Ich denke, das Thema ist mittlerweile erkaltet und an einem Punkt angelangt, an dem es nur noch um die Verteidigung seiner Standpunkte geht. Was du in deinen ersten Absätzen beschreibst, weiß jeder. Danach wird es etwas demagogisch, wenn man die typischen Arbeitsgruppen aufführt, die immer für Klassenkämpfe herhalten müssen.
Nur so viel dazu: Eine Verkäuferin 14 Stunden an der Kasse gibt es nicht. Was es aber durchaus gibt, sind Leute mit mehreren Minijobs, die durchaus auf 14 Stunden kommen können. Hier ist aber die Politik gefragt, die für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen sollte – sie tut es aber nicht und das, egal welche Couleur gerade an der Macht ist. Da liegt das größte Problem.
Um weiterhin bei der Demagogie zu bleiben: Ein Geschäftsführer trägt die Verantwortung für u. a. deine Verkäuferin. Er muss nicht nur einen 14-Stunden-Job machen, sondern als Selbstständiger ist er ständig im Geschäftsleben involviert – 24 Stunden am Tag! Er muss gucken, dass der Laden läuft und wenn der Laden durch welche Umstände auch immer nicht mehr richtig läuft, haftet er alleine, nicht die Verkäuferin. – Unter diesen Umständen sei es ihm gegönnt, etwas mehr als die Verkäuferin zu verdienen!
Die Verkäuferin kann im schlimmsten Fall ihren Job verlieren und wird, sofern sie keine andere Stelle findet, schließlich vom Staat bzw. von der in diesem Lande noch verbliebenen Solidargemeinschaft abgefangen. Nicht schön, aber in Deutschland muss noch kein Arbeitnehmer verhungern oder sterben, weil er sich z. B. Gesundheit nicht mehr leisten kann.
Der gescheiterte Geschäftsführer haftet in aller Regel – direkt oder indirekt – mit seinem Privatvermögen. Wenn er alles verliert, rutscht er sofort ganz nach hinten ins H4. Er kann sogar ab da an, wenn er z. B. früher privat krankenversichert war, sich weniger Gesundheit als die Verkäuferin leisten, die zumindest für eine Zeit lang Arbeitslosengeld bekommt und bei ihrer AOK sorglos bleiben kann.
Damit will ich nur klar machen, dass dieses Ausspielen der bösen „Reichen“ gegen die armen Arbeitnehmer ein Unding des letzten Jahrhunderts ist. Damals waren die sogenannten Reiche diejenigen, die ab 14 Mal dessen verdienten, was der normale Fabrikmitarbeiter bekam. Wie sieht es heute aus? – Also bitte Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen vergleichen! Wenn heute jemand 60.000 EUR im Jahr verdient, rutscht er bereits in der Progression ziemlich nach oben und erreicht bereits den Spitzensteuersatz. Also nicht 14 Mal dessen, was der Durchschnitt bekommt.
Vielleicht sollte man hier ansetzen, damit keine Kapitalflucht mehr ins Ausland stattfindet. Vielleicht sollte man sich daran erinnern, dass das hier im Lande verbliebende Geld zur Geldvermehrung beiträgt, während im Ausland gebunkerte Geld dem hiesigen Geldkreislauf endgültig entzogen wird. Aber man sollte sich auch im Klaren sein, dass zu hohen Steuern nicht nur zu einer Kapitalflucht, sondern auch zu mehr Schwarzarbeit führen.
Es war früher „schön“ vom bösen Arbeitgeber und den armen Arbeitnehmern zu reden – man hatte eine klare Abgrenzung. Aber wer ist heute Arbeitnehmer? Gehört der einfache Ladenbesitzer zu den bösen Millionären? Ist das Start-Up-Unternehmen mit fünf Leuten böse und gehört es zu den Millionären? Ist der Chef der Reinigungsfirma mit 4 Putzkräften – meist Mütter, die sich abends ein Zubrot verdienen – der Böse Millionär. Wenn man diesen Leuten durch zu hohen Steuern die finanzielle Luft zum Atmen wegnimmt, stellen sie keine Leute ein oder treiben diese in die Schwarzarbeit. Ein Beispiel gefälligst? FRANKREICH
Also meine liebe Syna: Die Welt ist nicht nur schwarz und weiß, sondern sie ist komplex. In den letzten Jahren ist sie viel komplexer geworden und die alten Abgrenzungen zwischen unterdrückten Arbeitern und bösen Arbeitgebern gibt es – abgesehen von wenigen Großunternehmen und anderen Ausnahmen – so nicht mehr. Sie wird auch nie mehr geben, so dass ein Nachtrauern fehl am Platz ist.
Bei dieser Diskussion komplett außer Acht gelassen ist das miserable Finanzmanagement der Politik: Wir haben kein Einnahme- sondern ein Ausgabeproblem!