht bejahenden Urteile (VG Hamburg, Az. 10 K 1261/08, 24.7.2008; VG Ansbach, Az. AN 5 K 08.00348, 10.07.2008) übersehen wesentliche Punkte und vermögen nicht zu überzeugen.

  • Die Bedeutung der grundgesetzlich garantierten Informationsfreiheit wird verkannt.
  • Ein finales Element zwischen „Bereithalten“ und „zum Empfang“ wird bereits durch das Vorhalten einen Internetanschluss bejaht. Dabei wird nicht darauf eingegangen, dass ein Internetzugang typischerweise für andere Dinge als den Rundfunkempfang genutzt wird.
  • Auch das Argument der Finanzierungsgarantie rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn nach hiesiger Auffassung ist die Ermächtigungsgrundlage nicht tragfähig und darüber hinaus liegen die Tatbestandsmerkmale des „Bereithaltens“ und „zum Empfang“ nicht vor.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 05. Februar 2009, 02:32 von rkk«

F
  • Beiträge: 419
Hi rkk,

super Zusammenfassung.

Ein Problem ist halt, dass dies alles neue Urteile, und damit nichts sind, womit man 'rechnen' kann... interessant wird's halt, wenn so ein Standardfall mal vor die höchste Instanz geht.

Ansonsten aber trotzdem ziemlich nützlich, zumindest schon mal für die Leute, die im Einzugskreis dieser Verwaltungsgerichte leben. Diese Urteile werden von den selben Gerichten wohl erst mal auch genauso gesprochen werden.

Grüße,
Flo


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 05. Februar 2009, 02:21 von Florian«

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Hallo Leute!

Hier etwas Lesestoff. Nicht uninteressant.

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Herzliche Grüße

René


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