Beschwerde-E-Mail von Till Benz an KIKA
Thema: Ausstrahlung von »"Tahsins Beschneidungsfest", Schau in meine Welt, 14. Jan, 13.30 Uhr«
Zitat:
»Von: "Till Benz"
An: "KiKA Kinderkanal" <kika@kika.de>
Kopie: Zuschauerredaktion <info@daserste.de>, "zuschauerredaktion@zdf.de" <zuschauerredaktion@zdf.de>
Betreff: Re: "Tahsins Beschneidungsfest", Schau in meine Welt 14. Jan, 13.30 Uhr
Datum: Sat, 18 Jan 2014 00:33:20 +0100
Sehr geehrtes Kika-Team,
könnten Sie sich eine vergleichbare Ankündigung für ein Thema wie
- weibliche Genitalverstümmelung
- Zwangsverheiratung Minderjähriger
- Frauenrechte/Umgang mit Homosexuellen in Saudi-Arabien vorstellen?
Wir sprechen bei der sog. Beschneidung über eine schwere Menschenrechtsverletzung, nach zutreffender Beurteilung der aktuellen Strafrechtskommentare über eine Straftat und über etwas, worunter viele Menschen ein Leben lang massiv körperlich und psychisch leiden, bis hin zu Impotenz und der Unmöglichkeit von Partnerschaften.
Und sie kündigen das in ihrer Programmvorschau als kulturelle Besonderheit, als sympathisches, folkloristisches Happening an.
In Ihrer Antwort schreiben Sie:
"Unser Anliegen ist es, die Möglichkeit zu bieten, einen Einblick in diese Lebenswelt zu gewähren, denn erst diese erlaubt es dem Zuschauer, eine eigene Haltung zu diesem Thema zu entwickeln - Grundlage für eine sachliche Diskussion und kulturelle Toleranz."
Das muss ich ganz entschieden zurückweisen.
Ich bin grundsätzlich ein entschiedener Befürworter ihres Vorgehens, jeden zu Wort kommen zu lassen und diejenigen für etwas sprechen zu lassen, die davon überzeugt sind.
Aber im öffentlich-rechtlichen Fernsehen muss es (insb. im Kinderfernsehen) eine klare Positionierung des Sender der Form geben, dass dieser sich eindeutig hinter die deutsche Verfassung und das deutsche Rechtssystem stellt und klar macht, dass beides von jedem in Deutschland zu respektieren ist - und wenn es um Menschenrechte geht, sind diese weltweit einzufordern statt sie zu relativieren.
Die Darstellung einer massiven Menschenrechtsverletzung als kulturelle Liebenswürdigkeit ist auch schon in der Ankündigung der Sendung vollkommen inakzeptabel.
Ebenso die Absicht selbst keine Position zu beziehen, insb. in einem Sendeformat für Kinder.
Menschenrechte, Verfassung und unsere Rechtsordnung sind nicht fakultativ, nichts worüber ein öffentlicher Sender neutral berichtet damit sich jeder überlegen kann ob er sich dazu bekennt oder nicht.
Hier geht es um Werte, die unverhandelbar sind und die ein öffentlicher Sender zu vermitteln hat, als Werbung aber auch als klare Forderung an jeden.
So sehr ich Ihren Ansatz grundsätzlich schätzte, hier ist er unangebracht.
Zu Menschenrechten darf ein öffentlicher Sender keine neutrale (oder gar relativierende oder ablehnende) Position einnehmen. Tut er das, hat er seinen Auftrag nicht verstanden und muss schnellstmöglich die notwendigen Veränderungen einleiten um diesen unhaltbaren Zustand zu korrigieren.
Menschenrechtsrelativisten sind als Meinungsmacher im Staatsdienst untragbar.
Man kann Menschen nicht immer dran hindern Fehler zu machen aber man sollte es gerade bei schweren Fehlern zumindest versuchen. Das habe ich hiermit ein weiteres Mal getan.
Gehen Sie davon aus, dass ich und andere diese Sendung aufzeichnen werde und die Verantwortlichen für den Rest ihres Berufslebens und womöglich darüber hinaus mit dieser Sendung konfrontiert werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Till Benz«